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Die gantze Heilige Schrifft: Deud\ch (Luther 1545)

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Der P\alter

Vorrede auff den P\alter.

ES haben viel heiliger Veter den P\alter \onderlich fur andern Büchern der Schrifft gelobet vnd geliebet / Vnd zwar lobt das werck \einen Mei\ter \elbs gnug. Doch mü\\en wir vn\er Lob vnd Danck auch daran bewei\en.
MAn hat in vergangen jaren fa\t viel Legenden von den Heiligen / vnd Pa\\ional / Exempel-Bücher vnd Hi\torien vmbher gefürt / vnd die Welt da mit erfüllet. Das der P\alter die weil vnter der banck / vnd in \olchem fin\ternis lag / das man nicht wol einen P\almen recht ver\tund / Vnd doch \o trefflichen edlen geruch von \ich gab / das alle frome hertzen auch aus den vnbekandten worten andacht vnd krafft empfunden / vnd das Büchlin darumb lieb hatten.
JCH halt aber / Das kein feiner Exempelbuch oder Legenden der Heiligen auff Erden komen \ey oder komen müge / denn der P\alter i\t. Vnd wenn man wünd\chen \olt / das aus allen Exempeln / Legenden / Hi\torien / das be\te gele\en vnd zu\amen gebracht / vnd auff die be\te wei\e ge\tellet würde / \o mü\te es der jtzige P\alter werden. Denn hie finden wir nicht allein / was einer oder zween Heiligen gethan haben / Sondern was das Heubt \elbs aller Heiligen gethan hat / vnd noch alle Heiligen thun. Wie \ie gegen Gott / gegen Freunden vnd Feinden \ich \tellen / Wie \ie \ich in aller fahr leiden halten vnd \chicken. Vber das / das allerley göttlicher heil\amer Lere vnd Gebot darinnen \tehen.
VND \olt der P\alter allein des halben thewr vnd lieb \ein / das er von Chri\tus \terben vnd auffer\tehung / \o klerlich verhei\\et / vnd \ein Reich vnd der gantzen Chri\tenheit \tand vnd we\en furbildet. Das es wol möcht ein kleine Biblia hei\\en / darin alles auffs \chöne\t vnd kürtze\t / \o in der gantzen Biblia \tehet / gefa\\et vnd zu einem feinen Enchiridion oder Handbuch gemacht vnd bereitet i\t. Das mich dünckt / Der heilige Gei\t habe \elbs wöllen die mühe auff \ich nemen / vnd eine kurtze Bibel vnd Exempelbuch von der gantzen Chri\tenheit oder allen Heiligen zu\amen bringen. Auff das / wer die gantzen Biblia nicht le\en kündte / hette hierin doch fa\t die gantze Summa verfa\\et in ein klein Büchlin.
ABer vber das alles / i\t des P\alters edle tugent vnd art / Das andere Bücher wol viel von wercken der Heiligen rumpeln / Aber gar wenig von jren worten \agen. Da i\t der P\alter ein ausbund / Darin er auch \o wol vnd \ü\\e reucht / wenn man darinne lie\et. Das er nicht allein die werck der Heiligen erzelet / Sondern auch jre wort / Wie \ie mit Gott geredt vnd gebetet haben / vnd noch reden vnd beten. Das die andern Legenden vnd Exempel / wo man \ie gegen dem P\alter helt / vns \chier eitel \tumme Heiligen furhalten. Aber der P\alter rechte wacker lebendige Heiligen vns einbildet.
ES i\t ja ein \tummer Men\ch gegen einem redenden / \chier als ein halb todter Men\ch zu achten. Vnd kein krefftiger noch edler werck am Men\chen i\t / denn reden / Sintemal der Men\ch durchs reden von andern Thieren am mei\ten ge\cheiden wird / mehr denn durch die ge\talt oder ander werck. Weil auch wol ein holtz kan eines Men\chen ge\talt durch Schnitzer kun\t haben. Vnd ein Thier \o wol \ehen / hören / riechen / \ingen / gehen / \tehen / e\\en / trincken / fa\ten / dür\ten / Hunger / fro\t vnd hart lager leiden kan / als ein Men\ch.
ZV dem / thut der P\alter noch mehr / Das er nicht \chlechte gemeine rede der Heiligen vns furbildet / Sondern die aller be\ten / \o \ie mit gro\\em ern\t in der aller trefflich\ten \achen mit Gott \elber geredt haben. Da mit er nicht allein jr wort vber jr werck / Sondern auch jr hertz vnd gründlichen \chatz jrer Seelen vns furlegt / Das wir in den grund vnd quelle jrer wort vnd werck / das i\t / in ir hertz \ehen können / was \ie fur gedancken gehabt haben / Wie \ich jr hertz ge\tellet vnd gehalten hat / in allerley \achen / fahr vnd not. Welchs nicht \o thun noch thun können / die Legenden oder Exempel / \o allein von der Heiligen werck oder Wunder rhümen. Denn ich kan nicht wi\\en / wie \ein hertz \tehet / ob ich gleich viel trefflicher werck von einem \ehe oder höre.
VND gleich wie ich gar viel lieber wolt einen Heiligen hören reden / denn \eine werck \ehen. Al\o wolt ich noch viel lieber \ein hertz vnd den Schatz in \einer Seelen \ehen / denn \ein wort hören. Das gibt aber vns der P\alter auffs aller reichlich\t an den Heiligen / das wir gewis \ein können / wie jr hertz ge\tanden / vnd jre wort gelautet haben / gegen Gott vnd jederman. Denn ein men\chlich Hertz i\t wie ein Schiff auff eim wilden Meer / welchs die Sturmwinde von den vier örtern der Welt treiben. Hie \tö\\et her / furcht vnd \orge fur zukünftigem Vnfal. Dort feret gremen her vnd traurigkeit / von gegenwertigem Vbel. Hie webt hoffnung vnd verme\\enheit / von zukünfftigem Glück. Dort ble\et her \icherheit vnd freude in gegenwertigen Gütern.
SOlche Sturmwinde aber leren mit ern\t reden vnd das hertz öffenen / vnd den grund eraus \chütten. Denn wer in furcht vnd not \teckt / redet viel anders von vnfal / denn der in freuden \chwebt. Vnd er in freuden \chwebt / redet vnd \inget viel anders von freuden / denn der in furcht \teckt. Es gehet nicht von hertzen / (\pricht man) wenn ein Trawriger lachen / oder ein Frölicher weinen \ol / das i\t / Seines hertzen grund \tehet nicht offen / vnd i\t nicht er aus.
WAS i\t aber das mei\te im P\alter / denn \olch ern\tlich reden / in allerley \olchen Sturmwinden? Wo findet man feiner wort von freuden / denn die Lobp\almen oder Danckp\almen haben? Da \ihe\tu allen Heiligen ins hertze / wie in \chöne lü\tige Garten / ja wie in den Himel / Wie feine hertzliche lü\tige Blumen darinnen auffgehen von allerley \chönen frölichen Gedancken gegen Gott / vmb \eine Wolthat.
WJderumb / wo finde\tu tieffer / kleglicher / jemerlicher wort / von Trawrigkeit / denn die Klagep\almen haben? Da \ihe\tu aber mal allen Heiligen ins hertze / wie in den Tod / ja wie in die Helle. Wie fin\ter vnd tunckel i\ts da / von allerley betrübtem anblick des zorns Gottes. Al\o auch / wo \ie von furcht vnd hoffnung reden / brauchen \ie \olcher wort / das dir kein Maler al\o kündte die Furcht oder Hoffnung abmalen / vnd kein Cicero oder Redkündiger al\o furbilden.
VND (wie ge\agt) i\t das das aller be\te / das \ie \olche wort gegen Gott vnd mit Gott reden / welchs macht das zweifeltiger ern\t vnd leben in den worten \ind. Denn wo man \on\t gegen Men\chen in \olchen \achen redet / gehet es nicht \o \tarck von hertzen / brennet / lebt / vnd dringet nicht \o fa\t. Daher kompts auch / das der P\alter aller Heiligen Büchlin i\t / Vnd ein jglicher / in wa\\erley \achen er i\t / P\almen vnd wort drinnen findet / die \ich auff \eine Sachen reimen / vnd jm \o eben \ind / als weren \ie allein vmb \einen willen al\o ge\etzt / Das er \ie auch \elbs nicht be\\er \etzen noch finden kan noch wünd\chen mag.
WElchs denn auch dazu gut i\t / das / wenn einem \olche wort gefallen vnd \ich mit jm reimen / Das er gewis wird / er \ey in der Gemein\chafft der Heiligen / vnd hab allen Heiligen gegangen / wie es jm gehet / weil \ie ein Liedlin alle mit jm \ingen. Sonderlich / \o er \ie auch al\o kan gegen Gott reden / wie \ie gethan haben / Welchs im glauben ge\chehen mus / Denn einem gottlo\en Men\chen \chmecken \ie nichts.
ZV letzt / i\t im P\alter die \icherheit vnd ein wol verwaret Geleit / das man allen Heiligen on fahr drinnen nachfolgen kan. Denn ander Exempel vnd Legenden von den \tummen Heiligen bringen manch werck für / das man nicht kan nachthun / Viel mehr werck aber bringen \ie / die fehrlich \ind nach zu thun / vnd gemeiniglich Secten vnd Rotten anrichten / vnd von der Gemein\chafft der Heiligen füren vnd rei\\en. Aber der P\alter helt dich von den Rotten zu der heiligen Gemein\chafft / Denn er leret dich in Freuden / Furcht / Hoffnung / Trawrigkeit / gleich ge\innet \ein vnd reden / wie alle Heiligen ge\innet vnd geredt haben.
SVmma / Wiltu die heiligen Chri\tlichen Kirchen gemalet \ehen mit lebendiger Farbe vnd ge\talt / in einem kleinen Bilde gefa\\et / So nim den P\alter fur dich / \o ha\tu einen feinen / hellen / reinen / Spiegel / der dir zeigen wird / was die Chri\tenheit \ey. Ja du wir\t auch dich \elbs drinnen / vnd das rechte Gnoti\eauton finden / Da zu Gott \elbs vnd alle Creaturn.
DArumb la\\t vns nu auch fur\ehen / das wir Gott dancken / fur \olche vnaus\prechliche güter / vnd mit vleis vnd ern\t die\elbigen annemen / brauchen vnd vben / Gott zu lob vnd ehre / Auff das wir nicht mit vn\er vndanckbarkeit etwas ergers verdienen. Denn vor hin zur zeit der fin\ternis / welch ein Schatz hette es \ollen geacht \ein / wer einen P\almen hette mügen recht ver\tehen / vnd im ver\tendlichen Deud\ch le\en oder hören / vnd habens doch nicht gehabt. Nu aber \ind \elig die Augen / die da \ehen / das wir \ehen / vnd ohren / die da hören / das wir hören. Vnd be\orge doch / ja leider \ehen wirs / das vns gehet / wie den Jüden in der wü\ten / die da \prachen vom Himelbrot / Vn\er Seelen eckelt fur der geringen Spei\e. Aber wir \ollen auch wi\\en / das da\elbs bey \tehet / wie \ie geplagt vnd ge\torben \ind / das vns nicht auch \o gehe.
DAS helffe vns der Vater aller Gnaden vnd Barmhertzigkeit / durch Jhe\um Chri\tum vn\ern HErrn / Welchem \ey Lob vnd Danck / Ehre vnd Preis fur die\en Deud\chen P\alter / vnd fur alle \eine vnzeliche vnaus\prechliche Wolthat in ewigkeit / AMen / AMEN.


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