Das
fünffte, sechste und siebend Capitel
S.
Matthei gepredigt und ausgelegt. 1532
Während Bugenhagens Abwesenheit von
Wittenberg predigte Luther für ihn über Matthäus 5-7. Er fing November 9, 1530
an. Diese Predigten wurden dann, zuerst 1532, in Wittenberg veröffentlicht.
WA 32, 299-544
Jch habe fast gern
gesehen, das diese meine predigt uber die drey Capitel S. Matthei, welche S.
Augustin nennet ‘des HERRN predigt auff dem berge’ ausgehen, Ob Gott wolt seine
gnade dazu verleyhen, das solche lere Christi moecht jm rechtem gewissen
Christlichen verstand bleiben und erhalten werden, weil es so gar gemeine
sprueche und text sind, durch die gantzen Christenheit gewaltiglich getrieben
und geuebt. Denn ich nicht zweivele, ich
hab den meinen, und wer es begerd, den rechten lautern Christlichen verstand
hierinn furgelegt. Und kan nicht wissen, wie der leide Teuffel sonderlich
das funfft Capitel durch seine Apostel so meisterlich verdrehet und verkeret
hat, das er eben das widerspiel draus gemacht, Und gleich wie Christus fursetziglich
darinnen hat wollen aller falschen lere begegenen und den rechten synn der
gebot Gottes eroeffenen, wie er bedinget und spricht ‘Jch bin nicht komen das
Gesetz auff zu loesen’ und nimpts dazu von stuck zu stuck und wills ja klar und
gewis gnug machen. Noch hat der hellisch
Satan keinen text jnn der schrifft funden, den er schendlicher verkeret und
mehr jrthumb und falscher lere draus gemacht hat, denn eben diesen, der
dazu geordent und gestellet ist von Christo selbs, das er solt falsche lere
verkomen: Das heist ein meister stuck des Teuffels.
Als erstlich sind jnn dis funfft Capitel gefallen die groben
sewe und esel, Juristen und Sophisten, des Bapst Esels rechte hand und seine
Mammo Luchen, die haben aus dieser schonen rosen solche gifft gesogen und jnn
alle wellt gestrewet, da mit Christum verschorren und den Endechrift erhebt und
erhalten, nemlich das Christus hie nicht
von seinen Christen alles geboten [s. 300] noch gehalten wolle haben, was er jm funfften Capitel leret,
sondern habe viel stuck allein geraten
denen so volkomen sein wollen, und moege sie halten wer do wolle,
unangesehen das Christus daselbs zorniglich drewet, sie sollen jm hymel nichts
sein wer der geringsten solcher geboten eines aufloeset, und nennets mit
duerren worten Gebote. Daher haben sie die zwelff Consilia Euangelij ertichtet, zwelff
guter rat jm Euangelio, die man halten muege wer da wolle, so er etwas fur
und uber andern Christen hoehers und volkomers sein wil, haben also nicht
allein ausser dem glauben jnn das werck Christliche seligkeit ja auch die
volkomenheit gesetzt, sondern auch die selben werck frey gemacht. Das heist
mein ich recht und fein Gute werck verbieten, welchs sie uns schuld geben, die
groben Esel unnd lesterer.
Denn sie koennen solchs nicht leugnen und hilfft sie kein
decken noch putzen, so lange dis funfft Capitel Matthei bleibt. Denn jre
buecher und glosen sind furhanden, dazu jr altes und noch teglichs
unbusfertiges leben, das sie furen nach solcher jrer lere. Und ist gar gemein
bey jn die lere von den zwelff Consilijs Euangelicis, Als da sind Nicht boeses
vergelten, nicht rechen, den andern backen darbieten, dem ubel nicht
widderstehen, den mantell zum rock lassen, zwo meil fur eine gehen, Geben allem
der bittet, Leyhen dem der abborget, Bitten fur die verfolger, Lieben die
feinde, Wolthun den Hessern &c.. wie Christus hie leret. Solchs alles
(speyen sie) sey nicht geboten. Und die Esele zu Paris geben redliche ursach,
sagen, Es were der Christlichen lere viel
zu schwere, wo sie solt damit beladen sein &c.. Also haben die Juristen
und Sophisten die Kirche regirt und gelert bis her, das Christus hat mit seiner
lere und auslegung jr narr und geuckler mussen sein, Und thun dazu noch keine
busse da fur, sondern woltens noch gerne verteydigen und jre verfluchte schebichte
Canones gern widder auff werffen und jren BapstEsel widder kroenen. Gott gebe
aber, das ich leben und spangen und eddelstein zu solcher kron geben muesse, so
sol der Esel ob Gott will recht gekroenet heissen.
Darumb las dir Lieber bruder, so du wilt unnd nicht bessers
hast, diese meine predigt dienen zum ersten widder unser junckern die Juristen
und Sophisten, Jch meine sonderlich die Canonisten, welche sie selbs zwar Esel heissen
als sie denn auch sind, auff das du fur jrer Esels kunst und Teuffels mist die
lere Christi rein bey dir behaltest an diesem ort Matthei, Zum andern auch
widder die newen Juristen und Sophisten, nemlich die Rottengeister und widderteuffer, Welche auch auffs newe aus
jrem tollen kopff das hertzeleid anrichten jnn diesem funfften Capitel; und
gleich wie jene zu seer auff die lincken
seiten gefallen nichts uber all von dieser lere Christi gehalten, sondern verdampt
und vertilget haben, Also fallen diese zu seer auff die rechten seiten [s. 301] und leren, man solle nichts eigens haben,
nicht schweren, nicht Oberkeit noch gericht halten, Nicht schuetzen noch
verteidigen, Von weib und kind lauffen und des jamers viel. Also blawet und
brawets der Teuffel auff beiden teilen unternander, das sie kein unterschied wissen zwischen weltlichem und Goettlichem reich,
viel weniger was unterschiedlich jnn ein jglich Reich gebuert zu leren und zu
thun, Welche wir Gott lob rhumen konnen, das wirs jnn diesen predigten klerlich
und vleissiglich haben angezeigt und ausgestrichen, das wer forthin jrret odder
jrren wil, wir seinethalben entschuldigt sind, als die wir das unser treulich
haben zu eines jglichen besten dargethan; jr blut sey auff jrem kopffe, Den
lohn dafur wollen wir gewarten, nemlich undanck hass und allerley feindschafft,
und sagen Deo gratias.
Weil wir denn erfaren und wissen durch solch grewliche
exempel beide Bepstlicher und Rottischer Juristen, was der Teuffel jm sinn hat
und sonderlich dis funfft Capitel S. Matthei zu verkeren und die reine
Christliche lere damit zu vertilgen gedenckt, So sey gebeten und vermanet ein
jglicher prediger odder pfarherr, das er trewlich und vleissig da widder jnn
seinem befolhen heuflin wache und den rechten verstand helffe erhalten. Denn so
lange der Teuffel lebt und die welt stehet, wird er nicht auff hoeren dis Capitel
anzufechten, denn jm ist dran gelegen, das er die gute werck da durch gantz
unterdrucke, wie unter dem Bapstumb geschehen, odder falsche gute werck und
ertichte heiligkeit anrichte, wie er jtzt durch die newen Monche odder Rottengeister
angefangen hat. Und wenn schon beide Bepstische und Rottische Juristen und
Monche untergiengen, so wurde er doch aber andere finden und auffwecken, Denn
er mus solch gesinde haben, Und ist sein Reich von anfang der welt her durch
Moenche regirt; ob sie wol nicht Moenche geheissen haben, so ist doch jr lere
und leben Moenchisch, das ist ein anders und sonderlichs oder bessers denn Gott
geboten hat gewest, wie bey dem volck Jsrael die Baaliten, Camarim und der
gleichen, Bey den Heiden die Galli und Vestales &c.. waren. Darumb konnen
wir nicht sicher fur jm sein, denn aus diesem funfften Capitel sind auch des
Bapsts Moenche komen als die einen volkomen stand fur andern Christen fur sich
namen, welchen sie auff dis Capitel grundeten, und haben doch dran gehalten,
das sie vol geitzs, hoffart und zuletzt vol aller Teuffel worden sind. Christus
unser lieber Herr und Meister, der uns den rechten sinn auffgethan hat, wolt
uns den selbigen mehren unnd stercken, dazu helffen, das wir auch darnach leben
und thun. Dem sey lob und danck sampt dem Vater und Heiligen geist jnn ewigkeit
Amen.
[s. 302]
Da er aber das volk
sahe, gieng er auff einen berg und satzte sich und seine juenger tratten zu jm.
Und er that seinen mund auff, leret sie und sprach: Selig sind die da geistlich
arm sind, denn das himelreich ist jre, Selig sind die da leide tragen, denn sie
sollen getroest werden, Selig sind die senfftmuetigen, denn sie werden das erdreich
besitzen, Selig sind die da hungert und duerstet nach der gerechtigkeit, denn
sie sollen sat werden, Selig sind die barmhertzigen, denn sie werden
barmhertzigkeit erlangen, Selig sind die reines hertzen sind, denn sie werden
Gott schawen, Selig sind die friedfertigen, denn sie werden Gottes kinder
heissen, Selig sind die umb gerechtigkeit willen verfolget werden, denn das
himelreich ist jre, Selig seid jr, wenn euch die menschen umb meinen willen schmehen
und verfolgen und reden allerley ubels widder euch, so sie daran liegen. Seid
froelich und getrost, Es wird euch jm himel wol belonet werden, Denn also haben
sie verfolget die Propheten die vor euch gewesen sind &c..
Da machet der Euangelist eine vorrede und gepreng, wie sich
Christus gestellet habe zu der predigt die er thun wolt, das er auff einen berg
gehet und sich setzet und seinen mund auffthut, das man sihet es sey sein
ernst. Denn das sind die drey stuck, wie man sagt, so zu einem guten prediger gehoren:
zum ersten das er aufftrette, zum andern das er das maul auffthu und etwas sage,
zum dritten das er auch konne auffhoren. Aufftretten ist, das er sich stelle
als ein meister odder prediger der es kan und thun sol, als dazu beruffen und
nicht von jhm selbs komet, sondern dem es geburet aus pflicht und gehorsam, das
er sagen muege: jch kome nicht getrolt aus eigenem furnemen und gutduncken,
sondern mus es thun von ampts wegen. Das ist widder die gesagt die uns bisher
und noch so viel plag und marter anlegen, die rottenbuben und schwermer, so hin
und widder jnn landen jrr lauffen und streichen, vergifften die leut, ehe es
pfarrer und die jm ampt odder oberkeit sitzen erfaren, und so ein haus nach dem
andern beschmeissen, bis sie ein gantze stad darnach aus der stat ein gantz
land vergifften.
[s. 303] Solchen schleichern und streichern zu weren, solt
man schlecht nicht zulassen jemand zu predigen dem es nicht befolen und das
ampt auffgelegt ist, Auch niemand sich unterstehen, ob er schon ein prediger
ist, wo er einen lugenprediger horet jnn einer papistischen odder andern
kirchen, der die leute verfuret, widder jn zupredigen, Auch nicht hin und
widder jnn die heusser schleichen und sonderliche winckel predigt anrichten,
sondern daheim bleiben und seines ampts odder predigstuls warten odder still
schweigen, wo er nicht wil odder kan offentlich auff die Canzel treten. Denn
Gott wil nicht das man mit seinem wort jrre lauffe, als treibe jemand der
heilige geist und musse predigen, und also stete und winckel heusser odder
predigstuele sueche, da er kein ampt hat; Denn auch S. Paulus selbs nich wolte,
ob er wol zu einem Apostel von Gott beruffen war, an den orten predigen, da die
andern Apostel vorhin gepredigt hatten. Darumb stehet hie, das Christus frey
offentlich auff den berg gehet, als er sein predigampt anfehet. Und bald
hernach [Matth. 5, 14] spricht er zu den jungern: Jr seid das liecht der welt,
und man zundet kein licht an und steckets unter einen scheffel, sondern setzets
auff einen leuchter, das es leuchte allen die jm hause sind. Denn das
predigampt und Gottes wort sol daher leuchten wie die sonne, nicht jm tunckeln
schleichen und meuchling, wie man der blinden kuee spielet, sondern frey am
tage handeln und jm wol lassen unter die augen sehen, das beide prediger und
zuhorer des gewis seyen, das es recht geleret und das ampt befolen sey, das sie
es kein heel haben durffe. So thu du auch; wenn du jm ampt bist und befehl hast
zu predigen, so tritt frey offentlich erfur und schewe niemand, auff das du
konnest rhumen mit Christo: Jch habe frey offentlich gelert fur der wellt und
habe [Joh. 18, 20] nichts jm winckel gered &c.. Joh. 18.
Sprichstu aber Wie? sol denn niemand nichts leren, es
geschehe denn offentlich, odder solt ein hausvater jm seim haus sein gesind
nicht leren odder einen schuler odder andern bey sich halten der jn furlese?
Antwort: Trawn ia, das ist auch wolgethan, dazu ein rechter rawm und stedt
dazu, Denn ein iglicher hausvater ist schuldig, das er sein kind und gesind
ziehe und lere odder leren lasse, Denn er ist in seinem hause als ein pfarrer
odder bisschoff uber sein gesind, und ist jhm befolen das er drauff sehe was
sie lernen, und fur sie antworte. Aber das gilt nicht, das du solchs ausser
deinem haus thun wollest und dich von dir selb jnn ander heusser odder zu
nachbarn eindringen, solt auch nicht leiden, das jrgent ein schleicher zu dir
kome und jm deinem haus ein sonderlichs mache mit predigen das jm nicht befolen
ist. Kompt aber einer jnn ein haus odder stad, so heis man jn zeugnis bringen, das
er bekand sey odder sigel und briff zeigen, das ers befelh habe. Denn man mus
nicht allen streichern glewben, die sich des heiligen geists rhumen [s. 304] und
sich damit hin und her jnn die heusser drehen. Kurtz Es heisset, das Euangelium
odder predigampt sol nicht jm winckel, sondern hoch empor auffm berg und frey
offentlich am liecht sich lassen horen. Das jst eines das hie Mattheus wil
anzeigen.
Das ander ist, das er seinen mund auffthut. Das gehoret (wie
gesagt) auch zu einem prediger, das er nicht das maul zuhalte und nicht allein
offentlich das ampt fure, das jderman schweigen musse und jhn aufftreten lasse als
den der Gottlich recht und befelh hat, sondern auch das maul frisch und getrost
auffthue, das ist die warheit und was jm befolen jst zupredigen, nicht schweige
noch mummele, sondern on schew und unerschrocken bekenne und durre eraus sage,
niemand angesehen noch geschonet, es treffe wen odder was es wolle. Denn das
hindert einen prediger gar seer, wenn er sich wil umbsehen und sich damit
bekomern, was man gerne hoeret odder nicht odder was jm ungunst, schaden odder
fahr bringen mochte, sondern wie er hoch auff dem berg an einem offentlichen
ort stehet und frey umb sich sihet, so sol er auch frey reden und niemand
schewen, ob er gleich mancherley leute und koepffe sihet, und kein blat furs
maul nemen, wedder gnedige noch zornige herrn und jungherrn, wedder gelt,
reichtum, ehr, gewalt noch schand, armut, schaden ansehen und nicht weiter
dencken, denn das er rede was sein ampt foddert, darumb er da stehet.
Denn Christus hat das predig ampt nicht dazu gestifftet und
eingesetzt, das es diene gelt gut gonst ehre freundschafft zu erwerben odder
sein vorteil damit zusuchen, sondern das man die warheit frey offentlich an tag
stelle, das boese straffe und sage was zur selen nutz heil und selickeit
gehoret &c.. Denn Gottes wort ist nicht darumb hie, das es lere wie ein
magd odder knecht jm haus erbeiten sol und sein brod verdienen odder ein
burgermeister regieren, ein ackerman pfluegen odder hew machen. Summa es gibt
noch zeiget nicht zeitliche guter, dadurch man dieses leben erhalte, denn
solchs hat die vernunfft vorhin alles einen iglichen geleret, Sondern das wil
es leren, wie wir sollen komen zu jenem leben, und heist dich dieses lebens
brauchen und den bauch hie neeren, so lang es weret, doch das du wissest wo du
bleiben und leben sollest, wenn solchs auffhoren mus. Wenn nu solchs an gehet, das
man predigen sol von einem andern leben, darnach wir sollen trachten und umb
des willen wir des nicht sollen achten, als wolten wir ewig hie bleiben, so
gehet denn hader und streit an, das die welt nicht leiden wil. Wo denn da einem
prediger der bauch und zeitlich leben lieber ist, der thuts nicht, Stehet wol
und wesschet auff der Cantzel, aber er predigt nicht die warheit, thut das maul
nymer nicht auff; wo es wil ubelgehen, da hellt er jnne und beisset des fuchs
nicht.
[s. 305] Sihe darumb hat Matth. das geprenge furher
geschrieben, das Christus als ein rechter prediger auff den berg gehet und den
mund frissch auffthut, die warheit leret und straffet beide falsche lere und
leben, wie wir horen werden.
Das ist ihe ein feiner susser freuendlicher anfang seiner
lere und predigt, Denn er feret nicht da her wie Moses odder ein gesetzlerer
mit gebieten, drewen und schrecken, sondern auffs allerfreundlichst mit eitel
reitzen und locken und lieblichen verheissungen, Und zwar, wo es nicht also
gefasset und uns allen furgetragen weren die lieben wort und predigt, die der
herr Christus zum ersten gethan hat, so wuerde einen iglichen der furwitz
reiten und treiben darnach zu lauffen bis gen Jerusalem, ja bis ans end der
wellt, da man nur ein wort davon horen mochte, da solt man gelt gnug finden,
das die strasse wol gebawet wuerde: Und wuerde jderman gar herrlich rumen, wie er
die wort und predigt gehoret odder gelesen hette, die der Herr Christus selbs gered
hette. O welch ein trefflich selig man solt der geacht werden, dem solchs mocht
widderfaren. So wurde es gewislich gehen, wenn wir nichts davon geschrieben
hetten, ob gleich sonst viel von andern geschrieben were, Und wurde ein
iglicher sagen: ja ich hore wol was S. Paulus und andere seine Aposteln geleret
haben, Aber viel lieber wolt ich horen was er doch sellbs geredet und gepredigt
hette.
Jtzt aber, nu es so gemein ist, das es jderman jm buch
geschrieben hat und teglich lesen kan, achtets niemand fur was sonderlichs und
kostlichs, Ja wir werdens dazu uberdruss und schlahens inn wind, als hette es
nicht die hohe maiestet von himel, sondern jrgent ein schuster gered. Darumb
widderferet uns auch zur straffe unsers undancks und verachtung, das wir wenig gnug
davon haben und nimer fulen noch schmecken, was fur ein schatz, krafft und
gewalt jnn Christus worten ist. Wer aber die gnade hat, das ers recht ansehe
als Gottes und nicht menschen wort, der wirds auch wol hoher und teurer achten
und nymer mehr muede noch uberdrus werden.
Wie fruendlich aber und suesse diese predigt ist fur die
Christen, die seine schuler sind, so verdrieslich und unleidlich ist sie fur
die Juden und ire grosse heiligen. Denn er gibt jn bald jm anfang einen harten
stos mit diesen worten, verwirfft und verdammet jre lere und predigt gleich das
widderspil, ja er schreyet Weh uber jr leben und leren, wie Lucas .6. anzeigt.
Denn das ist die summa jrer lere gewesen, wenn es einem menschen wol gienge hie
auff erden, der were selig und wol dran, und dahin hatten sie alles gerichtet, [s.
306] wenn sie frum weren und Gott dieneten, das jn Gott gnug solt geben auff [Ps.
144, 8. 13. 14] erden und nichts gebrechen lassen. Wie David psal. 144. von jn
sagt ‘Das jst jre lere, das alle winckel und kamer vol vorat seien und die
anger voll schaffe, die allzumal vol und viel tragen, und das vieh viel
ererbeite, Dazu kein schade noch verlust noch unfal odder plage sie treffe. Das
heissen sie seilige leute’. &c..
Dawidder thut hie Christus seinen mund auff und spricht, Es
gehore ein anders dazu denn das man hie gnug habe auff erden, als wolt er
sagen: Jr lieben junger, wenn jr unter den leuten predigen solt, so werdet jr
finden das sie alle so leren und gleuben, wer da reich, gewaltig &c.. sey,
der sey aller ding selig, und widderumb wer da arm elend ist, der sey fur Gott
verworffen und verdampt. Denn jnn dem glauben stunden die Jueden starck, wenn
es einem menschen wolgienge, das were ein zeichen, das er einen gnedigen Gott
hette, und widderumb. Das machte, das sie viel und grosse verheissung von Gott
hatten von zeitlichen leiblichen gutern, die er den fromen wolt geben; darauff
verliessen sie sich, meineten, wenn sie solchs hetten, so weren sie wol mit jm
dran. Darauff ist auch das buch Hiob gemacht, denn daruber zancken und sperren
sich seine freunde widder jn und treiben hart darauff, er muesse etwas grosses
widder Gott verschuldet haben, und auff jn wissen, das er so gestrafft werde,
darumb sol ers bekennen, sich bekeren und from werden, so werde Gott die
straffe widder von jm nemen &c..
Darumb ists eine notige predigt gewesen zum anfang, das er
solchen wahn umbstiesse und aus dem hertzen riesse als der grossesten hindernis
eines widder den glauben, der den rechten abgott Mammon jm hertzen stercket. Denn
aus solcher lere hat nichts anders koennen folgen denn das die leut geitzig
wurden und ein iglicher nur darnach trachtet, wie er gnug und gute tage hette
on mangel und ungemach. Und jderman hat muessen dencken: Jst der selig, dem es
wolgehet und guts gnug hat, so mus ich zusehen, das ich auch nicht am wenigsten
habe.
Das ist auch noch heuttigs tages aller wellt glaube,
sondernlich der Tuercken, die sich am hochsten darauff verlassen und stercken
und daher schliessen, es were nicht muglich, das sie soviel gluck und sieg
hetten, wo sie nicht Gottes volck weren und er jn fur allen andern gnedig were.
So gleubt auch bey uns das gantze Bapstum und stehet der grund jrer lere und lebens
darauff, das sie nur gnug haben, und haben damit aller wellt guter zu sich
bracht, wie man fur augen sihet. Summa, dis ist der grosst und weiteste glaube odder
religio auff erden, darauff alle menschen nach fleisch und blut bleiben, konnen
auch kein anders fur seligkeit achten. Darumb bringet er hie gar ein andere
newe predigt fur die Christen, das wenn es jn ubelgehet, armut [s. 307] leiden
und sich hie reichtums gewalt ehre und guter tage verzeihen mussen, sollen sie
dennoch selig sein und nicht ein zeitlichen sondern einen andern ewigen lohn
haben, das sie jm himelreich gnug haben.
Sprichstu aber: Wie? mussen denn die Christen alle arm sein
und darff niemand gelt, gut, ehre, gewalt &c.. haben, Odder wie sollen die
reichen, als fursten, Herrn, Koenige thun? mussen sie alle jr gut, ehre
&c.. faren lassen odder den armen das himelreich abkeuffen, wie ettliche
geleret haben? Antwort: Nein, Es heisst nicht den armen abkeuffen, sondern
selbs arm sein und unter solchen armen erfunden werden wer da wil das himelreich
haben. Denn es ist deudlich und durr gesetzt ‘Selig sind die armen’, Und stehet
doch dabey das wortlin ‘Geistlich arm’, also das auch nicht damit ausgerichtet
ist, das jemand leiblich arm sey und kein gelt und gut habe, Denn eusserlich gelt,
guter, land un leut haben ist an jm selbs nicht unrecht sondern Gottes gabe und
ordnung; so ist niemand darumb selig, der ein bettler ist und nichts uberal
eigens hat, sondern es heist Geistlich arm sein. Denn ich hab droben jm anfang
gesagt, das Christus hie gar nichts handlet von weltlichem regiment und
ordnung, sondern wil allein von dem geistlichen reden, wie man ausser und uber
das eusserliche fur Gott leben sol.
Zum weltlichen regiment gehoret, das man gelt, gut, ehre,
gewalt, land und leute habe und kan on dis nicht bestehen. Darumb soll und kan
ein herr odder fuerst nicht arm sein, Denn er mus allerley solche guter zu
seinem ampt und stand haben. Darumb ists nicht die meinung, das man so muesse arm
sein, das man gar nicht eigens habe, Denn es kan die wellt nicht so bestehen,
das wir alle solten bettler sein und nichts haben. Denn auch kein hausvater
sein haus und gesind neeren kuende, wenn er selbs gar nichts hette. Summa:
leiblich arm sein thuts nicht, Denn man findet manchen bettler, der das brod
fur der thur nimpt, so stoltz und boese als kein reicher, und manchen schebichten
bawrn, mit dem weniger umb zu komen ist denn mit keinem herrn und fursten.
Darumb sey leiblich und eusserlich arm odder reich, wie dirs
bescheret ist, da fragt Gott nicht nach, Und wisse, das ein jglicher muesse fur
Gott, das ist geistlich und von hertzen, arm sein. Das ist, das er seine
zuversicht, trost und trotz nicht setze auff zeitliche guter noch das hertze
drein stecke und lasse den Mammon seinen abgott sein. David war ein trefflicher
koenig und muste warlich sein beutel und kasten vol gelds, die boeden vol
korns, das land vol allerley guter und vorrat haben, noch must er daneben
geistlich ein armer [Ps. 39, 13; 119, 19] bettler sein, wie er von sich singet
‘Jch bin arm und ein gast jm land gleich wie alle meine veter’. Sihe der
koenig, der jn solchen gutern sitzet, ein herr uber land und leute, darff sich
nicht anders denn ein gast odder pylgern nennen, als der auff der strassen
gehet, da er nichts hat, da er bleiben kan.
[s. 308] Das heisset ein hertz, das sich nicht bindet an gut
und reichtumb, sondern ob es gleich hat, noch ist jm gleich als hette es
nichts, wie Paulus von den [2. Kor. 6, 10] Christen rhumet .2. Cor 6. ‘Als die
armen, aber die doch viel reich machen, als die nichts jnne haben, und doch
alles haben’ &c..
Alles da hin gered, das man aller zeitlicher guter und
leiblicher notdurfft, weil wir hie leben, nicht anders brauche denn als ein
gast an einem frembden ort, da er uber nacht ligt und des morgens davon zeucht,
brauchet nicht mehr denn futer und lager zur notdurfft, darff nicht sagen: das
ist mein, hie wil ich bleiben, noch sich jns gut setzen, als gebure es jm von recht,
Sonst mueste er bald horen, das der wirt zu jm sagt: Lieber, Weistu auch das du
ein gast hie bist? gehe deines weges wo du hin gehorest. Also auch hie, das du
zeitlich gut hast, hat dir Gott geben zu diesem leben und gonnet dir wol, das
du sein brauchest und den madensack damit fullest, den du am hals tregst, Aber
nicht das hertz daran hengest und hefftest, als woltestu ewig leben, sondern
jmer weiter farest und denckest nach einem andern hohern und bessern schatz,
der dein eigen ist und ewig bleiben sol.
Das sey grob fur den gemeinen man gered, das man lerne
verstehen nach der schrifft zureden, was geistlich arm odder fur Gott arm
heisse, nicht eusserlich nach gelt und gut odder nach mangel odder uberflus
zurechen, da man sihet (wie gesagt), das die ermesten elendesten bettel buben
die ergesten verzweivelsten schelck sind und alle buberey und untugent begehen
durffen, welchs feine erliche leute, reiche burger odder herrn und fursten
nicht thun. Widderumb auch viel heiliger leut, die gelt und gut, ehre, land und
leut gnug gehabt haben und dennoch mit soviel gutern arm gewesen sind, Sondern
nach dem hertzen mus mans rechen, das jm nicht lasse hart angelegen sein, ob es
etwas odder nichts, viel odder wenig habe, und was es fur guter hat jmer so hin
setze, als hette mans nicht und alle stunde drumb komen und verlieren muste,
und das hertz jmer am himelreich behallte.
Widderumb heisset der reich nach der schrifft, welcher ob er
gleich kein gelt noch gut hat, dennoch darnach reisset und kratzet, das er
nimer kan gnug haben. Das sind die rechten, die das Euangelium reiche wenste
heisset, die jnn grossem gut am aller wenigsten haben und sich nimer lassen
gnuegen an dem das jn Gott bescheret. Denn es sihet jnns hertz, das da vol
gelds und guts steckt, und richtet darnach, ob gleich nichts jnn beutel und
kasten ligt. Widderumb richtet es den armen auch nach dem hertzen, ob er gleich
kasten, haus und hoff vol hat. So gehet der Christlich glaube hindurch, sihet
weder armut noch reichtumb an, sondern wie das hertz stehet: wo darinn ein
geitzwanst steckt, so heisset er geistlich reich, und widderumb geistlich arm,
wer nicht daran hanget und kans aus dem hertzen lassen, wie Christus anderswo [s.
309] sagt ‘Wer da verlesst heuser, ecker, kind, weib &c.. der sols
hunndertfeltig widder haben und dazu das ewige leben ererben’. Damit er die
hertzen vom gut wil reissen, das sie es nicht fur jren schatz halten, und die
seinen trosten, die es lassen muessen, das sie viel mehr und bessers auch inn
diesem leben empfahen sollen, den sie verlassen koennen.
Nicht das man von gut haus, hoff, weib und kind solle
lauffen und jm land jrr gehen, ander leut beschweren, wie die widderteuffer
rotte thut, die uns schuld geben das wir das Euangelium nicht recht predigen,
weil wir haus und hoff behalten, bey weib und kind bleiben. Nein, solcher
toller heiligen wil er nicht haben, Sondern es heist also: wer mit dem hertzen
haus, hoff, weib und kind lassen kan, ob er gleich darinne sitzet und dabey
bleibt, sich mit jn neeret und aus der liebe dienet, wie Gott gebotten hat, Und
doch dahin setzet, wo es die not foddert, das ers konne umb Gottes willen alle stunde
faren lassen. Bistu so geschickt, so hastu alles verlassen, Also das das hertz
nur nicht gefangen sey, sondern rein bleibe vom geitz und ankleben trost und
zuversicht aller ding, und mag wol ein reicher geistlich arm heissen und darff
darumb sein gut nicht weg werffen, on wenn er aus not dauon lassen sol, so
lesset ers jn Gottes namen, nicht darumb das er gerne von weib, kind, haus und
hoff sey, sondern viel lieber behelt so lang es Gott gibt, und jm damit dienet
und doch auch bereit, wenn ers jm widder nemen wil.
So sihestu was geistlich und fur Gott arm sein odder
geistlich nichts haben und alles verlassen heisse. Nu siche auch an die
verheissung, die Christus dazu setzet und spricht ‘Denn solcher ist das
himelreich’. Das ist ia ein grosse, trefliche, herrliche verheissung, das wir
sollen dafur das wir hie gerne arm sein und zeitlich gut nicht achten, ein
schon, herrlich, gros, ewig gut jm himel haben, und da du hie ein kleine
parteken faren lessest, der du doch brauchen magst, so lange und so viel du des
haben kanst, soltu dagegen eine kron erlangen, das du ein burger und herr jm
himel seiest. Solchs solt uns ja bewegen, wenn wir wollten Christen sein und
dafur hielten, das seine wort war weren, aber es achtet niemand, wer der sey,
der es sagt, und viel weniger was er sagt; lassens fur den oren uber gehen, das
sich niemand weiter drumb bekomert noch zu hertzen fasset.
Er zeiget aber eben mit diesen worten, das niemand solchs
fasset, er sey denn vorhin ein rechter Christ. Denn beide dis stuck und alle
ander, die hernach folgen, sind eitel fruechte des glaubens, die der heilige
geist selbs jm hertzen schaffen mus. Wo nu der glaube nicht ist, da wird das
himelreich auch wol aussen bleiben, noch geistlich armut, sanfftmut &c..
folgen, sondern eitel scharren und geitzen, zancken und rumorn umb zeitlich gut
bleiben. Darumb ists verloren bey solchen welthertzen, das sie nymer mehr
lernen noch erfaren was geistlich armut sey, auch nicht gleuben noch achten was
er vom himelreich sagt und verheisset.
[s. 310] Wie wol ers doch den selbigen zu dienst so schicket
und ordnet, das wer nicht wil geistlich arm sein jn Gottes namen umb des
himelreichs willen, der mus doch arm sein jns teuffels namen und keinen danck
da zu haben. Denn Gott hat die geitzigen so gehengt an jren wanst, das sie jres
ergeitzten guts nimer satt noch fro werden konnen. Denn juncker Geitz ist ein
solcher frolicher gast, der keinen lesset rugen, suchet, treibt und jagt on
unterlas, das er des lieben guts keine stund geniessen mus, wie auch der
prediger Solomonis wundert und spricht: Jsts nicht ein schendliche plage, das
Gott einem menschen gelt und gut, land und leut gnug gibt und er doch nicht
soviel vermag das ers gebrauche? mus jmerdar furchten, sorgen und beben, wie
ers behalte und mehre, das es nicht umbkome noch weniger werde, und ist so gar
gefangen, das er nicht einen heller frolich thar angreiffen. Wo aber ein hertz
were, das jm kund gnugen lassen und zu friden sein, so hette es ruge und das himelreich
dazu, da es sonst bey grossem gut odder ja mit seinem geitz hie das fegfeur und
dort das hellisch fewer dazu mus haben und wie man sagt, hie mit eim karn, dort
mit einem rad mus faren, das ist hie jamer und angst, dort das hertzleid haben.
Sihe, so schaffets Gott allzeit, das sein wort doch mus war
bleiben und niemand selig sein noch gnug haben denn die Christen, Und die
andern, ob sie gleich alles haben, doch nichts deste besser haben, ja nimer
mehr so gut haben und mussen doch arme bettler bleiben dem hertzen nach zu rechen,
on das diese gerne arm sind und an einem unvergenglichen ewigen gut, das ist am
himelreich hangen und selige Gottes kinder sind, jene aber nach zeitlichem gut
geitzen und doch nicht erlangen was sie wollen, mussen dazu ewig des Teuffels
marterer sein. Und ist kurtz kein unterscheid unter einem bettler fur der thur
und einem solchen leidigen wanst, on das jener nichts hat und lesst sich mit
einem stuck brods ab weisen, dieser aber jhe mehr er hat, jhe weniger er zu
erfuellen ist, wenn er auch gleich aller welt gelt und gut auff einem hauffen
kriegte.
Darumb dienet diese predigt, wie ich gesagt hab, fur die
welt nicht, schaffet auch nichts, Denn sie bleibet dabey, das sie jres dinges
wil gewis sein und nicht gleuben, sondern fur augen sehen und jnn der hand
haben, Und spricht, es sey besser ein sperling jnn der faust denn nach einem
kronch jnn der lufft gaffen. Darumb lesst sie Christus auch faren, wil niemand zwingen
noch mit den haren erzu ziehen, Sondern gibt seinen trewen rat, wer jm wil
raten lassen, und helt uns die aller tewersten verheissung fur. Wiltu, so hastu
hie fride und ruge jm hertzen und dort ewig was dein hertz begeren sol; Wiltu
nicht, so fare jmer hin unnd habe lieber hie und dort all hertzleid und
unglueck, Denn wir sehen und erfaren, das alles daran ligt, [s. 311] wer jm
lesst gnugen und nicht an zeitlichem gut klebt als mancher ist, wenn er gleich
nur einen bissen brod hat, kan jm Gott das hertz fullen, das er froelich und
besser zufriden ist denn kein fuerst noch konig. Summa er ist ein reicher herr
und keiser, darff kein sorg, muhe und hertzleid haben. Das ist das erste stueck
dieser predigt: Wer hie und dort gnug wil haben, der dencke das er nicht so
geitze und kratze, sondern neme an und brauche was Gott gibt, und neere sich
seiner erbeit jm glauben, so hat er hie das paradis und das [1. Tim. 4, 8]
himelreich gar, wie S Paulus auch saget 1. Timoth. 4. ‘Die gottseligkeit ist zu
allen dingen nutz und hat die verheissung nicht allein dieses, sondern auch des
zukunfftigen lebens’.
Wie er diese predigt hat angefangen widder der Juden lere
und glauben (und zmar nicht allein jr, sondern der gantzen welt, wo sie am
besten ist), welche allzeit auff dem wahn bleibt, wenn sie nur hie gut, ehre
und jren Mammon habe, so stehe sie wol, und allein umb desselben willen Gott
dienet, Also feret er nu fort und stosset auch umb das sie hielten fur das
beste, seligste leben auff erden, wer es da zu kund bringen, das er gute, sanffte
tage [Ps. 73, 5] hette und kein ungemach durffte leiden, von welchen der 73.
Psalm sagt ‘Sie sind nicht jnn ungluck wie ander leute und werden nicht wie
ander leut geplagt’.
Denn das ist das hoehest, das die menschen begeren, das sie
mogen freud und lust haben und on ubel sein. Nu keret Christus das blat umb,
setzet stracks das widder spiel und heisset die selig, die da trawren und leid
tragen, Und so fort durch aus sind alle diese stuck gestellet und gerichtet
widder der welt sinn und gedancken, wie sie es gerne hette, denn sie wil nicht
hunger, kumer, unehre, schmach, unrecht und gewalt leiden und die solchs konnen
uberhaben sein, hellt sie fur selige leut.
So wil er nu hie sagen, das ein ander leben sein musse, denn
sie suchen und meinen, und sich ein Christ darnach mus richten, das er trawre und
leide trage jnn der wellt Wer das nicht thun wil, mag hie wol gute tage haben
und nach allem seinem willen leben, aber hernach soll er ewig [Luk. 6, 25]
trawren, wie er Luce. 6. spricht ‘Wehe euch, die jr hie lachet und guts muts seid,
denn jr werdet heulen und weinen mussen’, Wie es dem reichen man [Luk. 16, 19]
gieng Luce 16. der alle tage herlich und jnn freuden lebt und sich schmuckt jnn
kostliche seiden und purpur, lies sich duncken, er were ein grosser heilige und
fur Gott wol dran, er jm so viel guts geben hatte, und lies gleichwol dieweil
den armen Lazarum teglich fur der thur ligen voll schweren jnn [s. 312] hunger
und kumer und grossem elend. Aber was horet er zuletzt fur ein [Luk. 16, 25]
urteil, da er jnn der helle glut lage? ‘Gedenck das du jm leben hast guts
empfangen, Lazarus aber boses, darumb wirstu nu gequelet, er aber getrostet’
&c..
Sihe das ist eben dieser text ‘Selig sind die da leid
tragen, denn sie sollen getrostet werden’, und widderumb soviel gesagt: wer hie
nichts denn freud und lust suchen und haben, die sollen ewig weinen und heulen.
Fragstu abermal Wie sol man denn thun? Sollen sie denn alle
verdampt sein, die da lachen, singen, springen und sich wol kleiden, essen und trincken?
Lesen wir doch von konigen und heiligen leuten, die auch frolich gewesen sind
und wol gelebt haben. Und sonderlich ist Paulus ein wuenderlicher heilige, der
wil haben, das wir allezeit sollen frolich sein [Phil. 4, 4, Röm. 12, 15]
Philipp. 4. und spricht Ro. 12. ‘Seid frolich mit den frolichen’ und widderumb ‘weinet
mit den weinenden’: Sihe das lautet ja widdereinander, alzeit frolich sein und
doch mit andern weinen und trawren.
Antwort: Gleich wie ich gesagt habe, das reichtumb haben ist
nicht sund noch verboten, also ist auch frolich sein, wol essen und trincken
nicht sund noch verdamlich, des gleichen auch nicht ehre und guten namen haben,
Und soll doch selig sein, wenn ich solchs nicht habe odder lassen kan und dafur
armut, elend, schmach und verfolgung leide. Also ist es beides da und mus auch
beides sein, trawren und frolich sein, essen und hunger leiden, [Phil. 4, 11]
Wie Paulus Philipp. 4. von sich rhumet ‘jch habe die kunst gelernet, das wo ich
bin mir gnuegen lasse, jch kan nidrig sein, jch kan hoch faren, jch bin jn allen
dingen und bey allen geschickt, beide sat sein und hungern, beide uberig [2.
Kor. 6, 8] haben und mangel leiden’, Jtem 2. Cor. 6. ‘Durch ehre und schande,
durch bose geruechte und gut geruechte als die sterbenden, und sihe wir leben
als die trawrigen, aber allzeit frolich’ &c..
Darumb ist das die meinung: Gleich wie der geistlich arm
heisset, nicht der kein gelt noch etwas eigens hat, sonderm der nicht darnach
geitzet noch seinen trost und trotz darauss setzet, als sey es sein himelreich,
Also auch heisset das leide tragen und trawren, nicht der eusserlich jmer den
kopff henget, sawr sihet und nimer mehr lachet, sondern der sein trost nicht
darauff setzet, das er nur hie gute tage habe und jm sause lebe, wie die wellt
thut, die nicht weiter trachtet denn wie sie eitel freude und lust hie habe,
und sich darinne weidet und nichts achtet noch sorget, wie es Gott odder den leuten
gehe.
Also haben viel treffliche, grosse leut, konige und andere,
so Christen sind gewesen, trawren und leid mussen tragen, ob sie gleich fur der
welt herrlich gelebt haben, wie David allenthalben jm psalter von seinem weinen
[s. 313] und leiden klagt, Und auch jtzt kuend jch wol exempel anzeigen von
grossen leuten, herrn und fuersten, so uber dem lieben Euangelio dis stuck wol
erfaren und gelernet haben, als jtzt auff dem vergangen reichstag zu Augsburg
und sonst, ob sie gleich auch auswendig wol gelebt und fuerstlich jnn seiden
und gold sich gekleidet und anzusehen gewest als die auff eitel rosen giengen,
aber teglich unter eitel gifftigen schlangen mussen sein und jm hertzen
gefuelet solchen unerhorten homut, trotz und schmach, so viel bose tueck und
wort von den schendlichen papisten, die jr lust und freude davon gehabt, das
sie jr hertz durchbittert und, so viel an jn gewesen, keine froeliche stunde
gegonnet haben, das sie alles haben muessen jnn sich fressen und nicht mehr
thun denn Gott klagen mit seufftzen und weinen. Solche leute wissen etwas
davon, was da heisset ‘Selig sind die da trawren und leid tragen’, ob mans jn
gleich nicht ansihet, und mit andern essen und trincken und zu weilen mit
lachen und schertzen jres leids zu vergessen. Denn du must nicht dencken, das
trawren allein heisse weinen und klagen odder heulen wie die kinder und weiber,
welchs ist noch nicht das rechte tieffe leiden, wenn es ubers hertz komen ist und
zun augen eraus quillet, sondern das ists, wenn die rechten grossen stoesse kumen,
die das hertz treffen und sturmen, das man nicht kan weinen und niemand thar
klagen.
Darumb ist trawren und leid tragen nicht ein seltzam kraut
bey den Christen, ob es gleich auswendig nicht scheinet, auch wenn sie gerne
wolten frolich sein jn Christo und auch eusserlich soviel sie koennen, Denn sie
mussen teglich sehen und fuelen jm hertzen, wenn sie die wellt ansehen, soviel
bosheit, mutwillen, verachtung und lesterung Gottes und seines worts, dazu
soviel jamer und ungluck, so der Teuffel anrichtet beide jn geistlichem und
welltlichem regiment, das sie nicht viel froliche gedancken konnen haben und jre
geistliche freude seer schwach ist, Und wo sie es stets solten ansehen und
nicht zuweilen die augen wegwerffen, kunden sie keinen augenblick frolich sein,
ist gnug, das es sonst mehr fur fellet und trifft denn sie es gerne hetten, das
sie es nicht durffen weit suchen.
Darumb hebe nur an und werde ein Christen, so wirstu wol
lernen was trawren und leid tragen heisse. Kanstu nicht mehr, so nym ein weib und
setze dich und neere dich jm glauben, das du Gottes wort lieb habest und thust
was dir jnn deinem stand befolen ist, so soltu bald erfaren beide von nachbarn
und jnn deinem eigen haus, das es nicht gehen wird, wie du gerne hettest, und
sich uberal hindern und hemmen, das du gnug zu leiden kriegst und sehen must,
das dir jm hertzen wird wehe thun. Sonderlich aber die lieben prediger mussen
solchs wol lernen und teglich damit geubt werden, das sie allerley neid, has,
hon und spott, undanck, verachtung und lesterung [s. 314] dazu mussen jnn sich
fressen, damit jr hertz und seele durchstochen und on unterlas gequelet wird.
Die welt aber wil solch trawren odder leid tragen nicht
haben, darumb suchet sie solche stende und leben, darinn sie gute tage habe und
von niemand nichts leiden durffe, wie der monchen und pfaffen stand gewesen
ist. Denn sie kan nicht leiden, das sie jnn gottlichem stande ander leuten
dienen solte mit eitel sorgen, muehe und erbeit und dazu nichts denn undanck
und verachtung und ander bose tuecke zu lohn kriegen. Darumb wenn es jr nicht gehet
wie sie wil und einer den andern saur ansihet, so konnen sie nichts denn
poltern mit fluchen und donnern, ja mit der faust dazu, wollen bald gut und
ehre, land und leut hinan setzen. Aber Gott schickets also, das sie dennoch
nicht mussen so frey hin gehen, das sie kein leid sehen noch leiden durfften, Und
gibt jn zu lohn, weil sie es nicht gerne thun, das sie es doch leiden mussen
und dasselb mit zorn und ungedult zwifeltig groesser und schwerer machen und
keinen trost noch gut gewissen haben konnen. Die Christen aber haben den
vorteil, das ob sie gleich leid tragen, dennoch sollen getroestet werden und
beide hie und dort selig sein.
Darumb wer nicht wil gar ein welt kind sein und mit den
Christen teil haben, der las sich auch jnn dem register finden, das er helffe
seufftzen und leid tragen, auff das er auch getrostet werde wie diese
verheissung lautet. [Ezech. 9] Daher lieset man ein exempel jnn dem propheten
Ezechiel 9. Wie Gott sechs menner aus sendete mit toedlicher wehre uber die
stad Jerusalem, aber einen unter jhn schicket er mit einem schreibe zeug, der
solt mitten durch die stad gehen und ein zeichen auff die stirn schreiben allen
die da seufftzeten und leid truegen, das es so schendlich zu gienge, und sehen
musten, das jn durchs hertz gienge. Und wer so gezeichnet wurde, der solt
lebendig bleiben, die andern aber alle tod geschlagen werden. Sihe das ist der
Christen vorteil, das ob sie gleich eitel leid und jamer jnn der welt sehen
mussen, doch zuletzt dahin kompt, wenn die wellt am sichersten ist und jnn
eitel freuden feret, das sich das redlin umbkeret und ploetzlich ein unnglueck
uber sie kompt, darinn sie bleiben und verderben mus, sie aber eraus gerissen
und errettet werden, wie der liebe Lott zu Sodom errettet ward, da sie lang
sein hertz gequelet und [2. Petri 2, 8] zu martert hatten (wie .S. Petrus sagt)
mit jrem schendlichen wesen. Darumb las die wellt jtzt lachen und jm sausse
leben nach jrer lust und mutwillen, und ob du must trawren und leid tragen und
teglich sehen das dein hertz betrübt, so leide dich und halte dich des spruchs,
das du dirs lassest wol gefallen und dich damit troestest und auch eusserlich
dich erquickest und froelich machest soviel du kanst.
Denn die also leid tragen, die mogen wol freude haben und
nemen, [s. 315] wo sie konnen, das sie nicht fur trawrikeit versincken, Denn
auch Christus eben diese wort setzet und den trost verheisset, das sie jnn jrem
leid nicht verzagen noch des hertzens freud gar nemen und verlesschen lassen,
sondern solch trawren mit dem trost und labsal mengen, sonst wo sie nimer kein
trost noch freude hetten, musten sie verschmachten und verdorren. Denn es
vermag kein mensch eitel trawren zu ertragen, denn es seugt safft und krafft jm
leib [Sir. 30, 25] aus, wie der weise man sagt ‘Trawrikeit hat viel leut umbs
leben bracht’, [Spr. 17, 22] jtem ‘ein trawriger mut vertrocket das marck jnn
beinen.’ Darumb sol man solchen nicht allein nachlassen, sondern auch heissen
und dazu treiben, das sie sich zuweilen frolich machen wo mit sie koennen,
odder ia solch trawren lindern und ein wenig vergessen.
Darumb wil Christus nicht, das allein eitel trawren und
betrubnis da sein sol, sondern wil denen weren, die gar nicht trawren wollen
und eitel gute tage und alle jren trost hie haben, und seine Christen leren,
wenns jn ubel gehet und trawren mussen, das sie wissen, das solchs Gotte
wolgefellet, und jnen auch wolgefallen lassen, nicht fluchen und toben odder
verzweiveln, als wolle jr Gott kein gnade haben. Wo das ist, da soll das bitter
truencklin mit honig und zucker gemenget und gelindert odder gemiltert werden, welchs
ist diese verheissung, das jm solchs wolgefellet und das er sie selig spricht,
dazu auch hie getrostet und dort das leid gar von jn sol genomen werden. Darumb
las gehen wellt und alle die uns leid thun, jnn jres herrn des Teuffels namen
und uns dis lid singen und frolich sein jn Gottes und Christi namen. Denn es
soll jn doch nicht hinaus gehen wie sie wollen, sondern ob sie gleich sich jtzt
unsers unglucks frewen und uns viel zu leid thun, wollen wir dennoch einen
guten mut haben und erleben, das sie zu letzt heulen und weinen mussen, wenn
wir getrostet und frolich werden.
Dis stuck folget fein auff das erste, da er gesagt hat
‘Selig sind die geistlich arm sind’ &c.. Denn wie er droben das himelreich
und ewig gut verheisset, also setzt er hie auch dazu eine verheissung von
diesem zeitlichen leben und gutern hie auff erden. Wie reumet sichs aber
zusamen Arm sein und das land besitzen? Jch meine, der prediger habe vergessen
was er angefangen hat, Denn sol man das land und guter besitzen, so mus man ja
nicht arm sein. Er heisset aber hie das land besitzen allerley guter haben hie
auff erden, nicht das ein jglicher ein gantz land solle jnne haben, sonst muste
Gott noch mehr wellt schaffen, sondern die guter so einem jglichen Gott
bescheeret, das er einem weib, kinder, viehe, haus, hoff gibt und was darein
gehoret, das er jm land (wo er wonet) sitzen und bleiben kan und seines guts
ein herr sey, [Ps. 37, 22. 29. 34] wie die schrifft sonst pflegt zu reden und
ps. 37. offt stehet ‘Die des HERRN [s. 316] harren, werden das land erben‘,
Jtem ’seine gesegneten erben das land’ .&c.. Darumb bringet er hie die
glose selbs mit, das geistlich arm sein, davon er zuvor gesagt, nicht heisset
ein bettler sein odder gelt und gut weg werffen. Denn er wil hie, das sie jm
land wonen und bleiben sollen und mit jrdischem gut umbgehen, wie wir weiter
horen werden.
Was heisst nu sanfftmuetig sein? Hie mustu erstlich abermal
wissen das Christus gar nichts redet von der oberkeit und jrem ampt, Denn der selbigen
gehoret nicht zu, das sie sanfftmuetig sey (wie wir auff deudsch sanfftmut nennen)
denn sie furet das schwerd, damit sie die bosen straffen mus, und hat einen
zorn und rache, die heisset Gottes zorn und rache, Sondern er saget allein von
einzelen personen, wie ein jglicher fur sich leben sol gegen andern ausser dem
ampt und regiment, Als vater und mutter, wo sie nicht als vater und mutter
gegen jren kindern leben noch jr vater und mutter ampt treiben, das ist gegen
die, so sie nicht vater odder mutter heissen, als nachbar und ander leut. Denn
ich sonst offt gesagt habe, das man die zwey weit underscheiden mus, Ampt und
person. Es ist viel ein ander man, der da Hans odder Martin heisset und der Kurfurst
odder Doctor und prediger heisset. Denn hie werden gleich zwo unterschiedliche
person jnn einem menschen, Eine darin wir geschaffen und geboren sind, nach
welcher wir alle unternander gleich sind, man, weib, kind, jung, alt. &c..
Aber wenn wir nu geboren sind, so kleidet und schmuckt dich Gott zu einer
andern person, machet dich zu einem kind, mich zum vater, einen zum herrn, den
andern zum knecht, diesem zu einem fursten, jenen zum burger und so fort an.
Das heisset denn eine Gottliche person, als die ein Gottlich ampt furet und jnn
seiner herrligkeit geschmuckt gehet, und nicht schlecht Hans odder Claus,
sondern ein Furst zu sachsen odder vater und herr heisset. Von dieser redet er
hie nichts, sondern lesset sie fur sich gehen jnn jrem ampt und regiment, wie
ers geordnet hat, Sondern von der blossen eintzelen naturlichen person, was ein
iglicher fur sich selbs als ein mensch gegen dem andern thun sol.
Darumb, wo wir jm ampt und oberkeit gehen, da sol und mussen
wir scharff und streng sein, zurnen, straffen &c.. denn hie mussen wir thun
was uns Gott jnn die hand gibt und von seinen wegen thun heisset, Sonst was ausser
dem ampt gehet, da lerne ein jglicher fur sich selbs, das er sanfftmuetig sey
gegen jderman, das ist nicht mit unvernunfft aus hass odder rachgyr mit dem
nehesten fare und handle als die, so man heisset Hans mit dem kopff hindurch,
die nimer nichts leiden noch weichen wollen, sondern weld und berg umb reissen
und bewme versetzen wollen, niemand kein wort verhoren noch zu gut halten konnen
und flugs sack und seil auff binden, nichts dencken denn wie sie sich rechen
und widder schlahen wollen. Damit ist der oberkeit [s. 317] nicht geweret
zustraffen und rache zu furen von Gottes wegen, aber auch nicht rawm gegeben,
wo ein Richter, burgemeister, herr odder furst ein schalk ist und die zwo
person jnn einander mengt und uber sein ampt greifft aus eigenem mutwillen
odder aus neid, hass und feindschafft (wie gemeiniglich geschicht) unter dem
schein und deckel des ampts und rechts, Als wo unser nachbarn unter der
oberkeit namen wolten etwas widder uns ausrichten, dazu sie sonst nicht komen
kondten.
Und sonderlich redet er abermal mit seinen Juden, wie er hat
angefangen, welche stracks auff dem sinn stunden, das sie meineten, sie
durfften von keinem Heiden und fremden nichts leiden und theten wol dran, das
sie nur getrost sich recheten, Und fureten dazu sprueche aus Mose, als Deuter
.28. [5. Mose 28, 13] ‘Der HERR wird dich zum heubt machen und nicht zum
schwantz und wirst nur oben schweben und nicht unterligen’ &c.. Welchs were
wol recht, Es heist aber also, wenn es Gott selbs thut, so jsts wolgethan. Denn
es ist viel ein anders, wenn ers heisst und spricht jch wils thun, und wenn
wirs selbs on befehl thun. Was er sagt, das sol und mus geschehen, was wir
sagen, das geschicht wenn es kan, odder bleibt wol gar nach. Darumb gilts
nicht, das du es woltest thun, da ers thun solt, und nicht harren, bis er dichs
heisset, und dennoch dich solcher verheissung annemen und darauff trotzen.
Sihe solche tolle heiligen straffet hie Christus, die da
meinen, ein jglicher sey herr jnn der gantzen wellt und habe recht dazu das er
nichts leide, sondern nur poltern und rumoren und mit gewalt faren das jre zuschutzen,
Und leret uns das wer da wil das seine, gut, haus und hoff .&c.. mit frid
regiren und besitzen, der muesse sanfftmutig sein, das er konne versehen und
mit vernunfft faren und leiden was er jmer leiden kan. Denn es kan nicht
feilen, es wird zuweilen dein nachbar sich an dir vergreiffen und zuviel thun
entweder aus versehen odder auch aus mutwillen. Jsts versehen, so machstus
deinet halben nicht gut, das du nichts wilt noch kanst vertragen; Jsts aber
mutwillen, so machestu jhn nur erger, das du feindlich scharrest und pochest
und er dazu lachet und seine lust busset, das er dich erzurnet und leid thut,
so das du doch kein friede kanst haben noch des deinen mit ruge brauchen.
Darumb wele der zweyer eins, welchs du wilt, das du entweder
mit sanfftmut und gedult unter den leuten lebest und beheltest was du hast mit frid
und gutem gewissen, odder mit poltern und rumorn das deine verlierest und kein
ruge dazu habst. Denn da stehet beschlossen, die sanfftmutigen sollen das land
besitzen. Und sihe nur selbs die seltzamen koepffe, die jmerdar zancken und
hadern umb gut und ander ding und niemand weichen, sondern alles mit dem kopff
hindurch aus fueren wollen, ob sie nicht mehr verhaddern [s. 318] und
verkriegen, denn sie jmer gewinnen mochten und zu letzt land und leut, haus und
hoff verlieren mit unfrid und bosem gewissen dazu. So spricht auch Gott seinen
segen dazu, der heisst also: Seid ja nicht sanfftmuetig, das jr das liebe land
ja nicht behaltet noch einen bissen mit frieden geniesset.
Wiltu aber recht faren und ruge haben, so las deines
nachbarn mutwillen und frevel sich selbs dempffen und verlesschen, sonst kanstu
dem Teuffel nicht lieber noch dir selbs mehr zu leid thun, denn das du
feindlich zurnest und rumorst. Hastu ein oberkeit, so sage es an und las sie
darauff sehen, Denn sie ist darumb gesetzt, das sie es nicht leide, das man die
unschuldigen gar unterdrucke: so wird Gott auch wol druber halten, das sein
wort und ordnung bleibe und du dieser verheissung nach das land besitzest. So
hastu frid und segen von Gott, Dein nachbar aber unfrid sampt Gottes ungnade und
fluch. Aber diese predigt gehet niemand ein denn die Christen sind und gleuben
und wissen, das sie jren schatz haben jm himel, der jn gewis ist und nicht kan
genomen werden, daher sie auch hie mussen gnug haben, ob sie gleich nicht
kasten und tasschen vol roter gulden haben. Weil du denn das weissest, warumb
woltestu dir deine freud zurutten und nemen lassen, ja selbs unruge machen und
dich solches trefflichen segens berauben?
Sihe so hastu nu drey stuck mit dreyen reichen
verheissungen, das wer ein Christen ist, der mus gnug haben, beide zeitlich und
ewig, ob er gleich hie mus viel leiden, beide jnnwendig jm hertzen und
auswendig. Widderumb die welt kinder, weil sie kein armut noch leid noch gewalt
leiden wollen, weder das himelreich noch zeitlich gut mit friede und ruhe
behalten und geniessen. Davon magstu weiter lesen Psal .37. welcher ist die
rechte glose uber die stuck und reichlich beschreibt wie die sanfftmutigen das
land besitzen und die Gottlosen sollen ausgerott werden.
Gerechtickeit mus an diesem ort nicht heissen die
Christliche heubt gerechtigkeit, dadurch die person frum und angenem wird fur
Gott, Denn jch habe vor gesagt, das diese acht stuck nichts anders sind Denn
eine lere von den fruechten und guten wercken eines Christen, vor welchen der
glaube zuvor mus da sein als der bawm und heubstuck odder summa seiner
gerechtigkeit und seligkeit on alle werck und verdinst, daraus solche stuck
alle wachsen und folgen mussen. Darumb verstehe hie die eusserlich
gerechtigkeit fur der welt, so wir unter uns gegen ander hallten, das dis kurtz
und einfeltig die meinung sey von diesen worten: Das ist ein rechtschaffen
selig mensch, der jmer anhelt und mit allen krefften darnach strebt, das es
allenthalben wol zugehe und jderman recht thue, und solchs mit worten und
wercken mit rat und that hilfft hallten und fordern.
[s. 319] Dis ist nu auch ein kostlich stuck, welchs seer
viel guter werck begreifft, aber auch gar seltzam ist, Als das wirs jnn exempel
fassen. Wenn ein prediger wil jnn diesem stuck erfunden werden, der mus so
geschick sein, das er einen jglichen jnn seinem stande unterweisse und helffe,
das er den selbigen recht fure und thue was dazu gehoeret, Und wo er sihet das
es manglet und nicht recht gehet, das er da sey, warne, straffe und bessere wie
und womit er kan, Also das jchs als ein prediger nicht manglen lasse an meinem
ampt noch die andern an jrem, das sie meiner lere und predigen folgen und also auff
beiden seiten recht zugehe. Wo nu solche leut sind, die sich drumb annemen und
lassens in ernst sein, das sie gerne wolten recht thun odder jnn rechtem wesen
und wercken erfunden werden, die hungert und durstet nach der gerechtigkeit.
Und wenn es so gienge, so were keine buberey noch unrecht, sondern eitel
gerechtigkeit und selig wesen auff erden. Denn was ist der wellt gerechtigkeit
anders denn das jderman thue jnn seinem stande was er schuldig ist, welchs
heisst desselbigen stands recht, als mans recht und frawen recht, kinds recht,
knechts und magd recht jm hausse, burgerrecht odder stadrecht jm lande, welchs
alles stehet darinn, das die so ander leuten furstehen und regieren sollen,
solch ampt mit vleis, sorgen und trewen ausrichten, die andern auch des
gleichen schuldigen dienst und gehorsam trewlich und willig leisten.
Er setzet aber nicht umbsonst solche wort ‘Hungern und
dursten nach der gerechtigkeit’, damit er wil anzeigen das ein grosser ernst,
begird und brunst, dazu ein unablessiger vleis dazu gehore, das wo solcher
hunger und durst nicht ist, da wird nimer nichts draus. Ursach jst diese: Denn
es hat zugros und viel hindernis beide vom Teuffel, der sich allenthalben jnn
weg legt und sperret, und von der wellt, als von seinen kindern, welche so
boese ist, das sie keinen fromen menschen leiden kan, der gerne fur sich recht
thun odder ander leuten dazu helffen wolt, sondern legt jn alle plag an, das
einer die lenge mocht mued und verdrossen daruber werden, Denn es thut wehe, das
man sehen sol das so schendlich zugehet, und dazu fur eitel wolthat nichts denn
undanck, verachtung, hass und verfolgung zu lohn haben. Daher auch viel leut,
die solchen unwillen nicht haben sehen mugen, zuletzt gar daran verzweivelt und
von den leuten jnn die wusten gelauffen und moenche daraus worden sind, Also
das dis sprichwort jhe und jhe war gewesen ist ‘Verzweiveln macht einen
moench’. Entweder das man sich nicht trawet zu erneren und umbs bauchs willen
jns Closter leufft, wie der grosse hauffe gethan hat, odder das man an der
wellt verzweiuelt und nicht trawet darinn from zu bleiben noch den leuten zu
helffen.
[s. 320] Aber das heist nicht gehungert und gedurstet nach
der gerechtigkeit, Denn wer so wil predigen odder regiren, das er sich lesset
mued und ungeduldig machen und jnn einem winckel iagen, der wird langsam den
leuten helffen. Es heisst nicht zu winckel odder jnn die wusten kriechen,
sondern heraus lauffen, wenn du drinnen werest, und beide hend und fusse und
deinen gantzen leib darreichen und alles dran setzen was du hast und vermagst,
Und wil einen solchen menschen haben, der hart gegen hart sey, das er sich
nichts abschrecken noch uberteuben und keinen undanck noch bosheit der wellt
uberwinden lasse, sondern jmer treibe und an halte, so viel er aus allen
krefften vermag. Summa es gehoret dazu ein solcher hunger und durst nach der gerechtigkeit,
der da nimer ablasse noch auff hore und nicht satt werden konne, nichts anders
suche noch dencke und alles dagegen verachte, was jn wil hindern, das er nur
recht fordere und erhallte. Kan er die wellt nicht gar from machen, so thue er
was er kan, jst gnug, das er das seine gethan und ja ettlichen geholffen hat,
obs gleich nur einer odder zween weren, wollen die andern nicht hernach, so las
er sie faren jnn Gottes namen. Man mus umb der boesen willen nicht davon
lauffen, sondern so dencken: Es ist umb jren willen nicht angefangen, umb jren
willen auch nicht gelassen, Villeicht mogen mit der zeit noch der selben auch
ettliche erzu komen odder ja jr weniger werden und ettlicher mas sich bessern.
Denn hie hastu eine trostliche gewisse verheissunge, damit
Christus seine Christen locket und reitzet, das welche so hungert und durstet
nach der gerechtigkeit, die sollen gesettigt, das jst jres hungers und dursts
ergetzet werden, das sie nicht umbsonst geerbetet haben, und dennoch endlich
ein heufflin erzu bracht werde, bey welchen es wol angelegt sey, Und nicht
allein hie auff erden, sondern viel mehr jnn jenem leben offenbar werden, da
jderman wird sehen was solche leut fur frucht geschafft haben durch jren vleis
und stetigs anhalten, ob es gleich itzt nicht wil gehen, wie sie gerne wolten,
und wol halb daran verzweiveln mussen, Als das ein fromer prediger so viel seelen
aus des Teuffels rachen gerissen und gen himel bracht odder ein frumer trewer
regent viel landen und leuten geholffen hat, die jm solchs zeugen und fur aller
wellt preisen werden.
Dawidder sind nu die falschen heiligen, die fur grossen
heiligkeit die wellt meiden und jnn die wusten lauffen odder sich jnn die
winckel verkriechen, auff das sie solcher muehe und unlust, so sie sonst haben
musten, uberhaben seien und sich nichts durffen annemen, wie es jnn der wellt
gehe, dencken nicht ein mal dran, das sie ander leuten helffen odder raten
solten mit leren, unterweisen, vermanen, straffen und bessern odder zum
wenigsten mit beten und sufftzen zu Gott. Ja es ekelt jn dafur und were jn
leid, das ander leut [s. 321] frum weren, auff das man sie allein fur heilig
halte, das wer da wil gen himel kummen, mus jn jre gute werck und verdienst
abkeuffen. Summa sie sind der gerechtigkeit so vol, das sie die andern armen
sunder an koeken, Gleich [Luk. 18, 11] wie der grosse heilige Phariseus Luce.
18. fur grosser trunckenheit eraus koecket und speyet uber den armen zoelner,
that jm so hertzlich sanfft, das er Gott hoffieret und dancket, das er allein
frum und ander leut boese waren.
Sihe das sind sie, widder die Christus hie redet, die
schendlichen, stoltzen, sattsamen geister, die sich damit kutzeln und jr freud
und lust haben, das ander leut nicht frum sind, da fur sie solten sich
erbarmen, mitleiden und helffen: Konnen nicht mehr denn jderman verachten,
affterreden, urteilen und verdamnen, und mus alles stanck und unflat sein, on
was sie selbs thun. Aber das sie solten hingehen und einen armen gebrechlichen
suender vermanen odder bessern, da hutten sie sich fur als fur dem Teuffel.
Darumb werden [Luk. 6, 25] sie auch widderumb mussen horen, wie Christus uber
sie schreyet Luce. 6 ‘Weh euch die jr satt und vol seid, denn euch wird
hungern.’ Denn wie die satt mussen werden, so jtzt hungert und durstet, so
mussen iene ewig hungern, die jtzt so voll und satt sind und doch niemand jr
geniessen kan noch rhumen, das sie einem menschen hetten geholffen odder
zurecht bracht. Also hastu kurtz die meinung dieses stucks, welchs (wie gesagt)
viel guter werck, ja alle gute werck begreifft, damit ein jglicher fur sich
unter den leuten recht lebe und allerley ampt und stende fordern helffe, da von
jch offt anders wo weiter gesagt habe.
Dis ist auch eine feine frucht des glaubens und folget wol
auff das vorige: Wer andern leuten sol helffen und fordern, das es allenthalben
recht zu gehe, das der auch gutig und barmhertzig sey, das ist, das er nicht
bald rumore und wuete, wo es noch feilet und nicht gehet wie es gehen sol, und dennoch
besserung zuhoffen ist, Denn das ist auch der falschen heiligkeit tugent eine,
das sie kein mitleiden noch barmhertzigkeit konnen haben mit gebrechlichen und
schwachen, sondern wollens auffs aller strengst gehalten und auffs reinest
erlesen haben, und so bald es ein wenig feilet, so ist alle gnade aus und eitel
wueten und toben da, wie auch S. Gregorius solche leret erkennen und spricht
‘Vera iusticia compassionem habet, falsa indignationem.’ Warhafftige heiligkeit
jst barmhertzig und mitleidig, aber falsche heiligkeit kan nichts denn zurnen
und wuten, und sol doch heissen pro zelo justiciae (wie sie sich schmuecken)
das ist, aus liebe und eiver nach der gerechtigkeit gethan.
Denn das gehet mit aller gewallt jnn der wellt, das sie alle
jren mutwillen [s. 322] und wuterey treiben unter dem schonen trefflichem
schein und deckel, das sie es thue eben umb der gerechtigkeit willen, Gleich
wie sie bis her und noch jre bosheit und verreterey widder das Euangelion
ausrichtet unter dem namen die warheit zuschutzen und die ketzerey ausrotten,
wil damit verdienen das sie Gott dafur sol kronen und gen himel heben, als die
fur grossem durst und hunger nach der gerechtigkeit seine heiligen verfolgen,
wuergen und brennen.
Denn sie wollen trawn auch den namen haben, ja wol mehr denn
die rechten heiligen, das sie hunger und durste nach der gerechtigkeit, furen
darzu so grossen schein und treffliche wort, das sie meinen Gott selbs solle
nicht anders wissen. Aber an den fruchten kennet man den edlen bawm: Denn wo
sie gerechtigkeit fordern sollen, nemlich das beide jnn geistlichen und
weltlichem regiment recht zu gehe, das thun sie nicht, dencken auch niemand zu unterweisen
und bessern, leben selbs jnn eitel untugent, und wo jemand ir thun straffet
odder nicht lobet und thut wie sie wollen, so mus er ein ketzer sein und sich
unter die helle verdamnen lassen. Sihe so ist gewislich ein jglicher falscher
heilige, Denn die eigen heiligkeit machet jn so stoltz, das er jderman
verachtet und kan kein gutig barmhertzig hertz haben.
Darumb ist dis ein notige warnung widder solche schendliche
heiligen, das ein jglicher drauff sehe, wo er mit dem nehesten zuschaffen hat,
dem er jn seinem stand und wesen helffen und zu recht bringen sol, das er
dennoch auch kund barmhertzig sein und vergeben, das man sehe, das du die
gerechtikeit mit rechtem hertzen meinest und nicht dein eigen mutwillen und
zorn buessen wollest Und so gerecht seiest, das du gegen dem, der die
ungerechtigkeit lassen und sich bessern wil, freundlich und seuberlich farest
und sein gebrechen odder schwacheit zugut haltest und tragest, so lang bis er
hernach kome. Wo du aber solchs alles versucht und kein hoffnung zur besserung
findest, da magstu jn lassen faren und denen befelen, die zustraffen haben.
Das jst nu ein stuck der barmhertzigkeit, das man gerne
vergebe den sundern und gebrechlichen. Das ander jst, das man auch wolthetig
sey gegen die so eusserlich not leiden odder hulffe bedurffen, welchs man
heisset die werck [Matth. 25, 35 ff.] der barmhertzigkeit aus Matth .25. Dis
stuck konnen die hoffertigen Judischen heiligen auch nicht, Denn da jst nichts
denn eitel eis und frost, ja ein stock und stein hart hertz und gar kein bluts
tropff der lust noch liebe dem nehesten wol zuthun, gleich wie auch keine
barmhertzigkeit sunde zuvergeben, Sorgen und trachten allein fur jren wanst, ob
gleich ein ander solte hungers sterben, das auch bey offentlichen sundern viel
mehr barmhertzigkeit ist denn bey eim solchen heiligen, wie denn folgen mus,
weil sie sich allein preisen und from [s. 323] halten, jderman verachten und
fur nichts halten und meinen, alle welt soll jn allein dienen und gnug geben,
sie aber seien niemand schuldig zu geben noch zu dienen.
Darumb ist diese predigt und vermanung verachtet und
vergeblich bey solchen heiligen und findet keine schuler denn die vorhin an
Christo hangen und gleuben, keine eigen heiligkeit bey jn selbs wissen, sondern
nach den vorigen stuecken arm, elend, sanfftmuetig und recht hungerig und
durstig seind und so geschickt, das sie niemand verachten, sondern sich
jdermans not annemen und mitleiden haben koennen. Diesen gilt nu die
troestliche verheissunge: Wol euch die jr barmhertzig seid, denn jr werdet
widder eitel barmhertzigkeit finden beide hie und dort, und solche
barmhertzigkeit, die alle menschliche wolthat und barmhertzigkeit
unausprechlich weit ubertrifft. Denn es ist ia kein gleiche unser
barmhertzigkeit gegen Gottes barmhertzigkeit noch unser gueter gegen die ewigen
gueter jm himelreich, noch lesst er jm unser wolthat gegen dem nehesten so wol
gefallen, das er fur einen pfennig hundert tausent gulden, wo es uns not were,
fur einen trunck wassers das himelreich verheisset.
Wer sich nu solche treffliche, trostliche verheissung nicht
wil lassen bewegen, der wende das blat umb und hore ein ander urteil: Weh und
verflucht sind die unbarmhertzigen, denn jn sol auch keine barmhertzigkeit
widderfaren. Wie itzt die wellt voll solcher leut ist vom adel, burger und
bawrn, die sich so trefflich versundigen an dem lieben Euangelio, das sie armen
pfarrern und predigern nicht allein nichts geben noch helffen, sondern noch dazu
nemen und plagen wo sie koennen, und sich nicht anders stellen, denn als wolten
sie es aushungern und aus der wellt iagen und doch die weil gantz sicher dahin
gehen, meinen, Gott soll still dazu schweigen und alles lassen gut sein was sie
thun, Aber es wird sie ein mal treffen, und wie ich sorge, jemand kumen, der
mich (der ich gnug gewarnet habe) zum propheten machen und mit aller
unbarmhertzigkeit mit jn umbgehen wird und jn nemen ehre und gut, leib und
leben da zu, auff das Gottes wort war bleibe und wer nicht barmhertzigkeit
erzeigen noch haben will, eitel zorn und ewige [Jak. 2, 13] ungnad uberkome,
wie auch S. Jacobus sagt: ‘Es wird gar ein unbarmhertzig gericht uber den
gehen, der nicht barmhertzigkeit gethan hat’, Darumb auch Christus am jungsten
tage solch unbarmhertzigkeit allein fuer das hoheste wird anzihen als widder jn
selbs gethan alles was wir aus unbarmherzigkeit [Matth. 25, 35] gethan haben,
und selbs den fluch uber sie sprechen ‘Jch bin hungerig, durstig [Matth. 25,
41] gewesen, und jr habt mich nicht gespeisset noch getrencket’ &c.. ‘darumb
gehet hin jr verfluchten jnn das ewige hellische feur’ etc. Er warnet und
vermanet uns treulich aus lauter gnaden und barmhertzigkeit, wer das nicht will
haben, der wele den fluch und ewig verdamnis. Sihe an den reichen man [s. 324] [Luk.
16, 19 ff.] Luce 16. welcher ob er wol den armen Lazarum teglich voll schweren
sahe fur seiner thuer liegen, noch hat er nicht so viel barmhertzigkeit, das er
jm hette ein bund stro gegeben odder die brosamen unter seinem tisch gegonnet, aber
sihe, wie hoch er ist gerochen, das er jnn der helle gerne hundert tausent gulden
dafur gebe, das er mochte einen faden rhuemen, dem er jm gegeben hette.
[Matth. 5, 8] Selig sind die reines hertzens sind, denn sie
werden Gott schawen.
Dis stuck ist ein wenig subtil und nicht so verstendlich
gered fur uns, die wir grobe fleischliche hertzen und sinne haben, und noch fur
allen Sophisten, die doch solten die gelertesten sein, verborgen, das jr keiner
kan sagen was ein rein hertz haben, und noch weniger was Gott schawen heisse,
gehen mit eitel trewmen und losen gedancken umb der dinge, davon sie selbs nie
nichts erfaren haben. Darumb mussen wir diese wort nach der schrifft ansehen und
recht verstehen lernen.
Ein rein hertz haben sie getreumet, das ein mensch von den
leuten jnn einen winckel, Closter odder wuesten lieffe und nicht an die wellt
gedechte noch sich mit welltlichen sachen und geschefften bekoemert, sondern
mit eitel himlischen gedancken spielete; Haben mit solcher trawmlere nicht
allein sich und ander leute generret und ferlich verfuret, sondern auch den
mordlichen schaden gethan, das man die werck und stende, so jnn der wellt gehen
muessen und von Gott geordnet sind, fur unrein gehalten hat, Die schrifft aber
sagt von solchem reinem hertzen und gedancken, das dennoch dabey stehen konne, das
einer ein eheman sey, weib und kind lieb habe, fur sie dencke und sorge und mit
andern sachen umbgehe, was dazu gehoret, Denn solchs alles hat Gott geboten.
Was aber Gott gebotten hat, das mus nicht unrein sein, ja es ist eben die
reinigkeit, da mit man Gott sihet. Also wenn ein Richter sein ampt treibet und
einen ubeltheter zum tod urteilet, das ist nicht sein, sondern Gottes ampt und
werck, darumb ist es ein gut rein und heilig werck (wo er anders auch ein
Christen jst), welchs er nicht kund thun, wo nicht zuvor ein rein hertz da
were. Jtem so mus auch ein rein werck und her heissen, ob gleich ein knecht
odder magd jm hause ein unfletig, unsauber werck thuet, als mistladen, kinder
wasschen und rein machen. Darumb jsts ein schendliche verkerung, das man die
stende so jnn den zehen gebott gefasset sind, so gering achtet und nach andern
sonderlichen gleissenden wercken gaffet, gerade als hette Gott nicht so reinen
mund odder augen als wir, noch so rein hertz und faust, wenn er beide weib und
man schaffet: wie solt denn solche werck odder gedancken ein unrein hertz
machen? Aber so sollen zu blinden und narren werden, die Gottes wort verachten
und allein nach eusserlichen larven und gleissen der werck die reinigkeit
achten, und die weil das ungluck anzurichten haben, mit jren eigen fliegenden
gedancken und gaffen [s. 325] gen himel zuklettern und nach Gott tappen, bis
sie daruber jn selbs den hals sturtzen.
Darumb last uns recht verstehen, was Christus ein rein hertz
heisse, Und erstlich merck abermal, das diese predig am meisten gesetzt und
gescherfft ist widder die Juden, Denn wie sie nichts wolten leiden, sondern
guete tage, lust und freude suchten, auch nicht wolten hungern noch barmhertzig
sein, sondern satt und allein from sein, dazu jderman urteilen und verachten,
Also war auch das jre heiligkeit, das sie musten eusserlich rein sein am leib,
haut, har, kleider und speis, das auch nicht ein flecklin am kleid sein muste,
und wenn einer ein tod ass angerurt odder ein grind odder genetz am leib hatte,
muste er nicht unter die leut komen. Das hielten sie fur reinigkeit, Aber damit
(spricht er) jst es nicht aus gerichtet, sondern die lobe jch, die sich [Matth.
23, 25] vleissigen, das sie reines hertzen sind, wie er auch Matth .23. spricht
‘Jr reiniget das auswendige am becher und schussel, jnnwendig aber seid jr voll
[Matth. 23, 27] raubes und frasses’, Jtem ‘jr seid wie die ubertunchte greber,
welche auswendig auch fein hubsch scheinen, aber jnnwendig sind sie vol todten
beine und alles unflats’. Wie auch jtzt unser geistlichen sind, ob sie wol
eusserlich schon seuberlich leben furen und alle ding gehen jnn schonem geberd
und gepreng jnn der kirchen, das es lachet und lieblich anzusehen ist, Aber er
fragt nicht nach solcher reinigkeit, sondern wil das hertz rein haben, ob es
gleich auswendig ein asschenbrodel jnn der kuchen, schwartz rustrig und
bestoben jst und mit eitel unfletigen wercken umbgehet.
Was jst denn nu ein rein hertz? odder worinn stehets?
Antwort: Es jst bald gesagt, und darffst nicht gen himel klettern noch jnn ein
Closter darnach lauffen und mit eigen gedancken ausrichten, Sondern hute dich
fur allen, was du fur eigen gedancken bey dir weissest, als fur eitel schlam
und unflat, und wisse, das ein moench jm Closter, wenn er jnn seiner hohesten beschauligkeit
sitzet und an seinen Herrgott dencket, wie er jn selbs malet und treumet, und
wil die wellt gar aus dem hertzen werffen, der sitzet (mit urlaub) jm dreck,
nicht bis an die knye, sondern uber die oren, Denn er gehet mit eigen gedancken
umb on Gottes wort, welchs jst eitel lugen und triegerey, wie die schrifft
allenthalben zeuget.
Aber das heisset ein rein hertz, das darauff sihet und
dencket was Gott sagt, und an stat seiner eigen gedancken Gottes wort setzet.
Denn dasselb jst allein rein fur Gott, ja die reinigkeit selbs, dadurch auch
alles, was daran hanget und darinne gehet, rein wird und heisset, Als das ein
gemeiner grober handswercks man, schuster odder schmid, daheim sitzet, ob er
gleich unsauber und ruestig jst odder ubel reucht von schwertze und pech und
dencket: mein Gott hat mich geschaffen zu einem man und mir mein haus, weib und
[s. 326] kind geben und befolen lieb zu haben und zu neeren mit meiner erbeit
&c.. Sihe, der gehet mit Gottes wort umb jm hertzen, und ob er wol auswendig
stincket, aber jnwendig jst er eitel balsam fur Gott. Kompt er aber auch jnn die
hohe reinigkeit, das er auch das Euangelion ergreifft und an Christum gleubt
(on welches zwar auch iene reinickeit nicht sein kan), so jst er durch und
durch rein beide jnnwendig jm hertzen gegen Gott und auswendig gegen allem was
unter jm jst auff erden, Das alles was er lebt und thut, gehet, stehet, jsst
und trinckt &c.. jst jm rein und kan jn nichts unrein machen, Als wenn er
sein ehelich weib ansihet odder auch mit jr schertzet wie der patriarch [1.
Mose 26, 8] Jsaac Genes .26. da fur einem moench ekelt und jhn unrein machet,
Denn da hat er Gottes wort und weis das jm Gott geben hat, Aber wenn er sein
weib liesse sitzen und hielte sich zu einer andern, odder lies sein handwerck odder
ampt anstehen und thet ander leuten schaden odder verdries &c.. so were er
nicht mehr rein, Denn das were widder Gottes gebot.
So lang er aber bleibt jnn den zweyen stucken, nemlich jm
wort des glaubens gegen Gott, da durch das hertz rein wird, und jm wort des
verstendnis, das jn leret was er gegen dem nehesten thun sol jnn seinem stand, so
jsts jm alles rein, wenn er gleich mit feusten und dem gantzen leib jnn eitel
schwertze umbgehet. Ein arme dienst magd, wenn sie thut was sie thun sol und
ein Christen dazu jst, so jst sie fur Gott jm himel ein schoene reine metz, das
alle engel jr zu lachen und lust zusehen haben; Widderumb der aller strengeste
Cartheuser, ob er sich zu tod fastet und casteyet, fur grosser andacht eitel
threnen weinet und nimer an die welt gedechte und doch on glauben an Christum
und liebe gegen dem nehesten jst, so jst er ein lauter stanck und unflat beide
jnnwendig und auswendig, das beide Gott und Engel eitel grawen und eckel fur jm
haben.
So sihestu wie es alles ligt an Gottes wort, das was darinn
gefasset jst und gehet, das mus alles rein, lauter und schneweis heissen gegen
Gott [Tit. 1, 15] und menschen. Daher Paulus sagt Tito .1. ‘Den reinen ist
alles rein’ Und widderumb ‘Denn unreinen und ungleubigen jst nichts reine’.
Warumb das? Denn unrein jst beide jr sinn und gewissen. Wie gehet das zu? Denn
sie sagen wol, sie erkennen Gott, aber mit den wercken verleugnen sie es,
sintemal sie sind, an welchen Gott einen grewel hat &c.. Sihe wie greulich
sie der Apostel abmalet und schillt, die grossen Judischen heiligen. Denn nim fur
dich einen Cartheuser moench, der meinet, wenn er lebet jnn seiner strengen regel,
gehorsam, armut und on ein weib, abgesondert von der wellt, so sey er aller
dinge rein, Was jst das anders denn jr eigen sinn und gedancken on Gottes wort
und glauben aus jrem hertzen gewachsen, dadurch sie sich allein heilig und
ander leut unrein achten? Das heisset S. Paulus ein unreinen sinn, das jst
alles was sie dichten und dencken. Weil nu solcher wahn und [s. 327] gedancken
unrein jst, so mus jn auch alles was sie darnach thun, unrein sein, Und wie der
sinn jst, so jst auch das gewissen, das ob sie gleich solten und kundten andern
leuten helffen, da haben sie ein gewissen nach solchem gedancken, das jst an jre
Cappen, Closter und regel gebunden, meinen, wenn sie einen augenblick dem
nehesten zu dienst jr ding solten lassen anstehen und mit andern umbgehen, so
hetten sie die schwerste sund gethan und sich gar verunreinigt. Das machet
alles, das sie Gottes wort und geschepff nicht erkennen, ob sie es wol, wie
Paulus spricht, mit dem mund sagen. Denn wo sie das wusten, wie und wozu sie
von Gott geschaffen weren, wurden sie nicht solche stende verachten noch jr
ding allein auffwerffen, sondern die selbigen als Gottes werck und geschepff
lassen rein bleiben und ehren und dem selbigen nach gerne darinn bleiben und
dem nehesten dienen. Das hiesse denn recht Gott erkennen beide jnn seinem wort
und geschepff und beide rein hertz und gewissen behalten, welchs also gleubt
und schleusset: Was Gott schaffet und ordnet, das mus rein und gut sein, Denn
er machet nichts unrein und heiliget alles durch das wort, so er an alle stende
und creatur gehefftet hat.
Darumb hute dich nur fur allen eigen gedancken, wiltu fur
Gott rein sein, und sihe das du dein hertz grundest und hefftest an Gottes
wort, so bistu rein uber alle Cartheuser und heiligen jnn der wellt. Da jch
jung war, rhumet man dis sprich wort: ‘Bleibt gerne allein, so bleiben ewer
hertz rein’ und furet dazu einen spruch S. Bernhards, der da sagt, so offt er
bey leuten sey gewest, so offt habe er sich beschmitzt, wie man auch lieset jn
Vitis Patrum von einem Einsidler der keinen menschen wolt zu sich lassen noch
mit jemand reden und sprach: wer mit menschen umbgehet, zu dem konnen die Engel
nicht kumen. Jtem von zweyen andern, die sich jre mutter nicht wolten sehen
lassen, und als sie offt darauff wartet und auff eine zeit sie ubereilet, schlussen
sie bald die thur zu und liessen sie heraussen stehen und lange zeit weinen,
bis sie sie zuletzt uberredeten, sie solte hinweg gehen und sparen bis sie
einander sehen wurden jnn jenem leben.
Sihe, das hat kostlich ding geheissen und die aller hochste
heiligkeit und volkomenste reinigkeit. Was jst es aber? Da stehet Gottes wort
‘Du solt vater und muter ehren’: hetten sie das fur heilig und rein gehalten,
so hetten sie jrer mutter und dem nehesten alle ehre, lieb und freundschafft
erzeigt, da widder sie aus eigen gedancken und selb erwelter heiligkeit sich
von jn soendern, und eben damit sie wollen am reinisten sein, sich fur Gott
auffs schendlichste verunreinen, Gerade als kundten nicht auch verzweivelte
buben solchen gedancken und schein machen, das man musse sagen: das sind
lebendige heiligen, die konnen die wellt verachten und gehen mit eitel Engeln
umb. Ja, mit Engeln [s. 328] aus abgrund der hell. Die Engel sehen nichts
liebers denn wo man mit Gottes wort umbgehet, da haben sie lust zu wonen.
Darumb las sie droben jm himel unverworren und suche sie hie nidden auff erden
bey deinem nehesten, vater und mutter, kind und andern, das du jn thust was
Gott geboten hat, so werden die Engel nicht weit von dir sein.
Das hab jch darumb gesagt, das man sich jnn dis stueck lerne
recht richten und nicht so weit suche als bey den moenchen, die es gar aus der
wellt geworffen und jnn einen winckel odder jnn die kappen gesteckt haben,
welchs jst eitel stanck und unflat und des Teuffels rechte herberge, Sondern
las es da stecken, da es Gott hin gesteckt hat, nemlich jnns hertz, das an
Gottes wort henget und dem selbigen nach seines stands und aller creaturn
brauchet, Also das beide die heubt reinigkeit des glaubens gegen Gott darnach
auch eusserlich jnn diesem leben darinn gefasset sey und alles aus dem gehorsam
auff Gottes wort und gebot gehe, es sey gleich leiblich rein odder unrein, wie jch
gesagt von einem Richter, wenn er einem das leben sol absprechen und jns blut
hinein greiffen und sich damit besuedeln, welchs ein monch hellt fur ein
greulich unrein werck, die schrifft aber sagt, Es sey Gott gedienet, wie [Röm.
13, 4] Paulus Ro. 13. die Oberkeit, so das schwert furet, Gottes dienerin
heisset, und jst nicht jr, sondern sein werck und befelh, das er darauff legt
und von jr haben wil.
So hastu nu was ein rein hertz hejsset, das daher gehet jm
reinen und lautern wort Gottes. Was jst aber der lohn odder was verheisset er
den selbigen? Das jsts, das sie sollen Gott schawen. Ein herrlicher titel und trefflicher
schatz. Was heisset aber Gott schawen? Die Moenche haben hie abermal jre
trewme, das es sey jnn der cellen sitzen und hinauff dencken gen himel und ein
beschawlich leben furen, wie sie es genennet und viel bucher davon geschrieben
haben. Aber das wird noch lang nicht Gott schawen heissen wenn du mit deinen
gedancken kompst getrollt und gen himel kletterst, wie die Sophisten und unser
rotten geister und tolle heiligen mit jrem kopff Gott und sein wort und werck
abmessen und meistern wollen, Sondern das jsts: Wenn du einen rechten glawben
hast, das Christus dein heiland sey &c.. so sihestu flugs, das du einen
gnedigen Gott habst, Denn der glaube leitet dich hinauff und thut dir Gottes
hertz und willen auff, da du eitel uberschwengliche gnade und liebe sihest. Das
heisst recht Gott schawen, nicht mit leiblichen augen (damit jn niemand kan
sehen jnn diesem leben), sondern mit dem glawben, der sein veterlich freundlich
hertz sihet, darin kein zorn noch ungnade ist. Denn wer jn fur zornig ansihet,
der sihet jn nicht recht, sondern nur ein furhang und decke, ja ein finster
wolcke fur sein angesicht [s. 329] gezogen. Sein angesicht aber sehen, wie die
schrifft redet, heisset jn recht erkennen als einen gnedigen fromen vater, zu
dem man sich alles guts versehen darff, welchs allein durch den glauben an
Christum geschicht.
Darnach auch, wenn du jnn deinem stand lebest nach Gottes
wort und gebot bey deinem man, weib, kind, nachbar und nehesten, da kanstu
sehen was Gott dazu gesinnet jst, und schliessen das es jm gefellet, als das
nicht dein eigen trawn, sondern sein wort und befelh jst, das uns nicht leuget noch
treuget. Nu jsts ein trefflich gros ding und ein schatz uber alles was man
wundschen odder dencken kan, zuwissen, das man gegen Gott recht stehe und lebe,
also das beide das hertz sich seiner gnade gewislich kan trosten und rumen und
weis, das auch sein eusserlich leben und wandel jm gefellet, daraus denn folgt,
das er frolich und getrost jst alles zuthun und leiden, lesst sich nichts
schrecken noch verzagt machen. Welcher keines vermuegen, die solchen glauben
und rein hertz, das sich allein nach Gottes wort richtet, nicht haben. Wie denn
alle Moeonche offentlich geleret haben, Es konne kein mensch wissen, ob er jnn
der gnade sey odder nicht, und geschicht jn recht, das weil sie den glauben und
rechte gottliche werck verachten und eigen reinigkeit suchen, das sie nimer
mussen Gott sehen noch wissen wie sie mit jm dran sein.
Denn wenn du einen fragst, der auffs vleissigste seine
zeiten gebett, teglich seine messe gehallten und gefastet hat, ob er auch gewis
sey, das solchs Gott gefalle, so mus er sagen, er wisse es nicht, und thuet es
alles auff ebentheur: geretts, so gerate es, jst auch nicht muglich, das jemand
anders sage, Denn jr keiner wird konnen rhumen, die Cappen hat mir Gott geben odder
heissen tragen, die messe hat er mir befolen &c.. Jnn solcher blindheit sind
wir bisher alle gangen, wenn wir soviel werck gethan, gestifft, gefastet, rosenkrentz
gebetet haben, und doch nimer durffen sagen: Dis werck gefellet Gott wol, des
bin jch gewis und wil darauff sterben. Darumb kan keiner rhumen, das er jnn alle
seinen wercken noch leben jhe mal Gott gesehen habe, Odder wenn gleich jemand
aus vermessenheit solche werck wolt rumen und meinete, Gott muste es ansehen
und da fur lonen, das hiesse nicht Gott, sondern den Teuffel an Gottes stat
gesehen. Denn da jst nirgent kein Gottes wort, sondern alles von menschen
erfunden und aus jrem hertzen gewachsen, darumb kan es nimer mer kein hertz
gewis noch zu friden machen, sondern bleibt verborgen unter der vermessenheit,
so lang bis es zu den letzten zuegen kompt, da es alles hinfellet und jnn
verzweivelung treibt und also nimermer dazu kompt, das man Gottes angesicht
schawe. Wer aber Gottes wort ergreifft und jm glauben bleibt, der kan fur Gott
bestehen und jn ansehen als seinen gnedigen vater, darff sich nicht furchten,
das er hinter jm stehe [s. 330] mit der keulen, jst gewis das er jn gnediglich
ansihet und zu lachet sampt allen Engeln und heiligen jm himel.
Sihe das meinet Christus mit diesem spruch, Das allein die
Gott schawen, die solch rein hertz haben, damit er abschelet und sondert alle
ander reinigkeit, das wo diese nicht jst, ob gleich sonst alles rein am
menschen jst, so gilt es fur Gott nicht, kan auch nimermehr Gott sehen.
Widderumb wo das hertz rein jst, so jsts alles rein und schadet nicht, ob
gleich alles auswendig unrein, ja ob gleich der leib voll schweeren, blattern
und eitel aussatz were.
Hie preisset der HErr mit einem hohen titel und trefflichen
rhum die so sich vleissigen, das sie gerne fride schaffen, nicht allein fur
sich, sondern auch unter andern leuten, das sie helffen boese und verworren
sachen vereinigen, hadder vertragen, krieg und blutvergiessen weren und
verkomen. Welchs jst auch ein grosse tugent, aber gar seltzam jnn der wellt und
bey den falschen heiligen, Denn welche nicht Christen sind, die sind beide
lugner und moerder gleich wie jr vater der Teuffel, darumb dienen sie nirgent
zu denn unfried, hadder, krieg &c.. anzurichten, wie man jtzt unter pfaffen,
bisschoven und fursten fast eitel bluthunde findet, die mit vielen warzeichen wol
beweiset haben, das sie nicht liebers sehen denn das wir alle jm blut schwimmen
musten. Also wenn ein furst zornig wird, meinet er bald, er musse einen krieg
anfahen, da zundet und hetzet jderman an, so lange bis man soviel verkriegt und
blut vergossen hat, das der Rewel kompt, und gibt etlich taussent gulden fur
die seelen die umbkomen sind. Das sind und bleiben bluthunde, konnen nicht
rugen, bis sie sich gerochen und jren zorn gebuesset haben, bis sie land und
leut jnn jamer und ungluck furen, und wollen dennoch Christliche fursten
heissen und rechte sachen haben.
Es gehoret mehr dazu krieg anzufahen, denn das du eine
rechte sache habest, Denn ob wol hie nicht verbotten wird, das man nicht
kriegen solle, wie gesagt, das Christus hie nichts der oberkeit und jrem ampt
wil genomen haben, sondern leret nur die einzelen personen, die fur sich selbs
Christlich leben wollen, Da gilt nicht, das ein furst mit seinem nachbar
kriegen wil, ob er gleich (sage jch) rechte sache und der ander unrecht hat,
Sondern es heisset ‘Selig sind die fridfertigen’, das wer ein Christ und Gottes
kind sein wil, nicht allein kein krieg und unfried anfahe, sondern zum fride
helffe und rate wo er jmer kan, ob auch gleich recht und ursachen gnug zu
kriegen weren, jst gnug, wenn man alles versucht und nichts helffen wil, das
man ein notwere thun mus land und leute zu schutzen. Darumb sollen nicht [s.
331] Christen, sondern des Teuffels kinder heissen die zornigen junckern, die
von stund an messer sturtzen und von leder zucken umb eines worts willen, Viel
mehr aber die jtzund das Euangelium verfolgen und desselbigen prediger unschuldiglich
brennen odder ermorden lassen, die jn nichts boeses, sondern alles guts gethan
und mit leib und seele gedienet. Doch von diesen sagen wir hie nicht, sondern
allein von denen, die da wollen recht und gute sachen haben und meinen, sie
sollen nicht leiden als hohe und furstliche personen, obs auch gleich ander
leut wolten leiden.
Dawidder stehet hie also, wo dir unrecht und gewalt
geschicht, das nicht gilt, das du woltest deinen nerrisschen kopff zu rat nemen
und bald anfahen zu rechen und widderschlahen, sondern das du denckest und
trachtest, wie es vertragen und fride werde. Wil aber solchs nicht sein und du nicht
kanst leiden, so hastu recht und oeberkeit jm lande, da bey du es ordenlicher weise
magst suchen, Denn sie jst dazu gesetzt, das sie solchs weren und straffen sol.
Darumb wer dir gewallt thut, der sundigt nicht allein widder dich, sonder viel
mehr widder die oeberkeit selbs, weil es nicht dein, sonder jr gepot und befelh
jst, das man friede halte. Drumb lasse deinen Richter, dem es befolen jst,
solchs rechen und straffen, als widder den sich dein widdersacher verwirckt
hat. Wenn du dich aber wilt selbs rechen, so thustu noch grosser ubel, das du
auch derselbigen sunde schuldig wirst als der widder die oeberkeit sundigt und
jnn jr ampt greiffet, dazu deine rechte sache selbs unrecht machest. Denn es
heist also: ‘Wer widderschlegt, jst unrecht und Widderschlagen macht hadder’.
Sihe das jst eines, das Christus hie foddert widder die
rachgyrige und rumorische koepffe, und heisset Fridefertigen zum ersten die da
land und leuten zum friede helffen, als frome Fursten, Rethe odder Juristen und
Oberkeit, so umbs friden willen jnn jrem ampt und regiment sitzen, Darnach auch
frome buerger und nachbarn, die hadder und zwitracht (so durch boese, gifftige
zungen zugericht) unter man und weib odder nachbarn richten, sunen und wegnemen
durch jre heilsame gute zungen, Wie S. Augustinus von seiner mutter Monica rhumet,
das wo sie zwo uneins sahe, redet sie allzeit das beste auff beiden seiten, und
was sie von einer guts horete, das bracht sie zu der andern, aber was sie
boeses horet, das schweig sie odder linderts soviel sie kund, und also viel
unternander versunet. Denn das gehet sonderlich unter dem weiber volck, unter
welchen sonst das schendliche laster affterreden regieret, das offt durch eine
boese zungen viel unglucks angericht wird, da dienen zu die bittern und gifftigen
Teuffels breute, welche wenn sie ein wort von einer horen, das spitzen,
scherffen und verbittern sie auffs aller ergste gegen andern, das zuweilen jamer
und mord draus kompt.
Das machet alles, das uns naturlich anklebt der schendliche
Teuffelissche [s. 332] unflat, das jderman gerne das ergste horet und redet von
dem nehesten und sich kutzelt, wo er an einem andern einen feil sihet: Wenn ein
weib so schoen were als die sonne und jrgent ein mal odder flecklin am leib hette,
so solt man des andern alles vergessen und allein nach dem flecken sehen und
davon sagen. Also wenn eine die berumpste von ehren und tugenden were, noch sol
eine gifftige zunge komen, die sie hette ein mal mit einem lachen sehen, und so
zuschanden machen, das alle jr lob und ehre muste vertunckelt werden. Das
heissen rechte gifftige spinnen, die aus einer schonen, lieblichen rosen nichts
denn gifft saugen konnen und beide die blumen und safft verderben, aus welcher
ein binlin eitel suss honig seuget und die rosen unverseeret lesst. Also thun
diese, die auch nichts an ander leute ersehen, denn wo sie gebrechlich odder
unrein sind, das sie taddeln konnen, dagegen was sie guts an sich haben nicht
sehen. Wie denn viel tugend am menschen sind, die der Teuffel nicht verderben
kan und doch aus den augen thut odder verstellet, das man sie nicht sehen sol,
Als an einem weib, ob es gleich allenthalben gebrechlich und kein ander tugend
hette, so jst es dennoch gottes creatur und kan zum wenigsten wasser tragen odder
windel wasschen, und jst kein mensch auff erden so boese, es hat ja etwas an
jm, das man loben mus. Was jst des denn, das man das gute aus den augen setzet
und allein jnn die augen bildet und ansihet, wo er unrein jst, als hette man
lust einen andern mit urlaub nur jnn hindern zusehen? So doch Gott selbs die
unehrlichsten gelieder am leib [1. Kor. 12, 23 f.] zugedeckt und (wie Paulus 1.
Cor. 12. sagt) am meisten ehre gegeben hat, Und wir sind solche unfleter, das
wir nur was unfletig jst und stinckt erfur suechen und darinn wuelen wie die
sew.
Sihe das sind auch rechte Teuffels kinder, welcher auch
selbs daher den namen hat, das er Diabolus heisset, das jst ein schender und
lesterer, als der seine lust daran hat, das er auffs ergste uns schende und
unternander verbittere, auff das er nur mord und jamer anrichte und kein fried
noch eintracht zwisschen bruder und nachbarn, man, weib bleiben lasse. Des habe
jch ein mal ein exempel gehoret von zweyen eheleuten, so mit einander lebten jnn
so grosser liebe und eintracht, das man jnn der gantzen stad davon sagt. Und
als er solchs mit nichte kondte hindern, schicket er ein alten balck zu dem
weib, die bracht jr zu oren, wie jr man mit einer andern zuhielte und gedechte
sie umb zubringen, erbittert also jr hertz gegen dem man und gab jr den rat,
sie solt ein schermesser heimlich zu sich nemen, das sie jm vorkeme. Da sie das
hatte ausgericht, kam sie zu jrem man und sagt jm eben dasselbige von jr, wie
sie jn wolte ermorden, und zu warzeichen (sprach sie) wuerde er des
Darumb hute dich fur solchen, das du sie nicht horest noch
stat gebest und lerne, das was du vom nehesten horest sagen, zum besten aus
legest odder ja zudeckest, auff das du fride und eintracht machest und
erhaltest: so magstu fur aller welt und den Engeln jm himel mit allen ehren
Gottes kind heissen. Diese ehre soltestu dich jhe lassen reitzen und locken, ja
darnach lauffen, wenn dirs mueglich were bis ans end der wellt und gerne alles
was du hettest da fur geben. Nu hastu es hie angebotten und umb sonst
furgetragen, darffest nichts dafur geben noch thun, on wo du wilt Gottes kind sein,
das du dich auch also erzeigest und deines vatern werck thuest gegen deinem
nehesten. Denn also hat uns auch unser HErr Christus gethan, da er uns dem
vater versuenet und zu gnaden bracht und noch teglich uns vertrit und das beste
fur uns redet.
So thu du auch, das du ein sunlicher mensch und mitler
seiest zwischen deinen nehesten und das beste tragest zu beiden seiten, das
boese aber, so der Teuffel eingegeben hat, schweigest odder soviel du kanst
ausredest. Kompstu zu Greten, so thu wie gesagt von der heiligen Monica,
Augustini mutter, und sprich: Ach liebe .N. warumb seid jr so bitter? meinet
sie es doch warlich nicht ubel, jch merck nicht anders an jr, denn das sie
gerne wolt ewer liebe schwester sein &c.. Des gleichen kompstu zu Katharin,
auch also, So hettestu, soviel jnn dir jst, auff beiden seiten fride gefertigt
als ein recht Gottes kind.
Wiltu aber odder must das boese sagen, so thu wie dich
Christus geleret hat, trage es nicht zu andern, sondern gehe zu dem der es
gethan hat, und vermane jn, das er sich bessere. Nicht also, das du es schaw
tragest, wo du hin kompst, und lassest die person stehen, die es angehet,
redest wo du schweigen soltest, und hie schweigest da du soltest reden. Das jst
die eine und erste weise, das du zwisschen dir und dem nehesten alleine
handlest. Mustu es aber ja andern sagen, wo jenes nicht helffen wil, so sage es
denen, welchen es geburt zustraffen, Vatter und mutter, herr odder fraw,
burgemeister und richter &c.. Das were recht und ordenlich gehandelt, da
mit das boese weggelegt und gestrafft wurde. Sonst wenn du es unter ander leute
tregst, so bleibt die person ungebessert und das boese ungestrafft und wird
gleichwol durch dich und andere ausgetragen, das jderman sein maul damit
wesschet. Sihe wie ein frumer artzt mit einem krancken kind thuet, der leufft
nicht unter die leute und schreyet es aus, sondern gehet zu jm und greifft jm
an den puls und an andern ort, wo es not thut, nicht das er seinen lust an seinem
schaden busse odder sein lache, sondern aus guter hertzlicher meinung, [s. 334]
das er jm helffe. Also lieset man von dem heiligen Patriarchen Joseph [1. Mose
37, 2] Gen .37. der mit seinen brudern bey dem vieh war, und wenn boes geschrey
widder sie kam, gieng er hin und bracht es fur jren Vater als jren oberhern, dem
da geburet einzusehen und zu straffen, weil sie nicht wolten jn horen.
Sprichstu aber: Warumb greiffestu selbs den Bapst und andere
offentlich an und heltest nicht fride? Antwort: Man sol ja das beste raten und
helffen zum fride und schweigen alles man schweigen kan, Aber wenn die sund offenbar
jst und zu weit umb sich greiffet odder offentlich (als des Babst lere) schaden
thut, da gilt nicht mehr schweigen sondern weren und straffen, sonderlich mir
und andern, so jnn offentlichem ampt sind, denen es geburt zu leren und warnen
jderman. Denn mir jsts befolen und auffgelegt als einem prediger und Doctor,
dazu gefoddert, der da sol auffsehen, das niemand verfuret werde, auff das jch
dafur konne rechenschafft geben am jungsten [Apg 20, 28 ff.] gericht. Also befihlet
S. Paulus Act. 20. den predigern, das sie sollen wachen und acht haben auff die
gantzen herd fur den wolffen, so unter sie komen wuerden &c.. So geburet
mir auch zustraffen die offentlich sundigen, das sie sich bessern, Gleich wie
ein Richter offentlich die boesen verdamnen und straffen mus von ampts wegen.
Denn es jst gnug gesagt, das Christus hie von keinem offentlichen ampt redet,
sondern von allen Christen jnn gemein nach dem wir alle gleich sind fur Gott.
Jch habe droben gesagt, das diese stuck und verheissung alle
mussen verstanden werden jm glauben von den dingen, die man nicht sihet noch
horet, und nicht sagen vom eusserlichen schein. Denn wie kan es den wolgehen
und selig heissen, dem eusserlichen ansehen nach, der da arm jst und trauren
odder leid tragen, dazu allerley verfolgung leiden mus, welchs alle welt und
vernunfft heisset ubel gehen und fliehen leret? Darumb wer die seligkeit und guter
wil haben, davon hie Christus sagt, der mus das hertz empor schwingen uber alle
sinne und vernunfft und nicht urteilen von sich selbs, darnach er fulet,
sondern so schliessen: Bin jch arm, so bin jch nicht arm, Arm bin jch wol
eusserlich nach dem fleisch, aber fur Gott jm glauben bin jch reich. Also wenn
er sich fulet traurig, betrubt und bekoemert, mus er auch nicht darnach urteilen
noch sagen, er sey ein unselig mensch, sondern sich herumb werffen und sagen:
Jch fule wol trawrikeit, jamer und hertzleid, aber gleichwol bin jch selig,
frolich und getrost auff Gottes wort. Eben dem nach gehet auch jnn der welt das
widderspil, das die reich und selig heissen, die sinds nicht. Denn Christus
schreyet Weh uber sie und heisset sie unselig, ob es gleich scheinet, als seien
sie wol dran und gehe jn auffs aller beste. Darumb solten sie auch jre
gedancken erheben uber reichtumb und gute tage, die sie fulen, [s. 335] und
sagen: Jch bin wol reich und lebe jnn eitel freuden, aber weh mir, wenn jch
nicht etwas anders habe, denn es mus gewisslich eitel elend, jamer und
hertzleid darunter sein, das uber mich gehen wird, ehe jchs fule und mich versehe.
So gehe durch alle diese stuck, das alles ein ander ansehen hat fur der wellt,
aber anders nach diesem worten.
So haben wir nu bisher gehandlet fast alle stuecke eines
Christlichen wesens und geistliche fruechte des glaubens nach den zweyen
stuecken, erstlich fur seine person, das er arm, betrubt, elend, mangel und
hunger leidet und dazu gegen andern ein fruchtbar, wolthetig, barmhertzig,
fridfertig mensch jst und nichts denn gute werck thuet. Hie setzet er nu dazu
das letzte, wie es jm drueber gehet, das er uber das, das er voller guter werck
jst, auch gegen feinden und boesen buben, mus das zu lohn haben von der welt,
das er verfolgt werde und leib, leben und alles druber zusetze.
Darumb wiltu ein Christen sein, so erwege dich des, das du
unerschrocken seiest und nicht darumb verzagest noch ungeduldig werdest,
sondern froelich und getrost dazu seiest und wissest, es stehe nicht ubel umb
dich, wenn dirs so gehet. Denn es jst jm selbs und allen heiligen (wie bald
auff diese wort folgen wird) also gangen, Und wird den so Christen sein wollen,
darumb also zuvor gesagt, das sie sollen und muessen verfolgung leiden. Darumb magstu
welen, welchs du wilt, du hast zween wege fur dir, entweder zum himel und
ewigen leben odder zu der helle, entweder mit Christo odder mit der wellt. Aber
das mustu wissen, wo du darnach lebst, das du hie gute tage und kein verfolgung
wilt haben, so wirstu mit Christo gen himel nicht komen und widderumb. Und must
kurtzumb entweder den Christum und den himel lassen faren odder dich des
erwegen, das du allerley verfolgung und plage jnn der wellt leiden wollest.
Summa wer den Christum wil haben, der mus leib, leben, gut, ehr, der wellt
gunst und gnade dahin setzen und wedder verachtung, undanck noch verfolgung
sich lassen erschrecken.
Ursach jst diese: Der teuffel jst ein boeser, zorniger geist
und kan noch wil nicht leiden das ein mensch zu Gottes reich kome, nimpt ers
aber fur, so legt er sich jnn weg, erwecket und versuchet dawidder alles was er
kan. Darumb wiltu Gottes kind sein, so dencke und rueste dich zu der
verfolgung, [2. Tim. 3, 12] wie der Weise man sagt und Paulus 2. Tim .3. ‘Alle
die gottselig leben wollen jnn Christo Jhesu, muessen verfolgung leiden’. Jtem
Christus selbs [Joh. 15, 20] ‘Der juenger sols nicht besser haben denn sein
Meister, haben sie mich verfolgt, so werden sie euch auch verfolgen’ &c..
Da wird nichts anders aus, darumb heisst es ‘Selig sind die verfolgung leiden
umb des himelreichs willen’, das man wisse wes man sich zu trosten habe. Denn
es jst sonst ein verdrieslich, unselig wesen eusserlich anzusehen und thut faul
jmerdar zu sitzen jnn fahr [s. 336] leibs und guts, Wo aber der glaube solchs
fasset, kan er sich daruber erheben und dencken: Nu hat ja dennoch Christus
gesagt, Jch sey selig und wol dran, weil denn ers gesagt hat, so lasse jch
solchs mein trost sein und mir wolgefallen. Das wort soll mir mein hertz gros
machen, ja grosser denn himel und erde. Denn was sind alle die mich verfolgen,
gegen diesen man odder sein wort? Jst einer odder zween die uns verfolgen, so
sind jr viel mehr, ja zehen tausent engel gegen einen, die es mit uns halten
und uns zu lachen, trosten und selig sprechen sampt allen heiligen, so mit
Christo und Gott selbs stimnen. Darumb mussen wir solche wort nicht so kalt und
roh ligen lassen, sondern wol auffblasen und gros machen und setzen widder alle
verfolgung, so werden wir sehen und lernen, das alle unser leiden zuverachten
jst als lauter nichts gegen diesen hohen trost und ewiges gut.
Er setzet aber deutlich dis wort ‘Umb der gerechtigkeit
willen’, an zu zeigen, das nicht gnug sey verfolget werden, wo dis nicht dabey
jst. Denn der Teuffel und boese leut mussen wol auch leiden, das man sie
verfolgt, und ein bube fellet offt dem andern jnn die har und sind unter
einander nicht freund, wie ein morder den andern verfolgt, ein Turck widder
einen Tattern kriegt, sind aber darumb nicht selig, Sondern es gilt allein
denen, die umb [1. Petri 4, 15] gerechtigkeit verfolgt werden, wie auch .1
Petri .4. sagt ‘Niemand unter euch leide als ein morder odder dieb odder
ubeltheter’ &c.. Darumb gilts nicht, das man on das viel rhume odder
schreie von grossem leiden, wie die heillosen moenche die armen leute verfuret
haben, so man hat aus gefurt zur straffe umb jr ubelthat willen Und so
getrostet, das sie solchen tod solten fur jre suend setzen. Du aber hute dich
fur dem tod, der da fur deine sund soll gelten, denn er gehoret jnn abgrund der
hell. Es mus zuvor Gerechtigkeit da sein und des Herrn Christi tod.
Darumb sihe zu, das du zum ersten ein rechte Goettliche
sache habest, darumb du mussest verfolgung leiden und der selbigen gewis
seiest, das dein gewissen darauff bestehen und bleiben koende, wenn gleich alle
wellt widder dich stunde. Darumb mus fur allen dingen Gottes wort gewis und
fest gefasset sein, das man daraus kein zweivel noch wancken mache, Als wenn dir
jtzt Keiser, Bisschove, Fursten wolten verbieten das ehelich leben, freiheit zu
essen odder beiderley gestalt des Sacraments &c.. und dich daruber
verfolgen, da mustu zusehen das dein hertz der sach gewis und gantz beschlossen
sey, das Gottes wort solchs wil frey und unverboten haben, ja befilht ernstlich
daruber zu halten und leib und leben daran zu setzen: so hastu denn den trotz,
das du kanst sagen, Die sache jst nicht mein, sondern meines Herrn Christi,
Denn jch habe es ja nicht aus meinem kopff erdacht, weder aus [s. 337] meinem
noch einigs menschen rat und willen furgenomen und angefangen, sondern durch
Christus mund von himel herab bracht und verkundigt empfangen, der mir nicht
leugt noch treugt, sondern eitel warheit und gerechtigkeit selbs jst. Auff des
mans wort will jch wogen, leiden, thun und lassen was jch sol, Und sol mir sein
einig wort mehr gelten mein hertz [6, 7] zu trosten und stercken denn aller
Teuffel und welt wueten und drewen zuschrecken.
Denn was jsts, wenn ein furst odder Keiser toll und toricht
jst mit toben und drewet mit dem schwerd, feur odder galgen, wenn mir mein
Christus dagegen freundlich jns hertz redet und trostet mit solchen
verheissungen, das jch selig sey und mit Gott jm himel hertzlich wol dran sey,
und mich alles himlisch heer und creatur selig preissen, wenn jch ein solch
hertz und mut habe, das jch kan umb seines worts und wercks willen leiden. Was
sol jch mich denn solch elende leut, so wol feindlich widder Gott toben und
spruen, aber wie der rauch und wie die armen wasser blasen plotzlich vergehen, [Jes.
31, 12] erschrecken lassen? Wie auch der Prophet Jesaia. 51. spricht ‘Jch bin
ewer troster, was jsts denn das du dich fur menschen furchtest, die doch
sterben mussen, und fur menschen kindern, die als hew da hin gerafft werden,
und vergissest des HERRN, der dich gemacht hat, der den himel ausbreitet und die
erden grundet?’ &c.. das jst: Er jst ewig und allmechtig, der dich trostet und
gefallen an dir hat, wenn sie all dahin sein, so bleibt er dennoch droben sitzen
und du auch. Warumb willtu dich denn mehr annemen des drewens und pochens eins
elenden stinckenden madensacks denn solchs gottlichs trosts und wolgefallens,
dafur du Gott soltest dancken und von hertzen fro sein, [Apg. 5, 41] das du
solchs wirdig bist zu leiden, wie die Apostel Act. 5. mit freuden und sprungen
davon giengen, da sie geschmecht und gesteupt waren.
Sihe, sind wir nu nicht hoch gesegnet mit diesen worten,
wenn wirs nur mit lieb und danck annemen? Denn es feilet ja nicht an
verfolgung, Und haben dazu das grosse vorteil, das unser widdersacher selbs
nicht koennen unser sache verdamnen und muessen on jren danck bekennen, es sey
wol recht und die warheit. Aber das manglet daran, das wirs leren, Denn sie
wollens von uns nicht lernen noch annemen, welchs jst vor noch nie geschehen
noch gehoret, darumb was wir daruber leiden, das jst ein heilig selig leiden,
dem sie auch selbs mussen zeugnis geben. Und jst nu nicht mehr ein menschliche,
sondern ein rechte teuffelische verfolgung, das sie sagen, es musse und solle
nicht Gottes wort heissen, sondern sein maul halten und nicht predigen, es kome
denn zuvor und falle dem Bapst zu fusse und lasse uber sich urteilen was jm und
seinen larven gefellet.
[s. 338]
Darumb lasst uns
deste frolicher und lieber leiden alles was sie widder uns thun konnen, weil
wir den starcken, gewissen trost und grossen, herlichen rhum haben, das unser
lere und sache durch jr eigen mund bestetigt jst. Dazu hie die treffliche
liebliche verheissung horen, Das uns wol sol belonet werden jm himel, und uns
des frewen und jauchzen sollen, als die nicht nach dem himel durffen trachten,
sondern allbereit haben, und sie mit jrem verfolgen nicht mehr thun denn das
sie uns deste mehr dazu fordern, ja zum himel treiben und jagen. Nu sihe ob
diese schlechte kurtze wort nicht soviel muts konnen machen als alle welt
vermag, und mehr trosts und freude geben denn uns alle feinde leid und plage
konnen anlegen? wenn man sie nur nicht rohe uberlauffet, sondern ein wenig mit
dem hertzen fasset und nachdencket.
Das jst nu gesagt von der verfolgung, so mit der that odder
faust geschicht und uber leib odder gut gehet, da man den Christen gewalt
anlegt und martert, brennet, hengket und wurget, wie auch jtzt geschicht und
allzeit geschehen jst. Daruber jst nu noch eine verfolgung, die heisset
lesterung, schmach odder schande, so die ehre und unsern namen betrifft, welche
die Christen furnemlich fur allen andern leiden mussen, davon redet nu Christus
weiter.
[Matth. 5, 11] Selig seid ir, wenn euch die menschen umb
meinet willen schmehen und verfolgen und reden allerley ubels widder euch, so sie
daran liegen.
Dis jst auch ein grosse schweere verfolgung und (wie gesagt)
das rechte leiden der Christen, das man sie auffs aller bitterst und gifftigst
lestert und schmehet, Denn ob wol ander leut auch mussen verfolgung leiden, das
man jn gewalt und unrecht thut, so lesst mans dennoch daran gnug sein, das sie
jre eren und guten namen behalten. Darumb jst solchs noch nicht ein recht
Christlich leiden, Denn hie jsts nicht gnug, das man jn alle marter und plag
anlegt, sondern mus dazu jren namen auffs aller schendlichst anspeyen und durch
lestern, so das die welt noch herrlich rhume, wenn sie die Christen wurget, sie
habe die ergsten buben hingerichtet, so die erde nicht habe konnen tragen, und
habe Gott den grosten angenemsten dienst gethan, [Joh. 16, 2] wie Christus sagt
Joh. 16. Das kein schmelicher und schendlicher name auff erden komen jst denn
eines Christen und kein volck, dem man so bitter feind jst und so mit boesen,
gifftigen zungen zusetzet als den Christen.
Solchs beweiset man jtzt auch redlich an dem lieben
Euangelio und seinen predigern mit solchem lesterlichen schenden, liegen,
triegen, boesen tucken und gifftigen auslegen, das einer lieber solt wundschen
viel mal den tod zu leiden denn solche gifftige, verlipte boese pfeile. Da
feret der Bapst daher und schlegt mit seinem donner und blitz darein, verdampt
uns unter neun hellen [s. 339] als des ergsten Teuffels kinder. Dem nach wutet
und tobet sein gesind, Bisschouee und Fursten mit so greulichem lestern und
schenden, das es durch leib und leben mag gehen, das einer muste zuletzt mude
werden und nicht ertragen kunde, wenn wir nicht einen sterckern und mechtigern
trost hetten denn alle jr bosheit und wuten sein kan. Darumb lassen wir sie
toben und lestern, das sie sich selbs zuplagen und das gebrandte leid haben mit
jrem gifftigen unsettigem hass und neid, wir aber sind getrost und guts muts: Wollen
sie viel zurnen und wuten, so konnen wir dagegen lachen und frolich sein.
Darumb sage jch abermal, wer ein Christen wil sein, der
wisse des zu gewarten, das er solch verfolgung von gifftigen, boesen
lestermeulern leiden mus, sonderlich wo sie mit der faust nichts vermoegen, das
er alle wellt jre zunge an jn wetzen und auff jn zielen, stechen und hawen
lasse Und er dagegen solchs alles nur trotzlich verachte und dazu lache jnn
Gottes namen und lasse sie zurnen jnn jres Gotts des Teuffels namen Auff den
trost und sicherheit (wie gesagt) das unser sache recht und Gottes eigen jst,
welchs auch sie selbs bestetigen mussen, ob sie uns wol verdamnen und doch
sagen, es sey die warheit, dazu unser hertz und gewissen fur Gott sicher jst,
das wir recht leren, Denn wir ja nicht aus unserm kopff und eigener vernunfft
odder weisheit leren noch unsern nutz, gut odder ehre bey der wellt damit
suchen, sondern allein Gottes wort und werck predigen und preissen, Dagegen
sie, unser feinde, nichts denn jre eigen werck, verdienst und heiligkeit rhumen
und uns, die wir solchs nicht mit jn treiben, daruber verfolgen.
Denn sie verfolgen uns nicht, als seien wir ehebrecher,
reuber odder diebe &c.. konnen die verzweivelsten schelcke und buben wol
unter sich leiden, sondern daruber hebt sich das zeter geschrey, das wir jr
lere und leben nicht wollen recht heissen und allein das Euangelium, Christum,
den glawben und rechte gute werck preissen und also nicht fur uns sondern alles
umb des Herrn Christi willen leiden. Darumb wollen wirs auch mit jn aussingen und
so harten kopff sollen sie nicht haben, wir wollen noch hertern haben. Denn sie
sollen kurtzumb den man lassen bleiben, es sey jn lieb odder leid.
Das sind doch suesse trostliche wort, die ja solten unser
hertz lustig und mutig machen widder allerley verfolgung. Solt man nicht des
lieben Herrn wort und trost tewrer und mehr achten denn eines ommechtigen
madensacks odder des schendlichen Bapsts zurnen, drewen, bannen, fluchen und
donnern? wenn er gleich die grundsuppe und gantze helle seiner ungnad und
fluchs wie eine wolckenbruch uber uns ausschuttet, weil jch hore, das meinem
Herrn [s. 340] Christo so hertzlich wol gefellet und mich selbs heisset frolich
dazu sein, dazu so trefflichen lohn verheisset, das das himelreich sol mein
sein und alles was Christus sampt allen heiligen und der gantzen Christenheit
hat, Summa ein solchen schatz und trost, dafur jch nicht solt nemen aller welt
gut, freude und seitenspeil, ob gleich alles laub und gras eitel zungen weren,
die mich lobten und preisseten. Denn hie nicht ein Christen, ja nicht ein Engel
mich selig preissen, sondern der Herr aller Engel, dem beide sie und alle
Creatur mussen zu fussen fallen und anbeten. Darumb mussen sie mit allen
creaturn, auch laub und gras, mich zuloben und preissen frolich von mir singen
und springen.
Was sind nu dagegen die mich lestern und fluchen denn eitel
nysse und leuse belge (mit urlaub), ja noch viel schendlicher denn sie jmand
nennen kan? Was were es, wenn alle creatur, bletter und gras jm walde und sand
am meer eitel zungen weren und sie auffs eusserste taddelten und vernichteten gegen
dis mans einig wort? Denn seine stimme klinget so hell, das himel und erden
davon voll werden und erschallen mus und dagegen verschwinden das spitelische,
heischer scharren und husten seiner feinde.
Sihe, also solten wir ein wenig lernen solcher wort brauchen
und uns nutz machen, als die nicht umbsonst da stehen, sondern uns zur stercke
und troste gered und geschrieben sind, da mit er uns als unser lieber meister
und trewer hirt odder bisschoff rustet, das wir geschickt und unerschrocken
dazu seien zuleiden, wenn man uns alle plage und unglueck anlegt umd seinen willen
beide mit worten und wercken, Und solchs alles was uns unter augen stosset,
verachten koennen und widder unser eigen vernunfft und hertz richten.
Denn wo man den sinnen und fulen nach henget, gehet es ja
saur unter augen und thut wehe das einer soll der welt und jderman dienen, helffen,
raten und eitel gut thun und nichts dafur einnemen zu danck denn den ergsten
bittersten hass und verfluchte gifftige zungen. Das wo fleisch und blut hie
solt regieren, wurde es bald sagen: Sol jch nichts anders davon haben, so bleib
bey dem Euangelio und sey ein Christ wer da wil und helffe der Teuffel furthin
der welt, wenn sie nicht anders wil. Daher auch jderman itzt klagt und
schreyet, das Euangelion mache viel unfried, hadder und unordig wesen jnn der
welt und stehe alles erger, sint es auff komen jst, denn vor jhe, da es doch
fein still zugieng und kein verfolgung war und die leut mit einander lebten als
gute freund und nachbarn.
Es heisst aber also: Wiltu das Euangelion nicht haben noch
ein Christen sein, so gehe hin und halt es mit der welt, so verfolget dich
niemand und bleibst wol jr freund, Wiltu aber das Euangelion und Christum
haben, so mustu dich des erwegen das es ubel zugehe, unfriede und verfolgung [s.
341] angehe, wo es hin kompt. Ursach: Denn der Teuffel wird nicht leiden, das anders
zugehe, noch auffhoeren die leut zu hetzen widder das Euangelion, das alle welt
dawider entbrand werde wie jtzt baur, burger, edelman, fursten und Herrn, die
dem Euangelio aus lauter mutwillen feind sind und selbs nicht wissen worumb.
Darumb sage jch also, solche unnuetze meuler und kleglingen
zu antworten: Es kan und sol nicht wol und fein zugehen, Denn wie solt es wol zugehen,
wo der Teuffel das regiment hat und dazu dem Euangelio tod feind jts? und zwar
auch nicht on ursach, denn es thut jm schaden jnn seinem reich, das ers fulet,
und wo ers solt ungehindert gehen lassen, so were es bald darumb geschehen und
gar zurstoret, Sol ers aber weren und hindern, so mus er alle seine kunst und
macht auff bringen und dawidder erwecken was jnn seiner gewalt jst. Darumb
hoffe keines frieds und stilles wesen nicht, so lang sich Christus mit seinem
Euangelio jnn des Teuffels reich leget, Und weh des wolgehens und guten
gemachs, das furhin gewesen jst und sie jtzt wuendschen und begeren, Denn das
jst ein gewis zeichen, das der Teuffel mit aller gewalt regiret und kein
Christus da jst, wie jch leider besorge, das es widder so gehen wird und das
Euangelion all zu frue von uns Deudschen komen wird, darnach solche schreyer
jtzt ringen.
Wir aber haben ja diese sicherheit, das nicht unser schuld
jst, das es ubel zu gehet, Denn wir sehens von hertzen gerne, das alles recht
gienge, und haben ja das unser gethan mit leren, vermanen, bitten, flehen und
weichen, auch gegen den feinden, bieten jn friden an und alles was wir sollen,
hellffen und raten dazu aus allen krefften, ja mit unsern eigen fahr und
nachteil, leiden daruber was wir sollen, noch schaffen wir nichts, denn das sie
uns auffs greulichst und gifftigst verfolgen, lestern und schmehen und nicht
auffhoren koennen, bis sie sich jnn unserm blut moechten kulen. Weil es denn nicht
anders wil sein, so lassen wir sie zuletzt auch faren mit jrem drewen, toben
und lestern und halten uns des trosts, den wir hie gehoret haben, gewis, das
sie es nicht werden dahin bringen, da sie es gerne hetten, sie haben denn vor
den Christum vom himel gesturtzt und mit allem was er gered hat zum lugner
gemacht.
Seid jrs doch nicht allein (wil er sagen) denen solchs
widderferet. Sehet euch umb und rechnet zuruck nach allen heiligen vetern, die
jhe vor euch gelebt haben, so werdet jr finden das jn allen so gangen jst, was
wollet jr denn sonderlichs haben? sol er umb ewrn willen seine weise lassen?
Hat [s. 342] ers doch jnn seinen lieben vetern und Propheten mussen leiden, das
man sie verfolget und erwuergt hat, dazu von jderman gelestert und geschmecht
und der welt spott gewesen sind, wie man jnn der Schrifft sihet, das eine
gemeine weise und sprichwort gewesen jst, wenn man einen Propheten nennen wolt,
[2. Kön. 9, 11] so nennet man jn einen narren, als jnn historia Jehu 4. Reg. 9.
sprachen sie von einem Propheten ‘Warumb jst dieser rasender zu dir komen’? und
Jesaias [Jes. 57, 4] 57. zeigt, wie sie das maul gegen jm auffgespert und die
zunge heraus gereckt haben. Was haben sie aber damit ausgericht denn das jtzt
die lieben Propheten und heiligen jnn aller welt ehre, lob und preis haben,
dazu mit dem Herrn Christo ewig regiren, jhene aber auffs aller schendlichste
stincken und verflucht werden? Solches solt jr euch auch gewislich versehen
(sagt Christus), das euch belonet sol werden, wie es jenen belonet jst,
reichlicher und herrlicher denn jr konnet gleuben odder durffet wuendschen.
Denn jr seid eben jnn der selben geselschafft und gemeine.
Sihe das jst jhe ein feiner kostlicher prediger und trewer
meister, lesset nichts aussen, das da dienet zu stercken und getrost zu machen
beide mit seinem wort und verheissung, dazu mit exempel und zeugnis aller
heiligen und seiner selbs, mit welchem zu stimmen alle engel jm himel und
creaturn. Was wolten wir denn mehr haben und begeren? solten wir nicht auff
solchen trost der welt und dem Teuffel einen zorn und trotz ausstehen umb
seinen willen? Was wolten wir thun, wenn wir nicht rechte Goettliche sache und solche
treffliche sprueche und zusagung nicht hetten und dennoch musten leiden wie
ander leut, die keinen trost haben? Denn es kan doch jnn der welt nicht dazu
komen, das man nichts leiden durffte, und mus (wie gesagt) ubel zugehen umb des
Euangelij willen, auff das die frumen damit beweret und zu jrem verheissen
trost, freunde und seiligkeit gefordert, die boesen aber und verechter odder
feinde des Euangelij gestrafft und verdampt werden.
So hat nu Christus bisher seine Christen zu gerichtet und
bereitet, wie sie sollen fur sich jnn der welt leben und leiden Und sonderlich
die, so offentlich ampt furen sollen jnn der Christenheit, wie wol auch on das
ein jglicher Christ als fur sich selbs sol allzeit bereit sein, das er stehen
koenne wo es not jst seinen Herrn zubekennen und seinen glauben zuvertretten,
und jmerdar geruest widder die welt, Teuffel, rotten und was er vermag auff zu bringen.
Nu feret er weiter und wil jn auch das ampt auff legen und leren, wie sie
dasselbige furen sollen, darnach auch jnn mund legen, was und wie sie predigen
sollen, Denn nach diesen stucken jst ein Christen gantz volkomen, wenn er fur
seine person recht lebet und druber allerley leidet, darnach auch sein ampt,
damit er andern dienen und helffen sol, recht furet und treibt. So spricht er
nu:
[s. 343]
Mitt dem wort saltz zeigt er (wie gesagt) was jr ampt sein
sol, Denn saltz jst fur sich selbs nicht saltz, kan sich selbs nicht saltzen,
sondern das jst sein brauch, das man fleisch und wo zu mans jnn der kuechen
darff, damit saltze, das es seinen schmack habe, frisch bleibe und nicht
verfaule. Also, spricht er, Seid jr auch ein saltz, nicht das jnn die kuechen
gehoret, sondern dazu, das man damit saltze solch fleisch, das da heisst die
gantze welt. Das ist ja ein herrlich ampt und ein grosse treffliche ehre, das
sie Gott sein saltz heisset und da zu setzet, das sie sollen saltzen alles was
auff erden ist. Es gehoret aber dazu ein solcher man, der da bereit sey, wie er
bisher geleret hat, arm, elend, durstig, sanfftmuetig &c.. zu sein und
allerley verfolgung, schmach und lesterung zuleiden. Wo das nicht jst, da wird
nymer kein prediger aus, der da recht anfahe zu saltzen, sondern bleibt wol ein
thum saltz, das nirgent kein nutz jst.
Denn es jst ja viel auffgelegt und zu hoch uber laden, das
die armen fischer odder sonst ein armer verachter mensch sol fur Gott heissen
ein saltz der erden und sich unterwinden anzugreiffen und zusaltzen alles was menschen
sind auff erden. Vernunfft und natur vermags nicht, denn sie wirds muede und
kans nicht leiden, das sie nur schand, schmach und ungluck solt davon haben,
und wuerde bald sagen: Saltze der Teuffel die welt an meiner stat. Darumb haben
bisher unser heilige veter, Bisschove, Moenche und Einsidler weislich gethan,
das sie des predigens mussig gangen und anders dings gewartet odder sich von
leuten gesondert haben, Denn sie haben gesehen das es zuviel kostet, jnn eitel
fahr leibs, guts und ehre sitzet und gedacht, wir wollens andern befelhen und
die weil jnn winckel kriechen und Gott dienen mit guten tagen.
Darumb jst es ia ein schweer ding ein Apostel odder prediger
zu sein und solch ampt zu treiben, ja unmueglich nach fleisch und blut zu
richten, Aber es mussen solche leut sein, die es gerne thun umb Gottes und des
Herrn Christi willen, welcher wil niemand dazu zwingen noch treiben mit
gebotten, Denn Christen stand jst ein solcher stand, der nur willige hertzen
foddert; wer nicht von hertzen lust dazu hat, wird wol davon bleiben. Unser
trotz aber jst der, wenn es ubel gehet, welt und Teuffel uns sawr ansihet und
so boese sind als sie wollen, das er zu uns sagt ‘Jr seid das saltz der erden’.
Wo das wort jns hertz leuchtet, das sichs kan drauff verlassen und ungezweivelt
rhuemen, das er Gottes saltz sey, so las zurnen und boese sein wer nicht lachen
wil, jch kan [s. 344] und thar mehr trozen und bochen auff sein einiges wort
denn sie auff alle jre macht, schwerdter und buechsen. Denn weil er mich dafur
erkennet und durch sein wort des zeugnis gibt, so muessen alle Engel jm himel,
ja Sonn und Mond sampt allen creaturn, ja dazu sagen und bey uns stehen widder welt
und Teuffel. Und ob gleich das nicht were, so hetten wir doch an dem einigen
wort gnug, das er uns so nennet und teuffet; das sollen sie wol stehen lassen,
so wollen wir auch wol fur jn bey den ehren bleiben so lang Christus und sein
wort bleibet.
Nu wie das saltzen zugehe, jst leicht zuvorstehen, nemlich
das man sol aufftretten und sagen: Alles was auff erden geboren jst und lebt,
das jst kein nutz, faul und vederbt fur Gott, Denn weil er durre und klar sagt,
sie sollen sein ein saltz der erden, das jst uber alles was die welt jst, so
mus folgen, das alles was jnn der welt jst und fleisch odder mensch heisst, mus
gestrafft und durchsaltzen werden, also das man aller welt heiligkeit,
weisheit, Gottes dienst von jn selbs erfunden ausser Gottes wort verdamne, als
das des Teuffels jst und jnn abgrund der helle gehoret, wo sichs nicht an
Christum allein helt. Das jst denn ein unfreundliche predigt, machet uns der
welt ungeneme und verdienet, das man uns feind wird und uber das maul schlegt.
Denn das kund die welt noch wol leiden, das man recht
predigt von Christo und allen artikeln des glaubens, Aber wenn man sie wil
angreiffen und damit saltzen, das jre weisheit und heilikeit nichts sol gelten,
ja blind und verdampt jst, das kan und wil sie nicht leiden Und gibt den
predigern schuld, sie koennen nichts denn schelten und beissen, und mus heissen
die welt erregt und unfried gemacht, geistliche stende und gute werck
geschendet. Aber wie koennen wir jm thun? soll man saltzen, so mus es beissen,
Und ob sie uns gleich beissig schelten, so wissen wir, das so sein sol und
Christus solchs befolen hat und wil das das saltz scharff sey und getrost
beisse, wie wir hoeren werden, Wie S. Paulus auch allenthalben thut straffen
die gantze welt und schilt alles was sie lobt und thut, wo nicht der glaube an
Christum [Joh. 16, 8] jst, Und Christus Joh. 16. sagt, Wenn der heilige geist
kome, sol er die welt straffen &c.. Das jst: Er sol alles angreiffen, was
er jnn der welt findet, keinen auszug noch unterscheid machen noch etliche
schelten und etliche loben odder allein diebe und schelcke straffen, sondern
alles, alles auff einen hauffen fassen, einen mit dem andern, er sey gros,
klein, from, weise, heilig odder wie er wolle, summa alles was nicht Christus
jst, Denn der Heilig geist darff nicht darumb komen noch prediger jnn die welt
schicken, das er eusserlich grobe sund, ehebruch, mord &c.. zeige und
straffe, so sie selbs wol weis und straffen kan, sondern das sie fur das
kostlichste helt und da sie am besten jst, from und heilig sein und Gott damit
dienen wil.
[s. 345] Darumb gilts nicht, das jtzt etliche klugeln und
furgeben, es sey gnug, das ein prediger jderman sage was recht jst, und konne
wol das Euangelion predigen, das man nicht duerffe Bapst, Bisschove, fursten
und andere stende odder person antasten, dadurch viel unfride und hadders
entstehet, Sondern es heisset also: wiltu das Euangelion predigen und den
leuten helffen, so mustu auch scharff sein und saltz jnn die wunden reiben, das
jst das widderspiel anzeigen und straffen wo es nicht recht gehet, Als jtzt
sind Messen, moencherey, ablas &c.. und alles was daran henget und daruber
helt, auff das solch ergernis aus dem weg gereumet und niemand dadurch verfuret
werde. Darumb mus man hie jmer anhalten mit saltzen, das man were und nicht raum
lasse, dadurch es mocht widder auffkomen odder heimlich einreissen, wie denn
geschehen mus, wo das saltz ampt nicht jmer jm schwang gehet und bisher jnn der
Christenheit geschehen jst, das eitel faule menschen lere regirt und alles
verderbet hat, welchs wol were nach blieben, wo das saltz blieben were, Denn es
hette nicht an der rechte lere gefeilet, weil von Gottes gnaden dennoch die
schrifft, Euangelion, Sacrament, predigstul jst jnn der kyrchen blieben, wenn
nur die Bischove und prediger solchs getrieben und jnn der ubung und brauch
hetten lassen gehen, damit zu saltzen was des alten Adams jst.
Darumb vermanet und warnet hie Christus die Juenger so
vleissig, das sie zusehen und solch saltzen stets lassen jm schwang gehen, Und
spricht ‘Wenn das saltz thum wird, wo mit sol man denn etwas saltzen?’ Thum saltz
heist das die zeene und scherffe verloren hat und nicht mehr wuertzet noch beisset:
das jst wenn das ampt jnn der Christenheit untergehet, das man die leute auff
horet zu straffen und zeigt jn nicht jr elend und unvermügen, noch erhelt bey
der busse und erkentnis sein selbs, lesst sie dahin gehen, als seien sie frumb
und recht dran, und also jr ding eigen heiligkeit und selbererwelete Gottes
dienst, lesst einreissen so lang, bis die reine lere vom glauben widder gar
untergehet und Christus verloren wird und so gar verderbet, das nicht mehr
zuhelffen noch zu raten jst.
Solchs hat er hiemit gesehen und geweissagt die zukuenfftige
fahr, ja den schaden und verderb der Christenheit, das man solch saltzen odder
straffe ampt wuerde ligen lassen und dafur auffkomen so mancherley geschwuerm
von rotten und secten, da ein jglicher sein eigen tand auff wirfft als eine
rechte lere und Gottes dienst und doch nichts anders jst denn weltlich
fleischlich ding, aus unserm kopff und vernunfft gewachsen, damit wir uns selbs
kutzeln und also gar darin verfaulen als eitel wild, stinckend, verdorben
fleisch, daran saltzen und straffen verloren jst.
Aus dem sihestu, wie vil und gros an dem stuck gelegen jst,
das es [s. 346] Christus nicht umb sonst vor allen andern hie setzet und so
vleissig befilhet, Denn on das kan die Christenheit nicht bestehen und Christus
nicht bleiben, kein rechter verstand noch leben jm schwang gehen, Das freilich
kein grosser schaden und verderb der Christenheit jst, denn wo das saltz, damit
man alle ander ding wuertzen und saltzen mus, thum wird. Und jst doch so bald geschehen,
Denn es jst ein solche gifft, die susse eingehet und dem alten Adam sanfft
thut, Denn er darff nicht so jn fahr stehen, leib und leben wagen noch
verfolgung, schmach und lesterung leiden. Darumb sind unser Bisschove und
geistlichen die kluegsten leute auff erden jnn diesem fall (wie wol sie nicht so
gut sind, das sie thum saltz heissen, sondern der Teuffel gar sind, als die gar
kein Bisschofflich ampt furen, sondern selbs am hochsten verfolgen) denn sie
predigen also, das sie on fahr bleiben, gelt und gut, dazu ehre und gewalt gnug
haben.
Denn wer alle welt, Keiser, koenige, fuersten, weise,
gelerte sol schelten und sagen, das jr wesen fur Gott verdampt sey, der mus den
kopff dar strecken. Aber wenn jch jn heuchle und lasse jr ding auch recht sein,
so bleib jch ungeschlagen, behalte gonst und ehre &c.. mache mir die weil
ein feinen gedancken, jch wolle dennoch wol das Euangelion daneben predigen.
Doch bin jch gleich wol ein thum saltz worden, denn damit lasse jch die leut
stecken jnn jrem eigen alten wahn und fleischlichem sinn, das sie zum Teuffel
gehen und jch fornen an.
Also hat dis ampt allenthalben viel anfechtung und hindernis
beide zur lincken und rechten seiten, das man schweigt und entweder aus furcht
der fahr, schadens und verfolgung odder umb ehre gut und genies willen; so sind
wir on das schwach, faul und vordrossen dazu, das wir uns leichtlich davon bringen
lassen und muede werden, wenn wir sehen, das es nicht wil fort gehen wie wirs
gerne hetten, und lest sich ansehen, als sey es vergebens und die leut
verachten, ja nu erger werden, jhe mer man sie straffen wil.
Daruemb muessen wir dagegen gerustet sein und allein
Christus befelh ansehen, der uns solch ampt aufflegt und wil, das wir das maul
frissch auffthun und straffen was zustraffen ist, nicht angesehen unser fahr,
ungemach odder nutz und genies noch ander leut boesheit und verachtung, und uns
des trosten, das er uns zu seinem saltz machet und dabey erhalten wil, und
heisset uns getrost saltzen, nicht daran keren doch erschrecken lassen, obs die
welt nicht leiden wil und uns daruber verfolgt, noch verzagen, ob wir gleich
(wie wir meinen) nichts schaffen, Denn was er uns heisset sollen wir uns
gefallen und gnuegen lassen und jm lassen befolen sein, was und wieviel er
durch uns aussrichte. Wollens die leut nicht horen noch annemen, so sind wir
nichts deste weniger saltz und haben unser ampt ausgericht. So koennen wir denn
[s. 347] mit allen ehren und freidikeit fur Gottes gericht stehen und dafur
antworten das wirs jderman treulich gesagt haben und nichts unter die banck
gesteckt, das sie keine entschuldigung haben, als haben sie es nicht besser
gewust und sey jn nicht gesagt.
Welche aber sich lassen erschrecken und schweigen umb gonst,
ehre und gut willen &c.. die werden auch am jungsten tag muessen horen von
jn sagen: Der jst unser prediger gewest und hats uns nicht gesagt, Und wird sie
nicht entschuldigen, ob sie wolten sagen: Herr, sie habens nicht wollen hoeren,
Denn Christus wird dagegen sagen: Weistu nicht, das jch dir befolen habe, du soltest
saltzen, und dazu so vleissig gewarnet? Soltestu nicht mein wort mehr furchten
den sie? Solchs soll uns auch billich schrecken, Denn hie hoerestu das urteil,
das er uber solch thum saltz verkuendigt und spricht:
Das jst soviel gesagt: sie sollens auch hie auff erden nicht
gut haben, sondern schlecht verworffen sein von Christo, als die jn nichts mehr
angehoren und nimer seine prediger sein sollen noch zur Christenheit gehoeren,
schoen ausgeworffen und beraubt sind aller gemeinschafft jm himel und mit allen
heiligen, ob sie gleich den namen behalten und fur den leuten gros geachtet sind
als die besten prediger und heiligsten leute auff erden. Wie es jm Bapstum jst
gangen zu der zeit, da es am aller fruemsten und heiligsten jst gewest (nicht
wie jtzt gar ein weltlich Keiserthum und geistlich Teuffels regiment jst
worden) da der Bapst selbs prediget und die kirchen regiret und alle ding auffs
feinest geordnet und jnn stend und regel gefasst hatte (wie S. Gregorius und
etliche vor und nach jm than haben), das alle welt hielt fur das feineste
regiment und heiligsten Gottes dienst, so auff erden zu machen were, und doch
alles kein nutz jst gewesen. Denn da jst gar kein saltz gewesen, dadurch man
solches solt nach Gottes wort gehalten und gestrafft haben als unser eigen
selbserdachte heiligkeit, sondern alle welt hat es gepreisst und bestetigt und
also eigen vermessenheit und falsch vertrawen darauff gesterckt, als auff das
rechte selige leben und heilige stende, wie es auch S. Gregorius selbs preisset
und hebt, das ob er wol ein heiliger man gewesen jst (als jch jn halte) hat er
doch mit seiner lere nichts guts ausgerichtet, Und hat doch so trefflichen
schoenen schein, das kein mensch taddeln kan, das wenn sie es jtzt kuendten
widder jnn den stand bringen und reformiren, so thurst niemand kein wort
dawidder predigen odder mueste der ergste ketzer heissen, so jhe gewesen were.
Das jst nu ein stuck der warnung, das er spricht ‘Wenn das
saltz thum wird, so sey es kein nuetz mehr’. Das ander lautet noch
schrecklicher, als er [s. 348] das urteil druber spricht, das man soll die leut
druber lauffen und zutretten lassen: Wenn das rechte saltz, das jst die rechte
auslegung der schrifft, hinweg jst, dadurch man alle welt straffen sol, und
nichts denn allein den einigen glauben an Christum gelten lassen, So jst es
alles aus und hilfft nichts mehr, was man sonst leret odder straffet. Denn es
jst schon beide lere und leben, meister und schueler fur Gott verworffen und
verdampt. Summa: wo dieser artikel von Christo nicht getrieben wird, das wir
durch jn allein gerecht und selig werden und ausser jm alles verdampt halten,
so jst kein wehren und auffhalten mehr, ja keine mas noch auffhoren aller
ketzerey und jrthum, aller secten und rotten, da jderman etwas sonderlichs
eigens erdencket und auff wirffet, Wie bisher uns widder faren jst unter dem
Babst, da keinem moench etwas getreumet hat, es hatt auff die Cantzel mussen
komen und ein sonderlicher Gottes dienst draus werden, und keine lugen so
schendlich gewesen, die man nicht hat angenomen, wer es nur hat durffen auff
den predig stul bringen, bis zu letzt so weit jst komen, das man nicht allein Christum
verloren hat, sondern Gott dazu, und sie selbs schir keinen artikel des
glaubens mehr gleuben, Das jch thurst sagen, das inn hundert jaren wenig Bebst
gewesen sind, die einen artikel gleubt haben, Wie es auch jtzt jnn deudschen
landen stehet, bey denen da der artikel von Christo untergangen und dafur eine
rotterey und jrthumb uber die ander auffgangen da einer das Sacrament, der
ander die Tauffe und ander artikel leugnet und viel schoen gar Epikurisch
worden, die nichts uberal gleuben, gleich wie die Bebste mit jrn Cardinelen zu
Rom, und also zuletzt lauter sew und kwe werden und auch also hin sterben.
Darumb habe jch alle zeit vermanet, wie auch hie Christus
thut, das das saltz saltz bleibe und nicht thum werde, das jst, das man den heubt
artikel des glaubens recht treibe, Denn wo der auff horet, da kan nicht ein stueck
recht bleiben und jst alles verloren, kein glaube noch verstand mehr, das niemand
recht leren noch raten kan. Summa: es mus jderman lassen mit fuessen uber sich
lauffen, das jst (wie gesagt) kein bachant noch Esel jst so grob, wenn er nur
thar was newes auffbringen, so leufft jderman zu und gleubts. Denn was haben
bisher die schendlichen Moenche nicht thueren unverschampt predigen und die
leut bereden mit jren bruderschafften, gebetlin, rosenkrentze, ja mit jren
schebichten Cappen, so sie den todten anzogen und da durch den himel zugesagt?
Was jst das anders denn sich jderman mit fussen lassen tretten und einem
jglichen luegen prediger unter worffen sein? Das macht, das der Teuffel des
hertzen gewaltig jst worden und gar verderbt hat mit seinem faulen verdamlichen
leren und aberglauben, das Christus hinweg und sein erkendnis verloren wird.
[s. 349] Denn wenn jch das behalte, das Christus allein
meine gerechtigkeit und heiligkeit jst, so wird mich nimer kein moench
uberreden noh verfuren durch seine kappe, rosenkrentz, solch odder andere
wercke und menschen tand, Denn durch den glauben bin jch ein richter uber alle
stend und wesen so man erdencke, das jch alles kan verdamnen, was mir etwas
anders zeigen wil das fur Gott gelten sol. Versehe jchs aber und lasse den
schatz faren und dahin weisen, das jch daneben auch ander weise suche frum zu
werden, Gott versuenen und suende bussen, so bin jch schon bereit zu allerley
stricken und netze des Teuffels und lasse mich fueren wie er wil, so kumpt hie
und da einer der mir furpredigt: Wiltu frum werden und Gott dienen, so zeuch
eine Cappen an, bete teglich soviel rosenkrentz, zuende S. Anna soviel lichtlin
an, so falle jch hinach wie ein blinder und jdermans narr und gefangner und thu
alles was man mich heisset, so gar das jch mich auch nicht des geringsten
jrthum erweren kan.
Sihe das hat der Herr Christus hie selbs zuvor gesagt und
gewarnet, das so gehen wuerde, noch jst niemand gewesen, der sich hie fur hette
wissen zuhueten, und wo wir jtzt nicht wacker sind und wol drauff sehen, das
wir den artikel behalten, so wirds uns auch so gehen, das wir keinen artikel
recht und rein behalten noch auffhoren zu jrren und rotterey zumachen, bis es
gar aus jst und kein predigen noch leren mer hilffet, sondern sew und kuee
bleiben, wie es leider schon unter dem grossen hauffen gehet, zu lohn unser
verachtung und undanck des Euangelij.
Das jst das ander teil des ampts, so er den lieben Aposteln
aufflegt, das sie sollen heissen und sein ein liecht der welt, nemlich die
seelen zu unterrichten und weisen zum ewigen leben, damit er die gantze welt
wirfft unter die Apostel, das sie solle und muesse durch sie erleuchtet werden,
und schleusset, das sie gantz mit allem was sie vermag eitel finsternis und
blindheit jst, Denn wo sie on das ein licht hette, das sie kundte erleuchten
(wie sie doch meinet) was durffte er der Apostel dazu? Nu sihe, ob das nicht
ein hoh, trefflich ampt und ein ehre uber alle ehre jst, das sich alles was jnn
der welt jst, es heissen Koenige, Fuersten, Herrn, gelerten, weise, heiligen
mussen herunter setzen und die Apostel aufftretten und alle jr weisheit,
heiligkeit &c.. taddeln und verdamnen lassen, als die nicht wissen was sie
leren odder leben, noch wie sie mit Gott dran seien.
Aber hie koempt Meister Bapst mit seinen Bisschoffs larven,
als die [s. 350] Christus und der Apostel stadhalter wollen heissen, die
thueren Christus wort meistern und die Aposteln herunter setzen, wenn sie geifern,
Es sey nicht gnug, das die Apostel gepredigt und der Heilige geist durch sie
geleuchtet habe, sondern man musse der heiligen veter Concilien und Bepst
satzung hoeren und halten, als die viel mehr und hohers geleret haben. Wir aber
sollen wissen, das Christus nicht ein solcher geukler jst, der mit halben
worten redet, Sondern weil er sie ein liecht der welt heisset, so mus jr lere
allen gelten und gnugsam sein alle welt zu erleuchten, das man keines andern
liechts bedarff, ja was ausser jrer lere jst, eitel finsternis bleibe: Wenn sie
gleich lang leuchten mit jrer latern, so sinds doch nichts denn lauter gesetz
von menschen erdacht von eusserlichen dingen, so ein jglicher on das verstehet
und wol selbs ersehen und machen kund, das man sie wol solt nicht Lux mundi, sonder
lex Dei heissen. als die sich unterstehen Gott selbs und seine Christenheit zu
regiren mit jren gesetzen, gerade als weren sie viel besser denn die Apostel,
dempfen also der Apostel liecht mit jrer blinden lere, damit sie nicht ein gewissen
recht straffen noch unter weisen konnen, wie man sihet jnn allen buechern des
Bapsts und aller hohen schulen, Und also weder saltz noch liecht heissen
moegen. Denn wenn sie jr bestes thun, so straffen sie die groben eusserlichen
stuck, so schon zuvor durch weltlich recht und vernunfft liecht gestrafft sind,
aber die rechten knotten und heuptstuckt als unglauben, falsche heiligkeit
werden sie nimer gewar, ja stecken selbs drinnen uber die oren, darumb jst es
eitel thum ding, dazu finsternis und blindheit, Koennen nicht hoher sehen,
saltzen noch leuchten, denn wie man fleisch odder fissch essen, so odder sonst
kleiden und geberden sol.
Darumb jsts und bleibt wol allein der Apostel ampt beide
recht straffen die rechten jnwendigen laster und widderumb heilen, trosten und
auffrichten alle armen betruebte gewissen und niemand lassen ungestrafft jm
boesen noch ununterweiset und auffgericht zum guten. Darumb sie auch Christus
alhie einsetzet und weihet zu predigen, das man sie allein horen solle und
muesse und kein ander rotten geister zulassen, so der Teuffel auch neben ein
furet, die da wollen auch saltz und liecht sein, ja auch Christum selbs
meistern, und schreyen es sey nichts mit der lere vom glauben, man musse hoher
komen und sich anders angreiffen, das man leide und sich creutzigen lasse,
welchs wenn mans allenthalben ansihet, so ists nichts denn von unserm eigen
thun geleret und noch nirgend da zu komen, das es den unglauben zeige und
straffe die rechten hoffertigen laster, so jnn der selbigen lere stecken, damit
sie sich selbs zum saltz und liecht auff werffen, lassens nicht bleiben bey dem
beruff und befelh, den er hie den Aposteln gibt und spricht ‘Jr solt das liecht
sein’. Darauff wir allein treiben, das man des musse gewis sein und rhumen koenne,
das uns Christus dazu geweihet und den Chrisem angestrichen hat, das [s. 351] wir
sollen und muessen saltzen und leuchten als von ampts und Goettliches befelhs
wegen.
Denn solchs jst auch daruemb not, das Christus solch ampt
nicht hemlich odder an einem ort, sondern offentlich durch die gantze welt wil
getrieben haben, und zeigt jnen gnugsam an was sie davon zu gewarten haben bey
der welt, als er spricht ‘Es mag die stad, so auff einem berge ligt, nicht
verborgen sein, Man zundet auch nicht ein liecht an und setzets unter einen scheffel’
.&c.. Das jst soviel gesagt: Wer ein liecht sein sol, der sehe nur zu und
krieche nicht jnn winckel, sondern trete frey auff den platz und sey
unerschrocken, Denn also gehets, wie auch vor gesagt, das die dazu beruffen sind,
das sie sollen Apostel sein und leuchten, wollen nicht gerne erfur, lassen sich
abschrecken mit drewen, fahr, verfolgung odder uberthoren durch freundschafft, gonst,
ehre und gut, das sie nicht erfur tretten und das maul auffthun, sondern
kriechen zu winckel, halten hinder dem berge und ziehen die pfeiffen ein, Wie
jtzt unser geistlichen, die jm ampt sitzen, und jst jn befolen, das sie der
Christenheit furstehen und offentlich leuchten solten mit jrer lere, so stecken
sie es unter die banck, ja sind noch viel erger worden, das sie eben die sind,
die das wort verfolgen und das liecht wollen auslesschen, hetzen Keiser,
Koenige mit aller welt nur dawidder, Sitzen gleich wol jm hause und wollen
allein die kirche regiren, haben predigstul, Tauffe, Sacrament und alles jnnen
was zum beruff und ampt gehoert. Aber das jst die prophezey wie die Aposteln
verkundigt, das hirten solten wolffe werden und der Endchrist sich setzen sol
jnn den tempel Gottes und sich erheben uber alles das Gott und Gottes dienst
heisst.
Dagegen sind die andern rottengeister, die keinen beruff
dazu haben und wol mochten daheime jm winckel bleiben, die wollen sich uberal
eindringen und allein leuchten, das sie jderman muesse hoeren und auff sie
sehen. Jst aber auch nichts denn das sie jre eigen ehre damit suchen und so
lang predigen als die leut an jn hangen und sich keiner fahr durffen besorgen. Solten
sie aber stehen wie die rechten prediger, als denen das ampt auffgelegt, und
stetts offentlich leuchten, kein wind noch wetter sich schrecken noch schweigen
und dempffen lassen, so wurden sie sich bald verlieren und niemand daheim finden
lassen. Also mus es gehen dem lieben predig ampt auff beiden seiten, das es
entweder die ligen lassen, die es furen sollen, odder die furen wollen, denen
es nicht befolen jst, und also nimer recht getrieben wird, on allein wo
Christus solche leute gibt, wie er sie hie abmalet und droben zuvor bereitet
hat.
So wil er nu sagen: Wolt jr meine prediger sein, so must jr
warlich gerustet sein frey offentlich auff den platz zutretten und fur der welt
stehen [s. 352] wie auff einem hohen berg, das jr euch getrost ansehen und
offentlich horen lasset, nichts verschweiget noch unter die banck stecket was
jr predigen solt, niemand zu liebe schweiget noch redet, sondern wie jr das
lieht seit, auch frey offentlich leuchtet, unangesehen ehre odder schande, gut
odder armut, hass odder gunst, tod odder leben. Und wisset, das jr mir dienet,
der jch euch zum liecht gesetzt habe. Das weren denn rechte leute, die sich
nicht lassen beugen weder zur rechten noch lincken seiten, wie Psal 45. von dem
predig [Ps. 45, 7] ampt sagt: Das scepter deines reichs jst ein gerade scepter,
Du liebest die gerechtikeit und hassest Gottlos wesen &c.. Das jst die
tugent und preis des Euangelij und seiner prediger, Denn sonst alle ander lere
haben der fahr keine, predigen alle was man gerne horet und der vernunfft gemes
jst, durffen nicht furchten das man sie verfolge, Aber dieser lere setzet man
allenthalben zu, weil sie wil aufftretten und der welt liecht und lere nichts
wil lassen sein, da versuchet sie allerley, das sie uns solch liecht dempffe
und jnn einen winckel treibe odder unter den scheffel stuertze, das wir unser
lere ligen lassen odder widderruffen und beugen und deuten lassen, wie sie es
gerne hetten, Wir aber wollen uns nicht so lassen von unserm stand treiben,
sondern eine stad auff dem berge und das liecht auff dem leuchter jm hause
bleiben. Denn der uns zum liecht gemacht hat, wird uns auch wol dabey erhalten.
Darumb beschleusst er nu:
Sihe wie vleissig treibt er die vermanung, Welchs er doch
nirgend zu durffte, wenn es nicht grosse farh und not hette, Und jst soviel gesagt:
Man wird ewer liecht wollen verfinstern und nicht wollen leiden, Aber seid nur keck
und getrost dagegen, das jr nur soviel erhaltet, das jr nicht unter den scheffel
kriecht und ewer ampt redlich ausrichtet, so wil jch zu sehen, das mans nicht
so dempffen sol, Denn das jst gewis, weil ein Christlicher prediger daran helt
und dabey bleibt und der welt schmehen und verfolgen verachten kan, so mus das
ampt auch bleiben, Und kan das Euangelion nicht fallen, weil noch stehen und
bleiben die daran halten, wie denn allzeit bis an jungsten tag etliche muessen
bleiben.
Das er aber sagt ‘Auff das die leut ewer gute werck sehen
und ewern vater jm himel preissen’, jst auff S. Mattheus weise gered, welcher
also von wercken pfleget zureden. Denn er sampt den andern zweyen Euangelisten Marco
und Luca treibet sein Euangelion nicht so hoch und viel auff den hohen artikel
von Christo als S. Johannes und Paulus, darumb reden und vermanen sie viel von
guten wercken, Wie es denn sein sol jnn der Christenheit, das man beides
treibe, doch ein jgliches jm seinem wesen und wirden gehe, das man zu erst und
am hochsten den glauben und Christum fuere, darnach [s. 353] auch die werck
treibe. Weil nu der Euangelist Johannes durch und durch den heubt artikel auffs
gewaltigst getrieben hat und billich daher der hoheste und furnemest Euangelist
geachtet jst, so haben Mattheus, Lucas und Marcus auch das ander stueck fur
sich genomen und starck getrieben, das es auch nicht vergessen wurde, also das
sie jnn dem stueck besser sind denn Johannes und er widderumb jnn jenem.
Du must aber die spruche und lere von wercken nicht so
ansehen, das du den glawben davon sonderst, wie sie unser blinden lerer
stuempeln, sondern altzeit jnn den glauben zihen, das sie darinn verleibet, aus
dem glauben und jnn dem glauben gehen und umb desselben willen gepreisset
werden und gut heissen, wie jch sonst offt gelert habe, Also auch hie, da er
sagt ‘Das sie ewer gute werck sehen’, mustu es nicht so blos ansehen, als
solche glawblose werck, wie unser geistlichen gute werck bisher gewesen sind,
sondern von solchen wercken, die der glawbe thut und on odder ausser dem
glawben nicht konnen geschehen. Denn das heisset er hie gute werck, wenn man
die lere von Christo und dem glauben ubet, treibet und bekennet und darueber
leidet, Denn er redet von solchen wercken, damit man leuchtet, leuchten aber
jst das rechte glaubens odder lere ampt, damit wir ander leuten auch zum
glauben helffen.
Darumb sind es auch die hohesten und besten werck und eben
solche, aus welchen mus folgen, wie er hie sagt, Das der himlische vater
geehret und gepreiset wirt. Denn dise lere odder predigt nimpt von uns allen
rhum der heiligkeit und sagt, es sey nichts guts jnn uns, des wir uns koennen rhuemen,
Und widderumb unterrichtet sie das gewissen, wie sichs gegen Gott schicken sol,
zeigt jm Gottes gnad und barmherzigkeit und den gantzen Christum, Das heisset
Gott recht offenbaret und gepreisset, welchs auch das rechte opffer und Gottes
dienst jst. Diese werck sollen die ersten und furnemesten sein, darnach auch
das leben eusserlich gegen dem nehesten folgen, die da heissen werck der liebe,
welche leuchten auch, aber nicht weiter, denn so fern sie vom glauben
angezundet und getriben werden.
So kanstu nu selbs schliessen, das Matheus hie nicht zuverstehen
jst von den gemeinen wercken, die ein jglicher gegen dem andern thun sol, aus [Matth.
25, 35 ff.] der liebe, davon er Matth. 25. redet, sondern allermeist von dem
rechten Christlichen werck, als rechtschaffen leren, den glauben treiben und
darinn unterrichten, stercken und erhalten, damit wir bezeugen das wir
rechtschaffene Christen sind. Denn die andern sind nicht so gewis, weil auch
wol falsche christen sich konnen schmuecken und decken unter grossen schoenen
wercken der liebe, aber Christum recht leren und bekennen jst nicht muglich on
den [s. 354] [1. Kor. 12, 3] glauben, wie Paulus 1. Cor. 12 sagt: Niemand kan
Jhesum einen Herrn heissen on durch den Heiligen geist. Denn kein falscher
Christ noch rotten geist kan diese lere verstehen, wieviel weniger wird er sie
recht predigen und bekennen? ob er gleich die wort mit nimpt und nach redet,
aber doch nicht dabey bleibet noch rein lesset, predigt jmer also, das man
greiffet das ers nich recht habe, schmiret doch seinen geifer daran, dadurch er
Christo seine ehre nimpt und jm selbs zumisset.
Darumb jst das allein das gewissest werck eines rechten
Christen, wenn er Christum so preisset und predigt, das die leut solchs lernen,
wie sie nichts und Christus alles jst. Summa: es jst ein solch werck, das da
nicht gegen einem odder zweyen geschicht, da es verborgen bleibt als andere
werck, sondern offentlich fur der gantzen welt leuchten und sich sehen lesst
und darumb auch allein verfolget wird (denn andere werck kan sie noch wol
leiden). Darumb heissets eigentlich ein solch werck, dadurch unser vater erkand
und gepreisset wird. Dahin konnen die andern geringern werck nicht komen,
welche bleiben allein unter den leuten und gehoren jnn die andern tafel der
zehen gebot; diese aber gehen jnn den ersten dreyen hohen gepotten, die Gottes
ehre, namen und wort betreffen, Und dazu muessen wol beweret und durchleutert
werden durch verfolgung und leiden, das sie bestehen, dazu fur der welt
geschendet, das sie rein bleiben von der eigen ehre und vermessenheit und deste
mehr fur Gott gepreisset werden, als darinn seine ehr und preis antastet wird.
Darumb stehen sie auch am festen, das Gott deste stercker druber helt und sie hindurch
furet widder der welt toben und verfolgen. Darumb sollen wir sie auch lassen
weit vorgehen als die hohesten, darnach die andern auch gegen den leuten
unternander, Das also beides recht gehe, das man auffs erst den glauben jmer
lere und treibe und folgend auch darnach lebe und also alles was wir thun jnn
und aus dem glauben gehe, wie jch jmerdar geleret habe.
Weil der Herr Christus den Aposteln das ampt auffgelegt und
ernstlich befolen hat, feret er nu weiter und fehets selbs an beide zusaltzen
und zuleuchten jn zu eim exempel, das sie wissen was sie predigen sollen, Und greiffet
an beide der Jueden lere und leben, falschen wahn und werck zustraffen und zu
bessern, Wie wol er, als jch gesagt habe, hie nicht die hohe heubtlere vom
glauben treibet, sondern zu erst unten anfehet und das gesetz recht verkleret und
ausstreichet, welchs durch jre Phariseer und schrifftgelerten gar verdunckelt
und verkeret war. Denn das jst auch ein notig stuck, das man die lere von
Gottes gepoten rein mache und zu recht bringe.
[s. 355]
Es jst aber gar ein
scharff unleidlich saltz, das er solche leute antastet und verdampt, als die
weder recht leren noch leben, und lesst jn gar nichts recht noch gut sein, die
doch die aller besten und heiligsten waren, teglich Gottes gepot lereten und
sich ubeten jnn dem heiligen Gottes dienst &c.. das sie niemand straffen
kundte: Gibt jn damit ursach getrost widder jn zu schreyen und zubeschuldigen,
als der das gesetz wolle aufflosen und zu nicht machen, das doch Gott geboten
hat &c.. Gleich wie der Babst mit seinem hauffen uber uns schreyen und
ketzer schelten, die da gute werck verbieten. Also hat er sich wol versehen,
das man jm solchs schuld geben und seine predigt dahin deuten wurde, darumb
kompt er zuvor mit einer vorrede und bedingung, das nicht seine meinung sey das
gesetz auffzulosen, sondern sey darumb da, das ers recht lere und bestetige
widder die, so es mit jrer lere schwechten.
Denn es war auch wol not solcher bedingung umb des hohen
rhums, den sie hatten, und trefflichen scheins willen, den sie machen und gros
auffmutzen kondten, das sie allein Gottes volck waren, soviel Propheten und heiliger
veter gehabt, das wer sich unterstund sie zustraffen, mueste von stund an
hoeren: Wer bistu, das du wilt allein klug sein und jderman taddelst, als solten
unser Veter und wir alle geirret haben, die wir doch Gottes gesetz haben und
predigen, Wie jtzt alle welt auch widder uns schreyet und sagt, wir verdamnen
die heiligen veter und die gantze kirche, die doch nicht jrren kan, weil sie
vom heiligen geist regirt wird &c.. Weil du denn unser lere und leben
taddelst, so jsts ein zeichen, das du beide gesetz und Propheten, veter und das
gantze volck verdamnest. Darauff antwort nu Christus: Nein, jch wil trawn nicht
das gesetz noch die Propheten aufflosen, sondern halte und dringe herter und
vleissiger drauff denn jr, ja so hart, das ehe sollen himel und erden vergehen,
ehe jch wil einen buchstaben odder das kleinste titel lassen zurgehen odder
umbsonst geschrieben sein. Ja wil noch wol mehr sagen, das wer das aller
kleinest gebot verachtet odder anders leret, der sol umb desselben geringesten
willen jm himelreich verworffen sein, ob er gleich alle ander fest hielte.
Darumb sind wirs jnn dem stuck eines, das man Mosen und die Propheten steiff
und fest leren und druber halten sol, Aber darumb jsts zuthun, weil wir beide
sollen und wollen das gesetz leren (wie auch jtzt beide Bapst sampt andern
rotten und wir uns auff einerley schrifft beruffen, ein Euangelion und Gottes
wort zugleich rhuemen) das man gewis werde, welchs teil die schrifft odder
Gottes gesetz recht fure und deute odder nicht. Daruber hebt sich der hadder,
hie mus jch saltzen und straffen. Denn die Jueden mit jren glosen haben das gesetz
verkeret und verderbt, so bin jch komen, das jchs widder zurecht bringe, wie
wir des Bapst lere haben mussen angreiffen, die uns mit jrem stanck und unflat
die schrifft verderbt hat.
[s. 356]
Damit leugnet er nu
nicht, das sie Gottes volck seien, das gesetz, Veter und Propheten haben, Wie
wir auch nicht leugnen noch verdamnen die Christen, Tauffe, Euangelion, so
unter dem Bapst gewesen sind, sondern sagen, Es sey die rechte Tauffe,
Euangelion &c.. das wir haben. Aber da fechten wir, das wir sollen annemen
was sie dran geschmiret haben, und lassen recht sein, wie sie es deuten und
verkeren, und die reine lere haben besuddelt mit jrem garstigen und madichten,
ja teufflischem zusatz von jren Cappen, platten, ablas, fegfeur, opffer messen
&c.. da mussen wir saltzen und erbeiten, das wir solchen stanck fegen und
rein machen. Also findet sichs, das eben die sind, die das gesetz und schrifft
aufflosen und zu nicht machen, die sich schmucken mit dem schonen namen der
schrifft, Euangelij, Christlichen kirchen &c.. und unter dem schein jre
maden hinein tragen und so verderbt haben, das es kein nutz jst worden, darnach
uber uns schreyen, man greiff die Christliche kirche, heilige Veter, gute werck
an &c..
So spricht er nu: Jch bin nicht komen das gesetz auffzulosen
sondern zu erfullen, Das jst: Jch wil nicht ein ander odder new gesetz bringen,
sondern eben die schrifft, so jr habt, nemen und recht ausstreichen und also
handeln, das jr wisset, wie mans halten sol, Denn das Euangelium odder Christus
predigt bringet nicht ein newe lere, die das gesetz nidderlege odder endere, sondern
eben das (wie S Paulus sagt), das zuvor jnn der schrifft und durch die
Propheten verheissen jst. Also nemen wir von unsern eben die schrifft, Tauffe,
Sacrament &c.. die sie haben, wollen nichts newes noch bessers auff bringen,
aber das thun wir allein, das man dasselbige recht predige und handle und weg
reume was sich damit nicht reimet.
S. Augustinus deutet das wort Erfullen auff zweyerley weise.
Erstlich das das gesetz erfullen heisse, wenn man dazu thut was daran manglet, Zum
andern, wenn mans mit wercken und mit dem leben erfullet. Aber die erste glose
jst nicht recht, Denn das gesetz jst an sich selbs so reich und volkomen, das
man nichts dazu thun darff, Denn auch die Apostel selbs mussen das Euangelium
und predigt von Christo beweisen aus dem altem Testament. Darumb kan nimand,
auch Christus selbs, das gesetz nicht bessern, Denn was kan man hohers machen
odder leren denn das erste gepot leret: Du solt Gott lieben von gantzem hertzen
&c.. Das thut er wol, das er uber das gesetz und die lere sein gnade und
geist gibt, damit man dasselb thu und erfulle was das gesetz foddert. Aber das
heisst nichts zum gesetz thun, so redet er davon hie auch nicht, sondern von
dem erfullen, so mit leren geschicht, gleich wie er Aufflosen heisst nicht mit
wercken widder das gesetz thun sondern mit der lere dem gesetz abbrechen.
[Röm. 3, 31] Darumb jsts nicht anders gesagt denn wie S.
Paulus Rom .3. redet:
[s. 357] Heben wir denn das gesetz auff durch den glauben?
Das sey ferne, sondern wir richten das gesetz auff, Nemlich Das er kein ander
lere wil bringen, als solt die vorige nicht mehr gelten, sondern wil die
selbige recht predigen und aus streichen den rechten kern und verstand zeigen,
das sie lernen was das gesetz jst und haben wil widder der Phariseer glosen, so
sie hinein getragen, und nur die schalen odder hulsen davon gepredigt haben,
Gleich wie wir zu unsern Bepstischen mogen sagen: Wir wollen ewer Euangelium
nicht auffheben noch anders predigen, sondern dasselb leutern und poliren als
einen spigel, der verfinstert und verdorben jst durch ewern unflat, das nicht
mehr denn der name des Euangelij blieben jst, aber niemand recht darin etwas hat
sehen mogen, Wie die Juedischen lerer den text des gesetzes behielten, aber mit
jrem zusatz verderbet, das kein rechter verstand noch brauch mocht bleiben.
Das jst: Jch wil haben, das es alles rein und gar geleret
und gehalten und nicht das geringste davon gethan werde, Damit er anzeigt, das
ers viel anders gefunden, nemlich das beide lere und leben nirgend recht gangen
jst, darumb mus ers (wie folget) beides gar fur sich nemen und durch saltzen, das
es rein werde. Also mussen wir auch leren, das wir nicht einen buchstaben vom
Euangelio abbrechen lassen, sondern sagen, es mus alles rein geleret gegleubt
und gehalten sein. Also bedinget er sich, er wolle eine scharffe predigt thun
und die schuld nicht auff jm ligen lassen, das er das gesetz wolle aufflosen,
sondern von sich uber sie schlahen und beweisen wie sie das gesetz geschwecht
und auffgeloset und dafur jr glosen dran geschmirt haben, Gleich wie unser
Papisten hauff mit dem Euangelio und der schrifft gethan, da sie den hohesten
artikel von der gerechtigkeit des glaubens durch Christum gar verschwiegen,
Jtem auch vom Sacrament die eine gestalt genomen und die wort des Sacraments
verborgen, ja auch so grob gemacht, das sie eben diese gebot, so hie Christus
treibt, nicht fur noetige gebot, sondern fur gute rete gepredigt haben, stracks
wider diese wort und bedingung, das ehe himel und erde vergehen musse denn der
aller geringsten stuecke eines nicht gehalten werden, darauff er flugs ein
ernstlich urteil fellet widder solche prediger wie folget.
Jch wil so fest druber halten (spricht er) das jch nicht
allein keines aufflosen wil, sondern wer ein prediger jst und das geringste
stuck auffhebet [s. 358] odder faren lesset, der sol wissen, das er nicht mein
prediger jst, sondern verdampt und verstossen sein sol aus dem himelreich. Denn
das er sagt, Er sol der kleinest heissen jm himelreich, jst nicht anders denn
das er nicht sol jm himelreich sein, sondern wie ers fur ein kleines helt, das
er gottes gebot verachtet, also sol er auch verachtet und weg geworffen werden.
Also mussen alle prediger des Euangelij auch gerustet sein,
das sie solchs konnen rhuemen fur aller welt, wie wir unserm widderpart koennen
trotz bieten, das sie uns einen spruch odder artikel der schrifft zeigen, den
wir auffheben odder nicht recht predigen, Denn sie haben auff dem Reichstag zu Augsburg
selbs mussen zeugen, das unser bekentnis die lauter schrifft und widder keinen
artikel des glaubens sey. Aber daruber schreyen sie allein, das wir jr ding
nicht auch halten, so die Concilia und Bepst gesatzt haben, und sollen darumb
verdampt sein, das wir jrer garstigen maden und faulen menschen tands nicht
muegen, Wiewol wir jmerdar uns erbotten haben und noch wol kundten alles mit jn
halten, wenn sie uns die freiheit und unterscheid liessen, das es nicht not zur
seligkeit noch widder das Euangelion sey, ob mans gleich anstehen lesset,
sondern jn zugefallen halte als ein ander sey unnotig ding, das uns nichts gibt
noch nimpt, wie man einem zu gefallen zur fastnacht jnn der mumerey leufft.
Aber das wollen sie nicht einreumen, so koennen wir auch nicht anders thun noch
Christum unsern heiland (der uns mehr guete erzeigt und geben hat durch sein
teures leiden und sterben denn der Bapst, Franciscus, Dominicus noch kein
heilige) faren lassen umb jres faulen dings willen, das niemand nutzen noch
helffen kan. Wollen sie uns den lassen, so wollen wir zuwarten, alles mit jn
halten was sie uns aufflegen und dazu besser denn sie selbs.
Weil sie aber nicht daran gnug haben, sondern uns den
Christum und die reine lere, die sie doch selbs nicht koennen taddeln, zwingen
wollen zu lassen, so verachten wir sie widder als von Christo verdampt und
verworffen beide mit jrer lere und leben, als die nicht ein Gottes wort odder
gebot aufflosen sondern gar auffheben, damit das sie unverschampt leren, es sey
nicht not das man Gott liebe aus gantzem hertzen, Jtem das man die eltern ehre,
wenn jemand jnn ein Closter wolt gehen odder sein gut, damit er den eltern mocht
helffen, zur kirchen gebe. Also auch moget einer wol seine braut lassen sitzen
und jnn ein Closter gehen. Summa alles was hie der Herr foddert nach Gottes
gebot, haben sie unnotig gemacht, als seien es nur gute rethe und wercke der
ubermas &c..
Daher sihestu was sie fur feine Christliche lerer und
heilige leute sind, die da durffen alle gebot Gottes on schew auffheben und zu
nicht machen und wollen dazu ungestrafft sein und thueren uns anmuten, ja mit
drewen und gewalt darauff treiben, das wir jren menschen tand fur notig halten,
[s. 359] und wo wirs nicht annemen und loben, mit greulichen edicten und aller wueterey
angreiffen. Nu rechne du selbs was Christus dazu sagen wird, weil er hie so ein
streng urteil spricht, das der kein teil jnn seinem reich haben sol, wer das
aller geringste gebot auffloset, ob er gleich die andern alle genaw lerete und
hielte. Wo meinstu da sie hin gehoren denn jnn der helle glut, da sie am
tieffsten jst? Denn es jst noch nye kein solch schendlich volck auff erden
komen, die so unverschampt Gottes wort gehandelt hetten, welchs sie wissen das
recht jst, und wollen dennoch als Christliche heubter gerhumet sein. Darumb
hute dich fur jnen und lasse sich niemand schrecken jr verdamnen, verfolgen und
toben, denn hie haben wir den trost, das die so Gottes wort rein und trewlich
leren odder daran halten, sollen gros sein bey Christo jm himelreich, ob sie
gleich jener hauffe verflucht weit unter die helle.
Jch lasse aber hie anstehen wie das gesetz muesse erfullet
werden, das kein buchstabe noch titel davon vergehe &c.. so wir doch leren,
das kein mensch nicht koenne erfullen, Denn jch hab gesagt, das Christus hie
furnemlich nicht rede von dem leben sondern von der lere Und nicht handlet den
hohen heubtartikel, was er selbs sey und uns gebe, Nemlich das wir durchs
gesetz lere nicht koennen gerecht noch selig werden, sondern nur dadurch zum
erkentnis unser selbs komen, wie wir nicht einen tuetel vermoegen recht zu
erfullen aus eignen krefften, und ob wir gleich, nach dem wir Christen sind
worden durch die tauffe und glauben, thun soviel wir koennen, so koennen wir
doch nymer dadurch fur Gott bestehen, sondern mussen jmer zu Christo krichen,
der es alles auffs aller reinest und volkomenst erfullet hat und sich mit
seiner erfullung uns schencket, das wir durch jn fur Gott bestehen und das
gesetz uns nicht schuldigen noch verdamnen kan. Also jsts war, das alles mus geschehen
und erfullet werden bis auff den kleinsten tuetel, aber allein durch diesen
einigen man, davon anderswo gnug jst gesagt.
Hie sihestu wie er drein greiffet und redet nicht jnn gemein
widder geringe leute sondern die aller besten jm gantzen volck, die der rechte
kern und ausbund waren und leuchteten fur andern wie die sonne, das kein
loblicher stand noch ehrlicher name jnn dem volck ware denn der Phariseer und
Schrifftgelerten, und wer einen heiligen man wolt nennen, mueste einen
Phariseer nennen, wie man bey uns einen Cartheuser odder Einsidler genennet
hat, wie es die Junger Christi auch on zweivel selbs gehalten haben, das kein grosser
heiligkeit were zufinden denn bey diesen, und sich nichts weniger hetten [s.
360] versehen, denn das er diese leute solt angreiffen, Noch thar er sie flugs
mit namen nennen und taddelt nicht etliche personen unter jnen sondern den gantzen
stand, straffet auch nicht etliche boese stuck odder sunde sondern jr gerechtigkeit
und heiliges leben so gar, das er jn das himelreich versagt und zuschleusst und
frisch zum hellischen feur urteilet, Gerade als wenn er jtzt sagte: Alle
Pfaffen und Moench und was geistlich heisset, keinen ausgeschlossen, jst ewig
zur helle verdampt mit alle jrem wesen wo es am besten jst. Wer kondte solche
predigt horen odder leiden?
Das jst nu eins, das er bekennet das sie eine gerechtigkeit
haben und ein fein erbar leben furen, und doch so gar verwirfft, das wo sie
nicht besser jst, so jst sie schon verdampt und alles verloren was man damit
ausrichten kan. Zum andern mercke das er handlet von denen, die da gerne wollen
jnn himel komen und jr ernst jst, das sie dencken nach einem andern leben, welchs
der ander grosse rohe hauffe nicht achtet, und nach Gott odder Gottes wort
nicht fraget, denen alles was man vom Euangelio sagt vergeblich gepredigt wird.
Diesen aber wird es gepredigt, das sie wissen, das solche gerechtigkeit falsch
jst, die man saltzen und straffen mus, als damit sie beide sich und andere
betriegen und von der rechten straffe zur hellen furen, und dagegen leuchten,
was die rechte fromkeit jst, so das gesetz foddert, wie Christus nu fortan
zeigen wird.
Hie nimpt er nu etliche von den zehen gepoten fur sich recht
zu verkleren und zeigt an, wie sie die Phariseer und schrifftgelerten nicht
anders geleret noch weiter getrieben und gedeutet haben, denn wie die blossen
wort da ligen und lauten von den eusserlichen groben wercken, Als erstlich jnn diesem
funfften gebot haben sie nicht mehr angesehen denn das wort Toedten, das es
heisse mit der hand tod schlahen, und die leut lassen darauff bleiben, als were
hie nichts weiter verboten, und dazu ein schoenen deckel gemacht, das sie des
todschlags nicht schuldig weren, ob gleich jemand ein andern zum tod antwortet,
wie sie Christum dem heiden Pilato uberantworteten, wolten jre hend nicht mit
blut besuddeln, das sie rein und heilig blieben, so hoch das sie auch nicht jnn
des Richters haus wolten gehen, und doch allein die waren, so jn zum tod
brachten und Pilatum widder seinen willen dahin drungen, das er jn todten
muste. Noch giengen sie hin, als weren sie gantz rein und [Apg. 5, 28] unschuldig,
das sie auch die Aposteln Act .5. darumb straffeten und sprachen: ‘Jr wolt
dieses menschen blut uber uns furen’, Als solten sie sagen: Haben doch nicht
wir sonder die heiden jn getodtet. Also lieset man von dem Konig [1. Sam. 18,
17] Saul 1. Reg. 18, der war David gram und hette jn gerne umb bracht, weil [s.
361] er aber wolt heilig sein, gedacht er, Er wolte jn nicht selbs todten,
sondern unter die Philister schicken, das er daselbs umbkeme und seine hand
unschuldig were an jm.
Sihe das jst die schone Phariseer heiligkeit, die sich kan
rein machen und frum bleiben, wenn sie nur nicht selbs mit der hand todtet, ob
gleich das hertz vol zorn, hass und neids und heimlicher boeser und mordischer
tueck steckt, dazu die zunge vol fluchens und lesterns, Wie auch unser Papisten
heiligkeit jst, welche sind jnn diesem Capitel eitel meister worden, und das
jre heiligkeit nicht gestrafft wurde noch Christus wort sie bunde, haben sie jm
fein geholfen und wol zwelff rethe draus gezogen, das Christus solchs alles nicht
gebotten habe als notig, sondern zu eines jglichen gefallen gesetzt, als einen
guten rat zu halten, wer was sonderlichs fur andern verdienen wil, Das es seyn
gantz ein uberflussige lere, der man wol mochte emperen.
Fragstu sie aber, aus was ursach sie solche rethe draus
machen odder wo mit sie es beweisen, so sprechen sie: Ey wenn man so solt
leren, das hiesse nimis oneratiuum legis Christianae, das jst, es were die
Christenheit zu hoch beschweret, wie die von Paris offentlich und unverschampt
widder mich geschrieben haben. Ja warlich ein schone ursach und grosse
beschwerung, das ein Christen solt seinem nehesten freundlich sein und nicht
lassen jnn noten, wie ein jglicher wolt das jm geschehe, Und weil sie es zu
schweer duncket, mus es nicht gepoten heissen, sondern jnn freyer wilkore
stehen wer es gerne thun wil, wer es aber nicht thun wil odder kan, sol nicht
damit beschweret sein. So sol man Christo jns maul greiffen, sein wort meistern
und daraus machen was uns gefellet. Er wird aber sich nicht so teusschen lassen
noch sein urteil widderuffen, das er hie gestellet und gesaget hat, wer niht
ein bessere frumkeit habe, dem sol der himel zugeschlossen und verdampt sein,
und wie hernach folgt, auch der des hellischen feurs schuldig sein, wer zu
seinem bruder sagt ‘du Narr’, aus welchem wol zu rechnen jst, ob es geraten
odder gepoten sey.
Und hie haben sie auch ein gloslin funden jrer lugen
zuhelffen und sagen also: Es sey wol gebotten den zorn und grol jm hertzen
zulassen, aber nicht die zeichen des zorns, das jst, wie man auff deudsch sagt,
Vergeben aber nicht vergessen, Und einen gedancken tichten, du wollest nicht
zurnen noch boeses thun und doch die weil dem nehesten alle wolthat entzihen,
kein gut wort noch freundlich geberd erzeigen. Hie frage Gott selbs und
Christum, warumb er solche wolthat nicht auch entzeucht denen, die jn
creutzigen, lestern und schmehen auffs aller schendlichst, sondern bitten fur
sie und spricht: Vater vergib jn, denn sie wissen nicht was sie thun, ob sie
wol die schendlichsten [s. 362] buben sind, die alle straff und zorn verdienet
hetten. Ja solt er mit uns so gezurnt haben, die wir seine feinde gewesen sind
und alle abgotterey und Gottes lesterung getrieben haben, so hette er mussen
droben jm himel bleiben, nicht fur uns sein blut vergiessen und sterben und dem
gloslin nach sagen: Jch wil wol vergeben aber nicht vergessen. Jnn des weren
wir alle des Teuffels eigen blieben und hette kein mensch der helle mogen
entlauffen. Kurtz es jst gantz ein schendlich verdampt gloslin und wol sund und
schand, das jnn der Christenheit jemand hat solches thuren leren widder so
hellen offentlichen text, noch haben sie alle bucher vol solcher lugen
geschmiret und wollens noch jtzt dazu unverschampt verteidingen, Aber hiebey
sollen wir sehen und lernen kenne unsere Phariseer und heuchler mit jrer
grossen heiligkeit, so sie furgeben mit vielen sonderlichen wercken, aber die
weil Gottes gebot on alle schew ubertretten und ander leut auch also leren, wie
sie Christus hie und anders wo abmalet.
Wol jsts war das man zurnen mus, so es die thun, die es thun
sollen, und der zorn nicht weiter gehe denn die sund und boeses zustraffen, als
wenn einer den andern sihet sundigen, vermanet und warnet jn, das er davon abstehe
&c.. das heisset ein Christlicher und bruderlicher, ja ein veterlicher
zorn, Denn so sihestu an frumen eltern, das sie jre kinder nicht so straffen,
das sie jn wollen leid odder schaden thun, sondern das dem boesen gesteurt und das
ubel weg gethan werde, wie auch die oeberkeit zurnen und straffen mus. Hie jst
es wol recht das man kein zorn jm hertzen haben sol und doch zornige zeichen
und geperd furen mus, da beide word und faust rauch und scharff seind, aber das
hertz susse und freundlich bleibet und von keinem grol weis. Summa, Es jst der
liebe zorn, der niemand kein boeses gunnet, sondern der person freund aber der
sunde feind jst, wie auch einen jglichen die natur leren mag, Aber das gilt
nicht, das man solchs zum deckel misbrauchen und grol und neid jm hertzen gegen
dem nehesten darunter berge und schmucke, wie jene schalcksheiligen thun und
leren.
Also nimpt nu Christus dis gebot fur sich und wil so sagen:
So habt [2. Mose 20, 13] jr gehoret von den Phariseern, wie Moses geboten und
von alters her so geleret jst ‘Du solt nicht toedten’ &c.. Damit kutzelt
und schmucket jr euch, gehet erein als die vleissig Gottes gebot leren und
uben, wie sie aus Mose gelert und von den alten empfangen haben, stehet und
pochet darauff: Da jst Moses, der spricht ‘Du solt nicht todten’, Auff dem wort
bleibet jr und lassets nicht weiter deuten, denn wie es auffs grobste da
lautet, das die einfeltigen mussen sagen: Es jst war, es stehet also da jm
buch. Verfinstert also [s. 363] die wort mit ewerm geplerr und faulen gloslin,
das man nicht sehe was die wort jnn sich haben und geben, Denn meinestu, das er
allein von der faust rede, wenn er sagt ‘Du solt nicht todten’? Was heisset
‘Du’? nicht allein deine hand noch fus, zunge noch ein ander einzelen gelied,
sondern alles was du bist an leib und seele, Eben als wenn ich zu jemand sage:
Du solt das nicht thun, so redet jch nicht mit der faust sondern mit der
gantzen person, Ja wenn ich gleich so sagte: Deine faust sols nicht thun, so
meine jch doch nicht die hand alleine sondern den gantzen menschen des die
faust jst, Denn die hand wurde allein nichts thun, wo nicht der gantze leib mit
allen geliedern dazu theten.
Darumb jsts soviel gesagt ‘Du solt nicht toedten’, als ob er
sagte: So manch gelied du hast, so mancherley weise du finden magst zu toedten,
es sey mit der hand, zunge, hertzen odder zeichen und geberden, saur ansehen
und das leben vergonnen mit den augen odder auch mit den ohren, wenn du nicht gerne
horest von jm reden, Das heisset alles getoedtet, denn da jst hertz und alles
was an dir jst so gesinnet, das es wolt were schon tod. Und ob gleich die weil
die hand stil helt, die zunge schweiget, augen und ohren sich bergen, doch
steckt das hertz vol mords und todschlag.
Sihe das jst das rechte liecht, so den rechten verstand
dieses gepots zeigt, und Mose unter augen sihet, dagegen jre faule glose zu
schanden wird als eine finster latern gegen der hellen sonnen, Und leuchtet nu
mit einer andern gestalt, das sie hernach sich druber entsetzen und sagen, das
heisse gewaltig geleret, nicht wie jre Schrifftgelerten. Wie wol aber die
auslegung klar gnug jst und sonst offt gehandelt, mussen wir doch hie umb des
texts willen die wort ein wenig ausstreichen. Zum ersten sagt er: Wer mit
seinem bruder zurnet, jst schuldig des gerichts, das jst er hat eben die
selbige straffe verwirckt, die uber einen todschleger gehet, nemlich das man jn
zum tod [3. Mose 24, 17] urteile, Denn er widderholet eben die wort so jm text
stehen Leuit .24. (wie er jtzt selbs anzogen hat) ‘Wer da todtet sol des
gerichts schuldig sein’ Weil nu der so da zurnet eben jnn dasselbige urteil
fellet, so heisset er billich auch ein todschleger: Jm andern und dritten ‘Wer
zu seinem bruder sagt Racha odder du Narr, jst des Rats und des hellischen
feurs schuldig’, deutet er eben dasselbige, was da heisse des gerichts schuldig
sein, nemlich, das er schuldig jst, das er widder getodtet werden.
Er nennet aber dreyerley stuck anzuzeigen, wie die straffe
jhe grosser und herter wird, jhe mehr die sunde fort feret und ausbricht, Denn
er [s. 364] redet gleich wie es fur gericht zugehet, wenn man einen ubeltheter
straffen sol, Als nemlich wer einen todschlag gethan hat, der jst erstlich
schuldig des gerichts, das jst das man jn furstelle, zu jm klage und ein urteil
uber jn felle, als der den tod verwirckt hat. Das jst der erste grad odder
stuffe zum tode, doch jst das urteil noch nicht gangen, das er noch mag rawm
haben sich aus zureden und los zu werden, Zum andern: wenn aber das urteil gesprochen
jst, das er sterben sol, so fellet er jnn den Rat, das man uber jn ratschlahe,
was man jm fur straffe anlegen sol, da jst er abermal dem tod neher, das er nu
nicht entgehen kan. Zum dritten: wenn das urteil nu gangen und alles
beschlossen jst, wird er dem scharffrichter uberantwortet, das er jn hinfure
und sein recht thue. Also zeiget er mit diesen dreyen stuffen, wie man tiffer
und tiffer jnn die straffe fellet, gleich wie der da sol hingerichtet werden
jmer neher und neher zum tode kompt. Darumb jsts eben soviel gesagt: Wer da
zurnet jm hertzen jst schon fur Gottes gericht des todes schuldig, Wer aber
weiter feret und sagt Racha odder du Narr, hat schoen das urteil uber sich
selbs empfangen &c.. Summa der jst schon verdampt zum hellischen feur, wer
da mit seinem bruder zurnet, Wer aber sagt Racha gehoret noch tieffer jnn die
helle, Noch tieffer aber der auch mit worten und der faust todtet. So jst es
alles eine straffe und verdamnis und doch die selbige schweerer und herter,
darnach die sunde weiter gehet und stercker ausbricht.
Was aber Racha heisset jst sonst gesagt, das es deute
allerley zeichen, so man beweiset aus zorn gegen dem nehesten, als wenn einer
maul und augen von jm wendet odder frolich jst und jnn die faust lachet, wenns
jm ubelgehet, odder sich sonst so erzeiget, das er jm wol gonne das er gar
verdorben were, Wie jtzt solcher gifftigen bosen wurme viel sind, die sich
widder uns auffs aller bitterst erzeigen beide offentlich und mit heimlichen
pracktiken und verretherey, als die nichts liebers horeten, denn das wir alle
ausgerottet weren, und doch daher gehen als heilige Christliche leut.
Das ander, ‘Du Narr’, sind nicht allein die zeichen sondern
alle wort, so aus einem boesen gifftigen hertzen gehen, das dem nehesten feind
jst, Sonst wo es aus gutem muetterlichen hertzen gehet, jst es keine sund, Denn
do mag [Gal. 3, 1] man wol straffen und schelten mit worten, wie S. Paulus
seine Galater [Luk. 24, 25] Narren heisset, und Christus zu den jungern sagt ‘O
jr thoren und treges hertzen zugleuben’, Ja nicht allein das, sondern mus auch
zurnen und sich saur und unfreundlich stellen mit geberden. Denn solchs jst
alles ein Goettlicher zorn und verdries widder das boese, nicht wider die
person sondern dem nehesten zuhelffen, Summa es jst ein noetiger zorn, des man
jm keinem haus noch jnn keiner stand und oeberkeit, ja auff keinem predigstul
emperen [s. 365] kan. Denn solt vater, mutter, richter und prediger das maul
und die faust zuhalten und dem boesen nicht weren noch steuren, so gienge
regiment und Christenheit und alles zu boden durch der welt bosheit. Drumb
heisst es hie also: Der sachen feind und doch der person hold, wie die Juristen
wol recht sagen, wenn sie es auch recht brauchten.
[Matth. 5 22. 24] Darumb wenn du deine gabe auff den altar
opferst und wirst alda eindencken, das dein bruder etwas widder dich habe, so
las alda fur dem altar deine gabe und gehe zuvor hin und versune dich mit
deinem bruder und als denn kom und opfer deine gabe.
Er machet eine lange predigt uber diesem gepot und jst wol
ein leichter text anzusehen, aber seer ein weitleufftig gemein laster,
furnemlich bey hohen gewaltigen klugen leuten, als zu Koenige, herrn und
Fursten hoefen, und was etwas jst odder vermag auff erden, steckt darin am
aller tieffsten und mus doch nicht den namen haben, Denn es jst auch das aller
schoenest und keines das sich so hubsch putzen und schmucken kan mit dem schein
der heiligkeit, darunter viel leut sich und andere betriegen und sehen nicht
wie sie dem nehesten von hertzen feind sind odder einen heimlichen grol widder
jn tragen, wollen gleichwol frum sein, dienen Gott und, wie er hie sagt, gehen
zum altar und opffern, meinen sie seien recht wol dran. Das machet, der schmuck
und schoene deckel jst da, der da heisset zelus justiciae, eine solche tugent
die das recht lieb hat und widder das boese zurnet und kans nicht leiden, Wie denn
das schwerd und oeberkeit dazu geordnet jst, das sie sol gerechtigkeit
handhaben und das boese straffen, wie auch vater und mutter, herr odder fraw mussen
zurnen und straffen, Da kompt nu der frume schalck, henget dasselb mentelin
umb, spricht, er thu es aus liebe zur gerechtigkeit und habe recht und billiche
ursach dazu, Wie jtzt Fursten und andere vol gifft, hass und neid stecken
widder die unsern, gehen jnn dem selben so hin, machen in kein gewissen und jst
alles eitel ablas und heiligthum, Denn sie haben auch den schonen deckel, das
sie sagen, sie seyen der ketzerey feind, und mus also ein grosse tugend draus
werden, ein heiliger eiver und liebe zur warheit, und jst doch jm grund nichts
denn ein schendlicher gifftiger hass und grol, der sich sonst nicht beweisen
und aus lassen kan.
Denn jch weis und thar wol sagen, das alle unser widerpart
(ausgenomen unsern lieben Herrn Keiser fur seine person, als der nicht besser unterrichtet
ist) keine ursach haben noch wissen darumb sie uns hassen und feind sind, denn
lautern neid und mutwillen, Denn es jst jn nicht zu thun umb einiges boesen
stucks willen, das wir buben odder schelcke weren odder [s. 366] jnen etwa mit
zu nahe weren, so wissen sie auch und habens mussen bekennen das unser lere die
rechte warheit jst, noch sind sie so gifftig, das sie lieber die welt vol eitel
verzweivelten buben leiden mogen denn uns und die unsern.
Also sind viel, auch feiner ehrlicher, gelerter und sonst
rechschaffener leut, die so jnn heimlichem zorn, neid und hass gehen und drinn
versauren, das sie es nimer gewar werden, und bleiben alle jnn dem gemachten
gewissen, sie thuns von jres ampts odder der gerechtigkeit wegen, Denn der
deckel jst zu schoen und blendet zu seer, das sie niemand thar anders schelten
denn rechtschaffene frome leute. Da werden denn zuletzt verstockte hertzen aus,
die sich stercken und verharten jnn dem gifftigen laster, und eine sunde jnn
den heiligen geist, Denn es jst ein zwifeltige boesheit, ein mal das des herzen
grund vol zorns hass und neids jst, Zum andern das es nicht wil sund noch boese
sein, sondern sol tugend heissen, welches heisset Gott jns maul geschlagen und
lugenstraffet jnn seinem worten.
Sihe darumb warnet Christus so vleissig, das ein jglicher
hie sich wol fursehe, das er sich nicht betriege mit solcher heucheley und
falschem schein, Denn niemand gleubt wie es so ein einfeltige lere jst und doch
so weit gehet und so grosse leute trifft, Denn mit diesen worten, als er
spricht ‘Wenn du deine gabe auff den altar opfferst’, zeiget er klerlich, das
er von denen rede, die da Gott dienen und die rechten Gottes kinder wollen sein
und haben das lob, das sie der ausbund sind fur allen, Was mangelt jn denn?
nichts, denn das gleich wol die weil jr hertz vol hass und neid steckt. Lieber,
was jsts, das du on unterlas fastest und betest, gebest all dein gut umb Gottes
willen und casteyest dich zu tod und thetest noch eins soviel gute werck als
alle Cartheuser und lessest die weil Gottes gepot anstehen, das er wil gehalten
haben, Nimpst dir kein gewissen, das du die leut schendest und lesterst, und wilt
gleiwol ein gros offer thun? gerade, als wenn einer krig und mord angerichtet
und viel blut vergossen, darnach ein tausent gulden fur sie gibt zu seelmessen,
odder wenn jemand ein grosse summa gelds gestolen und geraubt, darnach ein
almosen umb Gottes willen gebe. Also teuschen sie Gott (ja sich selbs) mit dem
schoenen hutlin, als sol er sie fur lauter lebendige heiligen ansehen.
Darumb spricht er nu: Wiltu Gott dienen und opffern und hast
jemand beleidigt odder einen zorn widder den nehesten, so wisse kurtz umb das
Gott deines opffers nicht haben wil, sondern leg es schlecht nidder und las
alles anstehen und gehe vor hin und versune dich mit deinem bruder. Damit meinet
er nu alle werck so man thun kan Gotte zu dienst odder lob (Denn zu der zeit
war kein besser werk denn opffern) und verwirffts doch gar, heissets schlechts
lassen ligen, es sey denn das dir dein hertz vorhin sage, du [s. 367] seiest
versunet mit dem nehesten und keinem zorn bey dir wissest. Wenn das geschehen
jst, so kom denn (sagt er) und bringe dein opffer. Das setzet er dennoch dazu,
das man nicht dencke, er wolle solch opffer verwerffen odder verachten, Denn es
jst nicht ein boes werck gewesen sondern von Gott geordnet und gebotten, Aber
das jst boese und verderbt es gar, das sie die andern hoehern gebot jnn wind
geschlagen und dagegen verachtet, Das heisset des opffers misbrauchet widder
den nehesten.
Daruber jst auch ein misbrauch, der hoher gehet, das man
dadurch wil selig werden, sunde buessen und sich darauff verlassen und trotzen
fur Gott, davon anders wo gesagt wird, Sonst jst es an jm selbs ein gut werck, wie
auch alle ander werck eusserlichs Gottes diensts als beten und fasten nicht zu
verachten noch nach zulassen sind, wo die meinung und brauch der selbigen recht
jst, nemlich das mans nicht thu dadurch den himel zuverdienen und das hertz
recht stehe mit dem nehesten, Und also beide, glaube und liebe, rein und recht
gehe, Wenn du aber betest und fastest und doch daneben deinem nehesten ubel
redest, die leut austregest und verleumbdest &c.. so spricht wol das maul heilige
wort und jsset keinen bissen, wesschet aber und verunreinigt sich die weil mit
dem nehesten widder Gottes gebot.
[Jes. 58, 3–5] Drumb straffet und verbeut er auch jm
Propheten Esaias .58. solch fasten, damit sie doch jrem leibe wehe thaten und
grosse andacht fur gaben, Und spricht: Wenn jr fastet, so ubet jr ewern willen
und treibt alle ewer schuldiger, Jr fastet, das jr haddert und zanckt, und
schlahet mit der faust ungoettlich, Fastet nicht also, wie jr jtzt thut, das
ein geschrey von euch jnn der hohe gehoeret werde &c.. Und leret weiter wie
man recht fasten sol: ‘Das [Jes. 58, 6] jst ein fasten, das jch erwele, Las los
welche dir mit unrecht behafft sind, [Jes. 58, 7] las ledig die du beschwerest
&c.. brich dem hungerigen dein brod, so du einen nacket sihest, so kleide
jn’ &c.. Da sihestu wie es jm alles zu thun jst umb die liebe des nehesten.
Jm vorigen text hat er dem gepredigt, der dem nehisten
beleidigt odder erzurnet hat, hie aber sagt er, wie sich der sol halten, der da
beleidigt jst, Und furet noch das gleichnis, als er hat angefangen, wie es fur
gericht gehet, da zwey teil gegenander stehen und einer klagt, der ander verklagt
wird und der Richter das urteil spricht und das teil so schuldig jst straffet,
Und jst nicht anders denn soviel gesagt, das wer den andern beleidigt, sol sich
freundlich [s. 368] mit jm versunen, der ander aber sol sich versunen lassen
und gerne vergeben. Das jst nu auch ein subtil stuck und konnen hie auch viel
leut den schalck aus der massen fein decken und schmucken, damit das sie sagen,
sie wollens gerne vergeben aber nicht vergessen, Denn es jst jmerdar der
behelff da, davon jch gesagt habe, das der zorn billich sey widder das boese,
und meinen, sie habens gut ursach und sey recht und wol gethan.
Darumb warnet er hie abermal und zeigt das jnn dem gepot
nicht allein verpoten jst zu zurnen sondern auch gepoten das man gerne vergebe und
vergesse was einem zu leid geschehen jst, wie Gott mit uns gethan und noch
thut, wenn er die sunde vergibt, das er sie gar aus dem register tilget und
nimer mehr gedencket. Doch nicht das mans muesse odder koenne der massen
vergessen, das man nicht mehr daran dencken durffte, sondern also das du eben
so freundlich hertz gegen dem nehesten tragest wie zuvor, ehe er dich beleidigt
hatte, Bleibt aber der stifft jm hertzen, das du nicht so freundlich und gutig
bist gegen jm als vor, so heist es nicht vergessen, auch nicht von hertzen
vergeben, und bist noch eben der schalck, der fur den altar kompt mit dem
opffer und wil Gott dienen und steckt doch voll zorns, neid und hass jm hertzen.
Aber das achten gar wenig leute, gehen alle hin jnn der schoenen larven, sehen
nicht wie jr hertz stehet gegen diesem gepot, welchs kurtzumb keinen zorn noch
grollen widder den nehesten leidet.
War jsts, wie gesagt, das zorn mus und sol sein, aber da
sihe zu, das er gehe wie er gehen sol und dir befolen sey, das du nicht von
deinen wegen sondern von ampts und Gottes wegen mussest zurnen und nicht die
zwey, deine person und ampt, jnn einander mengest, Fur deine person soltu mit niemand
zurnen, wie hoch du beleidigt bist, Wo es aber dein ampt foddert, da mustu
zurnen, ob dir wol fur deine person kein leid geschehen jst. Also zurnet ein
fromer Richter uber den ubeltheter, dem er doch fur seine person kein boeses
goennet, und wolt jn lieber ungestrafft lassen und gehet aus einem hertzen, da
nichts denn eitel liebe jst gegen dem nehesten, und allein die boese that mus
den zorn tragen, die man straffen mus; wo das nicht were, so were kein zorn
noch straffe da. Wenn aber dein bruder etwas widder dich gethan und dich
erzurnet hat und bittet dirs abe und legt das boese werck abe, so sol auch der
zorn weg gehen. Woher kompt denn der heimliche grol, den du gleichwol jm herzen
beheltst, so doch das werck und ursach des zorns hinweg jst und dafur nu ander
werck erzeigt, als der sich bekert und nu gar ein ander mensch und ein newer
bawm jst worden mit newen fruechten, der dich nu liebet und ehret auffs aller
hochste, damit das er sich gegen dir beschuldigt und selbs straffet, Und must
fur Gott und aller welt ein verzweiffelter mensch [s. 369] sein, wo du nicht
widderumb dich gegen jm so erzeigest und von hertzen vergibst, Das dir billich
solch urteil widderferet, wie Christus hie drewet.
Ergert dich aber dein rechtes auge, so reiss es aus und
wirffs von dir, Es jst dir besser, das eines deiner gelied verderbe, und nicht
der gantze leib jnn die helle geworffen werde; Ergert dich deine rechte hand,
so hawe sie abe und wirff sie von dir, Es jst dir besser das eins deiner gelied
verderbe, und nicht der gantze leib jnn die helle geworffen werde.
Das jst aber ein stuck saltzes widder der Phariseer lere,
darin handelt er zweyerley, Zum ersten vom ehebruch, darnach vom scheiden. Vom
ehebruch hatten sie es gedeutet gleich wie das funffte gebot und so geleret, es
were nicht mehr verboten denn wo ein ehebruch mit der that geschehe, Und
hieltens nicht fur sunde, ob sie gleich jm hertzen entbrand weren mit boeser
lust und liebe gegen einer andern und auch auswendig mit unhubschen worten und schamparn geberde sich erzeigten, und schadet
jn nichts an jrer heiligkeit, wenn sie nur sonst gute werck theten, vleissig
opfferten und beteten &c.. Das heisset nicht Gottes gebot geleret, sondern
gar verkeret, und nicht die leut from gemacht, sondern nur erger, rawm und
urlaub geben zu allerley sund und unzucht. Aber hie horestu einen andern
meister, der solche jre heiligkeit zu sunden und schanden macht und recht jnn
dis gepot leuchtet und schleusset, das ehebruch
auch wol mit augen, oren, mund, ja allermeist mit dem hertzen geschihet,
als wenn man ein weib ansihet odder mit jr schertzet, ja an sie gedencket mit boeser lust.
Nu sihe wie es mus gestanden haben jnn diesem volck und was
Christus fur leute funden hat, weil nicht allein der grosse gemeine hauff,
sondern die so andern leuten furstunden, leren und regiren solten, solchs nicht
allein einreumen, sondern auch selbs thun und die ursach stercken zum ehebruch
und dennoch wollen from gescholten sein, wenn sie nur nicht offentlich mit der that
die ehe brechen, Wie wol zwar gut zu rechen jst, wie from und keusch die leut
des wercks halben bleiben, wo man soviel einreumet und so weit kompt, das das
hertz voller brunst steckt und dazu eraus bricht mit allerley zeichen, worten
und geberde gegen einander. Was kan hie anders folgen denn auch das werck, wo
man nur raum hette? odder was jst er darumb deste fromer, ob er gleich das
werck lassen mus, das er gerne thun wolte und on unterlas jm hertzen darnach
brennet, Gleich als ein schalck kan wol seinem [s. 370] herrn den tod
wuendschen, ob er gleich jm kerker gefangen ligt, und wolt jn gerne selbs
erwurgen, wenn er nur dazu komen kuende: solt man jn darumb nicht ein moerder
heissen odder noch from schelten?
Sprichstu aber: Wenn das war jst das auch mit einem ansehen
die ehe gebrochen kan werden, wie sol man denn thun? es muessen ja beide mans und
weibs personen unter einander leben und teglich umbgehen, odder sol man aus der
welt lauffen odder oren und augen austechen und das hertz weg reissen lassen?
Antwort: Christus verbeut hie nicht, das
man unternander leben, essen, trincken, ja auch lachen und frolich sein solle,
das jst alles noch on schaden, wenn nur das stueck davon bleibt, das da heisset
Jr zubegeren. Zwar die Jueden wollen jm damit helffen, das sie sagen, es
sey nicht suende, ob man ein andere lieb habe mit gedancken und zeichen, gleich
wie sie nicht fur suend achten mit dem nehesten zurnen und jm hertzen feind sein,
auff das man nicht muesse das gantze volck und soviel heiliger leute verdamnen,
als weren sie eitel moerder und ehebrecher. Drumb mussen sie diesen gepoten
eine nasen machen, das mans nicht solle so streng deuten, sondern wie unsere
gelerten gesagt, es muegen wol gute rete sein fur die volkomenen, aber niemand
damit verbunden, Und daraus so weit gefaren sind, das auch viel druber disputiren und zweiveln, ob ein schlechter
fall mit einem huerlin ausser der ehe auch sunde sey, Und jst zwar jtzt jnn
Welschland bey vernunfftigen leuten eine ehre, das man auch die schir fur
heilig achtet, die es da bey bleiben lassen. Widderumb aber sind etliche, die
es all zu eng gespannet haben und so gar
heilig wollen sein, das sie auch das ansehen verboten und geleret alle
geselschafft man odder weibs personen zu meiden. Daher komen die
trefflichen heiligen, die aus der welt jnn die wuesten und Cloester gelauffen
sind, das sie sich alles sehens und horens, handels und gemeinschafft der welt
entschluegen.
Christus aber setzet auff
beiden seiten das widderspil, wil nicht Gottes gepot so drehen lassen und
der sache so raten, das man den zawm lasse zur unzucht und bueberey, Denn er
sagt mit klaren und durren worten das wer ein weib mit boser lust ansihet, der
sey ein ehebrecher, und urteilet jn dazu [Matth. 18, 9] zum hellischen feur,
als er spricht, Es sey besser das man das auge ausreisse, denn das der gantze
leib jnn die helle geworffen werde. So wil er solcher heiligen auch nicht, die
von den leuten lauffen, Denn wo das solt gelten, so durffte man der zehen gepot
nichts uberal, Denn wenn jch jnn der wusten von allen leuten gesondert bin, so
darff mir niemand dancken das jch nicht ehebreche, todschlage noch stele, und
meine doch die weil, jch sey heylig und den zehen gepoten weit entlauffen, die
doch darumb von Gott [s. 371] gestellet sind, das er uns lere wie wir jnn der
welt gegen dem nehesten recht leben sollen.
Denn wir sind nicht so
geschaffen, das wir sollen von einander lauffen, sonder mit und bey einander
leben, guts und boeses leiden. Denn weil wir menschen sind, mussen wir auch
allerlay menschlich unglueck und den fluch der uber uns jst gangen, helffen
tragen und uns so rusten, das wir unter boesen leuten konnen wonen, das ein
jglicher da seine heiligkeit beweise und sich nicht lasse ungedultig machen,
das er davon fliehe, Denn wir mussen doch auff erden leben wie unter disteln
und dorn, jnn solchem wesen, das vol anfechtung, widderstands und unfal jst. So
hastu dir auch nichts damit geholffen, ob du gleich von den leuten bist
gelauffen und doch den selben schalck bey dir tregst, das jst die brunst und boese lust so jm fleisch und
blut steckt, Denn du kanst doch nicht dein vater und mutter leugnen, ob du
gleich allein und verschlossen bist, noch dein fleisch und blut von dir werffen
und ligen lassen. Es heist nicht den fus weg rucken und davon fliehen, sondern darinn
bleiben, ritterlich stehen und kempffen
widder allerley anfechtung und mit geduld hin durch reissen und siegen.
Darumb jst Christus ein rechter Meister, der leret dich
nicht von leuten lauffen noch die stet wechseln, sondern dich selbs angreiffen und das auge odder die hand so dich ergert
von dir werffen, das jst die ursach zu
suendigen weg nemen, welchs jst die boese lust und begirde, die jnn dir selbs
steckt und aus deinem eigen hertzen koempt. Wo die selbige aussen bleibt,
so kanstu wol on sunde unter den leuten sein und mit jderman umbgehen. Darumb
spricht er deutlich (wie gesagt): Wenn du ein weib ansihest jr zubegeren, so
hastu die ehe gebrochen im hertzen. Das
ansehen verbeut er nicht, denn er redet zu denen, die jnn der welt unter
den leuten leben mussen, wie die gantze vorige und auch folgende predigt dis
Capitels gnugsam anzeigt, Das wil er
aber, das man das ansehen und begeren von einander scheide. Ansehen magstu wol
ein jglich weib odder mans bild, aber da sihe zu, das nur das begeren davon
bleibe, Denn da zu hat Gott geordnet, das
ein jglicher sein ehelich weib odder man habe, das er daselbs sein lust und
begirde hafften und wenden lasse. Kanstu dabey bleiben, das gonnet er dir
wol, spricht dazu seinen segen druber und lessets jm gefallen als sein ordnung
und geschefft, Aber das du wilt weiter faren, lessest dir nicht gnuegen an dem
das dir Gott geben hat, der du begeren solt, und nach andern gaffest, so hastu
schon zu weit griffen und die zwey unternander gemengt, das auch das ansehen
durch das begeren verderbt wird.
Das jst auch die groste ursach des ehebruchs, die alzeit mus
zuschlahen, das man nicht Gottes wort
ansihet an seinem gemahl, als das jm Gott gibt [s. 372] und segnet, sondern
die weil die augen auffsperret, wo man ein andere sihet. So hengt denn bald das hertz den augen nach, das auch die lust und
begird da zu schlegt, die jch allein zu meinen weib haben solt, So jst fleisch
und blut on das furwitzig, das es des bald uberdruss wird und nicht mag was es
hat, gaffet jmer nach eim andern und bleset der Teuffel zu, das man an seinem
gemalh nichts sihet denn was gebrechlich jst, und aus den augen setzet was gut
und loblich ist, Daher kompts denn, das ein jgliche schoner und besser jst jnn
meinen augen denn die meine, Ja mancher sich lesset so blenden, der ein recht
schon frum weib hat, das er jr gram wird und sich henget an einen scheuslichen,
schendlichen balg.
Darumb were das die rechte kunst und sterckste wehre dawidder
(wie jch anders wo weiter gesagt habe von der hochzeit und ehelichem leben)
wenn ein jglicher lernete sein gemalh
recht ansehen nach Gottes wort, welchs jst der theurste schatz und schonste
schmuck, so man an einem man odder weib finden kan, und sich darein spigelte,
so wuerde er sein gemalh wol lieb und werd haben als ein Gottlich geschenck und
kleinod und so dencken, wenn er ein andere sehe (ob sie gleich schoner were
denn seine): Jst sie schon, so jst doch nicht allzu schon, und wenn sie die
aller schonste auff erden were, so hab jch doch daheim viel ein schonern
schmuck an meinem gemalh, so mir Gott geben und mit seinen wort gezieret hat
fur allen andern, ob sie auch gleich von leib nicht schon oder sonst
gebrechlich were, Denn wenn ich alle weiber jnn der welt ansehe, so finde ich
keine von der ich rhuemen kund, wie ich von meiner mit frolichem gewissen sagen
kan: Diese hat mir Gott selbs geschenckt
und jnn die arm gegeben, und weis das jm sampt allen Engeln hertzlich
wolgefellet wenn ich mich mit liebe und trewen zu jr halte, Warumb wolte ich
denn solch koestlich Goettlich geschenck verachten und mich an ein andere
hengen, da ich solchen schatz und schmuck nicht finde?
Sihe also kunde ich wol alle weibs bilde
ansehen und mit jn reden, lachen und frolich sein, das dennoch die lust und
begirde davon bliebe, Und keine mir so schon und lieb lassen sein, das jch
widder Gottes wort und gepot thun solte, Und ob jch gleich von fleisch und blut
angefochten wurde, doch nicht bewilligen musste noch mich uberwinden lassen,
sondern ritterlich dagegen fechten und siegen durch Gottes wort. Und also jnn der welt leben, das mich keines bosheit boese
und keine reitzung zum ehebrecher machen kuende. Weil man aber solch Gotes wort
nicht sihet noch achtet, jsts leichtlich geschehen das einer seines gemalhs
uberdrus und jm gram wird und ein ander lieber gewinnet und der lust und
begirde nicht widderstehen kan, Denn er kan die kunst nicht das er sein gemalh
kund recht ansehen nach der schone und [s. 373] schmuck, damit sie jm Gott
bekleidet hat, sihet nicht weiter denn den augen nach, wie jn sein weib
ungestalt odder gebrechlich und ein andere schoener und besser duencket. Also
verstehestu, wenn das ansehen suende odder nicht suende sey, nemlich das man
nicht ein andere ansehe wie ein jglicher sein weib ansehen sol.
Doch mus mans hie auch nicht so enge spannen,
ob gleich jemand angefochten wird und fulet das sich solche lust und begirde zu
einer andern etwa reget, das er darumb solt verdampt sein, Denn jch habe offt
gesagt das nicht mueglich jst jnn fleisch und blut on suendliche boese neigung
zuleben, nicht allein jnn diesem stuck sondern auch widder alle gebot. Darumb
haben hie die Lerer ein solchen unterscheid gesetzt, dabey jchs auch lasse
bleiben, das ein schlechter gedancken on bewilligung sey nicht eine toedsunde. Es jst nicht mueglich, wenn dich einer beleidigt hat, das
nicht das hertz solt fulen odder bewegt werden und anheben zuwallen sich
zurechen, aber das jst noch nicht verdamlich, wenn es nur nicht beschleusst und
jm fursetzt schaden zu thun, sondern solcher reitzung widderstehet. Also auch
jnn diesem fall das der Teuffel nicht solt konnen jns hertz schiessen mit
boesen gedancken und lust, jst nicht mueglich zu weren, aber da sihe zu, das du solche pfeil nicht stecken und einwachsen
lassest, sondern bald widder aus reissest und weg werffest, Und thuest wie
vorzeiten ein alt vater hat geleret und gesagt: Jch kan nicht weeren, das mir
kein vogel uber den kopff fliege,
aber das kan jch wol weeren, das sie mir nicht jm har nisten odder die nassen
abbeissen. Also stehet nicht jnn unser macht diese odder andere anfechtung zu
weren, das uns nicht gedancken einfallen, wenn
mans nur beym einfallen bleiben lesset, das man sie nicht einlasse, ob sie
gleich anklopffen, und weere das sie nicht einwurtzeln, damit nicht ein fursatz
und bewilligung draus werde. Aber nichts weniger jst es gleichwol suende, doch jnn die gemeine
vergebung gefasset, weil wir nicht jm fleisch konnen leben on grosse stuck
von sunden und ein jglicher mus seinem [Röm. 7, 18] Teuffel haben, wie auch S.
Paulus klagt Ro. 7. uber die suende die jn jm wonet, und sagt, das er jnn
seinem fleisch nichts gutes funde &c..
Das aber etliche hie disputirt haben und so
genaw gesucht obs auch suende sey, wenn einer ein weib zur ehe begeret odder
widderumb einen man, jst nerricht und beide widder die schrifft und natur
gefragt, Denn wenn solten die leut ehelich werden, wenn sie nicht lust und
liebe zusamen hetten? ja darumb hat Gott solche brunst braut und breutgam eingegeben,
soenst wurde jderman den ehestand fliehen und meiden. So hat er auch jnn der
schrifft gepoten beide man und weib, das sie ein ander lieb haben sollen und
zeigt das er grossen gefallen daran habe, wenn sich man und weib wol begehen. Darumb
mus warlich solche lust und liebe nicht aussen bleiben und darff [s. 374] auch
wol gelucks und genade, das sie nur lang wehre, Denn es schlegt on das ungluck
zu beide vom fleisch, das bald dis stands uberdrus wird und teglich ungemach,
so sich darinn begibt, nicht tragen wil, und auch vom Teuffel, ders nicht leiden kan, wo er sihet das zwen eheleut sich mit
rechter liebe gegenandern halten, und nicht feiret, bis er ursach zu ungeduld,
zwitracht, hass und bitterkeit unter jn erwecke, Also das nicht allein not
sondern auch schweer und allein der
Christen kunst jst sein weib odder man recht
lieb haben, das eines des andern gebrechen und allerley zufellig ungluck trage.
Jnn der erst gehets wol so an, das sie ein ander (wie man sagt) fur liebe
fressen wollen, Aber wenn der furwitz aus jst, so jst der Teuffel da mit dem
uberdrus und wil dir hie die lust al zu seer nemen und anders wo all zu seer
anzunden.
Das sey kurtzlich von der lust und begirde gesagt. Was sol
man aber dazu sagen das Christus so hart spannet und heisset das auge
ausreissen und die hand abhawen, wenn sie uns ergert? Sol man sich denn selbs
verderben, lam und blind machen? so musten wir uns auch des lebens berauben und
ein jglicher ein morder an jm selbs werden, Denn solten wir alles was uns ergert
wegwerffen, so muesten wir zu erst das hertz ausreissen, Aber was were das
anders denn die gantze natur und Gottes geschepffe vertilget? Antwort: Hie
sihestu klar das Christus jnn diesem gantzen Capitel nichts redet von
weltlicher ordnung und wesen, und das alle solche spruche, so hin und wider jm
Euangelio stehen (als sich selbs verleugnen, seine seele hassen, alles verlassen
&c.) gar nicht jns weltlich odder Keisers regiment gehoren odder nach dem
Sachsenspiegel zuverstehen sind, wie die Juristen heissen augen ausstechen, hand
abhawen und dergleichen. Wie kund sonst dis leben und regiment bestehen?
Sondern sind allein von geistlichem leben und wesen gered, da man nicht
eusserlich am leibe fur der welt, sondern jm hertzen fur Gott augen und hand
von sich wirfft, sich selbs und alle ding verleugnet und verlesst, Denn er
leret nicht die faust odde schwerb furen noch leib und gut regieren sondern
allein das hertz und gewissen fur Gott. Darumb muss man seine wort gar nicht
jns Recht buch odder weltliche regiment zihen.
[Matth. 19, 12] Auff diese weise redet er auch Matth .19.
vom verschneiten, da er dreyerley verschniten odder Eunuchos setzet: Die ersten
und andern, so entweder von natur so geborn odder durch menschen hende
verschnitten sind, welchs auch die welt und Juristen verschnitten heissen, Die
dritten aber, die sich selbs umb des himelreichs willen verschniten haben, Das
sind andere verschniten, die nicht eusserlich am leibe und doch jm hertzen
odder geistlich, und nicht nach weltlicher weise sondern (wie er sagt) zum
himelreich verschnittenn heissen, Denn mit dem weltlichen hat er nichts
zuschaffen, Also auch hie sollen wir geistlich augen, hand, hertz aus reissen
und alles faren lassen, das es uns [s. 375] nicht ergere, Und doch jnn diesem
weltlichen wesen leben, da wir der keines emperen konnen.
So ist nu die meinung: Wenn du fulest das du
ein weib ansihest mit boeser lust, so reis das selbige auge odder gesicht aus
(als das widder Gottes gepot ist) nicht des leibs sondern des hertzen, aus
welchem die brunst und lust gehet, So hastu es recht ausgerissen, Denn wenn die boese lust aus dem hertzen jst, so wird auch
das auge nicht suendigen noch dich ergern, Und sihest nu eben die fraw mit den
selben leiblichen augen doch on lust, und jst dir eben als hettestu sie nicht
gesehen, Denn es jst nimer das auge da, davon Christus redet, das vor da war,
das da heisst ein auge der brunst odder lust, ob wol dem leibe sein auge
unverseert bleibt. Also sagt er auch von den verschnitenen, wenn das hertz
beschlossen hat on ehe keusch zu leben (wo es die gnade hat) so hat es sich
selbs verschniten zum himelreich und darff kein gelied eusserlich am leib
verletzen. Summa es jst solch verschneiten und ausreissen, das nicht die faust
odder der hengker thut, sondern Gottes wort jm hertzen.
Darumb sind das narren, die solche und der gleichen spruche
aus dem geistlichen jnns eusserlich weltlich wesen zihen, als hette Christus
widder das weltliche regiment, ja widder naturliche ordnung und geschepffe
geleret. Daher etliche so grob genarret haben, das sie aus ungedult und
verzweivelung widder fleisch und blut zu fechten sind zugefaren und haben in
selbs geholffen, das auch die Bisschove jnn den Concilijs haben mussen
verbieten. Das machet alles der unverstand das sie nicht unterscheiden unter
Christus und welt regiment und lere, bleiben jnn dem groben verstand von dem
verschneiten, das sie nicht weiter dencken denn wie es die welt heisst und
verstehet jnn jrem wesen, So doch Christus selbs den selbigen verstand
ausschleusst und weg nimpt und unterscheidet die so von natur odder mit henden
(es sey durch sich selbs odder andere) verschniten sind, und die dagegen setzt,
so weder mit henden noch von natur verschnieten sind, da mit er ja klerlich
zeiget das er allein von geistlichem verschneiten rede, da der leib mit allen
geliedern gantz und unverseeret jst und doch nicht solche brunst hat wie
andere, welche man nicht kan mit henden aus fleisch und blut schneiten, ob man
gleich sich der naturlichen gelied beraubet, wie sie selbs sagen, das solche Eunuchi
odder verschnitene viel mehr lust und liebe zu weibern haben denn jrgent
andere, daruemb auch grosse Koenige gerne solche leute zu Kemerer gehabt umb
der grossen trew und liebe willen, so sie zu weibern tragen.
[Matth.18, 8 f.] Es scheinet aber auch als habe Christus
diese wort ‘Ergert dich dein [
Hie sihet man fein wie sie durch dieses gepot gerissen rawm
und freiheit gnug gegeben dawidder zu handeln und doch nicht fur suende
zurechen, wenns nur nicht mans gar zu grob machete mit offentlichem ehebruch,
weil jn zugelassen war, wenn einer seinem weib gram war und gerne jr los gewest
were und lust zu einer andern hatte, das er sich mochte von jr scheiden und umb
eine andere bulen, die jm bas gefiele. Und ob gleich die selbige einen andern
man halte, koenden sie meisterlich einer dem andern sein weib abdringen, das
sie jener must von sich lassen und dennoch nicht mit gewalt genomen hiesse. So
wars auch ein geringes bey jn, ob einer ein andere beschlaffen hatte, das er
sie dadurch zu sich kriegte, weil si doch soenst moechten mehr denn ein weib
haben. Und hattens aller ding dazu bracht das ein jglicher on schew und
gewissen mit der ehe und scheiden handelte, wie er wult. Darumb nimpt nu
Christus dis stuck vom scheiden auch mit, saltzet und straffet jre bueberey und
misbrauch des zugelassenen scheidens, die
gewissen zu unterrichten, wie man darinn recht faren moege, das man nicht
zuweit greiffe und widder das gebot fare. Er rurets aber hie nur mit kurtzen
worten, denn hernach jm 19. Capitel hat ers weiter gehandlet.
Wie aber jtzt bey uns jnn ehesachen und mit dem scheiden
zuhandlen sey, hab ich gesagt das mans den Juristen sol befelen, und unter das
weltlich regiment geworffen, Weil der Ehestand gar ein weltlich eusserlich ding
jst wie weib, sind, haus und hoff und anders, so zur oeberkeit regiment [s.
377] [1. Mose 28] gehoret, als das gar der vernunfft unterworffen jst Gen .1.
Darumb was darinn die oberkeit und weise leute nach dem rechten und vernunfft
schliessen und ordnen, da sol mans bey bleiben lassen, Denn auch Christus hie
nichts setzet noch ordnet als ein Jurist odder regent jnn eusserlichen sachen,
sondern allein als ein prediger die gewissen unterrichtet, das man des gesetz
vom scheiden recht brauche, nicht zur buberey und eigenem wutwillen widder
Gottes gebot. Darumb wollen wir hie auch nicht weiter faren denn das wir sehen,
wie es bey jnen gestanden jst und wie
sich die halten sollen, so Christen sein wollen, Denn die unchristen gehen uns
nicht an (als die man nicht mit dem Euangelio sondern mit zwang und straffe
regiren mus) auff das wir unser ampt rein behalten, und nicht weiter greiffen
denn uns befolen jst.
[5. Mose 24. 1 4] Jm funfften buch Mosi Capi. 24. stehet
also: Wenn einer ein weib zur ehe genomen hat und sie gefellet jm nicht umb
etwa einer unlust willen, so sol er jr einen scheidebrieff geben und also von
sich lassen &c.. Bindet aber gleichwol ein knuttel dabey, das sie
derselbige man (wo er sie hernach gerne wolt widder haben) nicht durffe
widderumb zu sich nemen &c.. Nu das gesetz haben sie bald gelernet und
redlich misbraucht, das ein jglicher
sein weib flugs von sich gelassen und gestossen, wenn er jr muede worden und
lust zu einer andern hatte (so es doch Moses nur so fern erleubet, wenn er eine
unlust odder gebrechen an jr fuende, darumb sie nicht wol kondten bey einander bleiben)
und sind so frey damit gefaren, das sie selbs gesehen das es nicht zu loben und
zu mal leichtfertig were, und Christum darumb fragten [Matth. 19, 3] Math. 19.
obs auch recht were umb einer jglichen sache willen sich zuscheiden. So
antwortet er auch und lisst einen harten text darauff, den sie vor nicht gehort
hatten, und schleusst eben wie hie, das beide der sich scheidet und eine abgescheidete
freihet (ausgenomen umb ehebruchs willen) die ehe bricht und machet das sie
auch die ehe bricht, wo sie einen andern nimpt (denn sonst kunde sie nicht die
ehe brechen, wo sie on man bliebe). Damit straffet er nicht allein, das sie
leichtfertig mit dem scheiden umbgiengen, sondern leret das sie sich gar nicht sollen scheiden odder wo sie sich
scheiden, beide on ehe bleiben, Und schleusst, das scheiden alzeit ein ursach
des ehebruchs sey.
Das sie aber fragen warumb Moses denn solch scheiden zu gelassen habe, antwortet er ‘Umb ewer
harten koepffe willen hat ers euch erleubet’,
nicht das es sein odder wol gethan sey,
sondern das jr so boese und unschlachtige leute seid, das besser jst solchs zugelassen, denn das jr solt ergers thuen, jamer
odder mord anrichten odder jnn stetigem ewigen hass, unfrid und feindschafft
mit einander leben. Wie denn auch noch wol zuraten were (wenn weltlich oeberkeit solchs wolt ordnen)
umb etlicher seltzamer, eigensinnigen, storrigen kopffe willen, die nichts
uberal leiden koennen und gar nicht zum [s. 378] ehelichen leben dienen, man
liesse sie sich scheiden, Denn man kan doch nicht anders regiren umb der leute
bosheit willen, man mus offt etwas nach lassen, ob es gleich nicht wolgethan jst,
das nicht ein ergers geschehe.
So jst nu beschlossen, das die so Christen
wollen sein, sich nicht scheiden sollen, gleich sondern ein jglicher sein gemahl
behalten, guts und boeses mit jm leiden und tragen, ob es wunderlich seltzam
und gebrechlich jst, odder wo er sich scheidet, das er on ehe bleibe, Und
gilt nicht aus dem ehestand eine freiheit zu machen, als stuend es jnn unser
gewalt damit zu faren, wechseln und wandeln wie wir wolten, Sondern es heisst,
wie Christus sagt: [Matth. 19, 6] ‘was Gott zusamen fuget, das sol der mensch
nicht scheiden’, Denn solcher unrat kompt nirgend her denn das man den ehe stand nicht ansihet nach Gottes wort als sein werck und ordnung noch seines
willens achtet, das er einem jglichen sein gemalh geben hat die selbige zubehalten
und solch ungemach, so sich jm ehestand begibt, jm zugefallen zutragen, achtens
nicht anders denn wie ein lauter
menschlich, weltlich wesen, da mit Gott nichts zuschaffen habe. Darumb
wird man sein bald muede, und wenn es nicht gehet wie wir wollen, wil man bald
scheiden und wechseln anfahen. So schickets Gott gleich wol also, das mans
damit nichts besser machet, wie es denn gemeinglich gehet, wenn einer alle ding
wechseln und bessern und niemand seinen mangel tragen, sondern alles auffs
reinest und on unlust haben wil, das er ein anders kriegt, da er noch soviel
odder zehen mal mehr unlust findet, nicht allein jnn dieser sondern jnn allen
andern sachen.
Denn es kan auff erden nicht anders zugehen,
es mus teglich viel ungemach und unlust furfallen jnn einem jglichen haus, stad
und land, und jst kein stand auff erden, darinn man nicht viel leiden musse,
das einem wehe thut beide von den so jn angehoeren, als weib, kind, gesind,
unterthanen, und auswendig von nachbarn und allerley zufelligem unfal. Wenn denn solchs ein mensch sihet und fulet, so wird es
bald seines stands muede und uberdrus odder feret eraus mit ungedult, zurnen
und fluchen, und wo es solch ungemach nicht meiden noch wenden kan, wil es
seinen stand wechseln, dunckt jn eines jglichen stand und wesen besser sein,
und wenn er lang gewechselt hat, so findet er fur ubel erger, Denn wechseln jst
wol leicht und bald geschehen, aber bessern jst mislich und seltzam. Also jst
es auch den Jueden gangen mit jrem ehewechseln und scheiden.
Daruemb solt man hierinn also thun wie wir jmer geleret und
vermanet haben, wenn jmand etwas anfahen
wolte das seliglich und wol geraten were, auch jnn solchen leiblichen
sachen als ehelich werden, zu haus sitzen, einen stand annemen &c.. das er Gott anruffet und drumb begrussete, der
es geben sol und sein jst. Denn es jst
nicht eine geringe Gottes gabe, [s. 379] wenn jemand ein from leidlich gemalh
uberkompt, warumb woltestu jn denn nicht drumb bitten das ers lasse
wolgeraten? Denn die erste brunst und furwitz
wirds nicht thun noch die wehre haben, wo
er nicht selbs seinen segen und glueck dazu gibt und hilfft, das man solch
zufellig ungemach tragen kan. Druemb welche solchs nicht thun, sondern aus
eigenem furwitz drein fallen, als
durfften sie Gottes nicht dazu, lernen sich auch nicht drein schicken, den gehets
auch billich also, das sie eitel fegfeur und helle marter drinne haben und
keines Teuffels durffen, Und weil sie kein unlust mit gedult tragen, sondern
alles auffs reinst erlesen haben und den Artikel der da heisset Vergebung der
sunde, wegnemen und auffheben wollen, so haben sie zulohn ein unruegig,
ungedultig hertz und also mussen zweifeltig unglueck leiden und keinen danck
dazu haben. Aber davon jst anders wo gnug gesagt.
Fragstu aber: Jst denn gar keine ursach, umb welche man und
weib sich mogen scheiden und verendern? Antwort: Christus setzet hie und Math
.19. nur diese einige, die heisset der
ehebruch, und zeucht es aus dem gesetz Mose, welchs den ehebruch straffet
mit dem tode. Weil nu der tod allein die ehe scheidet und los machet, so jst
ein ehebrecher auch schoen gescheiden nicht durch menschen sondern von Gott
selbs und nicht allein von seinem gemahl sondern von diesem leben abgeteilet.
Denn durch den ehebruch hat er sich selbs
von seinem gemalh gescheiden und die ehe zutrennet, die er nicht trennen noch scheiden
sol, und damit den tod verwirckt, also das er fur Gott schon tod jst, ob in
gleich der Richter nicht todtet. Weil nu
hie Gott scheidet, so wird das ander teil los und frey, das es nicht verbunden
jst sein gemalh, so bruchig an jm jst worden, zu behalten, es wolle es denn
gerne thun.
Denn wir solch scheiden wedder heissen noch wehren sondern
der oberkeit befelen darin zu handeln und lassens dem nach gehen, was weltlich recht hierin ordnet. Doch als denen die Christen sein wollen, zuraten
were es viel besser das man beide teil vermanet und reitzet, das sie bey
einander blieben und das unschuldige gemalh sich gegen dem schuldigem (wo sichs demutigt und bessern wolte)
versuenen liesse und jm aus Christlicher liebe vergeb, es were denn das nicht
besserung zuhoffen were odder der schuldige, so widder versunet und zu gnaden
genomen, wolte solcher wolthat misbrauchen und gleichwol fort jnn einem
offentlichen freyen wesen hin gehen und sich drauff verlassen, als mueste man
jm verschonen und vergeben. Da wolt jch auch nicht raten noch hiessen gnad
erzeigen, sondern lieber helffen, das man solche zur staupe schluge odder jnn
einen sack stecket, Denn ein mal versehen
ist noch zuvergeben, aber mutwilliglich auff gnad und vergebung sundigen jst
nicht zu leiden, Denn, wie gesagt, wir wissen on das niemand zu zwingen, [s.
380] das er ein offentliche hure odder ehebrecher widder zu sich neme, wenn ers
nicht wil odder eckels halben nicht thun kan. Denn wir lesen von Joseph, [Matth.
1, 19] Math .1. ob er wol ein frum man war, dennoch Maria seine vertrawete braut
(als er sahe das sie schwanger war) nicht wolt zu sich nemen, und wird darumb
gelobt, das er wolt heimlich von jr gehen und sie nicht verklagen noch umb den
hals bringen, wie er wol hette thun muegen.
Uber diese ursach des ehebruchs jst noch eine, wenn ein
gemalh das ander verlesst, als da eines aus lauter mutwillen vom andern leufft,
als wenn ein heidin bey einem Christen were odder, wie sich jtzt wol begibt das
ein gemalh wol am Euangelio jst, aber das ander nicht (davon Paulus [Kor. 7,
13] .1. Cor. 7 sagt) ob da auch solch scheiden gelte? Da schleusset S. Paulus, wo
das eine teil bleiben wil, so sol es das ander behalten, ob sie wol des glaubens
halben nicht eins sind, sol doch der glaube die ehe nicht scheiden, Wo sichs
aber begibt das das ander teil schlecht nicht bleiben wil, so las es lauffen,
und bist darumb nicht gefangen noch gebunden jm nach zulauffen, Wenn aber ein
bube sonst von seinem gemalh on desselben wissen odder willen hinweg leufft,
lest haus, hoff, weib und kind sitzen, bleibt aussen gantzer zwey, drey jar
odder wie lang es jm gefellet (als jtzt sich viel begibt) und wenn er
ausgebubet und das seine durchbracht hat, wil widder heim komen und widder
einsitzen, das das ander teil solt verbunden sein nach jm zuharren, wie lang er
wolle, und jn widder zu sich nemen. Einem solchen buben solt man nicht allein
haus und hoff sondern auch das land verbieten und das ander teil, wo er nicht
wolt widder komen, wenn er erforddert und lang gnug nach jm geharret were, nur
frissch frey sprechen. Denn ein solcher jst noch viel erger denn ein heide und
ungleubiger, auch weniger zu leiden denn ein schlechter ehebrecher, welcher ob
er gleich ein mal gefallen jst, kan er sich doch widder bessern und seine
vorige trew seinem gemalh leisten, Aber dieser treibt seinen lauter mutwillen
mit der ehe, helt auch sein weib und kind nicht dafur, das er ehelich bey jn
wonen und bleiben solle, sondern das er einen gewissen sichern auffrit wisse,
wenns jn geluste widderzukomen. Es heisst aber also: wer weib und kind wil
haben, der sol bey jn bleiben, guts und boeses mit jn tragen, so lang er lebt,
odder wo er nicht wil, das man jn lere das ers thun musse, odder von weib, haus
und hoff gar gescheiden sey. Wo aber solche ursachen nicht sind, da sollen
ander mangel und feil nicht hindern noch die ehe scheiden als jnn zorn sachen
odder anderm unfal, wo sie sich aber scheiden (spricht S. Paulus) sollen sie
beider teils on ehe bleiben.
Das sey kurtz von diesem handel jm text gesagt, denn jch
habe sonst gnug davon geschrieben, Das
furnemeste aber widder solch scheiden und andern unrat jst (wie jch gesagt
habe) das ein jglicher lerne gemeine gebrechen und unfal jnn seinem stand und
diesem leben mit gedult tragen und an [s. 381] seinem gemalh auch zu gut halten,
und wisse das nicht kan noch wil alles recht und nach unserm sinn zugehen.
Kanstus doch an deinem eigen leibe nicht anders noch besser haben und must
leiden allerley unflat und unlust, den er dir teglich anrichtet, das wenn du
soltest alles was unrein an jm jst weg werffen, so musstestu am bauch anheben,
der dich doch neeret und beim leben behalten mus.
Kanstu nu solchs an deinem leibe leiden das er dir einen
stanck machet, ehe du dich umbsihest, odder anfehet zu schweren und eitern, das
nichts reines an deiner haut bleibt, und jm alles zu gut halten, ja nur deste
mehr guts und liebe beweisen mit warten, wasschen, tragen und helffen, wo jm
etwas feilet, Warumb woltestu es hie nicht
auch thun an deinem eigen gemalh, das dir Gott geben hat, daran du wol grossern
schatz und mehr ursach zu lieben hast? Denn es sol unter den Christen eine
solche liebe sein wie eines [1. Kor. 12, 12 ff. 26, Röm. 12, 4] jglichen
gelieds am leibe gegen dem andern (wie S. Paulus offt vermanet) da sich eines
des andern gebrechen annimpt, selbs drein greiffet, tregt und hebt und alles
thut wo mit es jm nur weis zu helffen. Darumb jst
unser rechter heubtartikel nichts denn eitel Vergebung der sunde beide jnn uns
selbs und gegen andern, das wie Christus
jnn seinem reich on unterlas an uns tregt und vergibt allerley gebrechen, also
auch wir unternander tragen und vergeben jnn allen stenden und sachen. Wer des
nicht wil, dem beschere Gott das er nimer keine ruge habe und sein einfeltig
ungluck odder plage zehen feltig schwerer mache.
Dieser text jst auch mit vielen glosen zudenet und
mancherley wahn und jrthumb draus geschepfft, das viel grosser Doctores daruber
zu schaffen gehabt und sich nicht haben konnen drein schicken, das hie so durre
verbotten jst, man solle allerdinge nicht schweren, sondern schlecht Ja ja und
Nein nein lassen bleiben, das etliche die gewissen so enge gespannet haben, das
man zweivelt ob einer auch solle einen urfride thun, wenn er aus dem gefengnis
los gegeben wuerde, odder ob man durch einen eid einen fride und vertrag
annemen solte mit den Tuercken odder ungleubigen &c.. Nu kan man [s. 382] ja
nicht leugnen das Christus selbs und S. Paulus offt geschworen haben, dazu jnn
der schrifft stehet das die gelobt werden, die bey seinem namen schweren,
Daruemb mus man hie auch einen unterscheid fassen, das man den text recht
verstehe.
Wir haben aber genug gehoret, das Christus hie gar nichts
wil reden jnn das weltlich regiment und ordnung noch der oeberckeit etwas
genomen haben, sondern allein den einzelen Christen predigt, wie sie fur sich
jnn jrem wesen leben sollen. Daruemb sol man das schweren eben so achten
verboten wie droben das toedten und ein weib ansehen odder begeren. Toedten jst
recht und doch auch nicht recht, Eins mans odder weibs begeren jst suende und nicht
suende, Aber also, das man beides recht scheide, nemlich also, das zu mir und
dir gesagt sey: Wenn du toedtest, so thustu unrecht, Sihestu ein weib an jr
zubegeren, so thustu unrecht, Aber zu einem Richter sagt er: Toedtestu und
straffest nicht, so soltu gestrafft werden, Also zu einem ehelichen man odder
weib, wenn du dich nicht zu deinem gemahl heltest, so thustu unrecht. Also stehets
beides, das man toedten und nicht toedten sol, bey einem weibe sein und nicht
sein, Nemlich das du nicht toedtest noch zurnest odder ein weib lieb habest, da
du nicht sonderlich Gottes wort odder befelh hast, Wenn du aber zurnest, da
dichs Gott heisset, odder ein weib hast nach Gottes wort, so jst es beides
recht, Denn was dir Gott sagt und heisset jst viel ein ander ding denn so du
selbs thuest.
Wie du nu jenes verstanden hast, so verstehe dis auch, Das
wol hie verboten jst das man gar nicht schwere, gleich wie er das todten so gar
verboten hat, das auch kein zorn jm hertzen sey, des gleichen das man so gar frembd
sol sein von man und weib, das man sie auch nicht ansehe noch daran dencke jr
zu begeren. Und were doch ein schedliche predig, wenn man sie jnn der oeberkeit
regiment odder jnn den ehestand furen wolte und dem Richter sagen: Du solt
nicht zurnen noch des zorns zeichen odder werck furen, odder zu einem ehelichen
par volcks: du solt dein weib odder man nicht ansehen noch lieb haben, Sondern
mus hie umbkeren und das widderspiel leren und heissen: Du Richter solt zurnen
und straffen und ein jglicher sein gemalh haben und lieben. Wie sagt denn
Christus, man solle keins weibs begeren und kein zorn jm hertzen haben?
Antwort, wie gesagt: Er redet von dem weib, das dir nicht von Gott gegeben jst,
und von dem zorn, der dir nicht befolen jst, des soltu keinen haben, Wo dirs
aber befolen wird, so jst es nicht mehr dein sondern Gottes zorn und nicht mehr
dein begeren sondern von Gott gegeben und geordnet, Denn da hastu Gottes wort
zu, das du dein gemalh lieb haben und keines andern begeren solt: Also auch vom
schweren mus man darnach sehen wo man Gottes wort hat odder nicht.
Das er aber hie so hart das verbot treibt, das thut er auch
widder jre [s. 383] falsche lerer, welche also predigten, das eiden und
schweren, ob es wol on not und Gottes wort geschehe, nicht suende were, Ja sie
hatten einen unterscheid gemacht (wie Christus hie zeigt) wie man mochte frey
schweren und welche eide solten gelten odder nicht, als das wol jemand mocht
bey dem himel odder Jerusalem odder bey seinem heubt schweeren, das weren
geringe eide und buenden nicht so hart, wenn man nur nicht Gottes namen
anzoege; hattens also zuletzt dahin bracht, das ein schlecht Ja und nein nichts
galt und dafur achten, es lege nicht dran ob sie etwas nicht hielte, darauff
sie keinen eid gethan hetten, gerade wie sie vom toedten geleret hatten das man
ein heimlichen zorn und tuecke nicht fur suende halten durffte, also auch, ob
einer seinem weib feind were, kein lust noch liebe zu jr hette, aber wol zu
einer andern lust hette und solchs mit ansehen und schertzen und andern zeichen
beweisete.
Widder solche unfletige heiligen hat er angefangen zu
predigen und sagt: Wenn jr nicht anders und frumer werdet, so werdet jr nicht
jns himelreich komen: Es gilt nicht so mit dem schweren faren wie jr thut, das
es sol recht sein und gelten wo und wenn jr wollet, sondern es heisset, jr
sollet aller dinge nicht schweren, weder beym tempel noch Jerusalem noch ewerm
heubt so wenig als bey Gott selbs, sondern was jr mit ein ander handlet, das
sol ja und nein sein und ja und nein bleiben, Denn das jst Gottes namens
misbraucht, wo man uber das feret mit eiden und schweren, als solt ein schlecht
ja und nein nicht gelten noch binden, es were denn Gottes namen dabey. Darnach
jst auch noch ein misbrauch das man so leichtfertig schweret, wie jtzt gemein
jst, da man schir zu einem jglichen wort Gottes namen furet. Das sol alles
schlecht verboten sein gleich wie auch das fluchen so durch Gottes namen
geschicht, wo es nicht geschehen sol.
Denn fluchen jst eben wie das schweren beide gut und boese,
Denn wir lesen jnn der schrifft das offt heilige leute gefluchet haben, als Noe
seinem [1. Mose 49, 4.7] einen son Ham fluchet und der Patriarch Jacob einen
boesen segen und fluch [4. Mose 16, 15] sprach uber seine drey sone Ruben, Levi
und Simeon, Jtem Mose widder [Ps. 109, 6 ff., Matth. 18, 6] Core, ja Christus
selbs jm Psalter seinem Juda und jm Euangelio uber die [Luk. 17, 2, Gal. 1, 8]
falschen lerer greulich fluchet, Und Paulus Gal. 1 verflucht alle lerer die da
anders predigen (wenn es auch ein Engel vom himel were) das sie sollen Anathema
sein, das jst von Gott verbannet und verflucht, als wenn wir sagten, Gott
muesse sie hinderen und zustore sie zu grund und gebe jn kein gnade noch gluck
dazu. Also kompt wol die zeit das man fluchen mus odder thut unrecht, Als das
wir jtzt solten den segen dazu sprechen und guts wundschen, das Bapst, Bischove
und Fuersten mit so gifftigen practiken und boesen tuecken widder das
Euangelion umbgehen, fromer leute blut zu stortzen und deudsch land jnn
einander zu werffen, das gehoret nicht Christen zu, [s. 384] Sondern sollen und
muessen so dazu sagen: Lieber Herr, verfluche, verstore und stuertze alle jr
anschlege jnn abgrund der helle. Daher kan niemand recht das Vater unser beten,
er mus dazu fluchen, Denn wenn er bettet ‘Geheiliget werde dein name, Dein
reich kome, Dein wille geschehe’ &c.. so mus er alles auff einen hauffen
mit nemen was da widder jst und sagen: Verflucht, vermaledeyet, geschendet
mussen werden alle ander namen und alle reich so widder dich sind, zustoret und
zurissen, alle anschlege, weisheit und willen zu boden gehen &c..
Das jst aber die unterscheid: Von sich selbs sol niemand fluchen
noch schweren, es sey denn das er Gottes wort dazu habe, das er solle fluchen odder
schweren, Denn wie gesagt, wo es jnn und nach Gottes wort gehet, da jsts alles
recht, schweren, zurnen, lust zum weib haben &c.. Das heisst aber Gottes
wort dazu haben, wenn er mirs als von ampts und seinen wegen befihelt odder
durch die so jm ampt sind foddert. Als (das mans durch exempel fasse) wenn
sichs begebe das du gefangen und jnn der oeberkeit henden werest und sie
begeret einen eid zur urfried, Odder wenn ein fuerst einen eid foddert, das man
jm hulde, odder ein Richter von einem zeugen, da bistu es schuldig zu thun,
Denn da stehet das wort das du solt der oeberkeit gehorchen, Denn Gott hat so
das regiment geordnet und gefasset, das einer also gegen dem andern verbunden
sein mus, damit alle jrrige sachen durch den eid geschlichtet, gescheiden und
hingelegt werden, wie die Epistel zun [Ebr. 6, 16] Ebreern sagt.
Sprichstu aber: Ja stehet doch hie ein ander wort, das
Christus sagt ‘Du solt nicht schweren.’ Antwort, wie oben gesagt vom todten und
zurnen: Du, du solts nicht thun als fur dich selbs, hie aber schwerest du nicht
sondern der richter, der dichs heisset, und gilt eben soviel, als ers selbs
thete, und bist jtzt des richters mund. Nu verbeut noch gebeut Christus der
oeberkeit nichts, sondern lesset jr regiment gehen wie es gehen sol und mus,
sondern dir verbeut er das du nicht aus eignem furnemen, furwitz odder
gewonheit schwerest, gleich wie er dir verbeut das schwerd zu zucken, doch
damit nicht der oeberkeit weret gehorsam zu sein, wenn dich dein Lands furst
dazu brauchen wolt odder auffgeboete jnn krieg zu zihen. Denn da bistu schuldig
frisch und getrost drein zu hawen und jst nicht mehr deine faust noch schwerd
sondern der oeberkeit unter worffen und thuests jtzt nicht selbs sonder dein
furst, dem es von Gott befolen jst. Also sagen wir auch jnn gleichen fellen,
als wenns dazu keme, das man mit unsern feinden odder Turcken solt ein vertrag
und einikeit machen, da mochten Keiser und fursten wol einen eid beide geben
und nemen, ob gleich der Tuercke bey dem Teuffel odder seinem Mahometh
schweret, [s. 385] den er fur seinen Gott helt und anbetet, wie wir unsern Herr
Christum anbeten und bey jm schweren.
So hastu nu eine ursache, da es recht jst zu schweren, nemlich
die Not, da man ein eid thun mus aus gehorsam der oeberkeit die warheit zu
bestetigen odder sachen zuvertragen umb frides und einigkeit willen. Die ander ursache
jst die Liebe, ob es gleich nicht gefoddert wird von der oeberkeit, sondern dem
nehesten zu gut geschicht &c.. Gleich als auch die liebe zuernet und
straffet, wenn sie sihet den nehesten suendigen odder jrren, wie Christus [Matth.
18, 15. 17] Math. 18. leret, denn sie kan jhe nicht dazu lachen noch das boese
loben, Also mag jch auch wol eines andern weib liebe erzeigen, wenn sie jnn
noten odder ferligkeit jst, das jch jr eraus helffe, das jst nicht ein
fleischliche verbotene sondern eine Christliche bruederliche liebe, die nicht
aus eigner lust noch furwitz gehet, sondern daher das es mein nehester bedarff,
und hat Gottes wort fur sich, das da sagt: Du solt deinen nehesten lieben als
dich selbs.
Dem nach, wenn jch jmand sehe jnn geistlichen noten und
fahr, schwach jm glawben odder verzagts gewissens odder jrrigen verstands und
der gleichen, da sol jch nicht allein trosten sondern auch dazu schweren sein
gewissen zu stercken und sagen: so war Gott lebt und Christus gestorben jst, so
gewis jst dis die warheit und Gottes wort. Da jst der eid so not, das man sein nicht
emperen kan, denn dadurch wird die rechte lere bestetigt, das jrrig und blode
gewissen unterweiset und getrostet und vom Teuffel geloset. Drumb magstu hie so
hoch und tewr schweren als du nur kanst. Also haben Christus und Paulus
geschworen und Gottes namen zu zeugen gefuret, So gehoret ein eid auff ein
iglich drew wort odder verheissung, so ein Christlicher prediger predigt, beide
die harten kopffe zuschrecken und die bloden zu trosten.
Des gleichen auch, wo man den nehesten entschuldigen und
seine ehre retten sol widder boese, gifftige meuler, da mag man auch sagen, man
thut jm fur dem lieben Gott unrecht &c.. Denn das jst alles Gottes namen
wol gebraucht zu Gottes ehren und der warheit und des nehesten heil und
seligkeit, Denn da hastu Gottes wort und gebot uber dir schweben, das dich
heisset den nehesten lieben, die unordigen straffen, die betruebten troesten
&c.. und weil es jnn dem gebot gehet, so kan es nicht unrecht sein, ja eben
dasselb dringet dich dazu, das du schweren solt und unrecht thuest, wo du es
verseumest. Summa, wo du Gotts wort hast, da gebe dir Gott gnade zu, das du nur
flugs schwerest, straffest, zurnest und alles thust was du kanst. Was aber uber
und ausser dem jst nicht aus befelh noch des nehesten not odder nutz, da soltu
der keines thun, Denn Gott wil nichts uberal haben was du aus eigenem furnemen
thust on sein wort, es sey was es woelle, wenn gleich jmand todten kunde
auffwecken, viel weniger wil er leiden, das man seines [s. 386] namens
misbrauche sich darauff zuberuffen, wo es nicht not noch nutz jst, odder das
man teglich jm haus und an allen orten damit jrr gehe, wie man jtzt thuet, da
man zu einem jglichen wort schweret allermeist jnn bierheusern, das wol not
were das man solchs streng werete und straffete. Also hastu einen richtigen
klaren verstand dieses stucks, das mans nicht vergeblich uber diesem text sich
martere und ein fegfeur daraus mache da keines jst.
Spricht nu Christus: Jch sage euch, das jr aller dinge nicht
schweren solt wedder bey dem himel noch bey der erden nocht bey der stad
Jerusalem &c.. Da sihet man das die stad jst hoch gehalten und geehret
gewest, das man dabey geschworen hat, und er bestetigts auch und heisset sie
eine stad Gottes und sonst wird sie auch die heilige stad genennet. Heilig
heisst sie aber darumb das Gottes wort da war und Gott durch dasselbe da wonet,
Und jst ein feine weise und on zweivel von trefflichen leuten auffbracht, das
man [Jes. 31, 9] die stad so hoch gehalten hat (wie sie auch der Prophet Esaias
herlich preisset) nicht umb jren willen sondern umb des worts willen, Dem nach
mag man wol eine jgliche stad heilig heissen die Gottes wort hat, und rhumen
das Got gewislich da sey.
Das er aber sagt: ‘Du solt auch nicht bey deinem heubt
schweren, denn du kanst nicht ein einiges har weis odder schwartz machen’, das
jst von seinem geschepff gered, nicht von unserm brauch, Denn er wil nicht
sagen das man die har nicht konne pulvern, das sie schwartz odder ander farbe
kriegen, sondern das gar nicht jnn unser macht sey ein einig har raus zu
bringen, das weiss odder schwartz sey, noch zu weren das es sonst odder so
werde, Wenn es aber gewachsen jst, so kan mans wol gar abscheren odder
verbrennen gleich wie man ander ding durch andere creatur kan etlicher masse
endern, aber nichts dazu thun, das sie sonst odder so geschaffen werden. Also
machet er unser eigen heubt zum heiligthum, als das nicht unsers wercks noch gewalt,
sondern Gottes gabe und geschepff jst.
Das er nu beschleusst, Ewer rede sol sein Ja Ja, Nein Nein
&c.. das redet er deutlich zu denen, die keinen befelh odder not haben
zuschweren, Denn (wie gesagt) fur sich selbs sol man gar nicht schweren, Wenn
aber die zwey stuck dazu komen, befelh odder not, so heisst es nicht mehr fur
sich selbs schweren, Denn du thuest es nicht von deinen wegen, sondern des ders
von dir foddert als deine oeberkeit, odder des nehesten not und Gottes gebot.
[Matth. 5, 38–42] Jr habt gehort das da gesagt jst ‘Auge umb
auge, Zan umb zan’, Jch aber sage euch das jr nicht widderstreben solt dem
ubel, sondern so dir jmand einen streich gibt auff deinen rechten backen, [s.
387] dem biete den andern auch dar, Und so jemand mit dir rechten wil und
deinen rock nemen, dem las auch den mantel, Und so dich jmand notiget eine
meile, so gehe mit jm zwo, Gib dem der dich bittet und wende dich nicht von dem
der dir abborgen wil.
Dieser text hat auch uberaus viel fragen und jrthum gemacht
schir allen Lerern so nicht recht gewust haben zuscheiden die zwey stuck,
weltlichen und geistlichen stand odder Christus und der welt Reich, Denn wo die
zwey unter einander gemenget und nicht rein und fein geteilet werden, da kan
nimer kein rechter verstand jnn der Christenheit bleiben, wie jch offt gesagt
und beweiset habe. Nu haben wir bisher nichts anders gehort denn das Christus
seine predigt stellet widder die Phariseer, so die leute verfureten beide mit
der lere und leben und Gottes gebot falsch gedeutet und verkeret hatten, also
das eitel falsche heiligen daraus wurden, wie sie jtzt noch thun. Denn man
findet alzeit unter den predigern etliche (wo nicht das mehr teil) solche
Judische heiligen, so nicht mehr leren denn von sunde und fruemkeit jnn
eusserlichen wercken.
Wie er nu jnn vorigen stucken jre lere und falsche deutung
gestrafft und verworffen hat, so nimpt er hie auch fur sich das stuck so
geschrieben [2. Mose 21, 24. 27] stehet jm gesetz Moisi fur die, welchen das
regiment und oeberkeit befolen zufuren und mit dem schwerd zustraffen, das sie
auge umb auge, zan umb zan &c.. nemen sollen und muessen, Also das sie eben
so schweer sundigen, wo sie solches befolenen schwerds und straffe nicht
brauchen, als die andern, die das schwerd on befelh selbs nemen und rache uben,
Gleich als jnn vorigen stuecken eben so wol sundigt der bey seinem weibe nicht
wonet und bleibt, so jm ehelich gegeben jst, als der unehlich bey einer andern
wonet. Das hatten sie nu auch verkeret und ein gemenge gemacht, das sie diesen
text, der allein der oeberkeit gestellet jst, fur sich zogen und so deuteten,
das auch ein jglicher fur sich selbs wol mochte rache suchen und auge umb auge
nemen &c.. Aller dinge wie sie es jnn andern stucken auch unternander
gemenget hatten, und das zurnen, so der oeberkeit geburt und befolen jst, zu
sich gezogen, Jtem das begeren odder lust ausser den ehestand gerissen, des
gleichen auch das schweren ausser der not und liebe zu jrer leichtfertigkeit
und anderm misbrauch gezogen.
Da kompt nu Christus und legt solchen verkereten falschen
wahn und verstand nidder, Lesset der oeberkeit jr recht und ampt rein, leret
aber seine Christen als einzele leute ausser dem ampt und regiment, wie sie fur
ire person leben sollen, so gar das sie keiner rache begeren und so geschickt
seien, wenn sie jemand auff einen backen schlegt, das sie bereit seien, wo es
not [s. 388] were, den andern auch dar zu reichen und sich nicht allein mit der
faust der rache enthalten sondern auch jm hertzen, mit gedancken und allen
krefften, Kurtzlich, er wil ein solch hertz haben, das nicht ungedultig,
rachgirig, noch fridbrechig sey. Das ist nu ein andere gerechtigkeit denn sie
lereten und hielten, und sich doch aus Mose wolten schmuecken, das man wol
mochte sich rechen und weren, wo einem gewalt geschehe, weil da jm text stehet
‘Auge umb auge, zan umb zan’ &c..
Nu haben sich viel leut uber diesem spruch zu brochen und
nicht allein die Juden sondern auch die Christen selbs sich daran gestossen,
Denn es hat sie zu streng und zu hart gedeucht das man dem ubel gar nicht
widderstehen solte, weil wir ia recht und straffe unter uns haben muessen, Und
haben [Joh. 18, 22] etliche dagegen gesetzt das exempel Christi, Joh .18. da er
fur dem priester Hannas auff einen backen geschlagen ward und doch nicht den
andern darbot, sondern sein unschuld verantwortet und des Priesters diener
straffete, welches scheinet widder diesen text gethan.
Darumb haben sie gesagt das nicht not sey dem schleger den
andern backen zu bieten und diesem text so geholffen, das gnug sey das man jm hertzen
bereit sey auch den andern darzubieten, Welchs were nicht unrecht gesagt, jst
aber nicht recht verstanden, Denn sie meinen, das heisse den andern backen
dargeboten, das man zum schleger sage: sihe da hastu diesen backen auch und
schlage mich zum andern mahl, odder das man dem der den mantel nemen wil, auch
den rock zu werffe; Wenn das die meinung were, so must man alles, zu letzt auch
haus und hoff, weib und kind hinnach werffen. Darumb sagen wir das hie nicht
mehr denn einem jglichen Christen gepredigt jst, das er solle willig und
geduldig sein zu leiden was er leiden sol und mus, und nicht rache suchen noch
widderschlagen.
Es bleibt aber gleich wol hie die frage und disputacion, ob
man allerley musse von jderman leiden und jnn keinem fal sich weren durffe,
auch nicht fur gericht haddern odder klagen noch das seine ansprechen und
foddern, Denn wo solchs aller dinge solt verboten sein, so wurde ein seltzam
wesen werden, das man mueste jdermans mutwillen und frevel leiden und kund niemand
fur dem andern bleiben noch etwas behalten, und wurde also zuletzt kein
regiment bestehen bleiben.
Hierauff zu antworten mustu jmer das heubtstuck mercken, das
Christus seine predigt fur seine Christen allein thut und wil sie leren was sie
fur leut sein sollen widder den fleischlichen wahn und gedancken, so da zumal auch
noch jnn den Aposteln steckte, das sie meineten, er wurde ein new regiment und
keiserthum anrichten und sie drein setzen, das sie regiereten wie die herrn und
jre feind und bose welt unter sich brechten, wie denn allzeit fleisch und blut
wuendschet und sucht am Euangelio, das es seine herschafft, [s. 389] ehre und
nutz habe und nichts leiden durffe. Darnach auch der Bapst getrachtet und solch
regiment zu wegen bracht hat, das sein wesen ein lauter weltliche herschafft
jst worden und so gefurchtet, das jm alle welt hat mussen unterthan sein.
Also sehen wir jtzt auch, das alle welt am Euangelio das jre
suchet und soviel rotterey daher enstehen, die nichts anders jm sinn haben,
denn wie sie sich auffwerffen und zu herren machen und andere dempffen, wie der
Muentzer anfieng mit seinen bawern und jm nach andere sich auch beweiset haben.
Da zu werden auch die rechten Christen damit angefochten, wenn sie sehen das so
ubel zugehet jnn der welt, auch jnn jrem eigen regiment, das sie gerne wolten
selbs drein greiffen und walten. Aber es sol nicht sein und sol niemand dencken
das uns Gott wolle so lassen regieren und herschen mit weltlichem recht und
straffe, Sondern der Christen wesen sol gar davon gescheiden sein, das sie sich
nichts damit bekomern noch zuschaffen haben, sondern die denen es befolen jst
lassen dafur sorgen, wie man sol guter aus teilen, handlen, straffen, schutzen
&c.. und lassen gehen wie sie es machen, wie Christus [Matth. 21, 32] leret
‘Gebt dem Keiser was des Keisers jst’, Denn wir sind jnn ein ander hoher wesen
gesetzt, welchs jst ein Gotlich, ewig reich, da man der dinge keines bedarff so
jn die welt gehoren, sondern ein jglicher fur sich jnn Christo ein herr jst
beide uber Teuffel und welt &c.. wie anders wo gesagt jst.
Welche nu zum selbigen jrdischen regiment gehoren, die
sollen und mussen recht und straffe haben und halten, unterscheid der stend,
personen, guter ordnen und teilen, das es alles gefasst sey und ein jglicher
wisse was er thun und haben sol, und niemand sich jnn eines andern ampt menge
noch andern zu nahe greiffe noch das jre neme. Dazu gehoren Juristen, die
solchs leren und druber halten sollen. Das Euangelium aber hat sich nichts
damit zubekomern, sondern leret wie das hertz fur Gott stehen und jnn dem allen
sol geschickt sein, das es rein bleibe und nicht auff falsche gerechtigkeit
gerate. Diesen unterscheid fasse und merck wol als den grund der sachen,
darnach man auff solche fragen leichtlich kan antworten, das du sehest wo von Christus
redet und wer die leute sind den er predigt, nemlich von geistlichem wesen und
leben und fur seine Christen, wie sie fur Gott und jnn der welt leben und sich
halten sollen, das das hertz an Gott hange und sich des weltlichen regiments
noch keiner oberkeit, gewalt, straffe, zorn, rache nichts anneme.
Wenn man nu fraget, ob ein Christ auch rechten odder sich
wehren sol &c.. so antwort schlecht und sage Nein, Denn ein Christ jst ein
solche person odder mensch, so mit solchem welt wesen und recht nichts
zuschaffen [s. 390] hat, Und jst in solchem reich odder regiment, da nichts
anders gehen sol denn wie wir bitten ‘Vergib uns unser schuld, wie wir auch
vergeben unsern schuldigern’, Da sol eitel lieb und dienst unternander sein
auch gegen die, die uns nicht lieben sondern feind sein, gewalt und unrecht
thun &c.. Darumb sagt er den selbigen, das sie dem ubel nicht widderstehen
sollen und so gar nicht rache suchen, das sie auch den andern backen halten
sollen dem der sie schlegt &c..
Darnach jst ein ander frage, ob ein Christen denn auch muge
ein weltlich man sein und des regiments odder rechts ampt und werck furen, also
das die zwo personen odder zweyerley ampt auff einen menschen geraten und zugleich
ein Christ und ein furst, richter, herr, knecht, magd sey, welchs heissen eitel
welt personen, denn sie gehoren zum weltlichen regiment. Da sagen wir ja, Denn
Gott hat solch weltlich regiment und unterscheid selbs geordnet und eingesetzt,
dazu durch sein wort bestetigt und gelobet, Denn on das kund dis leben nicht
bestehen und sind alle sampt drin gefasst, ja darinn geboren, ehe wir Christen
sind worden, drumb mussen wir auch darin bleiben, so lang wir auff erden gehen,
doch nur nach dem eusserlichen leiblichem leben und wesen.
Darumb jsts nicht wol muglich, ein Christ mus ja jrgend eine
welt person sein, weil er ja zum wenigsten mit leib und gut unter dem Keiser
jst, Aber fur seine eigen person nach dem Christlichen leben jst er gar allein unter
Christo und nicht des Keisers noch einiges menschen Und doch auswendig unter jn
geworffen und verbunden, so fern er jn einem stand odder ampt jst, haus und
hoff, weib und kind hat, Denn solchs jst alles des Keisers, drumb sol und mus
er thun was er jn heisst und was solchs eusserlich leben foddert, Und thet
unrecht, wenn er haus, weib, kind, gesind hette und wolt es nicht neeren noch
schutzen, wo es not were, und gilt nicht das er wolt fur geben, er were ein
Christ und mueste alles verlassen odder jm nemen lassen &c.. Sondern es
heisst also: Du bist jtzt jnns Keisers regiment, da du nicht heissest ein
Christ sondern ein vater, herr, furst &c.. Ein Christ bistu fur deine
person, aber gegen deinem knecht bistu ein ander person und schuldig jn zu
schutzen.
Sihe so reden wir jtzt von einem Christen in relatione nicht
als von einem Christen, sondern gebunden jnn diesem leben an ein ander person,
so er unter odder oeber jm odder auch neben jm hat, als herrn, frawen, weib,
kind, nachbar &c.. da einer dem andern schuldig jst zu verteidigen,
schutzen und schirmen wo er kan. Darumb were nicht recht, das man hie wolt
leren den andern backen herhalten und den rock zum mantel wegwerffen. Denn das [s.
391] were eben genarret, wie man sagt von einem tollen heiligen, der sich selbs
lies die leuse fressen und wolt keine todten umb dieses texts willen, gab fur, man
mueste leiden und dem boesen nicht widderstehen.
Bistu nu ein fuerst, richter, herr, fraw &c.. und hast
leut unter dir und wilt wissen was dir zugehoret, so darffstu Christum nicht
fragen, sonder frage des Keisers odder dein land recht drumb, das wird dir wol
sagen, wie du dich gegen deinen unterthan halten und sie schutzen solt, Denn da
hastu macht und recht beide zu verteidigen und straffen &c.. so fern dein
regiment odder ampt und befelh reichet, aber nicht als ein Christ sondern als
des Keisers unterthan. Was were das fur eine torichte mutter, die nicht wolte
jr kind fur einem hund odder wolff schutzen und retten und darnach sagen, ein
Christ solt sich nicht weren? solt man sie nicht mit guten schlegen leren und
sagen: Bistu ein mutter, so thu was muetter recht jst, das dir befolen jst und Christus
nicht genomen sonder viel mehr bestetigt hat.
Darumb lieset man von vielen Heiligen mertern, die auch
unter ungleubigen Keisern und herrn jnn krieg gezogen, wenn man hat
auffgeboten, und getrost umb sich geschlagen und gemordet haben wie andere, das
hierin keine unterscheid war zwisschen Christen und heiden und dennoch nicht
widder diesen text gethan haben, Denn sie thetens nicht als Christen fur jre
person sondern als gehorsame gelieder und unterthane verbunden an weltliche
person und regiment, Wo du aber los und ungebunden bist an solch weltlich
regiment, so hastu hie ein ander regel als ein andere person.
Darumb lerne nur die unterscheid wol unter den zwo person
die ein Christ zugleich tragen mus auff erden, weil er unter andern leuten lebt
und der welt und des Keisers guter brauchen mus so wol als die heiden, Denn er
hat eben das selb blut und fleisch das er mus erhalten, nicht aus dem geistlichen
regiment sondern aus dem acker und land, das des Keisers ist &c.. so lange
bis er auch leiblich gar aus diesem leben jnn ein anders kompt. Wo nu solchs
mit guter unterscheit gefasset jst, wie weit sich eines Christen und eine
weltliche person strecket, so kanstu solche sprueche alle fein ortern und recht
applicirn dahin sie gehoren, Das man die zwey nicht jnn einander brewe und
menge, wie der Bapst gethan hat mit seiner lere und regiment.
Das sey nu gesagt von solcher person, so gegen andern
personen verbunden jst unter weltlich recht, das da heist, vater, mutter, herr
und frawen recht &c.. Wie aber, wenns deine person allein betrifft, das man
dir leid und unrecht thut, ob es da auch gelte, das man sich mit gewalt da
widder wehre und schuze? Antwort Nein, Denn hie leret das weltlich und Keisers recht
selbs: das widderschlagen macht hadder, und wer widderschlegt der krigt unrecht,
Denn da mit felt er dem Richter jnns ampt, welchem geburt zustraffen, [s. 392] und
nimpt jm sein recht, Gleich wie jnn andern fellen, als wenn dir jmand stilt
odder raubt, gebuert dir nicht dem selbigen widder zu stelen odder rauben und
mit gewalt zu nemen, Aber wir sind gemeiniglich so geschickt, das wir uns
flugs, ehe man sich umb sihet, selbs gerochen haben, Es sol aber nicht sein,
Wiltu odder kansts ja nicht leiden, so magstu mit jm fur den Richter gehen und
daselbs dein recht aus furen.
Denn er lessets wol geschehen das du ordenlicher weise das recht
fodderst und nemest, allein das du zusehest und nicht ein rachgirig hertz
habest: Gleich wie ein Richter wol mag straffen und toedten und doch daneben
verbotten jst das er keinen hafs noch rachgir jm hertzen habe, wie gemeiniglich
geschihet, das man des ampts misbrauchet seinen eigen mutwillen zu bussen. Wo
aber nu solchs nicht mit unterleufft und allein dich mit recht widder gewalt
und frevel suchest zuschutzen und auff zu halten, nicht dich zurechen noch dem nehesten
zuschaden, so thustu nicht unrecht, Denn wo das hertz rein jst, da ists alles
recht und wol gethan. Es jst aber ferlich, darumb das die welt sampt fleisch
und blut boese jst und jmer das jre suchet und gleichwol mit solchem schein
sich schmucket und den schalck decket.
Also ist nicht verboten fur gericht zugehen und klagen uber
unrecht, gewalt &c.. wo nur das hertz nicht falsch jst, sondern gleich
gedultig wie vor und allein darumb thuet, das es uber dem rechten halte und dem
unrechten nicht stat gebe und aus rechter liebe zur gerechtigkeit geschehe, Wie
jch droben ein exempel hab angezeigt von dem heiligen Joseph, der seine brueder
verklagte fur jrem vater, wo sie etwas unrechts gethan und ein boese geschrey kriegten,
und wird drumb gelobt, Denn er thats nicht aus boesen hertzen das er sie
verraten wolt odder lust hette hadder zu machen, wie sie es ansahen und jn
darumb feindeten, sondern aus einem freundlichen bruderlichen hertzen umb jres
besten willen, Denn er sahe nicht gerne das sie solten ein boese geschrey
kriegen, Das es nicht kund heissen rache gesuchet odder boeses gonnet sondern
mehr zum besten geholffen und druber gelidden, das sie jm alle schalkeit an
legten.
[Matth. 18, 31] Also lesen wir auch jm Euangelio Matth .18.
jnn der gleichnis von dem knecht, welchem sein herr alle seine schuld
geschenckt hatte und er nicht wolt seinem mitknecht eine kleine schuld
erlassen, das die andern knecht seer betrubt wurden und solchs dem Herrn
klagten, nicht darumb das sie sich recheten odder seines unglucks fro weren,
sondern hielten faust, hertz und mund stille, das sie nicht flucheten odder bey
andern verleumbdeten, sondern brachtens fur den herrn, dem es gehoret
zustraffen, und suchten das recht, aber mit feinem Christlichem hertzen als
solche person, die jrem herrn verbunden waren trew zu sein. Wie es denn sol und
mus gehen, es sey jnn eim hause odder stad, wo ein fromer trewer knecht odder
unterthan sihet einen andern unrecht odder [s. 393] seinem herrn schaden thun,
das ers jm anzeige und seinen schaden vorhute, Des gleichen ein fromer burger,
wo er sehe seinem nachbarn gewalt und schaden geschehe, das er helffe retten
und weren: Das sind alles weltliche hendel, die Christus nicht verbotten
sondern viel mehr bestetigt hat.
Denn das mus und sol nicht sein das man solt einem jeden
seines mutwillen rawm und ursach lassen und stille da zu schweigen und nichts dazu
thun, wenn mans ordenlicher weise wol weren und verkomen kan, ob wirs gleich on
das leiden sollen und muessen, wo man uns unrecht und gewalt thut. Denn man mus
nicht unrecht billichen, sondern der warheit zeugnis geben und mag sich wol
auffs recht beruffen widder gewalt und frevel, wie Christus selbs fur dem
priester Hanna sich auff recht berieff und erbot und doch nichts deste weniger
leid das man jn schlug, und nicht allein den andern backen sondern den ganzen
leib darbot.
Sihe, so hastu ein feinen klaren unterricht, wie man jnn den
beiden recht faren sol, das man der weitleufftigen und ferlichen glosen, die
man bisher gesucht hat, nicht darff, allein das mans recht teile und nicht jnn
einander zihe, auff das es beides gehe und doch ein jglichs jnn seinem kreis bleibe,
nemlich also, das ein Christ moege on suend allerley weltliche hendel furen,
Aber nicht als ein Christen sondern als eine welt person Und doch das hertz jnn
seinem Christenthum rein bleibe, wie Christus foddert, welchs die welt nicht
thun kan sondern aller weltlichen ordnung und rechts, ja aller creaturn
missebraucht widder Gottes gepot.
Also wenn ein Christ jnn einen krieg zeucht odder sitzet und
recht spricht und straffet odder verklagt sein nehesten, das thut er nicht als
ein Christ sondern als ein krieger, Richter, Jurist &c.. behelt aber
gleichwol ein Christlich hertz, der niemand begeret boeses zuthun, und were jm
leid das dem nehesten solt ein leid geschehen, Und lebt also zugleich als ein
Christ gegen jderman gleich, der allerley fur sich leidet jnn der welt, und
doch daneben auch als eine welt person allerley helt, brauchet und thut, was
land odder stad recht, burger recht, haus recht foddert. Summa ein Christ als
ein Christ lebet der keines, was man an jm sihet jnn disem eusserlichen leben,
denn solchs gehoeret alles zum Keiserlichen regiment, welchs Christus auch
nicht wil umb stossen noch so leren, das man davon lauffe und die welt odder
sein ampt und stand verlasse, sondern desselben regiments und ordnung brauche
und darunter verbunden bleibe, Und doch inwendig eins andern regiments lebe,
das jenes nichts uberal angehet, auch nicht hindert, sondern wol bey sich
leiden kan.
So komen wir nu mit solchem unterscheid auff den text und
gehen durch alle dise stueck, nemlich das ein Christ sol keinem ubel
widderstehen, widderumb eine welt person sol allem ubel widderstehen, so fern
sein ampt gehet, Wie ein hausvater nicht leiden sol, das sich sein gesind
widder jn setze odder sich [s. 394] unternander schlahe &c.. Also auch sol
ein Christ mit niemand rechten, sondern beide den rock und mantel lassen faren,
wenn mans jm nimpt. Aber eine welt person sol sich mit dem rechten schutzen und
verteidingen, wo er kan widder gewalt und frevel. Summa jnn Christus reich
heisst es allerley leiden, vergeben und guts fur boeses vergelten, Widerumb
jnns keisers regiment sol man kein unrecht leiden sondern dem boesen weren und
straffen und das recht helffen schutzen und erhalten, darnach eines iglichen
ampt odder stand foddert.
Sprichstu aber: Ja hat doch Christus alhie mit klaren worten
gesagt, jr solt dem ubel nicht widderstehen, das laut ia duerre, als sey es
aller dinge verboten. Antwort: Ja sihe auch mit wem er solchs redet, Denn er
spricht nicht, Man sol gar nicht dem ubel widderstehen, Denn das were schlecht
alle regiment und oberkeit auffgehaben, sondern so spricht er: Jr, Jr sollets
nicht thun. Was sind dise Jr? Es heissen Christus Junger, die er leret wie sie fur
sich selbs leben sollen ausser dem weltlichem regiment, Denn Christen sein ist
ein ander ding (wie gnug gesagt ist) denn ein weltlich ampt odder stand haben
und furen, Darumb wil er sagen: Wer im weltlichem regiment ist, den lasset dem
boesen widderstehen, rechten und straffen &c. wie die Juristen und Rechte
leren, Euch aber als meinen schulern, die ich lere nicht wie jr eusserlich
regiren, sondern fur Gott leben sollet, sage ich: Jr solt nicht dem ubel
widderstehen, sondern allerley leiden und gegen die so euch unrecht odder gewalt
thun ein rein freundlich hertz haben, Und ob man dir den rock neme, das du
nicht rache suchest, sondern ehe auch den mantel dazu lassest, wo du es nicht
weren kanst &c..
Er setzet aber zweierley weise dadurch einem unrecht
geschicht odder das seine genomen wird. Zum ersten aus lautter gewalt und
frevel, als da man einen auffs maul schlegt odder offentlich beraubt und fragt
nicht das recht drumb, Das heisst er ‘einen backen streich geben’; Zum andern,
wenn es nicht oeffentlich gewalt heisst, sondern mit dem schein und behelff des
rechten geschihet, als wenn jemand fur gericht eine sache zu dir suchet, als
habe er gut recht widder dich, das er dir das deine abdringe, Das heisst
Christus fur gericht ‘den rock genomen’, da man dir das deine abspricht, und
must also beide unschuldiglich unrecht leiden und doch dazu schuld haben, als
seiestu unrecht &c.. Nicht das das recht dir leid odder gewalt thue, welchs
dazu gesetzt ist das es die fromen schuetze, sondern das schelcke und buben am
gericht sitzen und im ampt sind, das sie sollen recht sprechen, und doch wo man
dir mit gewalt nicht zu kan, dasselb beugen und kruemen und misbrauchen zu jrem
mutwillen. Wie denn die welt meisterlich kan und teglich treibt, das itzt
nichts so gemein ist als das recht unrecht und aus unrecht recht machen mit
allerley geschwinden fuendlin und seltzamen rencken.
[s. 395] Aller meist aber geschicht solchs den fromen
Christen, welchen die welt on das feind ist und lust hat alle plage an zulegen,
Darumb sagt jn auch Christus zuvor, das sie sich solchs versehen sollen jnn der
welt und ergeben zu leiden, sonderlich so es geschicht umb der sachen willen,
darumb sie Christen sind, das ist von wegen des Euangelij und des geistlichen
regiments, das sie daruber aller streiche gewarten und alles lassen faren, Denn
da mussen wir doch sonst leiden, weil wir als einzele personen nichts vermugen
noch uns weren konnen widder die oberkeit, so sich selbs widder uns setzet,
Sonst wo das nicht ist und dich kanst durchs recht schutzen und erweren, das
dir odder den deinen kein gewalt geschehe, so thustu recht und bist es
schuldig.
[Matth. 5, 42] Gib dem der dich bittet, und wende dich nicht
von dem der dir abborgen wil.
Dreierley zeigt er an, das die Christen leiden sollen jnn
zeitlichen gutern, das sie jn nemen lassen, gerne leihen und geben. Da lereten
sie auch nicht weiter denn der welt und Keisers recht gehet, welchs heisst dich
nicht das du das deine andern gebest noch dir nemen lassest, sondern leret dich
mit deinem gut umbgehen und handlen, das du gleichs da fur nemest mit keuffen,
verkeuffen, wechseln &c.. Da predigt nu Christus nichts von, sondern
lessets gehen wie es die vernunfft leret, wie man gueter teilen und handeln sol
&c.. Er zeigt aber was ein Christ uber das alles haben sol, nemlich die
dreierley stuck, das er jm lasse nemen, es sey mit gewalt odder mit dem schein
des rechten, item das er gerne gebe und auch gerne leihe, Darumb mus man hie abermal
von einander teilen weltlich recht und Christus lere. Nach weltlichem recht
magstu wol deiner gueter brauchen, damit handlen, keuffen und verkeuffen, wie
man liesst von den heiligen Patriarchen, das sie mit gelt und gut gehandlet und
umbgangen sind wie ander leut, wie es denn auch sein mus, wer unter den leuten
wil leben, weib und kind neeren &c.. Denn es gehoret alles dazu das der
Bauch sein recht habe, und jst eben so notig als essen und trincken.
Aber uber das leret dich Christus, das du jnn diesem allen
gleich wol solt bereit sein, gerne nemen zulassen, ja wolzuthun odder zugeben,
und auch zu leihen wo du kanst und gewalt zu leiden, nicht allein mit gutern,
sondern auch mit deinem leib und leben, wie jm vorigen text gesagt jst, Und
sonderlich alles umb des Hern Christi willen, wo man dir von des Euangelij
wegen zu wil, das du da nicht allein den rock sondern auch den mantel, nicht
allein gut und ehre, sondern auch leib und leben lassest faren, Denn jnn
solchem fal hat es keinen zweivel und kan zwar auch nicht wol ein ander fal
sich zutragen. Denn jnn andern fellen, so zu weltlichen sachen und regiment gehoren,
hastu richter und recht, wo dir unrecht odder gewalt geschicht, die du kanst
anruffen und zu hulff nemen, Kanstu aber nicht recht noch schutz [s. 396] erlangen,
so mustu es auch leiden, wie es denn auch wol die unchristen leiden muessen.
Aber hie mus man auch zu sehen, das man nicht schelcken und
buben rawm lasse, die sich der lere wolten behelffen und furgeben, die Christen
muessen allerley leiden, darumb moeg man jn getrost jnn jre guter greiffen, nemen
und stelen, Und ein Christ muesse schuldig sein mit allem was er hat da zu
sitzen einem jglichen verwegen bueben, das jm alles offen stehe, und muesse jm
geben odder leihen so viel er haben wolle und nicht widder foddern &c.. wie
der schendliche abtruennige Keiser Julianus mit diesem text spottet und nam den
Christen was er wolte, gab fur, er wolte jrs eigen rechten mit jn spielen. Nein
lieber gesel, es gilt nicht also, Das jst wol war das die Christen sollen
bereit sein allerley zu leiden, aber koempstu fur den richter odder dem hengker
jnn die hand, so sihe was er von dir leiden wird. Ein Christ mus es gewarten zu
leiden was jm widderferet von dir und jderman, aber das jst er nicht schuldig,
das er dir deines mutwillens gestatte und rawm lasse, wo ers mit recht und
durch der oeberkeit hulff wehren kan, Und ob jn gleich die oeberkeit nicht
schutzen wil odder auch selbs mit gewalt feret, sol er druemb nicht dazu stil
schweigen, als muste ers billichen.
Also auch hie, ob er wol sol gerne jderman der jn bittet
leihen und geben, doch wo er weis das ein bube jst, jst er jm nicht schuldig zu
geben, denn das heisset mich Christus nicht, das ich sol eim jglichen buben das
meine geben und den meinen und andern entzihen fo es durffen, denen jch on das schuldig
bin zuhelffen, und darnach selbs mangeln und andere beschweren, Denn er spricht
nicht das man einem jglichem geben und leihen sol, sondern dem der uns bittet,
als der es notdurfftig jst &c.. nicht der es mutwillig abdringen wil, als
die sonst wol haben odder sich on erbeit mit ander leut beschwerung neeren
wollen. Drumb solt man hie drauff sehen und wissen was man fur leut jnn einer
stad hette, welche arm und unvermoegen odder nicht weren, und nicht einen
jglichen buben odder landleuffer zu lassen, die kein not haben und sich selbs
wol kuenden neeren. Denn des selben Juncker Unrats gehet jtz uberal viel jm
land jrre die sich dieser leere behelffen wollen und damit auff ander leut gut
zeren und prassen und alles hindurch schlahen und so von einem ort zum andern
streichen: solche sol man zu meister Hansen weisen und anders leren lassen, das
sie nicht jres mutwillens frome leut betriegen muesten.
[2. Kor. 8, 2 ff.] Solchs leret auch S. Paulus .2. Cor .8.
da er selbs eine steure suchet an den Corinthern fur die armen Christen jnn der
theuren zeit, das es nicht [2. Kor. 8, 13] der meinung sol geschehen, das die
andern ruge und sie trubsal haben sollen, [s. 397] das ist das sie muehe und
erbeit haben und selbs mangel leiden solten, das [2. Thess. 3, 6] die andern
einen guten mut von dem jren hetten, Und 2. Thessal .3. gebeut er den Christen,
das sie sich entzihen sollen von solchen die unordig wandeln, sonder ein
jglicher mit stillem wesen erbeiten, sein eigen brod essen und nicht [2. Thess.
3, 10] andere beschweren, Und schleust, das wer nicht wil erbeiten, der sol
auch nicht essen. Darumb wer erbeiten kan, sol wissen das dis Gottes gepot jst,
das er etwas furneme, damit er sich selbs neere und nicht andern beschwerlich
sey, Denn der die es beouerffen sind on das genung, das man dennoch gnug zu [5.
Mose 15, 11] leihen und geben hat, wie die schrifft sagt Deuter .15. ‘Es werden
allezeit armen jnn deinem lande sein’, Denn wir sollen drumb nicht so leihen
und geben, das wirs dahin jnn wind schleudern und nicht sehen wem wirs geben, sondern
sollen vorhin die augen auff thun wer er jst, ob er sey Petens (wie Christus
hie sagt) das jst, ob er benotigt sey und recht bitte, odder ob es ein versucher
odder ein bube sey.
Da gehoret nu deine weltliche person zu, das du hie klug
seyest, weil du unter den leuten wonest und die armen kennest und sehest was du
fur leute krigest und wem du geben solt odder nicht. Sihestu denn das ein rechter
Bitter jst, so thu deine hand auff und leyhe odder borge jm, so er dirs kan
widder geben, Kan er aber nicht, so soltu jm schencken und einen strich durchs
register machen, Als wol frome leute sind, die sich gerne neeren wolten mit
weib und kindern und erbeiten und wjl doch nicht von staten gehen, komen hie
und da jnn schuld und unrat, Fur welche auch ein jgliche stad sol jren gemeinen
kasten und almosen haben und Kirchen diener, die darauff sehen wer solche sind
und wie sie leben &c.. das man nicht den faulen streichern rawm lasse die
leute zubeschweeren.
[Matth. 5, 43–48] Jhr habt gehort das gesagt jst: Du solt
deinen nehesten lieben und deinen feind hassen. Jch sage aber euch: Liebet ewre
feinde, Segnet die euch fluchen, Thut wol denen, die euch hassen, Bittet fur
die, so euch beleidigen und verfolgen, auff das jhr kinder seid ewers vaters jm
himel, Denn er lest seine Sonne auffgehen uber die boesen und uber die guten
und lest regnen uber gerechte und ungerechte. Denn so jr liebet die euch
lieben, was werdet jhr fur lohn haben? Thun nicht dasselb auch die zoelner? Und
so jr euch nur zu ewren brudern freundlich thut, was thut jhr sonderlichs? thun
nicht die zoelner auch also? Darumb solt jr volkomen sein, gleich wie ewer
vater jm himel volkomen jst.
Dieser spruch so Christus hie anzeucht, stehet nicht an
einem ort jm alten testament sonder hin und wider jm fuenfften buch Mose von
jren feinden [s. 398] [5. Mose 23, 6; 25, 19] den heiden umbher, als Moab,
Ammon, Amaleck, Und wie wol nicht aus gedruckt stehet das sie jre feinde hassen
sollen, doch folget es gleichwol daraus [5. Mose 23, 3] als er sagt Deuter .23.
sie sollen den Ammonitern und Moabitern und andern jren feinden nimer kein guts
thun, auch kein glueck noch heil wunschen &c.. Da war nu warlich den Juden
viel zu gelassen und weit eingereumet, haben sich auch wol drein gewickelt,
Aber gleich wie jnn andern, so haben sie dis auch nicht recht verstanden
sondern zu weit gegriffen und zu alle jrem mutwillen missebraucht, Darumb
deutets hie Christus anders und zeiget jn den rechten verstand des gesetzes,
welchen sie liessen ligen und dafur solche sprueche erfur zogen, die da scheineten
fur sie lauten, das sie jren thand damit bestetigten.
Hie fasse nu abermal den unterscheid, Erstlich das er allein
redet was die Christen als Christen thun sollen, sonderlich umb des Euangelij
und jres Christenthumbs willen, Als wo mich jmand hasset, neidet, lestert odder
verfolgt umb Christus und des himelreichs willen, sol ich nicht widder hassen, verfolgen,
lestern und fluchen sondern lieben, wolthun, segenen und fur jn bitten, Denn
ein Christen ist ein solch mensch, der gar kein hass noch feindschafft widder
jmand weis, keinen zorn noch rache jnn seinem hertzen hat sondern eitel liebe,
sanfftmut und wolthat, Gleich wie unser Herr Christus und sein himelischer
vater selbs ist, welchen er auch hie zum exempel setzet.
So fragt sichs nu, Was sol man denn dazu sagen das man offt
jnn der schrifft lieset das auch die heiligen leute jren fejnden geflucht
haben, auch Christus selbs und seine Aposteln: Heisst das die feinde lieben und
segenen? Odder wie kan jch den Babst lieb haben, den jch teglich schelte und
fluche, und auch billich? Antwort auffs einfeltigst: Jch habe offt gesagt das
das predigampt nicht unser ampt sondern Gottes jst; Was aber Gottes jst, das thun
wir nicht sondern er selbs durch das wort und ampt als sein eigen [Joh. 16, 8]
gabe und geschefft. Nu stehet geschrieben Joh .16. Des heiligen geists ampt und
werck sey das er sol die welt straffen, sol er sie aber straffen, so kan er jr
nicht heucheln noch gnad juncker heissen und sagen was sie gerne hoeret, [Matth.
23, 13] sondern mus sie schelten und ubel anfaren, wie Christus uber seine
Phariseer [Apg. 13, 10] Weh schreiet und Paulus zu Elima Act. 10. ‘Du Teuffels
kind vol aller [Apg. 7, 51] schalkeit’ &c.. und Stephanus auch Act .7. den
hohen priestern ein harten [Gal. 1, 8. 9] scharffen text lieset, Und sonderlich
S. Paulus Gal .1. schuttet es gar auff einen hauffen aus und heisst sie alle
Anathema, das jst verbannet und verflucht und jnn abgrund der helle gesteckt,
die nicht die reine lere vom glauben leren.
Sihe Also thut Gottes wort, das es die gantze welt antastet,
greifft beide herrn und fuersten und jderman jns maul, schilt und verfluchet
alle jr [s. 399] wesen, welchs mir und dir als einzelen Christen ausser dem
ampt und der [Ps. 2, 10 ff.] lere nicht zimet, Also thar Davidt jm andern Psalm
her faren und allen Koenigen und herrn sagen das sie dencken und sich
demuetigen und zu fusse fallen der lere von Christo, lassen sich straffen und
anders leren odder sollen kurtzumb verdampt zum teuffel gestossen werden: Das
durffte jch nicht thun, aber Gottes wort gehet also, donnert und blitzet und
sturmet widder grosse mechtige berge und schlegt drein, das es raucht,
zuschmettert alles was gros, [Ps. 29, 5 ff.] stoltz, ungehorsam jst, wie
Psalmus 29 sagt, Und widderumb als ein fruchtbarer regen begeusst und feuchtet,
pflantzet und stercket was matt und kranck jst als arme duerre pflantzen.
Wenn nu jemand wil zufaren und umb sich beissen mit fluchen
und schelten nicht als ein Lerer und prediger, dem Gottes wort befolen zu
furen, der thut unrecht, Welchem aber solch ampt befolen jst, der sol und mus
es [Jes. 58, 1. 13] thun und thut auch unrecht, wenn ers nachlesset odder aus
furcht das maul nicht getrost auffthut und straffet on ansehen der person was
zu straffen jst, Als wir jtzt unsern Bisschoven mussen sagen das sie tyrannen
und boeswicht sindt, die offenlich mit allem frevel und mutwillen widder Gott
und recht handlen, Denn das thu ich nicht von mir selber sonder von meines
ampts wegen, Sonst sol jch fur meine person keinem menschen auff erden kein
boeses wundschen noch sagen, sondern widderumb jderman alles guts wundschen, reden
und thun, Denn so feind bin jch dem Bapst, Bisschoven und allen feinden nicht,
die uns verfolgen und alle plag an legen: was jn Gott gibt von zeitlichen
gutern, gewalt und ehre, das gonne ich jn hertzlich wol, wolte sie auch gerne
helffen dabey erhalten, ja noch das viel lieber dazu gonnen das sie auch jnn
geistlichen guetern, darinne wir sind, reich weren und keinen mangel hetten,
Und were unser hertzliche freude, wo wir sie kondten mit unserm leib und leben
erzu bringen und aus jrer blindheit und teuffels gewalt reissen und retten.
Aber weil sie des schlecht nicht wollen noch etwas guts so
wir jn anbieten von uns leiden odder annemen koennen, so muessen wir auch sie
faren lassen und sagen: Wens ja sol sein das deren eines untergehen sol, Gottes
wort und Christus Reich odder der Bapst mit alle seinem hauffen, so gehe er
lieber jnn abgrund der helle jnn seines Gotts des teuffels namen, das nur Gottes
wort bleibe. Sol jch eines segen und preissen odder fluchen und verdammen, so
segene jch Gottes wort und verfluche sie mit allem was sie haben, Denn jch mus
Gottes wort uber alle ding setzen und leib und leben, der welt gonst, gut, ehr
und alles heil daran zusetzen, das jch das selbige erhalte und bey Christo
bleibe als meinem hochsten schatz jm himel und erden, Denn [s. 400] es mus ja
der zweyer eins geschehen das entweder Gottes wort bleibe und sie sich da zu
schlahen odder, wo sie nicht wollen gnad und guts und alle selickeit haben, so
sollen sies auch nicht unterdrucken.
Also kan sich ein Christ leichtlich jnn die sachen richten,
das er sich beide gegen feind und freund recht halte und jderman liebe, segne
&c.. wo es des nehesten person betrifft, Aber doch daneben, was Gott und
sein wort angehet, nichts lasse zu nahe geschehen, sondern dasselb uber und fur
alles setze, alles drueber zusetze, niemand angesehen, es sey freund odder
feind, Als das nicht unser noch des nehesten sondern Gottes selbs sache jst,
dem wir schuldig sind fur allen dingen zugehorchen. Darumb sage ich zu meinen ergesten
feinden: soviel meine person betrifft wil ich dir hertzlich gerne helffen und
alles guts thun, ob du mir gleich feind bist und eitel boeses thust, Aber was
Gottes wort belanget, da soltu keiner freundschafft noch liebe gewarten, das
ich dawidder thun solt, ob du auch mein nehester bester freund werest, Sondern
weil du dasselb nicht leiden wilt, so wil ich solch gebet und segen uber dich
sprechen, das dich Gott zuschmettere jnn die erden. Gerne wil ich dir dienen,
aber nicht dazu das du Gottes wort wilt umbstossen, da soltu mich nicht zu
bringen noch vermoegen das ich dir einen trunck wassers solt geben. Summa,
menschen sol man lieben und dienen, aber Gott uber alles, das wo man die selbe
hinderen odder weren wil, da gilt keine liebe noch dienst mehr, Denn es
heisset: deinen feind soltu lieben und guts thun, Aber Gottes feinden mus ich
auch feind sein, das jch nicht mit jn widder Gott anlauffe.
So hat er nu dis stuck auch widderlegt widder der juden
wahn, die der schrifft eine nasen dreheten, als moechten sie wol jrem feinde
widder feind sein, Und das gesetz so verkleret, das sie gar keinen feind sollen
haben, dem sie feind seien, ob gleich Moses gesagt hatte, das sie mit etlichen
fremden heiden solten keine freundschafft haben und machen, welche nicht sie
sondern Gott sonderlich ausgezogen hatte als seine feinde, Aber das sie selbs
fur feinde hielten welche sie wolten und den selben fluchten, verfolgten und
plagten, das ist Moses meinung nicht gewesen. Denn auch Salomo, als der Mosen
recht [Spr. 25, 21] verstanden und ausgelegt hat, spricht also: ‘Wenn deinen
feind hungert, so [Röm. 12, 20] speise jn, duerstet jn, so trencke jn’, welchen
spruch auch S. Paulus Rom. 13. anzeucht, Denn seinen feind hassen gehort zu
einer gemeinen personen und ampt von Gottes wegen, Aber das gebot ‘Du solt
deinen nehesten lieben als dich selbs’ gehet uber den gemeinen hauffen und
einen jglichen durch und durch.
Sihe aber wie hoch er das ziel steckt, das er nicht allein
die straffet, die den feinden boeses thun, sondern auch die nicht lesset from
sein, die da lassen anstehen jn guts zuthun, wo sie es duerffen. Denn er
spricht zun [s. 401] ersten ‘Liebet ewere feinde’, Lieben aber heist ein gut
hertz tragen und alles gutes goennen, von hertzen freundlich und guetig und
suesse sein gegen einem jglichen, nicht lachen zu seinem schaden odder
unglueck. Des gleichen wil er das auch mit worten geschehe, als er spricht
‘Segnet die euch fluchen’ &c.. Das man auch kein boese wort widder sie
lasse faren, ob sie uns gleich auffs ergest schelten, lestern, schenden und
verfluchen, sondern eitel guts reden und wuenschen. Da her komet das feine
Christliche wort, so ettliche frome leut furen, wo sie hoeren das jn jmand hat
unrecht gethan odder ein bubenstueck beweiset, das sie sprechen: Vergebe jms
Got, als klagend und aus mitleiden, die nicht mehr wuenschen denn das jm solchs
fur Gott nicht schade: Das heist eine gute zunge widder andere boese zungen,
das beide mund und hertz eitel liebe erzeigen.
Darnach zum dritten wil er das man solch hertz auch mit dem
werck beweise und mit allerley freundschafft und gutthat und spricht ‘Thut wol denen
die euch hassen’. Dis jst aber gar ein seltzame tugent und ein solche lere, die
warlich fur die welt gar nicht dienet und zwar der natur gantz unmueglich jst,
das man solte eitel guts fur allerley boesheit geben und hin schuetten und sich
keine bosheit noch schendlichen undanck uberwinden [Röm. 12, 21] lassen sondern
das boese mit gutem uberwinden und dempffen, wie S. Paulus sagt; Druemb hat er
zuvor bedinget das wer Christi juenger wil sein und jns himelreich komen, der
muesse ein ander bessere gerechtigkeit haben denn die Phariseer und Juedischen
heiligen.
Das vierde stuck aber ‘Bittet fur die, so euch beleidigen
und verfolgen’ gehet mehr auff unser lere und glauben denn auff unser person
und leben, Denn das sie uns verfolgen geschicht umb Gottes wort willen, das sie
wollen recht haben und wir sollen unrecht haben, Da gehoret zu das wir sollen bitten
und Gotte die sache befelen, weil wir auff erden kein Recht noch richter finden,
Und weil wir sehen das die uns verfolgen nicht allein widder uns sondern widder
Gott selbs anlauffen und jnn sein reich greiffen und nicht uns sondern jn selbs
den grossten schaden thun und jnn Gottes zorn und urteil gefallen sind, sollen
wir uns mehr jr erbarmen und fur sie bitten das sie aus der blindheit und
schrecklichem urteil komen mochten. Denn es kan uns doch niemand kein leid
thun, er mus zuvor viel einem grossern herrn gethan haben, nemlich der hohen
maiestet jm himel.
Doch das auch so fern, das es ausser dem ampt gehe und das
selbe nicht hindere, auff das man, wie jch jmer gesagt habe, wol unterscheide
die lere so jnn gemein eines jglichen person betrifft, von der lere, welche
denen so jm ampt sind gehort, es sey geistlich odder weltlich, welchs sein
werck hat, das es straffen und dem boesen weren mus: Darumb ob sie wol fur sich
guetig [s. 402] sind, so mus doch recht und straffe als jres ampts werck auch
gehen Und were nicht recht das sie dasselb als aus barmhertzigkeit wolten
anstehen lassen, Denn das were zum boesen geholffen, gesterckt und rawm geben,
Als wenn jch zu unsern feinden, Bapst, Bisschoven, Fursten und wer sie sind,
die das Euangelion und die armen leut so daran hangen verfolgen und mit fussen tretten,
wolt also sagen: Lieben herrn, lohne euch der liebe Gott, jr seid frome leut
und heilige veter &c.. odder wolt schweigen und sie anbeten odder die fusse
kuessen &c.. Nein lieber bruder, Es heisst also: Jch bin ein prediger, der
da sol zeene jm maul haben, beissen und saltzen und jnen die warheit sagen, und
wenn sie nicht wollen horen, jnn bann thun, den himel zuschliessen und hellisch
feur zu orden und dem Teuffel geben von Gottes wegen &c..
Wer nu solch ampt hat zustraffen, schelten &c.. der thu
es, Aber ausser dem ampt halte sich ein jglicher diser lere, das du nicht
scheltest noch fluchest, sondern alles guts wunschest und erzeigst, ob er
gleich boeses thut, und also die straffe von dir schiebest und befehlest denen
die das ampt haben, Denn er wird doch wol seinen richter finden, der es jm
nicht schencken wird, ob du dich gleich nicht rechest noch zu rechen suchest,
Denn Gott wil keines mutwillen ungestrafft lassen sondern selbs rechen an
unsern feinden und jn heimschicken [5. Mose 32, 35] was sie an uns verdienet,
wie er selbs spricht ‘Mein ist die rache, ich wils [Röm. 12, 19] vergelten’
Daraus Sanctus Paulus die Christen vermanet Roma .13. ‘Rechet euch selber
nicht, sondern gebt rawm dem zorn Gottes’, Mit welchen worten er nicht allein
leret sondern auch troestet, Als wolt er sagen: unterwindet euch nicht ein
ander zu rechen, fluchen und ubels wunschen, Denn wer dir leid odder schaden
thut, der greiffet jn ein ampt das nicht sein ist, als der sich unterwindet
dich zu straffen odder leid zu thun on befehl, ja widder Gottes befelh. Wenn du
nu auch so thuest, so greiffest du auch jnn Gottes ampt und sundigst eben so
schweer widder jn als jener, Darumb halt deine faust stille und gib rawm seinem
zorn und straffe und las jn machen, als ders nicht wil ungerochen lassen und
herter straffet denn du begeren magst. Denn er hat nicht dich sondern viel
hoeher Got selbs angetastet und ist schon jn seinen zorn gefallen, dem wirt er
nicht entlauffen, wie jm denn noch keiner entlauffen ist. Was wiltu den zurnen,
weil schon Gottes zorn, der unmesslich groesser und schwerer ist denn aller
welt zuernen und straffen, uber jhn angangen ist und bereit hoeher gerochen
denn du dich rechen kuendest? Und hat dir noch nicht das zehend teil so wehe
gethan als jm. Warumb wiltu denn viel fluchen und rechen, weil du sihest das er
jnn solchem schwerem urteil ligt, das du dich viel mehr seines jamers erbarmen
solt und fur jn biten das er mochte eraus komen und sich bessern &c..?
[s. 403] Und diese lere zubestetigen und ein zu bilden gibt
er zwey exempel: Zum ersten das er spricht ‘Auff das jr kinder seyet ewers
vaters jm himel, Denn er lest seine sonne auff gehen uber die boesen und uber
die guten und lest regnen uber gerechte und ungerechte’, Als solt er sagen:
Wolt jr rechte kinder heissen den vaters jm himel, so lasset euch sein exempel
bewegen, das jr auch also lebt und thut wie er. Wie thut er aber? Er lest seine
sonne teglich auffgehen und regenen beide uber die fromen und boesen. Da hat er
mit kurtzen worten gefasset alle wolthat die Gott der welt auff erden erzeigt, als
er die zwey stuck setzet, die sonne und den regen. Denn wo die zwey odder der
selben eines nicht were, so were die gantze welt lengest wuest, verdorben und
vergangen. Wenn die sonne nicht teglich auffgienge, so kund man keinen tag
nicht erbeiten, sondern musten alle thier, dazu alle bewme, kraut und gras fur
frost verderben, Darumb gibt allein die sonn den nutz, des die welt vol ist und
nicht bezalen kan, das alle thier und mensch sein narung suchen kan, und dazu
hitze und werme, das es lebend bleibt, wechset, zunimpt und nicht vergehet.
Summa Es jst nicht aus zu zelen was Gott alle stund und augenblick durch die
sonne fur wolthat gibt, Ja wo jst jemand der solchs erkennet odder dafur
dancket?
Aber ob wol Gott durch die sonne alles gibt, schafft und
erhelt, so mussen wir doch auch den regen haben, Denn wo sie jmer schiene, so
wurde zu letzt alles fur hitze verdorren und verschmachten und kunde kein
futter noch getreide fur die thier noch menschen wachsen. Darum hat ers mit dem
regen temperirt, das es wider zu sich selbs kome und also bey seinem safft und
krafft bleibe. Also sind nu jnn den beiden gefasset die vier stuck so zum leben
gehoeren, welchs die Philosophi heissen primas qualitates, kalt, warm, trocken
und feucht, das keines on das ander sein mus, denn wenns eitel kelt were odder
widderumb eitel hitze, so were es kein leben. Nu bringt die sonn zwey stuck,
hitze und trocken, des gleichen der regen auch zwey, das es kalt und feucht
sey. Also gibt Gott der gantzen welt teglich leib und leben und allerley
notdurfft, nutz und brauch desselben auffs aller reichlichst und gar umbsonst
seinen feinden so wol als freunden, ja er regenet wol am meisten jnn einen
wuesten, wilden wald und wasser, da es gar kein nutz jst, und lesst seer
sperlich regen, da frome leut wonen, Ja er gibt den bosesten buben die besten
Konigreich, land und leut, gelt und gut, den fromen aber kawm das brod zu
essen.
Weil uns nu Gott solch exempel allenthalben jnn der weiten
welt fur die augen stellet, eben als wolt er damit uns vermanen und zu uns
sagen: Weistu nicht was ich fur ein man bin und dir fur guts thue? so frage
sonn [s. 404] und mond und regen darumb und alles was kalt, nass, warm odder
trucken ist, so wirstu sehen nicht allein unzelige wolthat, die ich meinen
Christen sondern auch viel mehr den boesen erzeige, die mirs keinen danck
wissen, sondern zu lohn meinen son und frome Christen auffs hoechste verfolgen,
Also das du dich mussest schemen, wenn du die sonne ansihest, als die dir
teglich solchs fur predigt, ja auch fur einem bluemlin odder bawm blat auff dem
feld, Denn es stehet jnn allem laub und gras geschrieben und ist kein voegelin,
ja kein fruechtlin, keine beer, kein koernlin so klein, das dir solchs nicht
zeige und spreche: Wem trage ich meine schone frucht odder beer? Den ergesten schelcken
und buben auff erden. Was zeihestu dich denn, das du so gar keine liebe zu Gott
noch wolthat gegen dem nehesten jnn deinem leibe hast und nicht auch ein wenig
gegen andern so erzeigest, weil er dir on unterlas so viel guts thut durch alle
creaturn?
Nu ist noch kein mensch auff erden der das hunderteste teil
soviel leide von boesen buben, als er teglich leiden mus, nicht allein damit
das man seiner guter und aller creatur missbrauchet zu eitel sunden und
schanden, sondern viel mehr das eben die selben, die solcher guter am aller
meisten haben, als Koenige, herrn und Fursten, die sind jm und seinem wort so
feind als dem Teuffel selbs, das sie es gerne, wo sie kundten, auff ein mal
ausrotteten, sturmen on unterlas mit eitel schenden, fluchen, lestern und dar
zu mit der faust dawidder, das niemand auff erden ist, den man mehr hass und
neid sampt allerley schalckheit und tuecke beweiset denn seinen Christen. Nu
das mus er von aller welt leiden, noch ist er so from und lest jn teglich die sonne
scheinen und aller seiner wolthat uberfluessig genissen, die doch viel mehr werd
weren nicht einen strohalm noch ein augenblick liechts zu haben, sondern das er
on unterlas eitel hellisch feur lies uber sie regen und mit stralen, hagel,
spiessen und buchsensteinen auff sie schlacken und schlossen. Das mag ja ein
fromer vater heissen, der solche verzweivelte boeswicht lest soviel guts, land,
leut, fruchte und gut wetter widderfaren und aller dinge herrn und junckern
sein jnn seinem gut, das jn sonn und mond sampt allen creaturn dienen mus, und
sich lassen missbrauchen zu allem jrem mutwillen und bosheit widder Gott.
Wollen wir nu des vaters kinder sein, so solten wir ja solch hoch exempel uns
lassen bewegen, das wir auch also lebten.
Das ander exempel ist von den boesen buben und moerdern
unternander selbs, Die konnen auch die kunst das sich einer zum andern helt und
mit einander guter ding sind, ja setzen zu samen leib, gut und leben und sind doch
nur dazu gericht, das sie den leuten leid thun, rauben und morden und solchs
allein umb zeitlichs ungewissen guts willen, Darumb sollet jr euch ja [s. 405] billich
schemen (wil er sagen), die jr Christen und Gottes kinder heisset und gen himel
wollet und so ein fromen trewen vater habt, der euch alles guts verheisset und
gibt und doch nichts fromer seid denn rewber und morder und allen bosen buben
auff erden gleich. Denn es sind noch keine jhe so boese gewest, die nicht
unternander liebe und freundschafft gehalten haben, wie kund sonst jr wesen
bestehen? Denn auch die Teuffel jnn der helle konnen selbs [Matth. 12, 25 f.;
Luk. 11, 18] nicht widdernander leben, sonst wurde jr reich bald zustoeret, wie
auch Christus selbs sagt.
Sihe nu, wie from bistu, wenn du nur deinen freunden
freundlich und hold bist? Du bist dennoch so from als diebe und schelcke, huren
und buben, ja als der Teuffel selbs, Noch gehestu daher, bist sicher und
meinest, du seyest wol dran, und kanst dich noch herrlich schmucken und
rhuemen, als werestu ein Engel, Wie unsere Rotten geister jtzt rhuemen von
grosser liebe die sie unternander haben, das man daraus musse spueren das der
Heilige geist bey jn sey. Was thun sie aber? sie liben jr eigen rotten
geschmeis, daneben sind sie uns spinnen und mordlich feind, die wir jn doch
kein leid gethan haben, Das man freilich wol spueret was sie fur ein geist
haben und wol rhumen moegen das sie dennoch soviel lieb haben als buben,
schelcke und morder, dazu die Teuffel selbs unternander. Mit der weise wuerde
kein mensch auff erden boese sein, Denn es ist ja keiner so verzweifelt boese,
er mus jemand zu freund haben, wie kund er sonst unter den leuten leben, wenn
er sich mit allen leuten solt beissen und fressen? Wenn du nu hie auch woltest
schliessen, der liebet seine freunde, darumb ist er from und heilig, So mustu
den Teuffel und alle die seinen zuletzt auch from machen. Darumb wil er schliessen
widder die phariseische heligen, das alles eitel buberey ist was sie leren von
der liebe &c.. Und leret sie das blat umbkeren und die schrifft recht ansehen,
wo sie wollen Gottes volck sein, das sie sehen und erzeigen die liebe gegen jre
feinde, damit kunten sie beweisen das sie eine rechte liebe hetten und Gottes
kinder weren, wie er seine liebe beweiset den feinden und undanckbarn.
[2. Mose 23, 4] Denn solchs hat auch Mose selbs klar gesagt,
als Exodi 23. ‘Wenn du deines feinds ochsen odder esel begegnest, das er jrret,
so soltu jm den selben [2. Mose 23,] widder zu furen’, Jtem wo er unter der
last ligt, soltu jm widder auff helffen &c.. Jnn dem solten sie ja gefunden
haben das sie auch jre feinde schuldig weren zu lieben, wenn sie den text
hetten angesehen und nicht daruber hin gefladdert, wie jtzt unser blinden lerer
uber die schrifft fladdern. Denn weil er heisset einen esel odder ochsen der
des feinds ist widder bringen und auff helffen, so wil er viel mehr solchs
gethan haben, wo er selbs jn fahr ist seins leibs, guts, weibs, kinds &c..
Und ist jnn summa soviel gesagt: Du [s. 406] solt seines schadens nicht begeren
sondern den selben verhuten, und wo du kanst jm zu frumen helffen und foedern
&c.. Damit kanstu jn zu letzt bewegen und mit gutthat uber winden und
erweichen, das er dich widder mus lieb gewinnen, weil er kein boeses sondern
eitel liebe und alles guts von dir sihet und erferet.
Also beschleust nu Christus dis Capitel auff solche lere und
exempel [Matth. 5, 48] und spricht: Darumb solt jr volkomen sein, gleich wie
ewer vater jm himel volkomen ist. Hie haben unsere Sophisten viel getreumet von
der volkomenheit und alles auff jre orden und stende gefuret, als seyen pfaffen
und monche alleine jm stande der volkomenheit und je einer hoeher den der
ander, die Bischove hoeher denn die andern, aber der Bapst am aller hoehesten. Damit
ist dis wort gar von dem gemeinen Christen stand gerissen, als kunden sie nicht
volkomen heissen und sein, Aber hie horestu das Christus nicht redet mjt
Bischoven, monchen und nonnen sondern jnn gemein mit allen Christen, die seine
schuler sein und Gottes kinder heissen wollen, nicht den zoelnern und boesen
buben gleich, wie die phariseer und unsere geistlichen sind.
Wie geschicht aber das das sie volkomen seyen? Antwort
kurtzlich (denn anderswo hab ich weiter davon gehandlet): Also konnen wir nicht
volkomen sein noch werden, das wir keine sunde haben, wie sie von der
volkomenheit treumen, Sondern das heisset volkomen sein hie und allenthalben jnn
der schrifft, das erstlich die lere gantz rechtschaffen und volkomen sey und darnach
das leben sich auch darnach richte und gehe, Als hie diese lere ist das man
nicht allein die so uns gut thun sondern auch unsere feinde lieben [25, 26]
sol. Wer nu solchs leret und nach solcher lere lebt, der leret und lebet
volkomen.
Aber der Jueden lere und leben ist beides unvolkomen und
unrecht, weil sie leren nur jre freunde lieben und dem nach auch leben, Denn
das ist eine gestueckte odder geteilte und nur ein halbe liebe. Er aber wil ein
gantze, runde, ungestueckte liebe haben, das man dem feind so wol liebe und
guts thue als dem freund. So heisse ich ein rechter volkomener mensch, der die lere
fein rund hat und helt, Ob aber das leben nicht hernach so starck jm schwang
gehet, wie es denn nicht gehen kan, weil fleisch und blut on unterlas hindert,
das schadet der volkomenheit nichts. Allein das man darnach strebe und darinn
gehe und teglich fortfare, also das der geist uber das fleisch meister sey und
das selb jm zawm halte, unter sich zwinge und zuruck zihe, das es nicht rawm
kriege widder diese lere zu thun, Also das ich die liebe jnn rechter
mitelstrasse, gegen jderman gleich gehen lasse, das sie keinen menschen
ausschlage, So habe ich die rechte Christliche volkomenheit, die nicht jnn
sonderlichen emptern odder stenden stehet, sondern allen Christen [s. 407] gemein
ist und sein sol Und sich artet und richtet nach dem exempel des himelischen
vaters, der seine liebe und wolthat nicht stuecket noch teilet, sondern alle
menschen auff erden zugleich der selben geniessen lest durch sonne und regen,
keinen ausgeschlossen, er sey frum odder boese.
Ende des funfften Capitels Matthei.
Bis her hat der Herr Christus gestraffet die falschen lere
und auslegung der Schrifft, dadurch die leute allein dahin gefurt sind das sie
mit der faust nicht sundigen, aber das hertz jnwendig gar unrein ist blieben,
Und hat dagegen den rechten verstand der Schrifft und Gesetzes gezeigt und
ausgestrichen, Nu aber greifft er nach der lere auch das leben an und straffet
jre gute werck und lest jn also nichts gut sein weder lere noch werck, so sie
doch ja als heilige leute die Schrifft teglich lereten und gute werck thaten,
das man sie hielte fur den besten kern des gantzen Juedischen volcks und fur
die heiligsten auff erden und alle welt auff sie sehen muste als jren spiegel
und exempel, darnach sie leben solten, Wie man bis her die rechte lere und
leben nirgend hat wissen zu suchen on bey unsern geistlichen pfaffen und
monchen und doch jtzt auch durchs Euangelion gestrafft werden, das jderman
sihet das sie weder recht geleret noch gelebt haben sondern sich und die leute
verfurt und betrogen.
Nu ists jhe ein verdriesliche predigt, die so jnn die welt
kompt, das sie kurtzumb solchen heiligen leuten nichts lesset recht noch gut
sein, damit sie wol verdienet das man jhr feind wird und jnn der welt nicht
leiden wil,
[s. 408] Aber der Heilige geist schewet sich nichts dafur,
sondern feret fort, wie sein ampt ist, wo er hin kompt, das er beides straffe,
Wie denn eins mit dem andern mus gestrafft sein, Denn das ist war, wo die lere
nicht recht ist, da ists unmueglich das das leben solt recht und gut sein,
welchs sich durch die lere mus lassen anrichten und nach derselben gehen,
sondern was man darnach thuet und treibt, das sind doch eitel abwege und jrr
genge Und soviel deste erger, das gleich wol jmer der schein und wahu bleibt,
als sey es die rechte Goettliche lere, die gen himel weise und fure, und die
wercke den namen haben das man sie gut heisset und doch nicht weiter sihet denn
auff die faust. Wie sie denn gemeint haben, es were gnug damit und wol gelebt,
wenn sie nur die werck theten, viel almosen geben, fasteten und betten,
unangesehen wie das hertz gegen Gott stunde, Und da zu den schendlichen tueck
und unflat an sich hatten, das sie es nur darumb thatten, auff das sie von den
leuten gesehen wurden und fur der wellt ehre und rhum davon hetten, Darumb es
hie Christus taddelt und gar verwirfft.
Und zum ersten straffet er jr Almosen, welchs doch das beste
werck ist unter allen eusserlichen wercken, Denn es ist nichts anders denn den
armen und durfftigen helffen und begreifft nicht allein ein stuck brods einem
bettler fur der thur gegeben sondern allerley wolthat und allerley gute werck
gegen dem nehesten, Denn das woertlin Almosen ist von dem Griechischen wort Eleemosyna
gemacht, welchs heist barmhertzigkeit, wie wirs auch sonst nennen wercke der
barmhertzigkeit, Daher auch die schrifft solche werck preiset uber alle ander,
auch die gegen Gott geschehen, als opffern, beten &c.. wie Christus [Hos.
6, 6] selbs sagt aus dem propheten Osea ‘Jch habe gefallen an barmhertzigkeit [Jes.
58, 3 ff.] und nicht am opffer’, Jtem Esaie .58. straffet er das sie jn weh
thaten mit fasten und casteyen des leibs und foddert solche werck, das sie
sollen den armen wolthun, die hungerigen speysen, die nacketen kleiden &c..
Wie gehets denn zu, das er hie die Phariseer straffet umb solches guten wercks willen?
Antwort: Er straffet das werck nicht sondern jre meinung und
gesuch jnn solchem werck, Denn das werck were an jm selbs wol gut, aber das
verderbts das sie jren unflat dran schmiren, weil sie nur jren rhum und ehre fur
den leuten damit suchen, nicht umb Gottes noch des nehesten willen, Darumb
stellet er ein kurtzs stracks urteil, das alle solch Almosen, wie gros, viel
und koestlich es sein mag, umb sonst und verloren sey.
Wer gleubt aber das solch laster und untugent so gemein ist
jn der wellt und allermeist bey den aller besten und wie wenig dere sind, die
on solch gesuch weltlicher ehre odder gunst gute werck thun? Nim alle Almosen jm
gantzen Bapstum geschehen und zele wieviel du jr findest die nicht solcher meinung
gegeben sind, Ja die wellt kompt nimer mehr dazu das sie erfare [s. 409] was da
sey recht Almosen geben, Denn wir sind doch alle so geschickt, wenn uns die
leute nimer begunden zu loben odder ehre, danck und gonst zu erzeigen, wurde
ein jglicher bald die hand zu ruck ziehen, Denn wenn der Babst zu den Fursten
und Stifftern hette gesagt: Lieben herrn, ich gebe euch nicht einen heller fur
alle ewer stifften und Almosen &c.. was meinestu das sie wurden zu kyrchen
und sonst gegeben odder gestifftet haben? Nicht einen stein hetten sie dazu
furen noch legen lassen, wie man jtzt sihet, weil man recht leret und vermanet
zu solchen wercken, das man umb Gottes willen aus reinem einfeltigen hertzen
sol geben on alles gesuch eigner ehre odder verdiensts &c.. da ist niemand
der einen heller wil geben, Aber vorhin, da man lob und ehr davon hatte, da
schneyet es zu mit almosen, stifften und testamenten, Und wie wol das auch viel
dazu halff das man die meinung hatte den himel da mit zuverdienen, Doch ist das
nicht der rechte grund gewest sondern eigentlich der, davon hie Christus sagt,
das es fur den leuten gros gehalten und gepreiset ward, sonst hette mans nicht
angesehen das mans umb Gottes odder des himelreichs willen solt gethan haben.
Das mercket man dabey wol, wie gesagt, wenn man jtzt die
leut auffs hoechste locket und vermanet zu solchen guten wercken und machets so
koestlich als man jmer kan, das es Gott hertzlich wol gefellet sampt allen
Engeln jm himel und dazu hundertfeltig vergelten wil, noch wil niemand hinan:
Waran manglets denn? Allein daran das man nicht mehr sol lob und ehr, danck und
lohn fur der wellt davon haben. Weil der kopff abgehawen ist, so wil der leib
auch nicht mehr folgen, Wenn aber das heubt widder lebendig wurde, so wurde es
bald auch widder jnn vollem schwang gehen wie zuvor, da es also gieng: Wenn ein
reicher Furst soviel zu einem Closter gab, da kamen sie alle und sagten Deo
gratias und verhiessens mit jrem gebet und Gottes dienst zuverdienen, das
mueste man aus schreyen auff allen predigstuelen und alle welt sagen: O das ist
ein koestlich werck. Also ist es jm Bapstum durch und durch gangen, ob jr wol
wenig muegen gewest sein, die Gott rechtschaffen gefunden hat. Sihe dis ist ein
gewisse anzeigung, das solchs allein darumb geschehen ist, das man danck, ehre
und preiss damit verdienet.
Zu dem hastu auch diss warzeichen, das solche heiligen bald
zornig werden und zuruck zihen, wenn sie undanck odder verachtung fulen, Denn
wo sie es nicht aus der ursach theten, wurden sie sich solchs nicht lassen
entrusten noch darumb unter lassen sondern fort faren und sagen: Jch habs
darumb nicht angefangen, darumb auch nicht gelassen, Sondern Gott zu ehren und gefallen
wil ichs thun, ob mir gleich niemand dafur ein gut wort nach sagte. Wenn du
aber so einher scharrest: Soviel habe ich diesem gethan, das ist schon
vergessen und ist kein danck jnn leuten &c.. Jch wolt jm gerne das hertz [s.
410] jm leibe mit geteilt haben, aber weil ich sehe das es sol verloren sein
und sich so undanckbar erzeigt und sol muehe und erbeit umb sonst gethan haben,
so lies ich jn hellisch fewer haben, das ich jm ein heller odder die ringe vom brod
wolt geben. Sihe da kucket der schalck erfur und zeigest mit dein eigen worten
warumb du du es thuest, nemlich das man dich anbeten und feyren sol und ehren
als einen Gott, Wie man jtzt sihet an etlichen grossen Scharrhansen, wie sie
zuernen und verweisen konnen, wenn man jn nicht allzeit zu danck thuet odder
sagt was sie gerne hoeren, das sie auch Fursten und herrn damit trotzen und
jderman gefangen wollen haben.
Sihe das ist die schendliche unart der guten werck und die
gemeine plag jnn aller wellt, das niemand etwas guts thut on solch eigen
gesuch. Denn die wellt kan aus dem wahn und sinn nicht komen noch undanck
leiden und uberwinden, Daher sind auch die Monche komen, die jnn die wuesten
sind gelauffen, weil sie zuschwach gewesen solchs zuleiden das sie solten jnn
der welt sein, jderman helffen und guts thun und nichts den verachtung,
schaden, schimpff und undanck zu lohn kriegen. Aber welcher Teuffel heist dich
auch solche werck thun der meinung das du der welt ehre und gunst suchest
zuverdienen, welche doch ungewis ist und bald hinfallen und sich wenden kan,
Und legest sie nicht besser an, nemlich an Gott, da sie dir nicht kan verloren
sein, der sie dir reichlich vergelten wil beide hie und dort, Und geschicht dir
auch eben recht, weil du ein solcher schelm bist und nichts mehr suchest denn
das dich die leut anbeten und dich damit zu einem Gott machest. So kan er fein lassen
die welt und Teuffel so mit dir umgehen, das sie dir die Gottheit nemen und jn
dreck fellen, da sie auch ligen sol, Denn weil du Gott jnn sein stul tharst
sitzen und jnn sein ehre greiffen, so sturtzt er dich billich widder erab, das
du fur die gestolene ehre alle schande zu danck habest. Darumb ists ja ein
schendlich ding umb die wellt, sie sey from odder bose, so taug sie doch nirgend
zu, denn sie wil entwedder gar ein offentlicher Teuffel sein, mit boesen
wercken, odder wil selbs Gott sein mit guten wercken, und ist doch keines nicht
zuleiden. Darumb kan niemand kein gut werck thun, er sey denn ein Christen,
denn thut ers als ein mensch, so thut ers nicht umb Gottes, sondern seiner
eigen ehre und genies willen, odder ob er gleich Gottes ehr furwendet, so ists
doch erlogen und erstuncken.
So wil nu Christus leren wie man recht Almosen sol geben,
und spricht: Wenn du Almosen gibst, soltu nicht lassen fur dir posaunen und
ausruffen mit grossen schall, das es eine gantze stad musse wissen und davon sagen,
gleich wie man bey uns, wenn man eine spende gibt, alle glocken lesset leutten,
Sondern wenn du Almosen gibst, so gibs also, das auch deine lincke hand nicht
wisse was die rechte thut, Das ist nichts anders gesagt, denn wie [s. 411] [Röm.
12, 8; 2 Kor. 9, 7, 11. 13] Sanct Paulus pflegt zu reden, Roma. .12. und sonst:
Wer da gibt, der gebe einfeltiglich; Einfeltiglich aber geben heist, das er
nicht seine ehre, gonst, danck odder lohn damit suche, und sehe auff keinen
menschen, er sey undanckbar odder nicht, sondern frey dahin gebe was er geben
wil, gleich wie Gott teglich gibt und seine sonne lesset scheinen, ungeachtet
danckbare odder undanckbare, gleich als sehe er niemand, Das heisset ein
einfeltigs hertz und meinung, die nichts anders suchet noch begeret, sondern
allein Gottes willen und ehre ansihet.
Solche einfeltige Almosen findet man bey der welt nicht,
Denn jhr geben ist also, das die rechte hand gibt, aber die lincke zu sich
zeucht, das heisset man Gebers, Nemers, wie die kinder unternander spotten, ja
so gegeben, das man zehen mal mehr dafur neme, als der einen tropffen wassers
von sich gibt und ein fuder weins zu sich zeucht, Denn sie gibt also, das sie
wil haben die ehre, die unmeslich groesser ist denn alles geld und gut, und
keuffet dich mit einer partecken, das sie damit ein ewigen gefangen an dir habe
mit leib und leben und was du hast, ja auch Gott selbs dazu, Darumb spricht Christus:
Wenn du mit der rechten hand Almosen gibst, so sihe zu das du nicht mit der
lincken hand mehr suchest zu nemen, sondern steck sie auff den rucken und las
sie nichts darumb wissen, Das es einfeltig gegeben und nicht genomen heisse,
odder so gegeben, das man dir musse zehen mal soviel schuldig sein und dich fur
ein Abgott feyren und anbeten, wie jtzt unser Juenckerlin thun, wenn sie einem
mit einem gulden odder zween gedienet haben, wollen sie jn so kauffen und
verbunden haben, das er musse alles lassen gold sein was sie reden und thun und
durffe jn nicht ein wort sagen on was sie gerne hoeren. Lieber, kanstu deine
parteken so verkeuffen, so bistu kein verdorbener kauffman nicht.
Darumb wisse ein jglicher sich fur dem laster zuhuten und
sehe auff sich selbs, das er nicht auch unter solchen funden werde, Denn es
sind wenig leut die es mercken und betreuget auch wol eben die da meinen, sie
seyen gar from und voll guter werck und sind doch hiemit zwey mal erger denn
andere. So ist Gott diesem laster sonderlich feind und kans weniger leiden denn
das man dem nehesten offentlich neme und unrecht thue: also geben und das gute
werck so schendlich verderben, das du dich selbs zum Abgott machest und den
nehesten schwerer bindest und gefangen machest denn kein ander. Aber so gehets,
wo die rechte lere darnidder ligt und doch jderman grosse fromkeit fur gibt, da
folgen auch solche gute werck, die nichts denn ein eitelen schein haben und
dueppell mehr schaden denn offentliche boese werck.
Moecht aber jemand sagen: Was wil denn daraus werden das er
sagt, Das das Almosen sol verborgen sein? Sols denn verworffen sein, wenn [s.
412] mans lesset ausruffen und anzeigen denen, die es nemen und empfahen
sollen? Antwort: Nein, Du must sehen wohin Christus redet, Denn er sihet das hertz
und meinung an, nemlich wens darumb gegeben odder gestifftet wird, das darinn
ehre und rhum gesucht wird, so ist es kein nuetz fur Gott, ob gleich vielen
armen davon geholffen wurde; Das heist aber das almosen jm verborgen gegeben,
wo das hertz sich nicht offenbar machet und wil davon ehre und namen haben
sondern so gesinnet ist, das es frey dahin gibt, nichts angesehen, obs gleich
fur den leuten keinen schein noch lob habe, ja dazu von jderman veracht und
geschendet wird, So heissets heimlich und allein fur Gott gethan, ob es gleich
offentlich fur aller welt geschicht, Denn es ist zugedeckt mit dieser
einfeltigkeit des hertzens, das nicht darnach fragt noch achtet, Gott gebe es
gerate dafur danck odder undanck, guts odder boeses, Denn also sehe ichs nicht,
obs wol ander leut sehen, Als ich und andere jnn unserm predigamt mussen thun,
das wir uns nichts dran keren, ob wir den leuten damit gefallen odder nicht, ja
viel mehr verachtung, undanck, verfolgung und allerley unglueck dafur gewarten.
Denn es mus doch ein jglich gut werck solchs gewarten und damit versucht und
gepruefft werden, das es bestehe und rechtschaffen erfunden werde, welchs die
ander gleissenden, heuchel werck nicht thun.
Summa Wer ein Christ sein will mus also geschickt sein, das
er kein gut werck thu noch lasse umb der leut willen sondern allein darumb das
er mit seinem ampt, stand, gelt, gut odder was er hat, vermag und thut, wolle Gott
dienen und jm zu ehren thun was er kan, ob er gleich nimer mehr auff erden
einigen danck damit verdiene. Denn es ist auch unmueglich das einem fromen
menschen auch das allergeringste werck das er thuet alhie kund belonet werden,
wenn man jn gleich mit gold kroenet und ein gantz koenigreich gebe. Darumb sol
er nicht weiter dencken, denn das er essen und trincken davon neme und keinen
lohn warte von der welt, als die nicht werd ist das sie solt ein gut werck
bezalen odder vergelten, Ja das sie solt einen rechten Christen erkennen und
ehren, und ob sie jn gleich kennet, so ist sie so from nicht, das sie jm wolte
dancken. Weil es denn umb jren willen nicht angefangen ist, so sey es auch umb
jren willen nicht gelassen sondern Gotte befolen, der es uberschwenglich
vergelten wil, nicht heimlich sondern offentlich fur aller wellt und allen
Engeln.
Wo nu solcher verstand und mut nicht ist, da kan man kein
recht gut werck thun, sondern wird ungeduldig, machet jm selbs unfrid und
lesset sich den schendlichen undanck der welt uberwinden, das damit solch gut
werck verderbt und verloren wird, Und findet sich denn, das mans nicht umb
Gottes sondern umb der leute willen gethan hat, Und zwar ich selbs, wenn ich
nicht solchs wuste, hette ich lang der wellt urlaub geben und sie zum Teuffel
faren
[s. 413] lassen, ehe sie solt ein wort von mir hoeren, Aber
es gilt nicht jr sondern unserm lieben Vater jm himel, Dem wollen wir zu lieb,
zu lob und ehren predigen und guts thun, weil sonst alle wellt jm feind ist und
auffs aller schendlichst verachtet und lestert und alles was sie kan zu widder
und verdries thuet, Und troesten uns des das er nocht lebt, wenn alle welt
unter gangen ist, und weil ers hat gesagt und verheissen, er wolle es wol
belonen und vergelten, so wird er uns nicht liegen. Da suche es, so wirstu es
finden das dirs nicht feyle. Das sey zum anfang jnn gemein gesagt von Almosen
geben und allen andern guten wercken, wie ein Christ darinn jm hertzen
geschickt sein sol. &c..
Nach Almosen geben odder dem nehesten wolthun gehoeret auch
diss werck zu einem Christen das er bete, Denn gleich wie die notdurfft dieses
lebens foddert das wir dem nehesten guts thun und uns seiner not annemen (Denn darumb
leben wir auff erden bey einander, das einer dem andern diene und helffe) Also
weil wir teglich jnn allerley fahr und not jnn diesem leben stecken, die wir
nicht umbgehen noch wenden konnen, so mussen wir auch jmerdar zu Gott ruffen
und huelffe suchen beyde fur uns und jderman. Aber wie jhenes ein seltzam werck
ist jnn der wellt recht almosen geben nicht allein des gemeinen raubens und
stelens halben, das jnn der wellt allenthalben gehet, da niemand dem andern
wolthut und jderman nur auff seinen misten scharret und nichts darnach fragt wo
der neheste bleibt. Sondern auch das, ob sie gleich gute werck thuet, doch nur
das jre damit suchet, Das also die wellt doch nichts anders ist denn eitel
reuber und diebe beide zur lincken und rechten seitten, beide leiblich und
geistlich, beide jnn boesen und guten wercken.
Also ist nu auch das beten ein seltzam werck, das niemand
thut denn die Christen und doch so gemein jnn der wellt gewest, sonderlich bey
den Juden, wie Christus hie zeigt, jnn Schulen und allen ecken auff den gassen und
jtzt jnn soviel kyrchen, stifften, Cloestern &c.. da man sich tag und nacht
zumurret und zu plerret mit singen und lesen, Das die wellt allenthalben desselben
vol ist und an dem werck nicht feylet Und doch alles auff einen hauffen nicht
eines hellers werd ist, Denn weil hie Christus straffet und [s. 414] verwirfft
alle jr gebet, die doch mit allem vleis sich darinn ubeten, allein darumb das
sie damit fur den leuten wolten gesehen sein und rhum eriagen Wie viel mehr ist
unser geistlichen gebet zuverdamnen, die nichts damit suchen denn das sie jren
bauch damit fullen? Und jr keiner ein Vater unser spreche, wenn es nicht gelt
truege, und wenn sies auffs best gemacht haben, so haben sie einen sack voll
wort gemurret odder gedonet gar on hertz, verstand und glauben, gleich wie die
glocken odder orgeln, Haben dazu die ehre und rhum davon gehabt das sie es
allein weren die da betten, die andern aber, als die mit welt sachen
umbgiengen, kunden nicht beten noch Gott dienen, sie aber musten an unser stat
betten, das wir sie mit unserm gelt und gut zu herrn macheten.
Wie noetig aber das gebet ist, ist hie nicht zu erzelen: So
solten wirs zwar selbs wol fulen, weil wir jm fleisch und blut leben, welchs
stecket vol allerley boeser stueck, dazu die wellt bey uns und widder uns
haben, die uns alle jamer und hertzleid anrichtet und soviel plage an legt,
Dazu der Teuffel allenthalben umb uns her ist, der da unzelich secten, rotten
und verfurung erwecket und uns treibt zu unglauben, verzweivelung &c.. Das
doch nimer kein end wird und nicht zurugen haben, weil wir von solchen feinden
umringet sind, die nicht auffhoeren, sie haben uns denn niddergeschlagen, so
wir doch als einzele arme menschen soviel feinden viel zuschwach sind, Darumb [Sach.
12, 10] spricht Gott jm Propheten Zacharia 12. das er wolle den seinen geben
den geist der gnaden und des gebets, damit weil sie so zu feld ligen erhalten werden
und sich weren und schutzen konnen widder den boesen schedlichen geist, Darumb
ist es der Christen eigentlich werck, so den geist Gottes haben, das sie nicht
lass und faul sein sondern jmerdar beten und nicht ablassen, wie [Luk. 18, 1]
Christus anderswo leret.
Aber da ligt nu die macht an, das es ein rechtschaffen
gebete und nicht eine heuchley sey, wie jr gebet und unsers bisher gewesen ist,
Darumb fehet Christus an das er sie lere recht beten und zeiget wie sie sich
dazu schicken sollen, Nemlich das sie nicht offentlich auff den gassen stehen
und beten Sondern daheim jnn jrem kemerlein allein beten jm verborgen &c..
Das ist, das sie fur allen dingen das falsche gesuch weg legen, das sie wollen
umb ansehens und rhums willen odder des gleichen etwas beten, Nicht das es verboten
sey das man nicht durffe auff der gassen odder offentlich beten, Denn ein
Christ ist an keine stete gebunden und mag wol uberal beten, es sey auff der
strassen, jm feld odder jnn der kirchen, Sondern allein das es nicht geschehe
umb der leute willen, ehre und genies davon zusuchen, Gleich wie er nicht
darumb wil verboten haben die bosaunen odder glocken zum almos, sondern den
zusatz und die falsche meinung strafft er mit diesen worten ‘das sie von den
leuten gesehen werden’.
[s. 415] Also jst auch nicht als noetig geboten das man
altzeit muesse jnn ein kemerlin gehen und sich verschliessen, wie wol es fein
jst, wenn einer beten wil, das er allein sey, da er kan frey und ungehindert
sein gebet zu Gott ausschutten und wort und geberd furen, das er fur leuten
nicht thun kan, Denn ob wol das gebet kan jm hertzen on alle wort und geberd
geschehen, doch hilfft es da zu das der geist deste mehr erwecket und enzundet
wird. Sonst sol es jm hertzen fast on unterlas gehen, Denn ein Christ hat
allzeit (wie gesagt) den geist des gebets bey sich, das sein hertz jnn solchem
stetten seufftzen und bitten stehet zu Gott, ob er gleich jsset, trincket,
erbeitet &c.. Denn sein gantzes leben jst dahin gerichtet das er Gottes
namen, ehre und reich ausbreite, das was er sonst thut mus alles unter dem
gehen.
Aber doch (sage jch) sol uber das das eusserlich gebet auch
gehen, beide sonderlich (als das jglicher morgens,
Was aber fur stuck und eigenschafft dazu gehoren, die ein
recht gebet an sich haben sol, habe jch anders wo offt gesagt und gehandlet,
Nemlich, das jchs kurtz widderhole, das uns dazu treibe zum ersten Gottes
gebot, der es ernstlich befolen hat das wir sollen beten, darnach seine
verheissung, darinn er zusagt uns zu erhoren, Zum dritten das wir ansehen unser
not und elend, so uns drucket und auff dem hals ligt, das wir es wol durffen
und die selbige frissch fur Gott tragen und aus schutten auff sein gebot und
befel, Zum vierdenn das wir auff solch Gottes wort und verheissung mit rechtem glawben
beten, gewis und ungezweivelt, das er uns erhoren und helffen wil, Und das
alles jm namen Christi, duch welchen unser gebet dem Vater angeneme jst und umb
seinen willen uns alle gnade und guts gibt &c..
Solchs zeiget auch Christus alhie mit dem wortlin, da er
spricht ‘Und bete zu deinem Vater jm verborgen’ &c.. und hernach klerer, da
er die wort stellet ‘Vater unser jm himel’ &c.. Denn das jst soviel
geleret, das unser gebet sol zu Gott gerichtet sein als zu unserm gnedigen,
freundlichen Vater, nicht [s. 416] als einen tyrannen odder zornigen richter
&c.. Das kan nu niemand thun, er habe denn Gottes wort, das er solchs haben
wolle das wir jn vater heissen, und als ein vater uns zu helffen und erhoren
zugesagt habe, und er auch solchen glauben jm hertzen habe, das er frolich
durffe Gott seinen vater nennen und aus hertzlicher zuversicht bitten und auff
solch gebet als gewislich erhoret sich verlassen und hulffe gewarten.
Dieser stucke jst aber keines jnn jenem phariseischen
gebete, welche nicht weiter dencken denn wie das werck gethan sey, das sie
damit gesehen werden als heilige leute die gerne beten odder wie unsere moenche
und pfaffen, das sie den bauch davon fullen, Ja sie sind so fern davon komen,
das sie solten mit solchen glawben beten, das sie es fur eine torheit und
vermessenheit geachtet haben, das einer solt rhumen als gewis das sein gebet
Gott angeneme und erhoret were, Und also ob sie gleich gebett, doch alles auff
lauter ebentheuer hin gesetzt und damit Gott greulich erzurnet haben durch
unglauben und misbrauch seines namens widder das erste und ander gebot.
Darumb lerne hie das kein recht gebet geschehen kan on
solchen glauben, Fulestu dich aber schwach und blode, wie denn fleisch und blut
altzeit sich wider den glauben sperren, als seyestu nicht wirdig odder
geschickt und brunstig zu beten odder zweivelst ob dich Gott erhoret habe, weil
du ein sunder bist, so halte dich an das wort und sprich: Ob jch gleich ein
suender und unwirdig bin, so habe jch doch hie Gottes gebot, das mich heisset
beten, und seine verheissung das er mich gnediglich erhoren wil nicht umb
meiner wirdigkeit sondern umb des Herrn Christi willen: Damit kanstu die
gedancken und zweiveln ausschlahen und frolich nidder knyen und bitten, nicht
angesehen wie wirdig odder unwirdig du seiest sondern deine not und sein wort,
darauff er dich heisst bawen, Sonderlich weil er dir auch die wort fur
gestellet und jnn mund gelegt hat wie und was du bitten sollest (wie folget)
das du solch gebete frolich durch jn hinauff lassest und jnn seinen schos legen
kanst, das ers durch seine wirdigkeit fur den Vater bringe &c..
[s. 417] Droben hat er gestrafft jr falsche meinung jm
gebet, das sie auch jnn dem werck das allein gegen Gott gericht jst, das man jn
anruffe und umb hulffe bitte jnn unser not und anfechtung, jre ehre und genies
bey den leuten suchten. Hie taddelt er nu auch die unart des gebets, das sie
meinen das beten sey wenn man viel wort und plapperns machet, Und heisset es
eine Heidnische weise und ein lose unnuetz gewessch, als dere die da meinen,
sie werden sonst nicht erhoret, Denn er hat wol gesehen das es so wuerde gehen und
solcher misbrauch jnn der Christenheit bleiben, wie es bereit dazumal bey jnen
war, Das man aus dem gebet ein lauter werck machen wurde, welchs man nach der
grosse und lenge achtete, als were es damit kostlich ausgerichtet, und also an
stat eines rechten gebets ein lauter gewessch und geplepper wurde, welchs das
hertz nimer erferet, Wie wir sehen das es gangen jst jnn stifften, kloestern
und dem gantzen geistlichen hauffen, welche nichts anders jnn jrem stand zuthun
gehabt, denn das sie teglich soviel stunden und des
Daher haben sie auch selbs gesagt das kein schwerer erbeit
sey denn beten, Und jst freilich war, wenn man das beten dahin richtet das man
ein werck odder erbeit draus machet, dem leib auffgelegt soviel stunden an
einander zu lesen odder singen, Das kein tagloner nicht lieber solt welen einen
tag zu dresschen denn zwo odder drey stund an einander nur das maul zu regen
odder stracks jnn ein buch zusehen.
Summa: Jr beten jst nicht ein seufftzen odder begird des
hertzens gewest sondern eine lauter gezwungene erbeit des munds odder der
zungen, das wenn ein moench vierzig iar lang seine zeiten gelesen odder
gemurret hat, so hat er nicht jnn den allen eine stunde von hertzen gebeten,
Denn sie dencken nimer mehr darinn Gott eine not fur zutragen, sondern dencken
nicht anders denn sie mussens thun und Gott musse solch muehe und erbeit ansehen.
Aber der Christen gebet, so jm glauben auff Gottes
verheissung gehet und von hertzen seine not furtregt, das jst leicht und machet
keine erbeit, Denn der glaub hats bald gesagt was er begeret, ja mit einem
seufftzen, das das hertz thut und mit worten nicht zu erholen noch aus zu
sprechen jst, wie [1. Kor. 14, 14–16] Paulus sagt ‘Der geist betet’ und weil er
weis das jn Gott erhoret, darff er [s. 418] nicht ein solch ewig gewessch
furen. Also haben die heiligen jnn der Schrifft gebett, als Elias, Eliseus,
David und andere, mit kurtzen aber starcken und gewaltigen worten, wie man jm
Psalter sihet, darinn selten ein Psalm ist der da ein gebet habe uber funff
odder sechs vers lang, Darumb haben die Alten veter wol gesagt, Es thue es
njcht mit vielen langen gebeten, sondern loben die kurtzen stos gebetlin, da
man mit einem woertlin odder zwey hinauff seufftzet gen himel, welchs einer kan
offt und viel thun, wenn er lieset, schreibt odder ander erbeit thut.
Die andern aber, die nur eine bueffel erbeit draus machen,
konnen nimer mit lust noch andacht beten, sondern werden fro das sie nur jr
gewesche ausgericht haben, Wie es denn mus gehen, wo man on glauben und not
bittet, so kan das hertz nicht dabey sein, wo aber das hertz nicht bey ist und
der leib sol erbeiten, so wird es schwer und verdrossen, wie man auch jnn
leiblicher erbeit sihet, wer etwas unwillig thut, wie schwer und sawr es wird. Aber
widderumb wo das hertz lustig und willig ist, da wirds der erbeit nimer gewar,
Also auch hie, wo mans mit ernst meinet und lust ist zubeten, so weis noch
fulet der mensch keine erbeit noch muehe, sondern sihet nur seine not an und
hat die wort gesungen und ausgebetet, ehe er sich umb sihet. Summa kurtz sol
man beten, aber offt und starck, Denn er fragt nicht darnach wie gros und lang
man betet, sondern wie gut es ist und wie es von hertzen gehet.
Darumb spricht nu Christus: Ewer himlischer vater weis was
jr beduerfft, ehe jr drumb bittet, als wolt er sagen: Was thut jr, das jr
meinet jn mit ewerm langen gewesch zu uberteuben, das er euch gebe was jr
beduerffet? Jr duerffet jn nicht mit worten uberreden odder lang unterrichten,
Denn er weis zu vor besser was euch not ist denn jr selber, Gleich als wenn du
fur einen Fuersten odder Richter kemest, der deine sache besser wueste denn du
jm sagen kuendest, und woltest viel gewesch machen jn davon zu berichten, so
wuerde er billich dein lachen odder viel mehr unlustig auff dich werden. Ja wir
wissen auch nicht, spricht S. Paulus, wie wir bitten sollen, das wenn er uns erhoeret
und etwas gibt, so gibt ers uber das wir verstehen und hoffen konnen, Darumb
lesset er uns zu weilen etwas bitten, das er nicht so bald gibt odder wol gar
nicht gibt, als der wol weis was uns not und nuetz ist odder nicht, welchs wir
selbs nicht sehen, und zuletzt selbs muessen bekennen das uns nicht gut gewesen
were, wenn er uns nach unserm bitten geben hette. Darumb duerffen wir jn nicht
leren noch fur malen mit unserm langen geschwetz was und wie er uns thun sol,
Denn er wil also geben, das sein name geheiligt werde und sein reich und sein
wille dadurch gefordert werde und fortgehe &c..
[s. 419] Sprichstu aber: Warumb lesset er uns denn bitten
und unsere not furtragen und gibts nicht ungebeten, weil er alle not besser
weis und sihet denn wir selbs? Gibt er doch der gantzen wellt teglich soviel
guts umbsonst, als sonne, regen, korn, gelt, leib und leben &c.. Darumb jn
niemand bittet noch dafur dancket, Denn er weis das sie keinen tag des liechts,
essens und trinckens emperen kan, wie heisset er denn darumb bitten?
Antwort: Darumb heisset ers freilich nicht, das wir jn mit
unserm beten solchs sollen leren was er geben sol, Sondern darumb das wirs
erkennen und bekennen was er uns fur gueter gibt und noch viel mehr geben wil
und kan, Also das wir durch unser gebet mehr uns selbs unterrichten denn jn, Denn
damit werde jch umbgekert, das jch nicht hin gehe wie die Gottlosen, die solchs
nicht erkennen noch dafur dancken, Und wird also mein hertz zu jm gekert und
erwecket, das jch jn lobe und dancke und jnn noten zu jm zuflucht habe und
hulffe von jm gewarte, Und dienet alles da zu das jch jn ye lenger ye mehr
lerne erkennen was er fur ein Gott jst, Und weil jch bey jm suche und
anklopffe, so hat er auch lust deste mehr und reichlicher zu geben. Sihe das
jst denn ein rechter bitter, nicht den andern unnutzen wesschern gleich, die wol
viel plappern aber solchs nimer erkennen, Er aber weis das es Gottes gabe jst
was er hat, und spricht von hertzen: Herr jch weis das jch mir selbs nicht ein
stueck meines teglichen brods schaffen noch erhalten kan noch mich fur einerley
not odder ungluck behuten, Darumb wil jchs von dir warten und bitten, wie du
mich heissest und zugeben verheissest, als der du on mein gedancken zuvor
kompst und dich meiner not annimpst.
Sihe solch erkentnis jm gebet gefellet Gott wol und jst der
rechte, hoheste und kostlichste Gottes dienst den wir jm thun koennen, Denn
damit wird jm sein ehre und danck geben, die jm gehoret. Das thun die andern
nicht, sondern reissen und fressen alle Gottes gueter dahin wie die sew, nemen
ein land, stad, haus nach dem andern, dencken nicht darnach das sie Gott ein mal
ansehen, wollen die weil heilig sein mit jrem grossen vielen gedone und geplerr
jnn der kirchen, Aber ein Christlich hertz, so aus Gottes wort lernet das wir
alles von Gott und nichts von uns haben, das nimpt solchs an jm glauben und
ubet sich darin das sichs kan alles zu jm versehen und von jm warten: Also
leret uns das gebet das wir beide uns und Gott erkennen und lernen was uns
feilet und woher wirs nemen und suchen sollen, Daraus wird ein sein volkomen
verstendig mensch, der sich zu allen sachen recht schicken und halten kan.
Weil nu Christus solch falsch und vergeblich gebete
gestraffet und verworffen hat, feret er fort und stellet selbs eine feine kurtze
form fur, wie und was wir beten sollen, darinn allerley not gefasset jst, die
uns treiben [s. 420] sol zu beten, das wir uns derselben jnn solchen kurtzen
worten teglich erinnern koennen und niemand entschuldigt sey, das er nicht
wisse wie odder was er beten sol, Und jst seer ein gute ubung, sonderlich fur
den gemeinen man, kind und gesind jm hausse, das man das Vater unser teglich
gantz bete beide morgens und
Es jst aber, wie offt gesagt, freylich das allerbeste gebet
das da auff erden komet odder von jemand erdacht werden mag, weil es Gott der
Vater durch seinen Son gestellet und jm jnn mund gelegt hat, das wir nicht
durffen zweiveln das es jm aus der massen wol gefalle; Er vermanet uns aber
bald jm anfang auch beide seines gebots und verheissung mit dem wort ‘Unser Vater’
&c.. Als der von uns solche ehre soddert, das wir von jm sollen bitten als
ein kind von seinem Vater, und die zuversicht von uns haben wil, das er uns
gerne will geben was uns not jst. So jst auch drein geschlossen das wir uns
rhumen, das wir seine kinder sind durch Christum und also jm seinem gebot und
verheissung und jnn des Herrn Christi namen komen und mit aller zuversicht fur
jn tretten &c..
Nu die erste, ander und dritte bitte trifft die hohesten
guter an so wir von jm haben, nemlich zum ersten, weil er unser Vater jst, das
er seine ehre von uns habe und sein name jnn aller welt schon und hehr gehalten
werde, Damit fasse jch auff einen hauffen allerley falsche glauben und Gottes
dienst und die gantze helle, alle sunde und Gottes lesterung und bitte das er
stewre dem lesterlichen glawben des Bapsts, tuercken, rotten geister und
ketzer, als die alle seinen namen entheiligen und schenden odder unter dem
namen jre ehre suchen. Das jst wol ein kurtz wort, aber mit dem sinn gehets so
weit als die welt jst widder alle falsche lere und leben.
Zum andern, nach dem wir sein wort und rechte lere und
gottes dienst haben, das auch sein Reich jnn uns sey und bleibe, das jst das er
uns jnn solcher lere und leben regire und dabey schutze und erhalte widder alle
gewalt des Teuffels und seines reichs und das alle reich, so dawidder toben, zu
scheittern gehen, auff das dis Reich bleibe. Und zum dritten, das auch nicht
unser noch keines menschens sondern allein sein wille geschehe, und was er
dencket und ratschlegt fortgehe widder alle anschlege und furnemen der welt und
was widder diesen willen und rat strebet, ob sich gleich alle welt zu hauff
schluege und stercket, jr ding dawidder zu erhalten. Das sind die drey
furnemesten stuck.
Jnn den andern vier bitten komen wir auff die not, die uns
unsert halben teglich betrifft, dieses armen schwachen zeitlichen lebens
halben, Darumb [s. 421] wir erstlich bitten das Er uns unser teglich brod gebe,
das jst alles was uns not jst zu erhaltung dieses lebens, narung, gesunden
leib, gut wetter, haus, hoff, weib, kind, gut regiment, fride, und behute uns
fur allerley plag, kranckheit, pestilentz, theurzeit, krieg, auffrhur &c..
Darnach das er uns daneben unser schuld vergebe und nicht ansehe den
schendlichen misbrauch und undanck fur die guter, die er uns teglich so
reichlich gibt, und darumb die selbigen nicht versage und entzihe noch mit
ungnaden straffe, wie wir verdienen, sondern uns gnediglich verzeihe, ob auch
wir, die wir Christen und seine kinder heissen, nicht leben wie wir sollen. Zum
dritten, weil wir auff erden leben, mitten jnn allerley anfechtung und
ergernis, da man uns auff allen seiten zusetzet, das man uns hindere, und nicht
allein auswendig von der welt und teuffel, sondern auch jnnwendig von unserm
eigen fleisch angefochten werden, das wir nicht leben koennen wie wir sollen,
noch fur soviel fahr und anfechtung einen tag vermoechten zu bestehen, so
bitten wir das er uns jnn solcher fahr und not erhalte, das wir nicht dadurch
uber wunden und gefellet werden. Und zum letzten, das er uns endlich aus allem
unglueck gantz und gar helffe, und wenn die zeit kompt das wir sollen aus
diesem leben tretten, ein gnedig selig stuendlin bescheere. Also haben wir
kurtzlich alle leibliche und geistliche not jnn seinen schos gelegt und mit jglichem
wort die gantze weite welt auff einen hauffen gefasset &c..
Es jst aber jm text ein stucklein dran gehenget, da mit er
das gebete beschleust als mit einem danck und gemeinem bekentnis, das heisst
also: ‘Denn Dein jst das Reich und die krafft und die herrligkeit jnn
ewigkeit’. Das sind die rechten titel und namen, die Gott allein geburen, Denn
die drey stuck hat er jm selbs furbehalten, die da heissen Richten, Rechten und
Rhumen. Richten odder regiren und oberhand haben sol niemand denn Gott allein odder
denen ers befilet, durch welche er das regiment aus richtet als seine diener, Des
gleichen sol auch kein mensch mit dem andern recht uben odder zurnen und
straffen on wer das ampt hat von Gottes wegen, Denn es jst nicht den menschen
angeboren, sondern von Gott gegeben. Das sind die zwey, die er hie heisset das
Reich odder herrschafft, das alle oeberkeit sein sey, und darnach die Krafft,
das jst die folge des rechten, Executio, das er kan straffen, die boesen unter
sich werffen und die fromen schutzen. Denn wer da straffet der thuts als an
Gottes stat und gehet alles aus seiner krafft, das man recht handhabt, schutzet
und erhelt. Darumb sol sich niemand selbs rechen noch straffen, Denn es jst
nicht sein ampt noch vermuegen und gelinget auch nicht, [5. Mose 32, 35, Röm.
12, 19] wie er sagt ‘Mein jst die rache, jch wils vergelten’ und anders wo
drewet: [Matth. 26, 52] wer das schwerd selb nimpt sich zu rechen, sol mit dem
schwerd gestrafft werden.
[s. 422] Also jst auch die Herrlickeit odder ehre und rhum
alleine Gottes eigen, das sich niemand nichts rhume, keiner weisheit,
heiligkeit odder vermuegens denn durch jnn und aus jm, Denn das jch einen
Koenig odder fuersten ehre und gnedigen Herrn heisse odder die knye fur jn
biege geschicht nicht umb seiner person willen sondern umb Gottes willen, als
der da sitzet jnn der maiestet an Gottes stat, Also wenn jch Vater und mutter
odder die an jr stat sind ehre erzeige, so thu jchs nicht dem menschen sondern
dem Goettlichen ampt und ehre Gott jnn jnen, Also das wo oeberkeit und krafft
ist, dem geburet auch die ehre und rhum, Und gehet also sein Reich, krafft und
herrligkeit jnn der gantzen welt, das er allein regiret, straffet und den preis
hat jnn den Gotlichen emptern und stenden, als Vater, muter, Herr, Richter, Furst,
Koenig, Keiser &c.. ob wol der Teuffel durch die seinen dawidder sich
setzet und selbs wil die herschafft und gewalt furen, rache und straffe uben
und seinen rhum allein haben. Darumb bitten wir auch furnemlich umb seinen
namen, sein Reich und seinen willen, als die allein sollen gehen, und alle
ander name, reich und gewalt und wille zu scheittern gehen und wir also
erkennen das er der hoheste sey jnn alle diesen dreyen stucken, die andern aber
sein werckzeug, da durch er solchs treibt und ausrichtet.
Das jst ein wuenderlicher zusatz, aber doch seer kostlich
Und moecht wol jmand wundern wie er so eben mit solchem zusatz kompt auff dis
einige stucke ‘Vergib uns unser schuld’ &c.. so er doch eben so wol hette
koennen auch an der andern eins ein solch stuecklin knuepffen und sagen: Gib
uns unser teglich brod, wie wjr unsern kindern geben, odder fuere uns nicht jnn
versuchung, wie wir niemand versuchen, Erlose uns von dem ubel, wie wir unsern
nehesten retten und erlosen, Und doch kein stuecke jst das einen zusatz hat als
dieses, Und lesst sich dazu ansehen, als solt die vergebung der suende erworben
und verdienet werden durch unser vergeben. Wo bliebe denn unser lere das die vergebung
allein durch Christum kome und jm glawben empfangen werde?
Antwort auffs erste: Er hat sonderlich diese bitte so wollen
stellen und die vergebung der sunde an unser vergebunge binden, das er damit
die Christen verknupffte, das sie sich unternander lieben Und das lassen jr
heubstuck und furnemestes sein nehest dem glawben und empfangener vergebung,
das sie jrem nehesten auch on unterlas vergeben, das wie wir gegen jm leben jm
glawben also auch gegen den nehesten durch die liebe, Das wir nicht ein ander
verdries und leid thun, sondern dencken das wir jmer vergeben, ob uns gleich [s.
423] leid geschehen jst (wie denn jm diesem leben offt furfallen mus) odder
sollen wissen das uns auch nicht vergeben jst, Denn wo der zorn und grol jm
wege ligt, so verderbt er das gantze gebete, das man auch der vorigen stuck
keines beten noch wundschen kan. Sihe das heisst ein fest und starck band
gemacht, da mit wir zusamen gehalten werden, das wir nicht unternander uneins werden
und spaltung, rotten und secten anrichten, wo wir anders fur Gott wollen komen,
beten und etwas erlangen, sondern einander durch die liebe vertragen und aller ding
eines bleiben. Wenn das geschicht, so jst denn ein Christen mensch volkomen,
als der da beide recht gleubet und liebet: Was darnach mehr fur gebrechen am jm
jst, das sol jnn dem gebet verzeret werden und alles vergeben und geschenckt
sein.
Wie setzet er aber mit diesen worten die Vergebung eben auff
unser werck und spricht: Wenn jr dem nehesten vergebt, so sol euch vergeben
sein und widderumb &c.. das heisst ja nicht die vergebung auff den glauben
gestellt. Antwort: Die vergebung der
sunde, wie jch sonst offt gesagt habe, geschicht zweyerley: Ein mal durchs
Euangelion und wort Gottes, welchs empfangen wird jnwendig jm hertzen fur Gott
durch denn glawben, Zum ander eusserlich [2. Petri 1, 1] durch die werck,
davon 2. Petri .1. sagt, da er von guten wercken leret: Lieben bruder, thut
vleis ewern beruff und erwelung fest zu machen &c.. Da wil er das wir
solchs sollen gewis machen, das wir den glauben und vergebung der sunde haben,
Das jst das wir beweisen die werck, das man den [Matth. 7, 17 f. 12, 33; Luk.
6, 43 f.] bawm an den fruechten spuere und offenbar werde das es ein guter und
nicht ein fauler baum sey, denn wo ein rechter glawbe jst, da folgen gewislich
auch gute werck. Also jst ein mensch beide auswendig und jnwendig from und gerecht,
beide fur Gott und den leuten, Denn das jst die
folge und frucht damit jch mich und andere gewis mache, das jch recht
glewbe, welchs jch sonst nicht wissen noch sehen kuendte.
Also jst hie auch die eusserliche vergebung, so jch mit der
that erzeige, ein gewis zeichen das jch vergebung der suende bey Gott habe,
Widderumb wo sich solchs nicht erzeigt gegen dem nehesten, so habe jch ein
gewis zeichen das auch jch nicht vergebung der suende bey Gott habe, sondern
stecke noch jm unglawben. Sige das jst
die zweyerley vergebung: Eine jnwendig jm hertzen, die allein an Gottes wort
hanget, und auswendig, die eraus bricht und uns gewis machet das wir die
jnnerliche haben. Also unterscheiden wir die wercke vom glawben als eine
jnnerliche und eusserliche gerechtigkeit, aber also das die jnnerliche zuvor da
sey als der stam und die wurtzel, daraus die guten werck als fruechte wachsen
muessen, Die eusserliche aber ein zeuge derselben und, wie Petrus sagt,
Certificatio, eine versicherung das jene gewislich da sey, Denn wer die jnnerliche
gerechtigkeit nicht hat, der thut der eusserlichen werck keines, Widderumb wo
die eusserliche zeichen und beweisunge nicht jst, so kan [s. 424] jch jener
nicht gewis sein, sondern beide mich und andere betriegen, Wenn jch aber sehe
und fule das jch gerne dem nehesten vergebe, so kan jch schliessen und sagen:
Das werck thue jch von natur nicht, sondern fule mich durch Gottes gnade anders
denn zuvor.
Das sey kurtz widder der Sophisten geschwetz geantwortet.
Das jst aber auch war, das dis werck, wie ers hie nennet, nicht ein blos werck
jst wie andere so wir von uns selbs thun, Denn es jst auch des glawbens nicht
dabey vergessen, Denn er nimpt solch werck und stellet eine verheissung drauff,
das mans mit guten ehren mocht ein Sacrament nennen den glawben da durch zustercken,
Gleich Als die Tauffe jst auch wol ein werck anzusehen das jch thue, der jch
teuffe odder mich teuffen lasse, Aber weil Gottes wort dabey jst, jst es nicht
ein schlecht werck, als das fur sich selbs etwas gelte odder schaffe, sondern
ein Goettlich wort und zeichen, daran sich der glawbe henget. Also auch unser
gebet als unser werck wuerde nichts gelten noch schaffen, aber das thuts, das
es gehet jnn seinem gebot und verheissung, das es auch wol mag ein Sacrament
und mehr ein Goettlich denn unser werck geachtet werden.
Das rede jch darumb, das die Sophisten allein die werck so
wir thun, so blos ansehen on Gottes wort und verheissung, Derhalben wenn sie
solche spruche horen und lesen so auff die werck lauten, muessen sie wol sagen
das der mensch durch sein thun solchs verdiene, Die schrifft aber leret uns
also, das wir nicht auff uns sondern Gottes wort und verheissung sollen sehen
und daran mit dem glawben hafften, das Wenn du ein werck aus dem wort und verheissung
thuest, so hastu ein gewis warzeichen das dir Gott gnedig jst, Also das dein
eigen werck, das Gott nu zu sich genomen hat, soll dir ein gewis zeichen sein
der vergebung &c..
Nu hat uns Gott mancherley weise, weg und stege furgestellt
dadurch wir die gnade und vergebung der sunde ergreiffen, Als erstlich die
Tauff und Sacrament, item (wie jtzt gesagt) das gebete, jtem die absolutio und allhie
unser vergebung, das wir ja reichlich versorget weren und allenthalben gnade
und barmhertzigkeit finden konnen, Denn wo woltestu sie neher suchen denn bey
deinem nehesten, bey dem du teglich lebest und auch teglich ursach gnug hast
solche vergebung zu uben, denn es kan nicht feilen das du nicht soltest viel
und offt beleidigt werden, Also das wir nicht allein jnn der kirchen odder bey
dem priester, sondern mitten jnn unserm leben ein teglich Sacrament odder
Tauffe haben ein bruder am andern und ein jglicher daheim jnn seinem hausse,
Denn wenn du die verheissung durch dis werck ergreiffest, so hastu eben das das
du jnn der tauffe uber komest. Wie kund uns nu Gott reichlicher begnaden denn
das er uns so ein gemeine tauffe an den hals hengt und jnns Vater unser bindet,
die ein jglicher an jm selbs findet, wenn er [s. 425] betet und seinem nehesten
vergibt? Das ia niemand ursach hat zu klagen odder sich zu entschuldigen, er
konne nicht dazu komen und sey jm zu hoch und zu fern odder zu schweer und
theur, weil es jm und seinem nehesten heim fur die thur gebracht, ia jnn boesen
gelegt wird.
Sihe wenn du es also nicht nach dem werck an jm selbst,
sondern nach dem wort so daran geheffet jst, an sihest, so findestu darinn ein
trefflichen, kostlichen schatz, das es jtzt nicht mehr dein werck sondern ein
Gottlich Sacrament jst, und mechtigen grossen trost, das du zu der gnade
komest, das du deinem nehesten vergeben kanst, ob du gleich zu andern
Sacramenten nicht komen kundtest. Das solt dich bewegen das du solch werck von
hertzen gerne thetest und Gott dazu danckest, das du solcher gnaden werd bist,
Soltestu doch bis an der welt ende darnach lauffen und alle dein gut darumb
verzeeren, wie wir zuvor umb den ertichten Ablas gethan haben. Wer nu das nicht
will annemen, der mus ein schendlich verflucht mensch sein, Sonderlich wo er solch
gnade horet und erkennet, und dennoch so kropfisch und hallstarrig bleibt, das
er nicht wil vergeben, Damit er beide tauff und Sacrament und alle ander auff
ein mal verleurt, Denn sie sind alle an einander gebunden, das wer eines hat
der soll sie alle haben odder keines behalten. Denn wer getaufft jst, sol auch
das Sacrament empfahen Und wer das Sacrament empfehet, mus auch beten und wer
da betet, auch vergeben &c.. Vergibstu aber nicht, so hastu hie ein
schrecklich urteil, das dir deine sunde auch nicht sollen vergeben sein, ob du
gleich mit unter den Christen bist und der Sacrament und ander gueter mit
geneussest, sondern sollen dir nur deste schedlicher und verdamlicher sein.
Und auff das uns Christus deste mehr da zu reitze, hat er
auch feiner, freundlicher wort gebrauchet, das er eben also spricht: Wenn jr
den menschen jre Feile vergebt &c.. sagt nicht: Jr bosheit und buberey
odder mutwillen und frevel &c.. Denn einen Feil heisst er ein solche sunde,
die mehr aus gebrechligkeit odder unwissenheit geschicht denn aus bosheit.
Warumb thut er das, das er des nehesten suend so geringert und verkleinert, so
wir doch offt sehen das mancher fursetziglich aus lauter frevel und bosem
willen sundigt? Darumb thut ers, das er dir deinen zorn legen wil und dich
erweichen gerne zu vergeben, Und sihet mehr darauff das er dein hertz susse und
freundlich mache denn das er die sund so gros mache, wie sie an jr selbs jst,
Denn fur Gott jst und sol sie so gros sein, das sie der ewigen verdamnis werd
jst und den himel zuschleusst, obs gleich ein geringe sund und nur ein
gebrechen jst, wo ers nicht erkennet odder dir abbittet.
Aber von mir und dir wil er dic suend nicht so angesehen
haben, als dem nicht gebuert die sund straffen sondern zu vergeben, Das du also
denckest, ob gleich dein nehester aus boesheit widder dich gethan hat, so ist
er dennoch [s. 426] verirret, gefangen und verblend vom Teuffel, darumb soltu
so from sein und dich sein viel mehr erbarmen, als der vom teuffel uberweldigt
ist, das es wol des Teuffels halben, der im solchs eingibt, ein grosse
unvergebliche suend jst, aber des menschen halben ein feil und gebrechen
heisse, Wie Christus auch [Luk. 23, 34] selbs gegen uns gethan hat, als er am
creutz gebeten hat ‘Vater vergib jn, denn sie wissen nicht was sie thun’. Das
jst jhe unser sunde kleine und gering gemachet, welche doch an jr selbs die
aller grosste jst so jhe auff erden geschehen jst, Denn was kan grossers
gesundigt werden denn das man Gott seinen einigen son auffs allerschendlichst
martert und toedtet?
Doch mustu solchen feil und gebrechen so deuten, das es der
neheste so widder dich gesundigt erkenne und vergebung begere und sich bessern
wolle, Denn jch habe sonst gesagt das zweyerley
sunde jst: Eine die man bekennet, die
sol niemand unvergeben lassen, Die ander die man verteidingt, die kan niemand
vergeben, denn sie wil nicht sunde sein noch die vergebung empfahen. [Matth.
18, 18] Darumb auch Christus Math. 18. da er vom vergeben odder Schlusseln
redet, setzet er beide stuck bey einander, loesen und binden, anzuzeigen das
man die sunde die man nicht wil lassen sunde sein noch vergeben haben, nicht
loesen kan, sondern binden sol jnn abgrund der helle, aber widderumb die man bekennet
sol man losen und jnn himel heben &c.. Wie
es nu zugehet jm ampt der Schluessel, so gehet es auch mit einem jglichen
Christen gegen dem nehesten, welcher ob er wol sol hereit sein jderman
zuvergeben der jm leib thut, doch wo er
die sunde nicht wil erkennen noch ablassen, sondern dazu noch fort faren,
so kanstu im nicht vergeben, nicht deiner sondern sein selbs halben, weil er
die vergebung nicht haben wil. So bald er
sich aber schuldig gibt und vergebung begeret, so sol es alles geschenckt sein
und die absolutio flugs darauff folgen, Denn weil er sich selbs strafft und
die sunde fallen lesst, das keine sunde mehr bey jm bleibt, so sol ich sie viel
mehr weg fallen lassen, Wo er sie aber selbs helt und nicht wil fallen lassen,
so kan jch sie nicht von jm nemen, sondern mus jn lassen darin stecken, als der
jm selbs aus vergeblicher sunde ein unvergebliche machet. Summa wo er sich
nicht erkennen wil, sol man sein gewissen auffs hohest beschweren und keine
gnade erzeigen, als der da wil mutwillens des Teuffels eigen sein, Widderumb wo
er die sund bekennet und dir abbittet und du jm nicht vergibst, so hastu sie auff
dich geladen, das sie dich auch verdammet.
Also wil auch Christus die sund bekand haben, damit das er
sie dennoch einen feil heisset, wil nicht leugnen das es unrecht jst, noch dir
aufflegen das du es solt billichen als recht gethan, Sondern nicht lassen recht
noch gut sein, on wenn es dazu kompt das es ein vergebliche sund ist worden und
so geringe das sie nur ein feil heisset, Das du also zum nehesten sagest: ob
jchs wol nichts loben kan und jst ja unrecht, aber doch weil du dich erkennest
und dein [s. 427] hertz nu anders jst und nicht boeses widder mich hat, so wil
jchs auch gerne lassen geschenckt sein als einen feil und versehen und alles
zorns vergessen.
Wenn du nu so gegen dem nehesten gesinnet bist, so wird sich
Gott auch widder gegen dir also erzeigen mit solchem sussen, freundlichen
hertzen und deine grosse schwere sunde so du widder jn gethan und noch thuest
auch so geringe machen, das ers nur einen feil heisse, wo du sie erkennest und umb
vergebung bittest, Als der mehr geneigt jst zuvergeben denn wir uns selbs zu jm
versehen konnen. Nu soltestu ein solch hertz Gotte abkeuffen mit deinem leib
und leben und darnach lauffen bis an der welt ende, wie man unter dem Bapstum
darnach gelauffen jst und sich mit so mancherley wercken darumb zu martert hat.
Nu wird dir hie solch hertz angeboten und lauter umb sonst furgetragen und
geschenckt gleich wie die Tauffe, Euangelium und alle seine guter, Und krigst
mehr denn du mit alle deinen und aller menschen werck erlangen mochtest. Denn
da hastu die gewisse verheissung, die dir nicht leugt noch treugt, das alle
deine sund, wie viel und gros sie sind, sollen fur jm so geringe sein als
menschliche, tegliche gebrechen, die er nicht rechnen noch gedencken wil, so
fern du den glauben an Christum hast. Denn gleich wie andere Sacrament her
komen und gehen durch den Herrn Christum, Also auch das unser gebet erhoret
wird und gewisse vergebung haben, das wirs nicht haben verdienet, sondern alles
durch jn erworben und uns geschencket jst, das er jmer der einige Mittler
bleibe, durch welchen wir alles haben, das auch die verheissung auff dis werck
gestellet allein durch jn gelte.
So sihestu nu warumb Christus diesen zusatz zu dem gebete
gethan hat, das er damit uns jhe feste zu samen binde und seine Christenheit
behalte jnn der einigkeit des geistes beide jnn glawben und liebe, das wir uns
umb keiner sunde noch gebrechen willen lassen trennen, damit wir nicht glauben
und alles verlieren. Denn es kan nicht anders zugehen, es mussen viel anstosse
unter uns teglich furfallen jnn allen stenden und hendeln, da man gegen einander
redet und thut das man nicht gerne horet und leidet, und ursache gibt zu zorn
und zwitracht. Denn wir haben noch fleisch und blut an uns, das thuet wie seine
art jst, und lesst jm leichtlich entfaren ein boese wort odder zornig zeichen
und werck, damit die liebe verletzt wird, also das doch eitel vergebung mus
sein und gehen bey den Christen, Wie wir auch bey Got on unterlas vergebung
durffen Und uns jmer mussen zu dem gebete halten ‘Vergib uns wie wir vergeben’,
On das wir sol heillose leute sind, das wir jmer [Luk. 6, 41 f.] ehe einen
splitter jnn des nehesten auge sehen denn den balcken jnn unserm auge und unser
sunde auff den rucken werffen, Denn solten wir uns selbs teglich an sehen von
morgen bis zu abend, so wuerden wir wol soviel an uns finden, das wir der
andern vergessen und fro wurden, das wir zu dem gebete komen kunden.
[s. 428]
Wenn du aber fastest, so salbe dein heubt und wassche dein angesicht,
auff das du nicht scheinest fur den leuten mit deinem fasten sondern fur deinem
Vater, welcher verborgen jst, Und dein vater, der jnn das verborgen sihet, wird
dirs vergelten offentlich.
Wie er jr Almosen und beten gestrafft hat, so straffet er
auch hie jr fasten, Denn das sind fast die drey guten werck welche alle ander
jnn sich begreiffen. Das erst: allerley wolthat gegen dem nehesten, Das ander:
das wir uns allerley not beide gemeine und unser eigne annemen und Gotte
furtragen, Das dritte: das wir unsern leib Casteyen. Aber wie sie des almosen und
betens schendlich misbraucht haben, das sie nicht Gottes ehre sondern jren rhum
damit gesucht, also haben sie auch des fastens misbrauchet und verkeret, nicht
fur jren leib jm zwang und zucht zuhallten noch Gott zu loben und dancken,
sondern von den leuten gesehen zu werden und einen namen zu haben, das man sich
wundern und sagen muesste: O das sind treffliche heiligen, die da nicht leben
wie ander gemeine leut, sondern daher gehen jnn grawen roecken, den kopff
hengen, sawr und bleich sehen &c.. wenn die nicht gen himel komen, wo
wollen wir andern bleiben? Er wil aber damit nicht das fasten an jm selbs
verworffen odder verachtet haben, Eben so wenig als er das almosen geben und
beten verwirfft sondern viel mehr bestetigt, und leret des selbigen recht
brauchen. Also wil er das fasten auch widder zu recht bringen, das es jnn
rechtem brauch und rechter meinung gehe, wie ein gut werck gehen sol.
Es hat aber bey den Juden daher seinen ursprung, das jn
Moses auffgesetzt [(3. Mose 23, 27)] hatte jm herbst auff das fest Expiacionis
ongeferlich vierzehen tage nach einander zufasten, Das war nu die gemeine
fasten, die sie alle zugleich hielten. Daruber hatten nu die Phariseer ir
sonderliche fasten, das sie etwas mehr theten und heiliger geachtet wurden denn
andere, Denn jene fasten war nicht dazu gemacht das sie kundten damit fur
andern gesehen sein, weil sie durch das gantze volck gieng, und was jnns gemein
hingehet, des kan sich niemand sonderlich rhumen: Darumb musten sie viel
sonderlicher fasten furnemen, das sie gesehen wurden als viel hoeher und
geistlicher denn gemeine leute, Daher [Matth. 9, 14] sie auch rhumen jm
Euangelio widder Christum: Warumb fasten der Phariseer Juenger so offt, und
deine Juenger fasten nicht? &c.. Dazu machten sie einen unterscheid mit
geberden und zeichen, dabey man ja kennen solte wenn sie fasteten, verstelten
jr angesicht, das sie sich nicht wusschen noch schmuckten, [s. 429] sondern
sahen saur und finster und trieben solchen trefflichen ernst, das man davon
sagen und singen muste &c..
So kompt nu Christus, schlegt solch fasten gar zu boden und
leret stracks das widderspiel und spricht: Wiltu fasten, so faste also, das du
nicht saur sehest, sondern wassche und salbe dein angesicht, das du fein lustig
und frolich sehest als auff einen feyer tag, Also das man kein unterscheit sehe
noch mercke zwisschen deinem fasten und feyren. Denn das war der Juden weise
das sie sich mit kostlichen wassern besprengten und das heubt begossen, das es
vom gantzen leib roch, wenn sie feyreten odder frolich wolten sein. Wenn du so
fastest zwisschen dir und deinem Vater allein, so hastu recht gefastet, das es
jm gefellet, Doch nicht also, das damit ein verbot gestelt sey, das man nicht
durffe auff ein faste tag jnn geringen kleidern odder ungewasschen gehen,
sondern der zusatz ist verworffen, das mans umb rhums willen thut und den
leuten mit solchen sonderlichen geberden die augen auffsperret. Sonst lieset
man offt, wenn man gefastet hat, das man seck anzogen unnd assche auff das
heubt gestrewet hat, als von dem Koenig zu Ninive sampt der gantzen stad, aber
das war ein ander fasten, das sie jre not und elend leret.
Nu von der Juden fasten haben wir auch unser grosse fasten
genomen und erstlich auch vier zehen tag gehalten, darnach heiliger worden und
die selben gestreckt jnn vier wochen, bis sie zuletzt erlengert jst auff
vierzig tage, Sind aber dabey nicht blieben, sondern daneben durchs jar alle
wochen zween tage gesetzt zu fasten, den freytag und Sonnabent, Zu letzt die
vier goldfasten odder notfasten, Das sind dennoch noch eitel gemeine fasten
gewest, Uber das hat das Advent noch etliche sonderliche heiligen funden, die
auch eine fasten haben draus gemacht, On was die moenche jnn Clostern gehalten
haben, Und darnach ein jglicher ettliche sonderliche heiligen aus gewelet uber
die gemeinen fest, bis so weit jst komen, das man dis alles fur nichts geachtet,
wenn jm nicht ein jglicher ein eigene fasten machete.
Nu jst solch fasten alles auff einen hauffen nicht eines
hellers werd, Denn die Ersten alten veter mogens wol gut gemeinet und wol
gehalten haben, jst aber bald ubermengt und verderbt mit dem unflat, das es
nichts taug, Es jst jm aber auch recht geschehen, Denn wie es ein lauter
menschen thand jst mit dem seltzamen viel fasten, so jst es auch jnn
schendlichen misbrauch geraten, Denn jch thar frey sagen das jch noch nie keine
rechte fasten unter dem Bapstum gesehen habe, wie sie es gefastet heissen, Denn
was jst mir das fur ein fasten, wenn man des mittags ein mal zurichtet mit
kostlichen fisschen, auffs beste gewuertzt, mehr und herrlicher denn sonst auff
zwey odder drey mal, und das sterkest getrenck dazu und ein stund odder drey
dabey gesessen und den wanst gefullet, das er donet? Und das war noch gemein [s.
430] und gering, auch bey den aller strengsten monchen, Aber die heiligen
veter, die Bisschove, Epte und ander prelaten habens erst streng angriffen auff
ein mal mit zehen und zwentzig gerichten und auff den abend soviel labsal, das sich
ettliche dresscher drey tag kundten damit behelffen: Das mag wol sein das
etliche gefangene odder arme und gebrechliche leut armuts halben haben mussen
fasten, Aber aus andacht weis jch niemand der gefastet habe, viel weniger jtzt
fasten, Denn sie sind jtzt, mein liebe Papisten, alle gut Lutherisch worden,
das jr keiner nicht mehr an die fasten dencket, lassen die weil auff unserm
teil arme Pfarrer hunger und kummer leiden und ein rechte tegliche fasten
halten an jre stat.
Weil denn dis fasten viel erger jst geraten denn der Jueden
und Phariseer fasten, welche doch recht und warhafftig gefastet haben, on das
sie damit jren rhum gesucht, Unsers aber unter dem namen des fastens ein lauter
fras gewesen jst und nicht gefastet, sondern Gott und der leut gespot heisset,
Dazu der schendliche zu satz daran gehengt, das man unterscheid der speise
gemacht und derselben ettliche verboten, das nur damit gefastet hiesse, wenn
man nicht fleisch esse, aber die weil die besten fissche mit kostlichsten
latwergen und gewuertz und sterkesten wein dazu, Darumb habe jch geraten und
rate noch, das man solch fasten schlechts mit fussen trette, als das Gotte zu
lauterm spot und schanden geschicht, Das michs verdreusst das man solch
spotterey jnn der Christenheit sol treiben und leiden und Gott mit der larven
teusschen, das solch leben, auffs best fressen und sauffen und den bauch
fullen, sol fasten und ein gut werck heissen.
Dis jst nu gar ein grobe, unverschampte, schendliche
triegerey, die nicht die schrifft darff straffen, sondern ein jglicher bawr, ja
ein kind von sieben jaren kan greiffen und verstehen. Aber daruber jst auch der
schendlicher misbrauch zugeschlagen (der auch das rechte fasten verderbt) das
man damit gros verdienst bey Gott gesucht hat als dadurch sund zu buessen und
Gott versunen, wie sie denn jnn der absolutio solch fasten zur busse auff
gelegt haben. Das heisst erst gar jnn aller Teuffel namen gefastet und Christum
jnns maul geschlagen und mit fussen getretten, Das jch umb des misbrauchs
willen ehe wolt erleuben, wenn ja solt boeses gethan sein, das man sich vol vnd
toll soffe, Und lieber wil eine volle saw sehen, wenn jch ja sol ein unflat
sehen denn einen solchen heiligen, der auffs aller strengste zu wasser und brod
fastet. Noch sind des grewels aller Moenchen lere und bucher, aller Bepst
bullen, alle predigstule voll, das sie von keinem andern fasten wissen, wenn
sie es auffs beste machen, jch wil schweigen das sie auch die grobe,
schendliche lugenfasten, davon jtzt gesagt, so hoch heben Und damit auch der
heiligen abgotterey gestifftet und bestetigt haben, Und niemand gefunden jst
der ein wort widder [s. 431] solch misbreuche gered habe. Darumb sage jch noch
das jch jnn dem gantzen Bapstum mein lebtage nie keine fasten gesehen habe die
recht Christlich gefastet were, sondern eitel schandfasten und fras an stat des
fastens und dazu lauter abgotterey und heuchley, damit man Gott eine nasen
gemachet und die leute betrogen hat. Darumb last uns hie lernen was doch eine
rechte fasten heisse.
Es sind zweyerley fasten die da gut und loblich sind: Eine
mag heissen weltliche odder burgerliche fasten durch die oeberkeit gebotten wie
ein ander ordnung und gebot der oeberkeit (nicht als ein gut werck odder Gottes
dienst gefoddert, Denn das wolte jch gerne sehen und dazu raten und helffen das
Keiser odder fursten solch gebot macheten, das man einen tag odder zween jnn der
wochen nicht fleisch speisete noch veil hette, als ein gute nuetzliche ordnung fur
das land, damit man nicht so gar alles auff fresse, wie jtzt geschicht, bis zuletzt
theurzeit mus werden und nichts zu bekomen jst, Darnach wolt ich auch das man
zu ettlichen zeiten, die wochen ein mal odder wie sie es gut duncket, des
Darnach were uber diese fasten noch eine geistliche gemeine
fasten die wir Christen solten halten, Und were auch wol fein das man noch
etliche tage vor Ostern, jtem vor Pfingsten und Weyhenachten ein gemeine fasten
behielte Und also die fasten jnns jar teilete, Aber bey leib auch nicht darumb das
man ein Gottes dienst draus mache, als damit etwas zuverdienen odder Gott zu
versunen, sondern als ein eusserliche Christliche zucht und ubung fur das junge
und einfeltige volck, das sie sich lerneten jnn die zeit richten und unterscheiden
durchs gantze iar, wie man bisher vier weyh odder fron fasten hat gehalten, da
sich jderman nach richtet. Denn es mus ja sein das man etliche zeit unter
scheide und ausmale als fastel und feirtage dem groben gemeinen hauffen umb der
predigt und gedechtnis willen der furnemlichen geschicht und werck Christi
&c.. Also das damit kein sonderlicher Gottes dienst gesucht werde, sondern
allein ein Merck tag sey, darnach man kunde das gantz jar fassen und wisse wie
man jnn der zeit sey. So mocht jch auch leiden das man auff diese weise durchs
gantz jar alle freytag
Aber das jst auch noch nicht das rechte Christliche fasten
das Christus meinet, welchs gehoret fur einen jglichen sonderlich, Und jst also
gethan, das [s. 432] wenn es warhafftig und Christlich fasten heissen sol, jsts
nicht gnug das du des
Solch fasten findet man jtzt nicht viel, sonderlich bey
unsern geistlichen Moenchen und pfaffen, Denn die Cartheuser, so doch wollen
das strengeste leben furen, thun es nicht, ob sie wol ein stuck davon zum
schein fueren, das sie jnn herin kleidern gehen, aber fressen gleich wol jren
bauch vol der besten speisse und trancks, und leben on alle sorge auffs aller
senffste. Nein, es gilt nicht so stuckens und teuschens, sondern es heist den
leib demuetigen und jm nemen alles was jn lustet und wolgefellet, Und wenn sie
gleich aller dinge recht fasteten, so ist doch der misbrauch des Teuffels gar,
das sie jre heiligkeit darauff grunden und was sonderlichs bey Gott damit
wollen erlangen &c..
Darumb ist auch noch nicht darauff zu bawen, ob wol die
fasten auffs aller beste gehet, Denn es kan wol ein heimlicher schalck darunter
verborgen [Jes. 58, 4] ligen widder den glauben odder die liebe, wie auch der
Prophet Esaias 58. (wie oben angezogen) solch fasten straffet, damit sie jrem
leib wehe thatten, aber daneben jre schuldiger zwackten und plagten &c..
Also verwirfft auch Christus der Phariseer fasten, nicht das sie nicht recht
gefastet haben, sondern das sie jren rhum und ehre darinn suchten &c..
Drumb gehoeret gar viel da zu das es ein recht gut werck sey
und Gott gefalle, Denn er will des nichts uberal das du mit deinem fasten jm
wollest hofieren als ein grosser heilige und doch die weil hass und zorn auff
den nehesten tregest &c.. Sondern wiltu recht fasten, so dencke das du
zuvor ein fromer man seyest und beide recht gleubest und liebest, Denn solch
werck gehet nicht Gott noch den nehesten sondern unsern eigen leib an &c..
Aber das wil nirgend hernach, Darumb mag ich wol sagen, das ich kein recht fasten
habe gesehen, Denn es ist doch sonst alles nur halb und stuecklich gefastet, und
eine lauter teuscherey, da man zum schein eine malzeit abbricht, aber gleichwol
sonst teglich den leib wol kuetzelt, on was itzt mag sein bey ettlichen [s. 433]
fromen predigern und pfarrern auff den doerffern und sonst, die es aus not muessen
thun und hohn, spot und alle plage dazu leiden und von niemand einen bissen
brods haben: Da ist wedder lust noch schmuck odder sanffte tage, Das sind sie,
die jnn der wellt jrr gehen und sie niemand kennet, der auch [Ebr. 11 [so], 38]
die welt nicht werd ist (wie die Epistel zun Ebreern 13. sagt) Aber die Cartheuser
Moench und unser Rotten geschmeis jnn jren herin hembden und grawen rocken, die
sollen augen und maul auffsperren, das man sage: O wie heilige leut sind das,
wie sawr und pang wirds jn, das sie so ubel und hart gekleidet gehen und doch
jren wanst jmerdar voll fressen und sauffen.
Sihe das heisse ich die rechte fasten der Christen, wenn man
dem gantzen leib wehe thut und zwinget mit allen funff sinnen, das er lassen
und emperen mus alles was jm sanfft thut, es geschehe willig odder aus not
(doch das mans gerne anneme und leide) man esse fisch odder fleisch, aber
nichts mehr denn die liebe notdurfft foddert, das der leib nicht druber
verderbt odder untuechtig gemacht sondern jm zwang und erbeit gehalten werde,
das er nicht muessig noch faull und geyl werde. Aber solch fasten trawe ich mir
nicht auff zu bringen, wils auch niemand auff legen, Denn es mus ein jglicher hie
auff sich selbs sehen und sich fuelen, weil wir nicht alle gleich sind, das man
kein gemeine regel darauff stellen kan, sondern ein jglicher darnach er starck
ist und fuelet das dem fleisch not ist, darnach sol er jm aufflegen und abbrechen,
Denn es ist allein gesetzt widder die lust und reitzung des fleisches, nicht
widder die natur, Und ist an keine gewisse regel odder mas, zeit noch stet
gebunden, sondern sol stetts gehen, wenn es not ist, das man den leib jm zawm
halte und also gewehne, das er ungemach leiden konne, wenn es zur not keme das
ers thun muesse, Und sol frey gehen nach eines jglichen wilkoere, das mans
nicht mit gesetzen furneme ab zumessen, wie der Bapst gethan hat, Gleich wie
man nicht kan das gebete abmessen, sondern mus frey lassen, wens eines jglichen
andacht odder not gibt und fodert, Also auch nicht das almosen, wem odder wenn
odder wieviel man geben muesse als aus not und gesetz gezwungen.
So fern gehet aber die gemeine regel fur alle Christen und
jst jderman geboten messig, nuechtern und zuechtig zu leben, nicht einen tag
odder ein jar, sondern teglich und jmerdar, welchs die schrifft nennet
sobrietatem, nuechtern leben, Das ob sie gleich die hohe fasten nicht alle
koennen halten, doch so weit bringen, das sie mit essen, trincken, schlaffen
und aller notdurfft des leibs die masse halten, das zur not und nicht zum
uberflus und mutwillen diene, und nicht also hie leben, als sey es gar umb
fressen und sauffen, tantzen und springens willen zuthun. Ob aber zu weilen aus
schwacheit etwas darueber geschicht, das gehe mit jnn dem artickel der da
heisset Vergebung der sunde, wie andere tegliche gebrechen.
[s. 434] Fur allen dingen aber sihe darauff, das du zuvor
from und ein rechter Christ seyst und nicht durch solch fasten Gott wollest
einen dienst thun, sondern dein Gottes dienst sol sein allein der glawbe an
Christum und die liebe gegen dem nehesten, das du wartest des dazu du gefoddert
bist, wo das nicht ist, so lasse so mehr das fasten auch anstehen, Denn fasten
sol allein dazu dienen, das es dem leib auffgelegt werde seine lust und
ursachen zur lust auswendig abzuhawen, wie der glawbe jnwendig jm hertzen thut.
Das sey genug von dem fasten gesagt. Nu muessen wir auch die
wort ansehen, die Christus setzet zu allen diesen dreyen stuecken, almosen geben,
beten und fasten, Das es sol verborgen sein, so werde es unser Vater, der jnn
das verborgen sihet, vergelten offentlich. Denn es ist ein noetiger trost
spruch fur die Christen, die solche werck rechtschaffen thun, weil es jnn der
welt gewislich also gehet, das jr werck geschendet und so zu gedeckt und
verborgen wird, das freilich kein gottloser kan sehen, und ob ers gleich sihet,
doch mit offenen augen nicht erkennet, Als das wir uns zum exempel setzen, was
wir durch Gottes gnaden guts thun und schaffen, das sihet niemand und schillt
uns alle wellt nicht anders denn als die beten, fasten und alle gute werck
verachten und verbieten, eitel unglueck und unfride anrichten &c.. Wie wir
aber beten beide offentlich und heimlich, das sollen sie nicht sehen, wenn sie
es schon hoeren und dabey stehen und offentlich greiffen moechten wie wir zu
fride und [Jes. 26, 10] allem guten helffen &c.. Denn Gott hat es also
geordnet, wie die schrifft sagt, das kurtzumb kein gottloser sol Gottes ehre
sehen, das ist alles was [Jes. 6, 10] Gott redet und thut, wie auch Esaias 6.
sagt: Verstocke das hertz dieses volcks und las jre ohren dicke sein und blende
jre augen, das sie nicht sehen mit offnen augen noch hoeren mit jren ohren noch
mit dem hertzen verstehen und sich bekeren &c..
Also gehet es uns auch beide mit unser lere und leben, Denn
ich meine ja, unser Euangelium sey nicht verborgen an jm selbs, sondern so
erschollen, das sie es alle sehen und hoeren, sonst tobten sie ja nicht so
zorniglich dawidder, noch konnen sie es nicht sehen und mus bey jnen nicht das
Euangelium sondern verdampte ketzerey heissen, Auch so sehen sie desselben
fruechte bey uns und unser gute werck, die wir auch gegen jnen als unsern
feinden erzeigen und uns auffs hoeheste fur jn demuetigen, frid und alles gut
anbieten und dazu treulich fur sie bitten, noch sich sie nicht werd solchs zu
erkennen, sondern muessen uns eben darumb deste greulicher verfolgen. Also
sehen sie auch unser fasten nicht, wie unsere prediger williglich hunger und
kumer leiden, das sie den leuten dienen &c.. Aber wenn sie fasten bey einer
guten feysten Collation und drey odder vier galreden, das ist koestlich ding
und grosse heiligkeit, gleich wie unser gebet mus nichts heissen gegen jrem
plappern und heulen jn den kirchen.
[s. 435] Sihe also mus das gantz Christlich leben verborgen
sein und bleiben und kan zu keinem rhum komen noch einigen schein und ansehen
fur der welt haben. Darumb las es gehen und nim dichs nicht an, obs gleich
verborgen und wol zugedeckt und vergraben wird, das es niemand sihet noch
achtet, Und las dir gnuegen das es dein vater droben jm himel sihet, der hat
scharffe augen und kan weit jnn die ferne sehen, obs gleich mit grosser finster
wolcken uberzogen und tieff jnn der erden zugescharret ist, Also das aller
Christen leben allein auff Gottes augen gerichtet sey, Denn es wird doch nichts
anders draus, wir leben wie wir wollen, und machens so gut wir jmer koennen, so
konnen wir doch der welt nicht gefallen noch recht und zu danck thun, und sols
nicht werd sein das sie jr lasse helffen und guts thun. Darumb muessen wir auch
widderumb jr urlaub geben und dem Teuffel heim schicken Und auff solche
sprueche trostlich trotzen und singen: Las gehen hin, die welt hat einen tummen
sin &c.. Jst genug das wirs dem zu ehren und gefallen thun, der es sihet,
und wollen nichts umb jren willen thun noch lassen, Gott gebe sie dancke odder
schende, zuerne odder lache, Wir werden sie doch nicht anders machen denn wie
sie jhe gewesen ist, was wollen wir denn ringen nach der ehre odder danck, der
nicht zu erheben ist? sondern wollens den schelmen befehlen, die Rosenkrentz am
hals tragen, tag und nacht jm Chor heulen, eitel fisch und stinckend oele
fressen &c.. und eitel verlorne werck thun, Die sollen die ehre und rhum
von jr haben, wie sie beyde werd sind und zusamen gehoeren als vieh und stall,
dem Teuffel jnn hindern, Denn wie die werck sind, so sollen auch jre preiser
sein, das ein schalck den andern lobe.
Das ist ein stueck des trosts, das wir wissen das die welt
unser nicht werd ist, sondern einen andern jm himel haben, der auff uns und
unser werck sihet. Das ander ist das er sagt ‘Dein vater der jnn das verborgen
sihet, wird dirs vergelten offentlich’, das nicht allein bey dem sehen sol
bleiben, sondern auch vergolten werden, und nicht heimlich sondern offentlich,
das alle wellt sehen sol mit jren ewigen schanden. Darumb las jn machen, Er
wirds wol an tag bringen, das es nicht dahinden jm finstern bleibe, auch auff
erden [Ps. 37, 5. 6] und fur den leuten, wie auch der 37. Psalm leret und
troestet: ‘Befehl dem HERRN deine wege und hoffe auff jn, er wirds wol machen,
Und wird deine gerechtigkeit erfur bringen wie das liecht, und deine sache klar
machen, das sie leuchte wie die liebe Sonne jm mittag.’ Sihe wie die lieben
Marterer so schendlich sind umbbracht und dennoch jtzt so erfur leuchten, das
alle welt dargegen ein lauter stanck ist: So ist Johannes Huss vor unser zeit
verdampt so schendlich als nie gehoert ist und sein name (als sie meineten)
ewiglich ausgetilget, noch scheinet er jtzt mit solchen ehren erfur, das seine
sache und lere fur aller wellt mus gepreisset werden und des Bapsts ding jm
dreck ligt auffs aller schendlichste.
[s. 436] So last uns jtzt auch zugescharret und jm verborgen
bleiben, es wird aber die zeit komen das uns Gott wird ein mal erfur zihen, das
unser sache und wesen mus leuchten fur aller wellt augen auch noch hie jnn
diesem leben, aber viel herlicher an jenem tage, wenn da wird erfur tretten
jrgend ein armer mensch mit seinen fruchten und guten wercken, das gantze
Bapstum und welt zu schanden machen, das sein ding eitel liecht und klarheit,
jenes aber eitel unflat wird sein; Allein das wir uns an Christus wort halten
und nichts daran keren noch anfechten lassen, ob wir jtzt beschmitzt und jnns
finster gelegt werden von der wellt, Sondern sehen auff jn und alles thun umb
seinen willen, Denn Gottes werck und wort kan doch nicht dahinden bleiben
sondern mus erfur ans liecht, wie tieff es verscharret und vergraben wird, Das
ich mich selbs offt habe verwundert, wenn ich das Bapstum gesehen habe, wie der
teuffel das liebe Euangelium durch des Bapsts grewel jnn einen mist hauffen und
pfuetzen gefurt hat und so tieff verschut, das ich dachte, es were nicht
mueglich das die warheit jmer mehr solt erfur komen unter soviel verfurung der
Messen, Fegfeur und unzelich andere: Noch hat es erfur gemuest, eben da es am
aller tieffsten lag und sie meineten, es solt jr ding nu ewig stehen.
Also ist es Christo auch selbs gangen, da sie jn unter die
erden bracht hatten und meineten, sie hetten jn nun so tieff verscharret, das
niemand mehr von jm singen noch sagen solt, da blitzet er erfur und leuchtet
durch sein wort so starck, das sie alle drueber musten ewiglich zu boden gehen.
Darumb sollen wir auch sicher sein, weil wir sein wort haben, das unser lehre
und werck mus ans liecht komen und fur aller welt augen gepreisst werden, obs gleich
itzt jm verborgen ligt, es sey denn das Gott selbs muesse im tunckel bleiben.
Sihe das ist die troestliche verheissung uns gegeben zur
vermanung, das wir uns uben jnn rechten guten wercken und nicht ergern, obs bey
der wellt nicht angesehen wird, Denn sie ist zu blind und als wenig sie Gott
erkennet, so wenig kan sie sein wort und werck erkennen Und sol nimer mehr dazu
komen, das sie sehe welch ein gros ding es ist umb ein getaufft kindlin odder einen
Christen der das Sacrament empfehet und gerne Gottes wort hoeret, sondern mus
es ansehen als fur ein schlecht wasser bad odder stuck brod und ein unnuetz
geschwetz. So sihet sie auch nicht was der thut, der da recht fastet odder
betet. Drumb befelen wirs dem der es sehen kan, und hoffen das er die blinden
tollen heiligen zuschanden machen wird mit jrem grossen gleissenden wesen,
damit sie itzt der Christen leben und werck vertunckeln.
Er hat bisher erstlich jre falsche auslegung der zehen gepot
gestrafft und die verschorren und vertunckelte lere geleutert und rein gemacht,
Darnach widder jre falsche gleissende werck die rechten werck geleret, also das
man beide die zehen gepot recht verstehe und die werck rechtschaffen thue, Nu
fehet er an zu warnen wider die anfechtungen so diese lere hindern, und treibt
solchs fast durch aus bis zum achten Capitel und wirds aus der massen gut machen
als ein koestlicher meister, der nichts unterlesset was dazu dienet, das er uns
jnn der rechten lere und leben behalte.
Und zum ersten nimpt er fuer sich das schoene grosse laster
welchs da heisset der Geitz, Denn das sind fast die zwo schedlichsten plagen,
so da jmer mit folgen, wo man das Euangelion leret und darnach leben wil: zum
ersten falsche prediger, so die lere verderben, darnach Juncker Geitz, der da
hindert am guten leben, Wie wir itzt sehen, nach dem das Euangelium widder ist gepredigt,
das die leut viel geitziger werden denn zuvor, scharren und kratzen als wolten
sie gar hungers sterben, welche vorhin jnn der blindheit giengen, als weren sie
verstarret, liessen jn predigen was einem iglichem treumet, und gaben was sie
solten mit hauffen, das sie selbs nicht sahen noch klagten was jn abgienge.
Jtzt aber, weil jn die augen sind auffgethan, das sie sehen wie sie leben und
rechte gute werck thun sollen, sehen sie so genaw auff jren pfennig und
geitzen, als wolt iglicher gerne der wellt gut allein zu sich reissen, Das ichs
nicht kan anders deuten noch rechnen wo es her kome, denn das es mus eine
lauter plag sein vom leidigen teuffel, der alle zeit neben dem liecht des
Euangelij dis schendliche laster, das selbige zu hindern, mit einwirfft. Denn
das Euangelium gibt uns ia den trost, das wir nicht allein dort ewig [Ps. 8, 5
ff.] leben sollen, sondern auch hie zu essen und gnug haben, wie Psal .8.
stehet das Christus ein Koenig und herr sol sein uber alle wellt und jnn seinen
henden haben schafe und ochsen und alle thier auff erden, das er uns ia nicht wird
lassen hungers sterben. Nu das wissen wir, noch stecken wir auch selbs viel
tieffer im geitz und sorge zeitlicher narung denn zuvor, und will uns allenthalben
feilen und zurinnen und kunnen nicht den zehenden teil Gotte zu ehren geben des
so wir zuvor dem teuffel jnn rachen verschuttet haben.
Solchs hat Christus auch an viel mehr orten gezeigt und
zuvor gesagt, als da er seine Apostel aus schicket zu predigen, ist sein groste
sorg und [Matth. 10, 10; Luk, 9, 3] warnung, das sie sich huten fur den zweien:
falscher lere und geitz, Und befilhet jn hart das sie keinen vorrat sollen mit
sich auff den weg nemen &c.. noch sorgen was sie essen und trincken sollen,
Also das es (wie gesagt) die zwey schedlichste stueck sein jnn der
Christenheit, dadurch es gar verderbt wird, [s. 438] geistlich der glaube durch
falsche lere, leiblich die fruchte durch den geitz. Darumb ist hie predigens
und warnens not, wenn die lere und leben angerichtet ist, das man ia wol zusehe
das man dabey bleibe und sich nicht lasse widder davon furen durch falsche
deutung der schrifft, darnach sich hute fur dem geitz, das er uns nicht
heimlich erschleiche und einneme, also das wir unser datum setzen auffs
zeitliche, das wir hie gnug haben, als sey es damit ausgericht, Denn es ist ein
ferlich anklebend ubel und kan auch ein feinen schein und schoene gedancken
machen, das es auch die Christen betreugt und niemand sich dafur kan sicher
wissen, Denn wenn sie sehen wie es jn gehet jnn der welt, die jn alle plag
anlegt und nicht einen bissen brods goennet, das sie jret halben wol muesten
hungers sterben, wie man itzt die armen prediger lesst kumer und not leiden, so
werden sie also angefochten, das sie auch dencken wie sie was kriegen und fur
sich bringen, das sie jnn der welt bleiben koennen, so lang bis sie gar jnn die
welt sorge und geitz geraten und daruber jr predig ampt fallen und ligen und
ettliche das Euangelium gar faren lassen.
Sihe darumb fehet nu Christus mit viel worten an zu predigen
widder den grossen Abgot Mammon und malet jn auffs schendlichst abe, das man sich
ia dafur huten solle, und spricht zum ersten: ‘Samlet euch nicht schetze auff
erden, da sie die motten und der rost fressen und die diebe darnach graben’
&c.. Da gibt er den schetzen auff erden drey fundgrubner, nemlich Rost,
Motten und diebe, das sind ia schendliche hueter, wenn man sie uber schetze
setzet. Nu hats Gott sein geordnet, das wo ein schatz ist, da mussen auch
solche gesellen sein die sein hueten, gleich wie gemeiniglich die sperling odder
ratten und meuse bey dem korn. Denn es ist auch nicht bessers werd, weil wir
des gelts und gut nicht recht brauchen, sondern durch den leidigen geitz zu uns
scharren und keiner dem andern gibt noch goennet &c..
Es heissen aber nicht allein Motten und Rost, so die kleider
odder eissen und ertz fressen, noch meuse und Ratten, die man mit fallen
fenget, auch nicht die allein diebe, so heimlich die kasten reumen, sondern
auch die grossen lebendigen Motten und offentliche diebe, als die grossen
Eissenfresser und Scharhansen zu hofe, die einem Fursten koennen boden und
beutel leeren und zu letzt umb alles bringen was er hat, Also auch jnn stedten
nicht allein die einem burger zum haus hin ein steigen, sondern eine stad fein
heimlich aus saugen mit wuchern und schinden auff dem marckt und wo sie
koennen, So das kurtzumb wo gelt und gut ist, da muessen auch motten und diebe
sein dar nach gerichtet, Und ist alles jnn der welt vol solcher ratten und
meusse, wo nure leute unternander wonen, Denn was ist ein untrewer Rat zu hofe odder
Amptman anders denn ein solcher rost odder motte, der nirgend zu dienet denn
das er eins Fursten geld und gut wegfrisset, weil etwas da ist?
[s. 439] Wie denn itzt solcher heuchler viel sind, die mit
teglichen schweren, unnoetigen und vergeblichen kostungen die Fuersten arm
machen und nichts darnach fragen ob ein Fuerst gedeye oder verderbe, wenn sie
nur jnn seinem geld herrn sein und regiren wie sie wollen.
Also auch jnn allen stedten und dorffern findet man alles
vol eitel ratten und motten beide grosser und kleiner, heimlich und offentlich,
als schuster, schneider, fleischer, becker, birbrewer und schencken und andere
handwerck, erbeiter und tagloner, Ja jnn einem iglichen haus wer einen faulen untrewen
knecht odder magd hat, was hat er anders denn einen korn wurm, der jm mehr weg
frisset denn wenn er den boden vol ratten und meuse hette?
Nu sihe was der Mammon fur ein feiner Gott ist, der kein
bessere huter und hoffgesind umb sich hat denn eitel rost und motten, Das wenn man
lang grosse schetz gesamlet hat, so mus doch so weg gefressen werden von solchem
gesind, das sein niemand fro wird noch geneusset, der es geniessen solt. Und
sind nicht viel grosser herrn und fursten schetze je mal wol angelegt, sondern
gemeniglich durch kriege verheeret odder durch solche lose fresswuerme
auffgeetzet oder sonst unnuetzlich umbbracht und verschleudert? Darumb sind die
am besten dran die nicht viel schetze haben, denn sie haben nicht viel ratten
zu erneren und durffen sich fur dieben nicht furchten.
Wie aber? sol man denn gar keine schetze haben und alle hie
mit verdampt sein, die schetze auff erden samlen? Das mus ia auch nicht sein,
Denn solten sie alle thun wie du und ich, so hette morgen niemand nichts jnn
haus und hofe, Es muessen ia herrn und fuersten vorrat schaffen und haben fur land
und leute, Denn dazu hat Got gold und silber geschaffen und jn bergwerck [5.
Mose 17, 16] gegeben: So lesen wir jnn der schrifft, das Moses den Koenig leret
das er nicht sol zuviel pferd, gold silber haben &c.. da mit lesst er ia zu
das er [Pred. 2, 8] muege messig schetze samlen, Wie auch der Koenig Solomo
selbs von sich rhuemet [1. Mose 47, 14 ff.] Und der Patriarch Joseph soviel
samlete, das er das gantz land Egypten mit korn, geld, gut, vieh und leib dazu
des koenigs eigen machte als gantz leibeigene [1. Mose 13, 2] leute. So hatte
Abraam auch viel schafe, gold und silber, damit er handelte und kauffte, Was
wollen wir denn hie zu sagen das er so klar verbeut, Wir sollen nicht schetze
samlen? So er doch (wenn man mit jm rechen [Joh. 12, 6] wolt) auch selbs einen
vorrat gehabt, weil jm Judas den beutel und geld nachtrug, und dennoch jmer
etwas barschafft hatte, das jnen nie nichts [Luk. 22, 35] gemangelt, wenn er
die Junger aus schickte, wie sie selbs sagten, Warumb [Luk. 10, 4] verbeut er
denn hie solchs und sagt, Sie sollen kein geld noch tasschen noch schuch mit
sich tragen &c..
Antwort: Es ist droben offt gnug gesagt, das Christus jnn
dieser predigt leret einen einzelen odder Christen man und das weit von
einander [s. 440] zuscheiden sey ein wellt man und ein Christen odder eine
Christliche und welltliche person, Denn ein Christen heisst weder man noch
weib, jung noch alt, Herr, knecht, Keiser, Furst, Bawer, Burger, noch nichts
was jnn der welt gehet und genennet mag werden, hat keine person noch larven
nicht Und sol nichts jnn der welt haben noch wissen, sondern jm gnuegen lassen
an dem schatz im himel. Wer nu solchs nicht wol unterscheidet, der kan solcher
sprueche keinen recht verstehen, wie es unsere Sophisten und Schwermer jnn
einander werffen und brewen.
Ein Furst kan wol ein Christen sein, aber als ein Christ mus
er nicht regieren: und nach dem er regiret, heisst er nicht ein Christ sondern
ein Furst Die person ist wol ein Christ, aber das ampt odder Furstenthumb gehet
sein Christentum nicht an, Denn nach dem er ein Christ ist, leret jn das
Euangelium das er niemand sol leid thun, nicht straffen noch rechen, sondern iderman
vergeben, und was jm leid odder unrecht geschicht sol er leiden. Das ist (sage
ich) eines Christen lectio, Aber das wurde nicht ein gut regiment machen, wenn
du dem Fursten woltest also predigen, Sondern so mus er sagen: Meinen Christen
stand lasse ich gehen zwischen Gott und mir, das habe sein bescheid wie ich gegen
jm leben sol, Aber uber odder neben dem habe ich jnn der welt einen andern
stand odder ampt: das ich ein Furst bin. Die person gehet nicht gegen Gott
sondern zwisschen mir und meinen land und leuten &c.. Da gehoert nicht her
wie du gegen Gott leben und was du fur dich thun und leiden solt, das las fur
deine Christen person gehen, als die nichts mit landen und leuten zuthun hat,
Aber deine furstliche person sol der keines thun noch damit zuschaffen haben,
Sondern dencken wie sie das regiment handhabe, recht und friden halte und
schutze, die boesen straffe.
Sihe so sind beide stend odder empter recht geteilet und
doch jnn einer person und so zu rechen widderwertig, das eine person sol zu
gleich alles leiden und nicht leiden, Aber also das iglichem ampt das seine
unterschiedliche zugeteilet werde, Nemlich, wie gesagt, Wenn michs antrifft als
ein Christen, so sol ichs leiden, aber wenns antrifft meine weltliche person,
so nicht zwisschen Gott und mir sondern an land und leut gebunden ist (welchen
mir befolen ist zu helffen und schuetzen und das schwerd da zu jnn die hend
geben) da gilts nicht leiden sondern das widderspiel. Also hat ein iglich
mensch auff erden zwo person: Eine fur sich selbs, an niemand verbunden denn an
Gott alleine, Darnach eine welltliche, damit er an ander leut gebunden ist, wie
wir denn jnn diesem leben unternander sein muessen, Als ein eheman odder hauswirt
an weib und kind, welcher ob er wol ein Christ ist, sol er doch von den seinen
nicht leiden das sie buberey odder mutwillen im haus wolten uben sondern dem
boesen weren und straffen, das sie thun muessen was recht ist &c.. Wenn du
nu solch unterscheid recht weissest, so ist Christus lere [s. 441] leicht
zuverstehen, Denn er redet hie und jnn alle seinen predigen nichts da von, wie
eine welt person thun und leben sol, sondern wie du rechtschaffen leben solt
gegen Gott als ein Christ, der sich nichts zu bekoemern hat umb die welt
sondern allein dencken sol nach einem andern leben.
So sage nu auch zu diesem text: Meine person die ein Christen
heisset, sol nicht fur gelt sorgen noch samlen, sondern allein an Gott mit dem
hertzen hangen, Aber eusserlich mag und sol ich des zeitlichen guts brauchen
fur meinen leib und fur ander leut, so fern meine welt person gehet, gelt und schetze
samlen, doch auch nicht zu viel, das nicht ein geitz wanst draus werde, der nur
fur sich selbs trachtet und nicht zur fullen ist, Denn eine welt person mus
gelt, korn und vorrat haben fur sein land, leut odder andere die jm [1. Mose
47, 14] zugehoeren, Als wenn man kuende so regiren, wie der Patriarch Joseph
jnn Egypten land, das alle boden und kasten vol vorrats weren, und das land so
fassen, das es mit aller notdurfft versorgt were, davon man kunde den leuten
helffen, fur strecken und aus teilen wenns not were, das were ein recht feiner
schatz und des zeitlichen guts wol und Christlich gebraucht, Denn was ein Furst
samlet, das samlet er nicht fur sich, sondern als eine gemeine person, ia ein
gemeiner Vater des gantzen lands, Denn wir muessen ia nicht alle bettler sein,
sondern ein iglicher soviel fur sich bringen, das er sich neeren koenne und
nicht andere beschwere und dazu andern helffe Und also einer zum andern setze
wo es not thut.
Also solt ein igliche stad samlen soviel sie kund zu
gemeiner not, ia auch ein iglich kirchspiel ein gemeinen kasten fur die armen,
das hiesse nicht unrecht, sondern Christlich schetze gesamlet, Denn es ist
nicht ein solcher schatz, damit den geitz und die luest zubuessen, wie die
wellt thut und wie bisher unser pfaffen gelt gesamlet haben und nicht mehr
gesucht denn das sie jre lust dran sehen und mit den gulden spielen wie die
megde mit den tocken, aber wenns zur not kompt, da man andern helffen solt, da
jst niemand daheim, Das heissen des Teuffels schetze, dawidder Christus hie redet,
das man nicht sol schetze samlen auff erden, das jst fur sich und zu seiner
lust, also das das hertz nicht geitzig sey und an dem zeitlichen Mammon klebe,
sondern einen andern schatz jm himel suche und samle, Aber eusserlich und
weltlich magstu samlen soviel du kanst mit Gott und ehren, nicht fur deine lust
und geitz, sondern zu ander leut not. Wer so samlet, der sol segen und ablas dazu
haben als ein fromer Christ.
Aber die so geitzen und scharren, das sie nicht koennen
auffhoren, und doch niemand lassen geniessen, das auch sie selbs nicht frolich
durffen brauchen, Den sol es auch so gehen wie hie stehet, das eitel motten,
rost und diebe weg fressen, das wie es gewonnen jst, widder hin gehe, Wiewol es
auch sonst offt geschicht, das obs gleich wol gesamlet jst, dennoch so
auffgefressen wird, Denn [s. 442] es mus doch dem zeitlichen gut auff erden
nicht besser widderfaren. Gehets nu denen so, die doch recht schetze samlen,
wieviel mehr denen, die nichts anders suchen denn das gelt, nicht den brauch,
nutz und frucht des gelds. Denn es jst hie so gesegnet, das motten und rost
mussen druber komen und weg fressen und gestolen werden, Das doch keinem
gelinget, der so geitzet und kratzet, und wenn ein Baur schon viel gesamlet
hat, mus ers doch nicht brauchen, stehet jm auch nicht an, sondern mus
vergraben, das er weder jm noch andern zu nutz kome, on das die wuerm dran
nagen und beissen odder den landsknechten und juncker Scharr hansen zu teil
werde, das es ja nicht besser angelegt werde.
So wil nu Christus mit diesen worten uns aus dem sinn reden,
das wir nicht so geitzen nach dem Mammon, und redet so verechtlich und
schmehlich davon, das er jm nicht kund nehrlicher reden, Denn was jst das fur
ein Gott, der nicht soviel vermag, das er sich des Rosts und der motten
erwehren kund? sondern mus sich teglich weg fressen und verzeren lassen und da
ligen jderman zum raub, das jn frisset was daruber kompt, und ein jglicher dieb
weg treget &c.. Das jst ja verdrieslich ein solchen omechtigen Gott haben, dem
rost, motten und dieben unterworffen, der doch die gantze welt regiret. Darumb
solten wir ja uns schemen, das wir solche leute sind, die sich an solchen
rostfressigen schatz hengen und alle jren trost darauff setzen. Weil jr denn
solchs wisset (wil er sagen) so setzet ewr hertz nicht darauff das jr auff erden
schetze samlet, sondern lasst euch gnuegen an dem was euch Gott hie gibt, und
setzets jnn die fahr, das euch muege umb komen odder genomen werden. Denn es
wird nichts anders draus, sonderlich wer da wil ein Christen sein und seinen
herrn bekennen odder predigen, der mus alle stund gewarten das man jn ausbeisse
und verstosse, als der die welt und alle teuffel hat auff sich geladen. Sol ers
denn ausfuren, so mus er einen mut fassen, das er jre schetze und gueter verachten
konne und einen andern bessern schatz wisse.
Darumb spricht er ‘samlet euch schetze jm himel’ &c..
das jst: Lasset der welt jre rostfressige, reubische und diebische schetze, als
die nicht bessers werd jst, das sie jr lust und trost dar an habe, Aber jr, so
nicht von der welt seid sondern gen himel gehoret und durch mein blut dazu
erklaufft seid, das jr ein ander ewig gut solt haben, das euch bereit und
bestelt jst, lasset ewr hertz hie nicht gefangen nemen, Sondern ob jr jnn
solchem ampt und stand lebet, das jr must damit umbgehen, das jr nicht daran
henget noch jm dienet, trachtet aber darnach wie jr jene schetze kriegt, die
euch jm himel beygelegt sind, Denn das sind rechte schetze, da nicht motten
noch rost konnen zu komen und wol sicher sind fur allem was fressen und stelen
kan, Denn sie sind so gelegt, das sie jmer gantz und frissch bleiben, und so
verwaret, das niemand darnach graben kan.
[s. 443] Wer nu wil ein Christen sein, der mag jm diese
reitzung und Rhetorica lassen gefallen, Denn es solt ja einem geitzigen wanst
gefallen und sein hertz lachen, wenn man jm ein solchen schatz zeigete, den
kein rost fressen und kein dieb stelen kunde, Aber die welt sol solchs nicht
achten, weil sie es nicht sihet noch tappet, sondern bleibt an dem gold und silber
hangen, das sie sihet gleissen, ob sie wol weis und sihet das es nicht eine
stund sicher jst fur rost und dieben. Aber wir predigen auch den selben nicht:
Wer sich nicht wil an Christus wort halten und sich richten nach dem
unsichtigen schatz, der fare jmer hin, wir wollen niemand mit den haren erzu
zihen, Aber sihe zu, wenn dirs dazu kompt, das du solt und must davon faren, so
ruffe denn deinen schatz an, den du gesamlet hast und dein trost darauff
gesetzt, und sihe was du daran habst und dir damit geholffen sey.
[Ps. 75, 6 (Bulgata)] Aber es gehet wie geschrieben stehet
Psalmo 75. ‘Dormierunt somnum suum omnes viri divitiarum et nihil invenerunt in
manibus suis’, Die reichen wenste die dem Mammon gedienet hatten, da sie solten
sterben, da funden sie gar nichts. Das jst ia ein schrecklich ding, das die so
jr gantzes leben dem Mammon gedienet und umb seinet willen manchen unrecht und schaden
gethan und Gottes wort veracht, und doch jnn der not nicht soviel kunden
geniessen. Da werden jn erst die augen auffgethan, das sie jnn ein ander welt
sehen und umb sich tappen nach dem was sie gesamlet haben zum vorrat, so finden
sie nichts und lesset sie mit schanden leer hin faren, so wird jn denn so angst
und bange, das sie daruber vergessen was sie gesamlet haben, [Luk. 12, 16 ff.]
und jm himel auch nichts finden, Und geschicht jn eben wie Christus Luce 12. sagt
von dem Reichen, der ein mal ein kostlichen guten herbst erlebet hatte, das er
die scheuren wolt abbrechen und grosser machen und dachte nu gute tage zuhaben
und sprach: Liebe seele, du hast nu grossen vorrat auff viel jar, iss und
trinck und habe guten mut. Sihe das jst das bawrliedlin das alle geitzwenste
singen, Aber was folgt drauff? Du nar, diese nacht wird man deine seele von dir
nemen, und wes wird es sein das du bereitet hast? also hat er beide diesen
schatz verloren und mus seines gesamleten guts auch beraubet werden, und so
schendlich, das er auch nicht weis wer es kriegen sol.
Denn so gehets jnn der welt, weil man selten grosse schetze
gotlich zusamen bringet, das sie es nicht mussen so wol anlegen, da sie gerne
wolten odder jemand zu nutz komen, sondern so verstieben, das niemand weis wo
es bleibt, wie jch bereit viel erlebt habe, sonderlich unter grossen reichen
thum pfaffen, die gros gut gelassen, aber nach jrem tod plotzlich verschwunden
odder ja den zu teil worden jst, die jnen keinen danck dafur gewust, sondern
weidlich verprasset und schendlich umbbracht haben, Und sonderlich wo ein krieg
angehet, da gehets nach freuden und wundsch, wie der Teuffel wil, das es
[s. 444] Darumb wenn gleich einer lang samlet und jmand
fragt, wer es kriegen sol, so mus er sagen, er wisse es nicht, Und kompt doch
dahin das es nicht so gerett, wie ers gedacht hat. Drumb jst er ja ein grosser
narr, das er all sein trost und heil darauff setzet und sich sein lebtag mit
grosser sorg und angst zu martert und doch selbs nicht weis wem ers fur
gesamlet hat, Noch wils niemand achten, denn der menschen blindheit und bosheit
jst zu gros, und die welt wil kurtzumb welt bleiben und die plag haben das sie
dem rostfressigen schatz diene, und wenn sie lang gedienet und Gott erzuernet
hat, so mus sie zu lohn haben das er am letzten nicht kan helffen Und lesst sie
das nachsehen und dazu spott zum schaden haben. Das lesst sie jr nicht weren, so
wenig dem feur zu weren ist das es nicht brenne odder wasser nicht lessche, Darumb
lass sie nuer faren, und wisse das dis dir als einem Christen gepredigt ist,
das du denckest wo du deinen schatz haben und finden sollest, da er dir gewis
ist und ewig bleibet und nicht kan verruckt noch einem andern werden, Und unter
des des weltlichen guts brauchest und gehen lassest wie es gehet, als ein
fahrende habe. Und wo du so schetze samlest mit Got und ehren, so wird er auch
zusehen, das es bleibe wo es bleiben sol, das es dennoch unverloren sey,
sondern wol angelegt und viel guts damit geschaffet werde.
Das beschleusst nu Christus mit einem spruch und spricht ‘Wo
dein schatz ist, da wird auch dein hertz sein’, Das ist gleich gered als wir
deudschen von einem Geitz wanst sagen ‘Geld ist sein hertz’, das ist, wenn er
nuer geld hat, das ist sein freud und trost und summa sein Got; Widderumb wenn
er nichts hat, das ist sein tod, da ist kein hertz, freude noch trost. Darumb
wil er so sagen: Sehet euch fur und prueffet ewr eigen hertz und wisset
gewislich das ewr hertz wird gar an dem ort sein, da ewr schatz ist, Wie man
sonst auch pflegt zu sagen: Was dem menschen liebet, das ist sein Gott, denn da
tregt jn sein hertz zu, gehet tag und nacht damit umb, schleffet und wachet damit,
es sey geld und gut, lust odder ehre &c.. Darumb sihe nur auff dein eigen
hertz, so wirstu bald finden was darinn steckt und wo dein schatz ist, Denn das
ist ia wol zu fuelen ob du so grosse lust und vleis dazu hast, das du Gottes wort
hoerest und darnach lebst und jenes leben erlangest, als wie du viel geld und
guts samlest und fur dich bringest.
Denn ist das hertz so gesinnet und sich auch so beweiset, wo
es zubeweisen ist, das ich lieber nicht allein geld und gut sondern auch meinen
hals verlieren wolt denn das Euangelium lassen odder verachten und dem nehesten
unrecht odder gewalt thun umb meines nutz willen &c.. so kan ich schliessen
das geld und gut nicht meins hertzen schatz ist, ob ich gleich auch [s. 445] samle
und zu rat halte, sondern dasselbe frey jnn die fahr und schantz gesetzt nach
einem andern schatz trachte im himel, nemlich jnn Gottes wort verborgen.
Widderumb aber, wenns also umb dich stehet, das du lesst
predigen, leren und vermanen was man wil, und gehest hin und denckest wie du
gnug habest und deinen pracht furest, nichts darnach fragest, ob du dem
nehesten recht odder unrecht thuest, wenn du nur das deine habest und deine
rechnung so machest, das du mit einem pfennig zween ia zehen samlest, Gott gebe
wo er mit seinem wort und predigern und die wellt mit jrem recht bleibe, da kanstu
ia auch greiffen das dein schatz nicht droben im himel ist, sondern bey dem
rost und motten steckt, so gar das du lieber Gott und wellt erzuernest, ehe du
woltest dir einen pfennig lassen abgehen und umb jren willen etwas lassen
faren, wie itzt Baur, Burger, Adel allenthalben unverschampt redet und lebt,
die umb eins hellers willen durffen Gottes und sein welt regiment jnn die
schantz schlagen, auff das ia dieser spruch war bleibe und mit der that sie
uberweise, weil sie nicht wollen hoeren noch jn sagen lassen. Denn es wird doch
nicht anders draus, wenn wir uns gleich lang drumb bekoemern und gerne anders
sehen, Drumb ist das beste, wenn mans jn gesagt hat, das man sie lasse faren
und ia so seer verachte und lache als sie uns thun, Denn [Ps. 2, 4] Gott
spricht im andern Psalm, er konne auch lachen und so lachen, das es jn wird ein
saur weinen werden, das heisst: Er wird mit jn reden jnn seinem zorn und jnn
seinem grim wird er sie schrecken.
Das ist eine warnung, das wir uns nicht lassen betriegen
durch die schoene farbe und schein, damit sich der Geitz kan schmuecken und den
schalck decken, Denn, wie ich hab gesagt, es ist kein laster unter allen leiblichen
laster, das die leut mehr betreuget und grossern schaden thut beide dem Euangelio
und seinen fruchten, Denn es ist ein solcher gesell, der da hindert wo er kan
und mag, das das Euangelium nicht gepredigt werde und bey den leuten bleibe,
und obs gleich gepredigt wird, so sind doch die prediger so jnn den geitz
geraten, auch kein nutz, Also das beide der leute halben, die es hoeren sollen
und die es predigen sollen, gedempfft wird, das die es wol haben, wollen die
prediger nicht neren und lassen sie jret halben wol hungers sterben, und weil
solchs die prediger sehen, geben sie sich auch darauff, das sie nicht durffen
der leut gnade leben; Die sind denn viel schedlicher feinde denn die andern,
Denn ob gleich ein bawr geitzig wird und nichts gibt das Euangelium zu
erhalten, kan dennoch noch ein prediger erneret werden, obs [s. 446] auch
gleich koemerlich zugehet. Aber wenn die prediger selbs drein geraten, so wird
jn das Euangelium nicht schmecken, das sie darumb solten etwas leiden und
wogen, sondern werden jre rechnung darauff machen das jrem bauch nicht
abbrochen werde, und predigen was man gerne hoeret und geld tregt.
[Eph. 5, 5] Darumb gibt S. Paulus disem laster den namen
sonderlich das es heisset Ein Goetzendienst odder abgoetterey, als das stracks widder
den glawben gehet, welche ist die rechte Goetterey odder Gottes ehre, Denn es
machet den Mammon und omechtigen pfennig zu seinem Gott und herrn, was der wil,
das thut er, so lebt und predigt er und ist gar sein eigen und gefangen, das er
nach Gottes wort nichts mehr fragt und nicht ein heller umb seinen willen jnn
fahr setzet. Nu kan Christus nicht mehr dazu thun denn das er solch laster
straffet und dafur warnet, wer sich wil warnen lassen, wie es denn wol not ist,
Denn auch die fromen sich schwerlich dafur hueten koennen das sie nicht
betrogen werden, Aber die andern gehen sicher dahin, [Luk. 12, 15] als gar
darin ersoffen, ungeachtet was man predigt und sagt. Die Juden waren auch
solche gesellen, jnn jrem geitz ersoffen, wie denn er sie imer must [Jes. 32,
5. 7; Mich. 2, 1.6, 12; Jer. 17, 5; Hab. 3, 9] schelten und alle Propheten,
wenn sie vom glawben aus predigt haben, so ist nichts denn eitel straffen und
schreien uber den geitz, widder jre prediger und falsche Propheten eben so wol
als den gemeinen hauffen, Aber es halff auch nichts on bey wenigen die noch
dabey behalten wuerden, umb welcher willen Christus und wir alle noch muessen
predigen und die andere faren lassen, weil sie wollen des Teuffels sein.
Nu diesen spruch hat Christus auch mehr denn ein mal
gebraucht als ein gemeinen spruch nicht allein auff den geitz sondern auch auff
ander stuecke, sonderlich auff die lere, Denn jnn der lere gehets so zu, das
die Rottengeister und luegen prediger geben fur, sie meinens von gantzem
hertzen und rechten ernst und suchen Gottes ehre und der seelen heil, das
niemand so seer rhuemet und schweret als sie. Da hellt er jn fur die warnung:
Sihe dich fur, das dein auge einfeltig und nicht ein schalcks auge sey, das ist
das deine meinung und rhuemen recht und nicht ein heimlicher schalck sey und
dich selbs nicht betriegest mit falschen wahn und gedancken, Denn es sind
gemeiniglich solche leut die der teuffel bezaubert, und nicht anders denn als
ein mensch im trawm odder schlaff ligt und so gar gefangen ist, das er nicht
kan sehen das jm treumet, sondern nicht anders dunckt noch weis denn es
geschehe warhafftig also, und ists so gewis, das er nichts gewissers fuelet,
noch ists lauter nichts denn ein trawm, der so bald verschwunden und nichts
mehr ist, wenn er auffwachet, Und ob jm gleich zuweilen duencket das ein trawm
sey odder von einem trawm trewmet, dennoch ist er gefangen, das er sich nicht
eraus richten kan noch seiner sinne gewaltig ist.
[s. 447] Also sind solche leut auch gefangen, die so gewiss
drauff stehen das jr ding die lauter warheit sey, das sie duerffen alles drauff
verschweren, und sind doch nichts denn lauter trewme und wahnsinniger leute
gedancken. Darumb ists ein fehrlich ding, wo man nicht rein und einfeltig
Gottes wort hellt und lesst sich davon auff menschen gedancken furen, die da
trefflichen schein haben und bald gefangen nemen, das wer drein gerett, kan
sich darnach nicht widder heraus wircken, Denn er weis nicht anders denn es sey
das rechte Gottes wort, und stehet so fest drauff, das er sich nichts lesst
davon weisen, wie man sihet das etliche den hals drueber lassen.
Aber das gehoeret nicht zu diesem ort auszustreichen, Denn
hie zeucht er den spruch auff das gemeine laster des geitz, welchs obs wol grob
und eusserlich ist, doch ist kein laster nach der lere, das sich so schmuecken
und so schoenen deckel machen kan, das es nicht mus geitz heissen, sondern
gesehen und gelobt sein, als sey man dem laster von hertzen feind und niemand
so mild, guetig und barmhertzig sey, Und sihet doch selbs nicht das jn sein
hertz betreugt und gar im geitz ersoffen ist. Des muessen wir ein wenig weiter
den text ansehen und grob anzeigen mit exempeln, wie wols nicht mueglich ist
alles zu erdencken, wie mancherley sich der schalck verdrehen und behelffen
kan, auff das man sich lerne dafur huten. Denn es ist auch bey den Christen ein
gemeine anfechtung, das niemand gleubt das so wenig leut rein davon sind, Denn die
Heiden und andere machens fein grob, das mans wol greiffen kan.
Das nu Christus spricht ‘das auge ist des leibs liecht’, ist
von dem natuerlichen leib genomen, Wenn der kein auge hette, so hulffe keine
sonne, wenn sie noch hundert mal so helle schiene, Drumb hat der leib kein
ander liecht das jn furen und weisen woge, denn das auge. Weil er damit sehen kan,
darff man nicht sorgen das er mutwillig neben der bruecken jnn die Elb fare
odder durch hecken und buesche gehe odder jnns fewr odder unter die spies lauffe,
denn das liecht verwaret jn wol fur fahr und schaden, Wer aber kein auge hat
und sol gehen, der gehet uber holtz und stein, bis er fellet und den hals
stuertzet odder im wasser erseufft, Denn es ist kein liecht sondern eitel finsternis
da. Also (wil er sagen) gehet es auch im Christlichen wesen, sonderlich mit dem
geitz, Da sihe zu das dein geistlicher leib habe ein auge, das ist ein
rechtschaffene gute meinung und verstand, das du wissest wie du gleubest und
lebest und nicht dich selbs verfuerest mit falschem wahn und dunckel.
Als zum exempel, wenn du so denckest: ich wil erbeiten und
etwas thun, das ich etwas erlange und mich nehre mit weib und kind mit Gott und
ehren, und gibt Got das ich meinen nehesten auch kan damit dienen und helffen,
das wil ich gerne thun, Sihe das ist das liecht odder geistlich auge aus Gottes
wort, das dir zeiget was deinem stand zugehoeret und dich weiset, [s. 448] wie
du jn furen und darinn leben solt, Denn das ist recht und mus sein, weil der
leib hie lebet, das ein iglicher etwas schaffe, das er sich neere und haushalte.
Aber da sihe nu zu das solch auge nicht ein schalck werde und dich betriege,
das du es thuest einfeltiger meinung und allein das fur habest, das du
erbeitest und thust was dein stand foddert zur notdurfft fur dich und den
nehesten und nicht unter solchem deckel etwas anders suchest, nemlich wie du deinen
geitz damit fullest, Denn dar auff ist fleisch und blut meister, das solchs
liechts misbrauchen und zum schein furwenden kan, Als wenns nu angehet das du
etwa eine narung fur dich bracht hast, das dir solchs geliebt und nur denckest,
wie du es bey ein ander behaltest und groesser machest, und wo du einen gulden
hast, noch gerne zehen dazu hettest: Sihe da leuffet das schalck auge mit, das
nicht allein sihet auff die narung und notdurfft sondern auff seinen geitz, Und
kan sich doch fein schmuecken, das es nicht den geitz suche sondern thue was jm
Gott befolen hat, und neme an was Gott gibt.
Wolan, da kan dir niemand jnns hertz sehen und dich richten,
aber sihe du selbs zu, das dein auge nicht ein schalcks auge sey, Denn es ist
bald geschehen und liebt mechtig seer, sonderlich wenn man fuelet was es zu
tregt und gewinnet, so ist die liebe durstig und wird nimer satt und die natur
on das sonst dazu geneigt, So kompt denn huren und buben zusamen und gehet wie
es gehen sol, das es war ist, wie man sagt, occasio facit furem, Gelt macht
schelcke. Darumb warnet Christus die seinen so vleissig, Denn die wellt ist ein
lauter hurhaus und gar jnn diesem laster versenckt und wir auch selbs muessen
darinn leben und solche exempel und reitzung uns anficht, das wir jnn grosser
fahr stehen und wol furzusehen haben das wir uns den teuffel nicht lassen
reitten.
Wenn nu dein auge einfeltig ist (spricht Christus) so ist
dein gantzer leib liecht, das ist: alles was du thust und lebst jnn
eusserlichem wandel nach deinem ampt und stande, das ist alles rechtschaffen,
gehet nach Gottes wort aus rechter meinung, das es leuchtet wie die sonne fur
Gott und menschen und bestehet fur aller wellt und ist alles was du thuest
kostlich und kanst mit gutem gewissen des zeitlichen guts brauchen als redlich
und Goettlich gewonnen &c.. Widderumb wenn dein auge ein schalck ist, das
du nicht darinn handlest, wie dein ampt und Gottes befel gibt, sondern trittest
aus der pan und denckest nur wie du deine lust und liebe zum geld buessesst, so
ist dein gantzer leib finster und alles was du thust fur Gott verdampt und
verloren, ob du gleich fur der wellt ein from man gescholten wirst, Denn der
leib lesset sich furen mit seinem gantzen eusserlichen wesen und leben wie ein
blinder und kan nicht anders gehen noch leben denn wie das auge fueret.
Also wil er uns gewarnet und eines iglichen gewissen befolen
haben, das er zusehe wie seine meinung und hertz stehet, das er jm nicht selbs
ein [s. 449] schoene und doch falsche gedancken mache, als habe er gute redliche
ursach und gut fug und recht so zu scharren und geitzen, und Gott eine nasen
drehe, als sol er den schalck nicht mercken, Als solt er sagen: Du magst dich
schmuecken wie du willt, aber betreugstu Gott, so hastu einen weisen, klugen
und dazu einen erfarnen man betrogen, Sihe aber das du dich nicht selbs
betreugst und aus deinem liecht ein schalcks auge werde, das dein gantzes leben
finster und bey Gotte verdampt macht, Denn er hat ein rein scharff gesichte,
wird sich nicht so lassen teuschen mit deiner angestrichen farbe. Und
beschleusst nu solche warnung mit einem drewwort, zuschrecken das man nicht so
leichtlich brauche der selben schoenen getichten meinung und spricht: Wenn aber
das liecht das jnn dir ist, finsternis ist, wie gros wird das finsternis selbs
sein?
Das ist, ob du dir wol kanst solch feine gedancken
schepffen, du wollest nicht samlen zum geitz wie die andern, sondern wollests
so machen, das du es fur Gott und der wellt verteidigen konnest, das es nicht
solle gegeitzet heissen, und lebest doch eben also und machest dir so ein eigen
liecht im hertzen. Sihe aber eben zu das dis liecht nicht auch finsternis sey,
nicht allein das es ein lauter geitz ist im hertzen, sondern auch das du es
noch wilt zu decken als mit dem liecht, das es nicht sol Geitz heissen, und
also ein zwifeltig finsternis wird, viel groesser denn vor jhe.
Gleich wie das ein grosse finsternis ist gewest unter dem
Bapstum, so das liecht der Christlichen lere gar weg nimpt, das sie nichts
anders geleret haben denn durch werck sunde wegnemen und selig werden &c..
Aber wenn mans noch erst verteidingt und rhuemet, es sey die rechtschaffen
Goettliche lere und wer anders sagt, der sey ein ketzer und verbiete Gottes
dienst und alle gute werck &c.. da wird es erst stock finster, das man
solch finsternis und irthum schmuecket mit dem namen der warheit und also die
finsternis groesser machet durch das zu gesetzte liecht, Eben als wenn man den
Teuffel kennet das der Teuffel ist, und machet einen Gott aus jm, das heisset
finsternis mit finsternis uberzogen und wil doch helle und liecht, ia die Sonne
selbs sein.
So schleusst nu Christus: Wenn solche meinung und lere, die
man fur liecht hellt, selbs finsternis ist, wie gros wird denn die ander
finsternis sein so diese mitbringt? nemlich das man die selbige lere treibt und
darnach lebt. Also hie: Wen der geitz bestanden hat, das er scharret und
kratzet, der hat schon ein finsternis im hertzen, wo er aber zu feret und
schmueckt sich, das es nicht gegeitzt heisse, und nimpt also das gewissen hinweg,
das man jn nicht sol straffen, das heisst erst ein recht dicke duppel
finsternis, Gerade als ein narr, der da wil klug und seiner torheit ungestrafft
sein, den heisst man erst einen grossen, groben narren, Odder eine scheusliche
metz, die da wil schoene sein und sich mit jrem scheuslichem muster erfur
putzet, das ist erst noch [s. 450] schwertzer und schendlicher gemacht, Und
sind zwar alle menschen also geschickt, das niemand wil seine sunde gestrafft
haben, sondern machen alle einen deckel, das mans sol loben und fur kostlich
ansehen und also aus einer schlechten sunde eine zwifeltige machen.
Wo nu solchs gerett jnn geistliche sachen, da thuts den
grossen moerdlichen schaden, Denn der selb stand kan nicht leichtlich rechte
mas treffen, sondern fellt man auffs Euangelium, so wird man wol all zumilde
mit geben, widderumb wo man davon fellet, so ist auch kein auff hoeren mit
geitzen, Wie es vor hin und bisher gangen ist, da man angefangen hat zu geben,
ist es mit hauffen zu geschneyet zu kirchen, Gottes dienst und geistlichen
guetern, wie vorzeiten die Keiser und Fursten guter meinung gantze land dazu
geschenckt und gestifft haben, Jtzt aber widderumb schir niemand einen heller
gibt und geitzet alles zu sich, als furcht man hungers zu sterben.
So haben auch bisher die monche, pfaffen und thumherrn
gethan, die niemand hat konnen erfullen mit geben, hat einer gesamlet zwey,
drey, vier lehen, so hette er gerne noch soviel gehabt Und doch alle den
schoenen deckel gefurt, ob ich wol zur not gnug hett mit einer pfrund, pfarre
odder bistum, doch gehoert auch dazu das ich meinen stand ehrlich furen konne
als ein Furst, Edelman odder sonst ein Prelat. Da gehet denn fenster und thur
auff, das er scharret und nimpt was er nur kriegen kan, alles dazu das er
seinen stand ehrlich fuere. Und ist doch das liecht angezuendet, das es nicht
mehr mus heissen seinen geitz gesucht sondern zu erhaltung seines stands
gethan, So bald kan man ein gloeslin finden, damit man dem Teuffel ein liecht
anstecke, Und ob man kein andern behelff hat, so mus eben das sein das man
sage: Jch wil so mein gelt zusamen bringen, das ich darnach messen und Gottes
dienst stiffte odder almosen zu erhalltung armer leut &c.. Das ist erst ein
schon gros liecht angezuendet, da neme man sich denn zu tod und spreche jmer:
Jch meine es gut, Und ist denn der alber man, unser Herr Gott, auffs aller feinste
geteusscht, das er solch schwinde griffe nicht sehen noch mercken kan und komen
jm jnn himel ehe ers gewar wird. Jch habe aber wol auch viel gesehen, die also
gesamlet, das es bey eitel tausent gulden da lag, aber darnach mit dem gut
hinweg sturben, das niemand wuste wo es blieben were, Denn es war ergeitzet
gut, im geitz must es auch bleiben, von rost und motten gefressen werden und
nimer zu rechtem brauchen komen.
Das sage ich fur ein exempel, daran man sehe wie meisterlich
juncker Geitz sich schmuecken und from machen kan, wenns jm dazu kompt, und
doch jnn der warheit ein zwifechtiger schalck und lugner ist, Denn was fragt
Gott darnach das du wilt einen herrlichen, rittermessigen stand furen, das er
jm darumb solt lassen gefallen also widder sein gepot geitzen und so leben, als
woltestu gerne alles allein zu dir reissen, deinen pracht und stoltz aus zu [s.
451] furen Und darnach sagen, Du thuests umb Gottes willen und der kirchen zu ehren
und wollests mit stifften und Gottes dienst bezalen? Gerade als wenn dir einer
dein haus und kasten auffbreche und neme was er fuende und wolt darnach sagen,
Er wolt eine parteken davon zum almosen geben, Ey ein koestlich opffer wuerde
das werden. Es heisst also: wiltu Gotte geben, so gib [Jes. 61, 8] von dem was
dein ist, Denn er spricht: ‘Jch bin dem opffer feind, das vom raub kompt’;
Hastu, so gib was du wilt, hastu nicht, so bistu entschuldigt, Wenn du aber so
geitzest und scharrest, das du geben konnest, und furwendest, du thuests
darumb, so ists nicht dein ernst, sondern ein liecht das du dir selbs anzundest
aus der finstern latern, Gott und den leuten eine nasen zu machen.
So solt ich nu fort durch alle stende gehen und anzeigen wie
man sich putzet und schmuckt, das ia der geitz eine tugent heisse und der
Mammon als ein Gott gepreisst und geehret werde, Wer wil aber alles erzelen was
allenthalben der baur auff dem markt, burger jnn den stedten, Edelman im ampt und
auff dem land treiben? Jst itzt gnug an einem exempel das ich geben habe, daran
es fein hell und klar zu sehen ist, ia so dicke finsternis, das man sie
greiffen kan und die andern auch fein darnach richten, Was ist itzt unter den
grossen Hansen vom Adel, die jn furnemen schir alle hendel zu treiben, auch mit
eisen und negeln, das sol alles kein geitz heissen, sondern weil es Gott geben
hat, muege ein iglicher seine narung suchen womit er kan, auff das er seinen
stand ehrlich koenne furen &c.. Das ist auch ein liechtlin, das sie
starblind macht, das sie dafur gar nichts sehen, So doch auch jnn welltlichem recht
so geordnet ist, das ein iglicher seine narung und handel fuere, das dennoch
ein ander auch fuer jm bleiben und sich neeren koenne, nu aber kan fuer den Greiffen
und lewen niemand bleiben, reissen alle hendel zu sich und wollen noch dazu
frome und Erbare leut heissen.
Aber (wie gesagt) wer kunde es alles erdencken, was itzt jnn
allen stenden und hendeln solcher tuecke regiret und gebraucht wird? Denn was
ist die welt denn ein grosses, weites, wildes meer aller bosheit und
schalckheit, mit gutem schein und farbe geschmuckt, die man nimer mehr
ausgruenden kan? sonderlich itzt zur letzten zeit, welchs ist ein zeichen, das
sie nicht lange stehen kan und gar auff der gruben gehet, Denn es gehet wie man
sagt, jhe elter je kerger, je lenger je erger, Und wird alles so geitzig, das
schir niemand fuer dem andern nicht essen und trincken kan haben, ob gleich
alles gnug von Gott gegeben wird, Aber das ist der lohn des undancks und
verachtung, so man dem Euangelio erzeigt, wie ich gesagt habe, wer vom
Euangelio fellet, der mus so vom Teuffel besessen werden, das er nicht kan gnug
geitzen, Gleich als widderumb, wer das Euangelion recht im hertzen hat, der
wird [s. 452] milde, das er nicht alleine das scharren lesset, sondern alles
gibt und wagt was er sol und kan.
Wolan wir mussen doch die wellt lassen wellt bleiben, und ob
sie lang alles zu sich geitzet, mus sie es doch zu letzt hindersich und uns
auch etwas lassen, odder ob wir gleich bey jr mussen armut und kommer leiden,
so haben wir dennoch nicht ubel geteilt wie Jsaac und Jacob mit jren brudern:
Sie haben der welt gut und alle freiheit vom zwang und plagen des Bapstums durch
uns erworben, das sie thun was sie wollen, Das jst Jsmaels teil, ein [1. Mose
21, 14] flasschen mit wasser, die jm Abraham an hals hieng und lies jn
streichen, Wir aber haben ein ander teil, das heisset geistlich gut und
himlischer segen und sind also fein gescheiden. Jr gros gut das sie haben, lassen
wir jn gerne und wollens nicht, ob sie es uns gleich nach wurffen, Widderumb muegen
sie der geistlichen gueter nicht, so wir haben; So behalten wir grund und boden
und das erb das uns ewig bleibt, und lassen sie hoch trotzen mit jrer parteken,
die heut odder morgen vergehet und sie und derselben willen sich selbs unsers
erbes berauben, das wir jnn doch gerne goenneten, Berauben sie uns dagegen jres
teils, so haben wir altzeit soviel, das wir uns des schaden wol erholen
koennen.
Des last uns aber gewarnet sein, das wir nicht mit der welt
jnn das falsche liecht geraten, das ist das schalck auge, welchs das rechte
liecht aus lesschet und zwyfache finsternis draus machet, und sihe das der
geitz dich nicht auch betrette mit solcher suesser meinung und schoner farbe,
das du dich odder deine kinder wollest jnn einen hohen, ehrlichen stand bringen
und nur viel mit geben jren stand zu bessern und erhohen, wie denn der geitz
jhe lenger jhe weniger satt wird, sondern jmer hoher und weiter trachtet, Und
niemand sich lesst an seinem stand genugen, sondern wer ein buerger jst, wolt
gerne einen rittermessigen stand furen, Ein edelman wolt gerne furst sein und
so fort, Ein furst wolt gerne dem Keiser gleich faren; Wiltu aber recht faren als
ein Christ, so hute dich fur solcher meinung als fur dem schendlichsten finsternis
und richte deine narung also, wo dich Gott segnet, das dirs zuschlegt, das dein
nachbar auch neben dir sich neeren und dein geniessen koenne, das du jm deine
milde hand reichest, Denn wo du dich lesst das schalcks auge betriegen, so
hastu schon Gottes wort verloren als durch das liecht ausgetrieben und kompt
ein dicker finsternis zum andern, das dich gar blind und verstockt macht, das
dir nicht mehr zuhelffen ist.
[s. 453] Da schleust er aus der massen ein schrecklich
urteil uber die geitzigen, zuvor uber seine Juden, welche waren die rechten
geitzwenste und doch wolten heilig sein und grosse Gottes diener gleich wie
unsere pfaffen und geistliche, Wil sagen: Jr meinet, jr seid wol dran und
dienet Gott mit grossem ernst, und seid doch daneben geitzige schelmen, das jr
alles umb des Mammon willen thut, ob jr gleich auch Gott dienet. Es heisst aber
also: niemand kan zweyen herrn miteinander dienen, Wolt jr Gottes diener sein,
so kund jr dem Mammon nicht dienen. Das heisst er aber zween herrn, die da
widdernander sind, nicht die da mit einander regiren, Denn das jst nicht
widddernander, wenn ich dem Fuersten odder dem Keiser und Gotte auch diene,
Denn es gehet ordentlich von einem auff den andern, das wenn jch dem untersten
gehorche, so diene jch dem oebersten auch, Gleich als ein hausvater seine haus
fraw odder kinder zum gesinde schickt und durch sie befilht was sie thun
sollen, da sind nicht viel sondern alles ein herr und von einem herrn, Das
heissen aber zween herrn, die widder einander sind und widderwestige befehl
thun, als Gott und der Teuffel. Gott spricht: Du solt nicht geitzig sein noch
ein andern Gott haben, So sagt der Teuffel dagegen: Du magst wol geitzen und
dem Mammon dienen.
Solchs leret auch die vernunfft selbs, das es sich nicht
leidet zweyen ungleichen herrn zugleich dienen, Wie wol es die welt meisterlich
kan, und heisst auff deudsch ‘Den baum auff beiden achseln tragen’ und ‘kald
und warm aus einem mund blasen’, Als wenn ein Edelman einem fursten dienet und
nimpt sold von jm und verrhet und verkeufft jn bey einem andern und nimpt dort
auch geld und sihet wo das wetter hin wil, wo es hie regne, das dort die sonne
scheine, und also beide verrhett und verkeufft, Aber dennoch ists nicht
gedienet und mus auch die vernunfft sagen das solche mussen verrheter und
schelcke sein, Denn wie wurde dirs gefallen das du solt einen knecht haben, der
von dir sold und lohn neme und mit einem auge auff einen andern sehe und nichts
darnach fragte wie dirs gienge, sondern wenn es heut odder morgen wolt ubel
gehen, das er dorthin sprunge und liesse dich sitzen?
Darumb jsts recht gesagt: wer da ein fromer knecht und
trewlich dienen wil, der mus sich nicht an zween herrn hengen sondern so sagen:
Jch bin an des Herrn brod, dem wil ich dienen so lang jch bey jm bin, und sein bestes
verschaffen und an keinen andern keren, Aber wenn er hie wil aus tragen und
dort stelen, da gehort der Hengker zu, Denn die huner sol man todschlahen die
heim essen gehen, aber anders wo eyer legen. Also theten die Jueden auch,
meineten, Gott solt sie fur grosse heiligen halten und sich wol lassen gnugen,
wenn sie jm tempel opfferten und schlachten jre kelber und kue, ob sie gleich
die weil geitzten wo sie kundten, bis sie auch fur und jnn [s. 454] dem Tempel
jr kremerey trieben und wechsel bencke auffrichten, das man nur flugs zutragen
und niemand ungeopffert davon gehen solte.
Widder solche setzt nu Christus diesen spruch, das jm
niemand furneme das er wolle Gottes und des Mammon diener sein: Es jst nicht
mueglich seinen dienst so er gestifft hat, zu erhalten, wenn du dem Mammon nach
wilt geitzen, Denn Gottes dienst jst das man allein an seinem wort hange und
alles daran setze. Wer nu darnach wil leben und dabey bleiben, der mus kurtzumb
dem Mammon auff sagen, Denn das jst gewislich: so bald ein prediger odder pfarher
geitzig wird, so ist er kein nutz mehr, kan auch nichts guts predigen, Denn er
mus sich schewen und thar niemand straffen, lesst jm schencken und das maul
stopffen, das er die leut lasse thun was sie wollen, wil niemand erzurnen,
sonderlich was gros und gewaltig ist, und lesst also seinen dienst und ampt
anstehen, das da foddert die boesen zu straffen. Also auch wenn ein burgermeister
odder Richter odder wer ein ampt hat, sol seines ampts warten und zusehen, das
es recht gehe, so mus er nicht viel dencken, wie er reich werde und seinen
genies davon habe; Jst er aber des Mammon knecht, so lesst er sich stechen mit
geschencken, das er blind wird und sihet nicht mehr wie man lebt, Denn er
dencket: Sol ich diesen odder jenen straffen, so wird man mir feind und mochte
das meine drueber verlieren &c.. Und ob er wol ein kostlichen dienst hat
und sitzt jnn dem ampt das jm Gott befolen und geben hat, kan ers doch nicht
volfuren und treiben, das machet der Mammon, der jm hat sein hertz besessen.
So gehets nu jnn der welt allenthalben, das sie meinet, es
sey ein geringes und keine grosse fahr umb den Mammon und machet jr ein schoene
susse gedancken, sie konne dennoch wol Gott dienen, Und ist doch eine
schendliche plage, dadurch der Teuffel den menschen blendet, das er seins ampts
und diensts nicht mehr warnimpt und gar jm geitz erstarret, allein darumb das
er sorg hat, man werde jn nicht ehren, geben odder schencken. Darumb stellet
Christus (wie gesagt) ein streng urteil, das man sich nicht mit solchen gedancken
betriege und so gering jnn wind schlahe, Sondern wisse wer umb des Mammon, gelt
odder genies und ehre odder gonst willen sein ampt nicht treibet, wie er wol
solt, das jn Gott nicht wil fur seinen diener erkennen sondern als seinen
feind, wie wir horen werden, Wer aber jn Gottes dienst wil erfunden werden und
sein ampt recht furen, das er dencke und ein mans hertz fasse, das er die welt
mit jrem Mammon verachten konne, aber nicht aus seinem boesem gewachssen
sondern von himel gegeben mit bitten, das Gott, der dir solch ampt geben und
befolen hat, auch nachdrucke und gebe das du es ausfuren koennest und lassest
dich duncken das du nichts edlers noch bessers auff erden habest und thuen
konnest denn den dienst den du jm thuen [s. 455] solt, und nicht gros achtest
ob du druber schaden leidest odder zu unrat komest, und dich des trostest, das
du einem grossern herrn dienest, der dich des schaden wol ergetzen kan und
besser jst denn das du soltest den ewigen schatz verlieren umb des geringen
zeitlichen guts willen, das dir doch nicht helffen kan. Denn wenn du einen
herrn welen soltest, woltestu nicht viel mal lieber dem lebendigen Gott denn
dem omechtigen todten schelmen dienen?
Sihe so thuet ein iglicher Christen der Gottes wort hat, das
ers so ehre und halte und sehe nicht an, obs die welt verdreusst odder keinen
fromen davon hat, Sondern ist so gesinnet: da ligt beutel und tasschen, haus
und hof &c.. hie aber mein Christus, sol ich nu eines verlassen und
ubergeben, so las ich jhenes alles hinfaren, das jch meinen Christum behalte.
Das meinet Christus mit den worten, das man nicht konne zweyen herrn dienen,
Denn es kompt doch dazu das sich die beide widdernander stossen und einer dem andern
weichen mus, darumb jsts nichts das du dich schmuckest mit solchen gedancken
als woltestu sie beide zu herrn behalten, sondern must dich des frisch erwegen,
das du einen lassest.
Darumb ligt es hie an dem wortlin ‘Dienen’; Gelt und gut,
weib, kind, haus und hof haben ist nicht sunde, allein das du es nicht lassest
deinen herrn sein, sondern lassests dir dienen und sey du sein herr, wie man
sagt von einem redlichen, feinen, milden man, der jst seines gelds ein herr,
nicht so unterworffen und gefangen als ein karger geitzwanst, der ehe Gottes
wort und alles lesst faren, helt hand und mund jnne, ehe er sein gelt jnn die
fahr setzet, Das jst ein weibisch, kindisch und knechtisch hertz, der umb des
schebichten Mammons willen, des er nicht thar brauchen noch geniessen, den
ewigen schatz verachtet und lesst, Gehet doch die weil sicher dahin, dencket,
er konne zu Gottes wort nocht alzeit wol komen, reisset die weil zu sich was er
kan, das er jm keinen heller lasse abgehen umb Gottes willen, bis so lange das er
jhe tieffer jm geitz versinckt und jhe weiter von Gottes wort kompt und zu
letzt jm gar feind wird.
Denn Christus hat harte wort gesetzt und das urteil durr
gesprochen, als er sagt ‘Entweder er wird einen hassen und den andern lieben,
odder wird einem anhangen und den andern verachten’. Das jst soviel gesagt: Die
schendliche liebe zu dem Mammon machet Gottes feinde, Wie denn ettliche unser
Pfaffen offentlich sprechen, Es were wol eine feine lere, aber sie thut schaden,
darumb jst man jr feind und nicht unbillich (wie sie meinen) denn sie gibt
ursach dazu, Aber der Mammon jst ein feiner Gott, der thut nicht schaden jnn
der kuechen noch jm beutel, Darumb scheidet sich hie die liebe und freundschafft
uber den worten ‘Er wird einen hassen und den andern lieben’, Denn es sind
zween herrn, die widdernander sind und sich nicht jnn einem hertzen leiden, so
wenig als zween wirt jnn einem haus, das wenns zum [s. 456] treffen kompt, da
man einem dienen und anhangen sol, so mus man den andern erzurnen odder faren
lassen. So kompts denn gewislich, weil man gelt und gut liebet, das man Gotte
feind wird, Das ist die liebe frucht des Mammon diensts, als sonderlich itzt zu
sehen ist, da der geitz so durch und durch regiret, das es eitel aussatz ist
von geitz unter Adel, Baur, Buerger, Pfaffen und leyen. Jst das nicht eine
grosse heiligkeit und schone tugent das man das beste stuck am menschen Gotte
nimpt, und gibts dem Mammon? Denn das jst freilich der hoheste dienst wo zu das
hertz liebe und lust hat, da gehen alle gelieder und der gantze leib hinach,
wie Christus droben gesagt hat ‘Wo dein schatz jst, da wird auch dein hertz
sein’, denn was einer lieb hat, dem leufft er gewislich nach, da redet er gerne
von, da ist alle sein hertz und gedancken, Daher auch S. Augustin sagt: Deus
meus amor meus, Was mir liebet, das ist mein Gott. Daraus sihestu was das fur
leute sind, den Christus den titel gibt das sie Gottes feinde sind, die doch so
grossen Gottes dienst furgeben als seine nehesten freunde, aber jm grund nichts
sind denn rechte Teuffels heiligen, die Gott und sein wort und werck von
hertzen hassen und verfolgen.
Denn das heisset warhafftig Gott gehasset, wenn man sein
wort hasset. Das gehet so zu: wenn man den menschen straffet umb den unglauben
und [2. Mose 20, 3] geitz und helt jm das erste gepot fur ‘Du solt nicht andere
Gotter haben’, das ist du solt dein hertz, lust und liebe nirgend hin hengen
denn an mich &c.. und er solch straffen nicht wil hoeren noch leiden, hebt
an dawidder zu scharren und toben so lang bis er gar jm hertzen durch bitter
wird mit gifftigen hass widder das wort und seine prediger. Darumb stehet auch
jm text der [2. Mose 20, 5] zehen gepot ein solch dreuwort: Jch bin ein
eiveriger Gott, der da heim suchet die sunde der veter an den kindern dere die
mich hassen &c.. damit er eben die selben geitzwenste und des Mammons diener
meinet, wie denn die schrifft den [Kol. 3, 5; Eph. 5, 5] geitz nennet
Abgoetterey odder Goetzen dienst, Noch wollen sie (wie gesagt) die grosten
heiligen und feinde der Abgoetterey und ketzer gerhumet sein und mit nichte den
namen tragen das sie Gott hassen, Aber damit werden sie uberweiset, das sie
nicht konnen Gottes wort horen noch sehen, wenn es jren geitz angreiffet,
wollen schlechts ungestrafft sein, und je mehr man sie straffet und jn drawet,
je mehr sie dazu lachen und spotten und thun was sie wollen Gott und jderman zu
widder.
Nu sihe jst das nicht ein schendliche plage und greuliche
sunde, die uns ja schrecken solt und machen das wir dem Mammon von hertzen
feind wuerden und uns dafur segneten und floehen als fur dem Teuffel? Denn wer
wolt nicht erschrecken, das er dahin fallen und solch urteil uber sich horen
solt das er solt Gottes feind heissen, der jn nicht allein verachtet, sondern
wolte das [s. 457] Gott und sein wort nichts were, das er nur seinen freyen
lust und willen mocht haben Gott zu leid und verdries? Denn rechne du wie es
einem solchen gehen wird und was er fur einen man auff sich ladet, das jm zu
letzt wird viel zuschwer werden.
Und sind zwar schoen genug geplagt (wie der text sagt) damit
das sie so elende leut sind, das jr hertz, lust, liebe und freude ist gar jnn
das heimlich gemach gesetzt, die da solt jm himel sein und bey dem das Gottes
ist. Wie kond sich ein mensch hoher schenden denn das er seinen trost von Gott wendet,
der jm alles guts gibt und ia wol verdienet das man jm hold sey, und stecket
sich dem Teuffel jnn hindern und seine lust hat jnn seinem stanck und helle Und
sol so gar jnn die hellische bosheit geraten, das er nicht allein Gottes wort
verachtet, sondern so mordlich feind wird, das er wolt es were kein Gott: Das
ist der danck den er hat von solchen geitzwensten, das er jn teglich gibt leib
und leben, sonn und mond und die selben schetze die sie haben. Aber was sie
dran gewinnen, das werden sie finden und habens zum teil bereit, das sie imer
dar des Teuffels stanck und unflat fressen muessen.
Das jst ein stuck jm text von dem Mammon gered: ‘Entweder er
wird einen hassen und den andern lieben’, Das ander ‘odder wird einem anhangen (das
ist Gott) und den andern verachten’. Da spricht er nicht schlechts ‘Er wird einen
lieben’ sondern zeigt die that und werck der liebe mit dem wort anhangen, Denn
wer Gott und sein wort sol lieben, den wirds nicht so gering ankomen, sondern
offt widderwertig unter augen stossen und ein solche liebe werden, die jm der
Satan offt wird sawr und bitter machen. Darumb gehort dazu das man konne fest
halten und hangen an Gottes wort und sich nicht lasse davon reissen, ob gleich
sich unser eigen fleisch und exempel der gantzen welt sampt dem Teuffel dazu da
widder setzet und sich unterstehet uns zunemen, Und mus warlich ein man und
ritterlicher mut sein, der sich allein widder so viel feind setzen und bestehen
sol, Ja es mus ein grosse brunst und fewr der liebe sein, die so brenne, das
der mensch alles kan lassen faren, haus und hoff, weib kind, ehr und gut, leib
und leben, ia dazu verachten und mit fussen tretten, das er nur den schatz
behalte, den er doch nicht sihet und jnn der welt verachtet ist, sondern allein
jm blossen wort furgetragen und mit dem hertzen gegleubt wird.
Doch wil er damit nicht das man nicht gelt und gut haben und
nemen soll odder wenn mans hat wegwerffen solle, wie etliche narren unter den philosophen
und tolle heiligen unter den Christen geleret und gethan haben, Denn er lesst
wol geschehen das du reich seyest, aber die liebe wil er nicht dran gehengt
haben, wie David geleret und mit seinem exempel beweiset hat: Felt euch
reichtumb zu (spricht er) so henget das hertz nicht dran. Das ist [s. 458] ein
solcher mut, der mitten jm gelt und gut von Gott gegeben kan das hertz frey
behalten (welchs die welt nich kan) und wo es wil sein hertz an sich locken
(wie denn die schonen gulden und weissen silbern becher und kleinod freundlich
an lachen) und von Gottes wort reissen, so kan ers mit fussen tretten und so
seer verachten, als die welt dran henget und dagegen den himelischen schatz
verachtet. Summa es mus ein man sein der des Mammons herr sey, das er jm zu
fussen liegen musse, Er aber niemands unterworffen noch zum herrn habe denn
Gottes wort. Aber das jst dem heufflin gepredigt, die da Christo glewben und
sein wort fur war halten, mit den andern wird nichts draus.
Der Herr nimpt jm rawm und machet eine grosse starcke
predigt widder dieses schedliche laster, weil es (wie gesagt) gemeiniglich
neben dem Euangelio gewaltiglich ein reisset und nicht allein die welt sondern
auch die Christen seer anfichtet, Sonderlich aber die, so da Gottes wort
predigen sollen und umb des selben willen jnn allerley fahr sitzen verachtet
und verdruckt von der welt, das sie nach dem fleisch wol ursache hetten zu
sorgen, Denn wer ein Christen wil sein und seinen herrn bekennen, der machet jm
den Teuffel [Joh. 16, 11] (der ein fuerst der welt jst) zu feind, darumb setzet
er jm zu und greiffet in an, nicht durchs wort und glawben sondern da durch das
unter seinem Reich und gewalt jst; Nu haben wir unser faulen sack, fleisch und
blut noch jnn seinem Reich, das kan er wol plagen und jnn kercker werffen,
essen und trincken und kleider nemen, also das wir mit allem so wir haben stets
mussen jnn solcher fahr stehen, Dagegen dencket denn fleisch und blut, wie es auch
soviel fur sich bringe, das es fest sitzen und der fahr uberhaben sein mochte.
Also hebt sich die anfechtung, die da heisset sorge der narung, wie wol es die
welt nicht fur eine anfechtung sondern mehr fur ein tugent helt und solche leut
lobt, die da konnen nach grossem gut und ehren trachten &c..
Und hie horestu was da sey dem Mammon dienen, nemlich das es
heisst sorgen fur das leben und unsern leib, was wir essen und trincken, umb und
an haben sollen, das jst nur auff dis leben dencken, wie wir hie reich werden,
gelt und gut samlen und mehren, als solten wir ewig hie bleiben. Denn das ist
nicht sunde noch dem Mammon gedienet, das man jsset und trincket und sich
kleidet, wie die notturfft dis lebens und leibs foddert, das er sein futter und
decke habe, Auch nicht das man narung suchet und erwirbt, Sondern das man
darumb sorget, das ist des hertzen trost und zuversicht darauff stellet, Denn
sorge steckt nicht jm kleid odder jnn der speise sondern [s. 459] mitten im
hertzen, das kans nicht lassen, es wil sich daran hengen, wie man spricht ‘Gut
macht mut’ &c.. Also das Sorgen eben soviel heisset als mit dem hertzen
daran hangen, Denn was das hertz nicht meinet und lieb hat, da sorge ich nichts
fur, und widderumb wo fur jch sorge, da mus jch ein hertz zu haben.
Doch mustu auch nicht den text so enge spannen, das damit
verbotten sey aller ding fur nichts zu sorgen, Denn ein jglich ampt odder stand
bringt mit sich das man desselben sorge trage, sonderlich wer ander leuten
furstehet, [Röm. 12, 8] wie S. Paulus Ro. 12. von geistlichen emptern jnn der
Christenheit sagt: Wer da regiret, der sey sorgfeltig, Also mus ja ein
hausvater sorgen fur seine kinder und gesind, das sie wol gezogen werden und
thun was sie sollen, und wo ers nicht thut, thuet er unrecht, Des gleichen
eines pfarrers odder prediger sorge ist das die predigt und Sacrament recht
gehen und getrieben werden, das er die betrubten und krancken troste, die
boesen straffe, fur allerley not bete &c.. Denn jm ist befolen die seelen
zu warten und regiren. Also mus ein furst und ander oberkeit jnn weltlichem
regiment sorgen das es recht zugehe, wie sein ampt foddert, Der massen auch
widderumb sollen die unterthanen sorgen, das sie jren gehorsam trewlich leisten
und aus richten, Die knechte und megde, das sie jren herrn wol dienen und jren
schaden bewaren &c..
Von dieser sorge redet hie Christus nicht, denn es ist eine
Ampt sorge, die weit zu scheiden jst vom geitz, Denn sie sorget nicht umb jren
sondern umb des nehesten willen, suchet nicht das jre, ia lesst wol dasselb
anstehen und faren und dienet einem andern, das es heisset ein sorge der liebe,
die da Gottlich und Christlich ist, nicht des eigen nutzes odder Mammons,
welche ist beide widder den glawben und liebe und eben die, die da hindert die
sorge des ampts, Denn wem das gelt liebet und nach seinem nutz trachtet, der
wird sich des nehesten odder seines ampts gegen dem nehesten gerichtet nicht
gros an nemen, wie man bis her an unsern geistlichen gesehen hat, welche gar nichts
dar fur gesorgt haben wie sie den seelen recht furstunden, sondern alle jr ding
allein dahin gerichtet jst gewesen, das jn alle welt gnug zutruge, und was jn
nicht geld tragen wolte, haben sie fein lassen anstehen, das auch jr keiner
einem andern ein pater noster umb sonst gesprochen hette, Aber ein fromer
prediger sorget nur dafur, das er sein ampt recht ausrichte, damit den seelen
geholffen werde, achtet nicht ob er nicht viel davon kriegt, ja allerley dazu
leiden mus und sich mit schlangen beissen, die welt und Teuffel zu feind haben,
lesst Gott befolen sein wo er zu essen kriege &c.. trostet sich aber eines andern
schatz (darumb er solchs alles thut) jnn jenem leben, welcher so gros jst, das
alle ungluck so er hie leidet, viel zu gering dagegen sind &c..
[s. 460] Weil er nu solche sorge des geitzes und Mammons
dienst verboten hat als abgottisch und die Gottes feinde machet, feret er fort
und furet viel spruche, exempel und gleichnis dazu, das er uns deste mehr den
Geitz verleide, und wil jn so schendlich malen, das wir jn mochten anspeyen,
Und spricht erstlich ‘Jst nicht das leben mehr denn die speise?’ &c.. Das
jst: Kund jr und must Gotte ewer leben, leib und seel vertrawen und stehet
nicht jnn ewer macht eine stunde lang zu erhalten, was seid jr denn fur narren
das jr jm nicht wollet ewers leibs notdurfft vertrawen, das er euch essen und
trincken schaffen werde? Denn wie kan man grosser narrheit erdencken, das einer
feindlich sorget wo er essen und trincken neme, und nicht sorget wo er leib und
leben neme odder diese stunde erhalte? Gerade als wenn einer sorgete wie er
sein haus kostlich schmueckte, und wuste doch niemand der drinnen wonen solte,
odder wie er viel und kostlich essen jnn der kuchen zurichtet, und hette doch
niemand der davon essen wolt, Eben so thun wir mit unserm geitzen, das wir fur
das geringste sorgen und an das grosse nimer gedencken, das heisst recht
unnutze und ubrige, ia toerichte sorge, Und wenn wir gleich viel wolten sorgen
fur leib und leben, so ist doch nichts damit ausgericht, denn es stehet keinen
augen blick jnn unser macht nicht, eben so wenig als wenn jmand sich wolt zu
tod sorgen wie das korn auff dem feld solt wachsen, das er nicht gesehet hat,
odder wo das silber im berg werck solt ligen, das er nicht hin gelegt hat.
Weil wir denn jnn unserm gantzen leben mussen die sorge
lassen anstehen und dasselb on unser gedancken und zuthun alle stund von Gott erhalten
wird, was wollen wir denn mit der torichten sorge fur die geringe parteken, als
koenne oder wolle er uns nicht futter und decke geben? Solten wir uns doch
schemen, das ein mensch solt von uns sagen das wir solche narrheit treiben,
Noch ist unser wesen nicht anders, sonderlich der grossen reichen wenste, denn
solcher narren die ewig sorgen, das sie nur die kuchen vol haben und auffs
reichlichst lassen aufftragen, und doch keinen tissch noch gast haben odder die
viel herrlicher bette lassen bereitten und niemand haben drein zulegen, Eben
als ein schuster sein lebtag nichts anders thet denn das er seine werckstad vol
schuch leisten machete und doch nimer dran dechte, wo er leder neme einen
schuch zumachen, solt man den nicht als toll und toericht zum land ausleuchten?
Sihe so zeiget uns Christus was wir fur toerichte leute
sind, das wir uns billich solten selbs anspeyen, und nichts deste weniger jnn
solcher blindheit dahin gehen, ob wir gleich fur augen sehen, das wir fur unser
leib und leben nicht koennen sorgen, Und wenn wir dafur sorgeten, so muesten
wir eben damit Christen werden und dencken: Sihe jch hab mein gantzes leben
nicht ein augenblick jnn meiner hand, Weil jch denn Gott mein leib und leben
vertrawen [s. 461] mus, was wil jch den zweiveln und sorgen, wie der bauch ein
tag odder zween erneeret werde? Gleich als wenn ich einen reichen Vater hette, der
mir gerne tausent gulden schenckete, und wolt jm nicht vertrawen, das er mir
einen grosschen zur notdurfft gebe &c..
Da setzet er ein exempel und gleichnis zu der vermanung zu
hon, spott und schanden dem leidigen geitz und bauch sorge, das er uns ia davon
reisse und zeige was wir doch selbs sind, das wir uns jnn unser hertz schemen muessen,
die weil wir ia viel hoher, edler und besser sind denn die vogel, als die wir
herrn sind nicht allein der vogel sonder aller lebendigen creaturn und alle
ding uns zu dienst gegeben und umb unsern willen geschaffen sind, Und doch
nicht soviel glauben haben, das wir uns trawen mit solchem allen zuerneren, das
Gott uns eingethan und geben hat, So er doch den kleinesten vogelin, ia den
aller geringsten wuermlin als unsern geringsten knechten on alle jr sorgen und
dencken teglich jr narung und speisse gibt, die doch gar nichts samlen noch
vorrat schaffen, weder seen noch wenns geseet ist, ein erndten konnen.
Jst es nu nicht eine blut schande, das wir (den Gott uns
alle creaturn geben und eingethan hat und alle iar so viel wachsen lesst, das
wir ierlich gnug zu seen und vielfeltig mehr ein zu erndten haben) nicht konnen
jm unsern bauch vertrawen on sorge und geitz? Denn solt iemand sorgen und samlen,
so soltens die vogelin thun, weil sie solchs nicht koennen, und dencken wenn
der somer kompt: sihe nu seet alle wellt jr korn, das sie auff den somer moegen
widder ein samlen, Jtzt odder auff den herbst erndtet und samlet jderman und
wir alle haben nicht ein koernlin zu seen noch ein zu fueren, wo wollen wir das
jar uber, sonderlich im kalten winter, zu essen nemen, wenns alles eingefurt
ist und nichts auff dem felde stehet? Was wuerden wir menschen thun, wenn wir
auff einen somer nicht zu seen hetten? ia wenn wir auff vierzehen tag nicht
vorrat wuesten, wie wurde da alle wellt verzweiveln, als muesten wir alle sampt
hungers sterben? Nu fliegen die lieben voegelin jnn der lufft somer und winter,
singen und sind froelich, komern und sorgen nichts uberal, so sie doch nicht
wissen wo sie morgen sollen zu essen kriegen, Und wir leidigen geitzwenste
konnen des sorgens nicht lassen, wenn wir gleich boden und scheuren vol haben
und das korn so reichlich auff dem feld sehen wachsen.
[s. 462] Sihe also machet er die vogelin zu Meistern und
lerern, das ein omechtiger sperling zu unsern grossen, ewigen schanden im
Euangelio stehen mus als des aller weisesten menschen Doctor und prediger und
teglich fur unsern augen und oren solchs furhalten, als wolt er zu uns sagen:
Sihe du elender mensch, du hast haus und hoff, gelt und gut und ierlich den
acker vol korns und allerley gewechs mehr denn du darffest, Noch kanstu nicht
friede haben und hast jmer sorge du werdest hungers sterben, Und wo du nicht vorrat
sihest und fur dir weist, kanstu Gott nicht vertrawen das er dir einen tag zu
essen gebe, So doch unser so unzelich viel ist der keines sein lebtag ein mal
sorget und doch Gott teglich uns erneret. Summa wir haben soviel meister und
prediger als vogelin jnn der lufft, die mit jrem lebendigen exempel uns zu
schanden machen, das wir uns solten schemen und nicht duerffen die augen
auffheben, wenn wir einen vogel singen hoereten, als der Gottes lob und unser
schande gen himel schreyet, noch sind wir so stein hart, das wir uns nicht ein
mal dran keren, ob wir sie gleich teglich mit grossem hauffen solchs predigen
und singen hoeren.
Ja sihe was sie mehr thun, die lieben Vogelin, wie gar on
sorge sie leben und allein aus Gottes hand jr narung warten: Wenn man sie ein sperret
das sie singen sollen, und schuettet jn vol auff zu essen fur, das sie solten
dencken: Nu hab ich gnug, das ich nicht sorgen darff wo ich zu essen neme, Denn
ich habe nu einen reichen herrn und meine schewern vol &c.. Das thuen sie
nicht, sondern sind viel lieber frey jnn der lufft, werden auch fetter und
singen feiner und lieblicher jrem herrn Laudes und metten des morgens frue ehe
sie essen, und weis doch jr keiner ein koerlin im vorrat, machen ein schones
langes Benedicite und lassen unsern Herrn Gott sorgen, auch wenn sie iungen
haben die sie neeren sollen. Darumb Wenn du eine nachtgal hoerest, so hoerestu
den feinsten prediger, als der dich dieses Euangelij vermanet, nicht mit
schlechten blossen worten sondern mit der lebendigen that und exempel, weil sie
die gantze nacht singet und gellet sich schir zu tod und ist viel froelicher im
wald denn wenn sie im vogelbawr gefangen ist, da mans mit allem vleis warten
mus und doch selten gedeiet odder lebendig bleibt, als solt es damit sagen: Jch
wolt viel lieber jnn des Herrn kuchen sein, der himel und erden geschaffen hat
und selbs koch und hauswirt ist und teglich unzelich viel vogelin speiset und
erneret aus seiner hand und nicht ein sack vol sondern himel und erden vol
kornlin hat.
So spricht nu Christus: Weil jr solchs teglich fur augen
sehet, wie der himlische Vater die Vogelin auff dem feld neeret on alle jre
sorge, kundet jr jm denn nicht soviel trawen das er euch auch erneeren werde,
weil er ewer Vater ist und euch seine kinder heisset? Solt er nicht viel mehr
fur euch sorgen, die er zu kindern gemacht und sein wort und alle creaturn
gibt, denn [s. 463] fur die vogelin, die doch nicht seine kinder sind sondern
ewer knechte? und er sich doch jr so hoch annimpt, das er sie teglich speisset,
als hette er allein fur sie zu sorgen. Und hat ein gefallen dran das sie so gar
on alle sorge daher fliegen und singen, als solten sie sagen: Jch singe und bin
froelich und weis doch kein koernlin das ich essen sol, mein brod ist noch
nicht gebacken, mein korn noch nicht geseet, Aber ich hab einen reichen herrn,
der fur mich sorget, die weil ich singe odder schlaffe, der kan mir mehr geben
denn alle menschen und ich mit unserm sorgen vermochten. Weil nu die vogel die kunst
koennen, das sie jm so gar vertrawen und die sorge von sich auff Gott werffen,
So solten ia wirs, die wir seine kinder sind, viel mehr thun. Darumb ist es ia
ein trefflich exempel, das uns alle zu schanden machet, das wir, die
vernuenfftige leute sind und dazu die schrifft zuvor haben, nicht soviel weisheit
haben, das wirs den vogeln nach thun konten, und muessen teglich soviel schande
hoeren fur Gott und den leuten, soviel wir vogelin singen hoeren. Aber der
mensch ist toll und toericht worden, nach dem er von Gottes wort und gebot
gefallen ist, das hinfurt keine creatur lebt die nicht klueger sey denn er, und
ein kleines zeisichen, das weder reden noch lesen kan, sein Doctor und Meister
ist jnn der schrifft, ob er wol die gantze Bibel und seine vernunfft zu hulffe
hat.
Das ist das erste gleichnis, daran henget er einen spruch
aus unser eigen erfarung und zeiget das doch unser sorgen umb sonst sey und
nichts schaffet: ‘Wer ist unter euch (spricht er) der seiner lenge eine ellen
zusetzen moege, ob er gleich drumb sorget?’ Wenn ein mensch nicht ehe solt gros
werden denn durch sein sorgen, wie gros wuerden mir alle wachsen? odder was
huelff es das ein kleines zwerglin sich zu tod sorgete, wie er wolt grosser werden?
Was thuestu denn mit sorgen wo du essen und kleider nemest, gerade als stuende
es jnn deiner gewalt deinen leib so gros und lang zu machen wie du woltest? Jst
doch dein leib mit alle seinen geliedern gemessen und hat seine lenge und
breite, das du jn nicht anders machen kanst und dir trotz geboten ist, das du
ein harbreit lenger machest, Was bistu denn fur ein narr, das du sorgest fur
das so nicht jnn deiner macht stehet und schon von Gott abgemessen ist, beide
zeit und masse, wie lang dein leib und leben wehren sol, Und kanst jm nicht
vertrawen das er dir auch speise und kleider schaffen werde, so lang du hie zu
leben hast &c..
[s. 464] Da hastu noch ein exempel und gleichnis, darin die bluemlin
auff dem feld, die von den kuen zutretten und fressen werden, muessen auch
unser Doctores und meister werden, auff das ia unser schande deste groesser
werde, Denn sihe wie sie daher wachsen, so schoen geschmueckt mit farben und
doch jr keines sorget noch dencket, wie es wachsen odder was es fur ein ferblin
kriegen sol, sondern lesst Gott dafur sorgen, Und on alle sein sorgen und zuthun
kleidet es Gott mit so schoener lieblichen farben, das Christus sagt, das der
Koenig Salomo mit aller seiner herrligkeit sey nicht so schoene gewest als der
selben eines, ia keine Keiserin mit jrem gantzen frawen zimer, mit alle jrem
gold, berlin und eddelsteinen, Denn er weis keinen Koenig zu nennen, der da
reicher, herrlicher und schoener geschmuckt gewesen sey denn Salomo, noch ist
der Koenig mit alle seiner schoenen pracht und schmuck nichts gegen einer rosen
odder negelblumen odder violen auff dem feld: Also kan unser Herr Gott
schmuecken wen er schmucken wil, das es geschmuckt heisst und kein mensch solch
farbe kan machen noch malen und keinen andern noch schonern schmuck wundschen
noch kriegen kundte, und wenn man sie gleich mit eitel gold und sammet
behienge, noch wurde sie sagen: Jch wil lieber das mich der meister schmucke
droben jm himel, der auch die vogelin schmucket, denn alle schneider odder
seiden sticker auff erden.
Weil er nu soviel blumlin kleidet und schmucket mit so
mancherley farben, das iglichs seinen eigen rock an hat und damit daher pranget
uber alle welt schmuck, Warumb konnen wir denn jm nicht glewben das er uns auch
kleiden werde? Denn was sind die blumen und gras auff dem felde gegen uns?
Odder wo zu sind sie geschaffen denn das sie einen tag odder zween da stehen
und lassen sich sehen, darnach verwelcken und zu hew werden odder wie Christus sagt,
jnn den ofen geworffen werden, das man damit feur machet und den ofen heitzet,
noch nimpt sich unser Herr Gott solchs vergenglichs und geringes dings so hoch
an und wendet soviel kost darauff, das ers schoner schmuecket denn keine
koenige und menschen auff erden, so sie doch solchs schmucks nicht bedurffen
und gar an jnen verloren jst, als der bald dahin gehet mit der blume, Wir aber,
seine hoheste creatur, umb welcher willen er alle ding geschaffen hat und uns
alles gibt und jm soviel an uns gelegen jst, das es nicht mit diesem leben ein
end jnn uns sol nemen, sondern nach diesem leben das ewig leben wil geben, Die
sollen jm nicht soviel vertrawen das er uns auch kleiden werde, wie er die
blumen auff dem feld und vogel jnn der lufft mit mancherley schoenen farben und
feddern kleidet: Das jst ja nehrlich gered und unsern unglawben schendlich
abgemalet, das ers nicht hoenischer machen kund, Aber es jst der leidige
Teuffel und der treffliche fall den wir gethan haben, das wir mussen sehen die
gantz welt vol [s. 465] solcher exempel der vogel und bluemlin widder uns, die
mit jrem exempel und anblick unsern unglauben straffen und werden unsere
hohesten Doctores, singen und predigen uns und lachen uns so lieblich an, das
wir nur gleuben sollen: noch gehen wir dahin, lassen uns predigen und singen,
scharren und geitzen jmer fur uns hin, Aber uns zu ewigen schanden und schaden,
das ein jglich bluemlin fur Gott und allen creaturn bis an iungsten tag widder
uns zeuget und unsern unglauben verdamnet. Darumb beschleusst er nu diese
predigt fur seine Christen:
Weil ir solch exempel teglich sehet fur augen an allem was
da lebt und aus der erden wechst, wie es Gott alles neeret und speiset und
auffs aller schoenste kleidet und schmuckt, so lasst euch doch bewegen, das jr
die sorge und unglawben weg leget Und dencket, das jr Christen und nicht heiden
seid, Denn solch sorgen und geitzen gehoret den heiden zu, die von Gott nicht
wissen [Kol. 3, 5] noch nach jm fragen, und ist ein rechter Gottzendienst, wie
Paulus sagt und droben auch gesagt ist, da ers heisset dem Mammon gedienet,
Darumb jst ein jglicher Geitzwanst kein Christen, ob er gleich getaufft jst,
sondern hat gewislich Christum verloren und jst zum heiden worden, Denn die
zwey leiden sich nicht miteinander, geitzen odder sorgen und gleuben, eines mus
das ander ausbeissen. Nu jst den Christen, die das wort horen und wissen, kein
grosser schand fur Got und allen creaturn denn das sie den heiden gleich sollen
sein, als die nicht gleuben das sie Gott erneere und alle ding gebe, und also
zuruck fallen von Gott, den glauben verleugnen und sich weder an sein wort noch
an solch sichtig exempel keren. Das jst ja ein hart urteil, das einen jglichen billich
erschrecken solt, Denn es jst kurtz beschlossen: das ein Christ dencke und des
geitz sorge lasse odder wisse, das er kein Christen sondern zehen mal erger jst
denn ein Heide.
Zu dem (spricht er): Weil jr Christen seid, so durfft jr
nicht daran zweiveln, das ewer vater wol weis das jr solchs alles beduerfft,
nemlich das jr einen bauch habet, der da essen und trincken, und einen leib,
der kleider haben mus. Wenn ers nicht wuste, so hettet jr ursache zu sorgen und
dencken, wie jr euch selbs erneeret, Nu ers aber weis, so wird er euch ja nicht
lassen, Denn er ist ia so frum, das ers gerne thuet und sonderlich euch Christen,
weil er (wie gesagt jst) auch fur die vogel jnn der lufft sorget. Darumb lasset
jr die sorge anstehen, Denn jr richtet doch nichts damit aus. Es ligt nicht an
ewrem sorgen sondern an seinem wissen und sorgen: Solte [s. 466] nicht ehe
etwas auff dem felde wachsen denn wir dafur sorgen, so weren wir alle jnn der
wigen gestorben und muste noch keine nacht nichts wachsen, wenn wir ligen und
schlaffen, Ja solten wir uns alle zu tod sorgen, so wechset kein halm auff dem
felde von unserm sorgen, mussen selbs sehen und greiffen das Gott alles on
unser sorgen gibt, noch sind wir so heillose leut, das wir des sorgens und
geitzens nicht lassen wollen noch Gott die sorge rein lassen, dem sie allein
geburt als einem Vater fur seine kinder.
Der Herr hat wol gesehen, als jch gesagt habe, das kein
laster unter den eusserlichen groben stucken so greulich widder das Euangelium
strebt und Gottes reich hindert als der geitz, Denn so bald ein prediger
darnach trachtet wie er reich werde, so treibt er sein ampt nicht mehr recht,
denn sein hertz [1. Tim. 6, 9] jst gefangen jnn der sorge der narung als jnn
einem strick, wie es Paulus nennet, das er nicht kan leren noch straffen wie
und wo er sol, besorget, er moechte gonst und freundschaff verlieren bey denen
der er kan geniessen, Lesst sich also verfuren das er schweigt, und verfuret
ander leut mit jm, nicht durch ketzerey sondern durch seinen eigenen Bauch, der
sein AbGot jst. Denn wer ein rechter prediger wil sein und sein ampt trewlich
furen, der mus die freiheit bey sich behalten, das er ungeschewet die warheit
sage, niemand angesehen, und straffe wo zu straffen jst, gros und klein, reich,
arm, gewaltige, freund und feind: das thut der Geitz nicht, denn er furchtet,
solt er grosse hansen odder gute freund erzuernen, so wuerde jm am brod
abgehen, drumb zeucht er die pfeiffen ein und schweiget.
Des gleichen auch der gemeine hauffe, was nicht prediger
sind sondern Gottes wort horen sollen und Gottes reich helffen fordern ein
jglicher jnn seinem stand und leben, wollen umb des Euangelij willen keine fahr
noch mangel warten noch leiden, sondern fur allen dingen sehen das sie gnug
haben und jren bauch versorget, Gott gebe das Euangelium kome ernach odder
bleibe dahinden, gehen also hin, scharren und kratzen wie sie konnen, geben den
predigern nichts, nemen jn wol dazu was sie haben. So gehets denn nach des
Teuffels willen, das niemand mehr predigen noch horen wil und also beide die
lere und jre fruechte jnn der leute hertzen untergehen und Gottes reich gar
dahin fellet: Das thut allein der schendlich, Teuffelissche Mammon.
Sihe darumb warnet der Herr Christus die seinen so trewlich
dafur durch so lange predigt, Und das man sich deste bas dafur huten konne,
zeiget er mit diesen worten gar ein gute krefftige artzney dawidder wie man jm thun
sol, das man der sorge nicht durffe und doch gnug, ja viel mehr und trefflichern
schatz habe denn uns der Mammon kan geben und wir mit unserm sorgen konnen
kriegen, die heist nu: Gottes Reich suechen.
[s. 467] Es ligt aber daran das man wol jnns hertz bilde,
was Gottes Reich sey und gebe. Denn wenn man uns das kunde ein reden, das wir
recht bedechten und jm hertzen ermessen und wegen kondten, wie ein gros
kostlicher schatz es sey gegen dem Mammon odder welt reich, das jst alles was
auff erden jst, so wuerden wir den Mammon anspeyen. Denn was hettestu mehr, wenn
du gleich des Koeniges zu franckreich gut und macht hettest und des Turkischen
keisers da zu, denn ein betler fur der thur an seiner parteken? Denn es jst
doch nur darumb zuthun, das man teglich den bauch fulle, weiter kan mans nicht
bringen mit aller welt gutern und herligkeit und hat der armeste betler eben
soviel davon als der mechtigste Keiser, ja es sol jm wol seine partecken viel
besser schmecken und gedeien denn jenem sein herrlich koeniglich mal. Da bleibt
es bey und krigt niemand mehr davon und weeret doch ein kleine, kurtze zeit,
das wir dis alles mussen faren lassen und unsern leib nicht eine stunde damit
fristen konnen, wenn das stuendlin kompt, Darumb jst es ja ein arm, elend, ia
ein faul, stinckend Reich.
Was ist aber dagegen Gottes odder des Herrn Christi Reich?
Das rechne du selbs und sage was die creatur sey gegen jrem Schepffer und die welt
gegen Gott. Denn wenn himel und erden gar mein allein weren, was hette jch
gegen Gott? nicht soviel als ein tropfflin wassers oder ein steublin gegen das
gantze meer. Dazu jst es ein solcher schatz, der nicht auffhoret noch abnemen
und geringer kan werden, das er beide der grosse und wehre halben durch kein
menschlich hertz noch sinne zu ermessen und begreiffen ist, Und ich sol Got und
sein Reich so schendlich hin werffen und faren lassen, das ich dis unfletig,
todlich bauchreich neme fur jhenes Gottliche, unvergengliche, das mir gibt ewig
leben, gerechtigkeit, fride, freud und seligkeit, und alles was jch hie
zeitlich suche und begere, sol ich jnn diesem ewig haben und alles unmeslich
herrlicher und uberschwenglicher denn das jch hie auff erden mit grosser muehe,
sorge und erbeit erlangen kan, und ehe jchs erlange und dahin bringe da ichs
haben wil, mus davon faren und alles ligen lassen. Jst das nicht ein grosse,
schendliche torheit und blindheit, das wir solchs nicht sehen, ja ein
verstockte bosheit der welt vom Teuffel besessen, das sie jr nicht wil sagen
lassen noch achten, wenn mans jr predigt?
Darumb woelt uns Christus gerne mit diesen worten erwecken
und sagen: wolt jr recht sorgen und trachten wie jr jmer gnug habt, so trachtet
nach einem solchem schatz, der da heisset Gottes reich, Sorget doch nicht fur
den zeitlichen vergenglichen schatz, den die motten und rost weg fressen, wie
er droben gesagt hat; Habt jr doch viel ein andern schatz jm himel, den ich euch
zeige, da sorget und trachtet nach und dencket was jr daran habt, so werdet jr
des andern wol vergessen, Denn es jst ein solcher schatz der euch ewig erhelt
und nicht kan vergehen noch genomen werden, das weil der schatz [s. 468] bleibt
und jr daran hanget, so must jr auch bleiben, wenn jr schon keinen heller von
der welt hettet.
Es jst aber offt gesagt was Gottes Reich sey, nemlich auffs
kuertzte, das es nicht stehe jnn eusserlichen dingen, essen und trincken
&c.. noch andern wercken die man thun kan, sondern darin das man gleube an
Jhesum Christum, welcher jst das heubt und einiger koenig jnn diesem Reich, jnn
und durch welchem wirs alles haben, das wer darinn bleibt kein sund, tod und
unglueck kan schaden, sondern ewig leben, freud und seligkeit hat, Und hie
anfehet jnn solchem glawben, aber am iuengsten tag offenbar und ewig volendet
sol werden.
Was heisst nu nach solchem Reich trachten, odder wie kompt
man dazu, welchs jst die strasse und der weg den man gehen mus? Da weiset einer
hie, der ander dort hinaus, als der Bapst leret also: lauff gen Rom und hole
ablas, beichte und buesse, halt odder hore messe, zeuch eine Cappen an und ube
dich jnn grossem Gottes dienst und hartem strengen leben. Da sind wir geloffen
alle wege und wie man uns nur hat furgesagt, als toll und toerichte leute, und
alle wollen Gottes reich suchen, Aber eben des teuffels Reich funden, Denn da
sind viel wege, aber alle zumal on den einigen, welchs ist gleuben an Christum
und das Euangelium, daran der glaube sich helt, wol uben und treiben mit
predigen, hoeren, lesen, singen, bedencken und wie man kan, das er jmer im
hertzen zuneme und stercker werde und herausbreche durch seine fruechte, das
mans jmer weiter bringe und viel leut erzu fure, Wie wir (Gott lob) itzund thun,
Und dennoch noch viel sind, beide prediger und andere Christen, die mit allem
vleis treiben und drueber halten, das sie alles was sie haben hinan setzen und
bereit weren zuverlieren, ehe sie das wort wolten lassen faren.
Solchs thun noch wissen kein Monch, Nonnen und pfaffen, ob
sie wol rhumen, sie sind Gottes diener und Christi breute, Denn sie feilen alle
des einigen rechten weges und lassen das Euangelium stehen, kennen widder Gott noch
Christum und sein reich, Denn wer es kennen und treffen wil, der mus nicht nach
seinem kopff suchen, sondern sein wort hoeren als den grund und eckstein und
sehen wo er dich hin weiset und wie ers deutet. Nu ist das [
[s. 469] Was heisst denn das er dazu setzet ‘Und seine
gerechtigkeit’? Dis Reich hat auch eine gerechtigkeit, es ist aber ein andere
gerechtigkeit denn jnn der welt, wie es auch ein ander Reich ist. Das heisst nu
die gerechtigkeit so aus dem glauben kompt, der da schefftig und thetig ist
durch gute werck, Also das ich das Euangelion mit ernst meine und vleissig
hoere odder treibe und darnach mit der that darnach lebe und nicht ein loser
wesscher odder heuchler bin, der es lesst zu einem ohr ein zum andern aus
gehen, sondern [1. Kor. 4, 20] das mit der that beweiset und krefftig da sey,
wie S. Paulus sagt j. Cor. iiij. ‘Das Reich Gottes stehet nicht jnn worten,
sondern jnn der krafft.’ Das heissen wir den glauben mit seinen fruechten, das
ist gute werck thun und seines stands odder ampt mit vleis und trewen warten
und allerley daruber leiden, Denn er heisst hie Gerechtigkeit jnn gemein das
gantze leben eines Christen gegen Gott und den menschen als den bawm mit den
fruechten, Aber nicht so, das es darumb gar volkomen sey, sondern stets
fortfare, wie er hie [Phil. 3, 12] heisset seine Juenger jmer darnach trachten,
als die es noch nicht gar ergriffen odder schon rein aus gelernet und gelebt
haben; Denn im Reich Christi ists mit uns halb sunde und halb heiligkeit, Denn
was des glaubens und Christi jnn uns ist, das ist gantz rein und volkomen als
nicht unser sondern Christi, welcher durch den glauben unser ist und jnn uns
lebt und wirckt, Aber was noch unser eigen ist, das ist eitel sund, doch unter
und jnn dem Christo durch vergebung der sund zugedeckt und vertilget, dazu
teglich durch die selbe gnade des geists getoedtet, bis wir gar diesem leben
absterben.
Sihe das gehoeret zur gerechtigkeit dieses Reichs, das es
rechtschaffen zugehe und keine heuchley da sey, Denn es ist widder die gesetzt,
die wol vom Euangelio koennen reden und rhuemen, aber nichts davon leben, Denn
es ist auch ein schwerer handel Gottes wort predigen und jderman guts thun und
dazu allerley unglueck leiden, aber darumb heisst es Gottes gerechtigkeit, Denn
die welt vermag sie nicht, das sie solt recht thun und boeses dafur leiden,
gehort auch nicht jnn jr regiment, Denn da ist nicht recht, das wer recht thuet
geftrafft werde odder gewalt leide, sondern guts dafur zu lohn und danck [Luk.
6, 23] empfahe. Aber unser lohn ist nicht auff erden, sondern im himel
beigelegt, da werden wir jn finden. Wer nu solchs weis und darnach thun wil,
der wird gnug zuschaffen haben, das er nicht darff andere wege suchen, wird
auch wol des geitzens und sorgens des Mammons vergessen, Denn die welt wirds jm
so sawr machen, das er des lebens und zeitlichs guts nicht gros achten wird,
sondern so mued werden, das er alle stunde des todes warten und hoffen muesse.
Das ist die vermanung, dadurch er uns von dem zeitlichen gut
auff den ewigen schatz weiset, des wir das guts nicht achten sollen gegen
jenem, das wir im himel haben &c.. Dazu thuet er nu auch eine verheissung
und [s. 470] trost, das wir nicht dencken, er woelle uns drumb auff erden gar
nichts geben und hungers lassen sterben, weil wir von der wellt allerley leiden
muessen, die uns nichts gibt noch gonnet, und alle stund warten, das man uns
alles neme was wir haben, Sondern wissen das wir dennoch auch hie zur notdurfft
dieses lebens haben sollen was wir durffen. Darumb spricht er ‘Suchet nur zum
ersten Gottes Reich, so sol euch dieses alles zufallen’, Das ist: jr solt essen
und trincken, kleider &c.. dazu haben als zur zugabe on all ewer sorgen, ia
eben damit das jr nicht dafur sorget und alles umb Gottes Reichs willen jnn die
fahr setzet, Und sol euch komen, das jr nicht wisset woher es koempt, wie uns
auch teglich unser erfarung leret. Denn Gott hat noch soviel jnn der wellt, das
er die seinen auch erneeren kan, weil er alle voegelin und wuermlin erneeret
und die lilien auff dem felde kleidet, wie wir gehort haben, ia weil er den
boesen buben soviel gibt und wachsen lesst, Das uns die wellt dennoch auch mus
mit jr essen und trincken lassen, obs jr gleich leid ist.
Was wollen wir nu mehr begeren, wenn wirs solchs wissen, so
wir Gottes wort haben und handlen und ein iglicher thut was er thun sol, das wir
zu essen und trincken, umb und an haben und eben soviel kriegen selber als ein
Koenig odder Keiser, nemlich das wir den bauch erneeren, on das er zu seinem
stand mus mehr und herrlicher haben, aber doch nichts mehr geneusst, und mich
mein brod eben so wol speiset und mein kleid so wol decket und wermet als jn
seine Koenigliche mal und guldene und silberne stuck. Denn wie were es mueglich
das der solt hungers sterben, der Gott mit trewen dienet und sein Reich
fordert, weil er der gantzen wellt so uberfluessig gibt? Es mueste kein brod
mehr auff erden sein odder der himel nicht mehr regenen konnen, wenn ein
Christen solt hungers sterben, ia Gott mueste zuvor selbs hungers gestorben
sein. Weil er nu so uberfluessig geschaffen und geben hat, dazu so gewis
verheisset das er gnug wil geben und so geben, ehe wir uns versehen odder
wissen, was wiltu dich denn zuplagen mit dem feindlichen sorgen und geitzen?
Jst doch die schrifft (sonderlich der Psalter) allenthalben [Ps. 33, 19. 37,
19] vol solcher sprueche, das er die frumen speisen wolle jnn der theuren [Ps.
37, 25] zeit und noch nihe habe lassen einen fromen nach brod gehen &c.. Er
wird ia an dir auch nicht zum luegner werden, wenn du nur kuendtest gleuben. Obs
nu die wellt, als itzt Eddelleut, baur und burger nicht thun, so wird er
dennoch leut finden odder andere mittel, durch welche er geben kan und mehr
denn sie dir itzt nemen koennen.
Bleibt bey dieser sorge (wil er sagen) wie jr Gottes Reich
bey euch erhaltet, und entschlahet euch der andern sorge so gar, das jr auch
nicht fur [s. 471] den morgenden tag sorget, Denn wenn morgen kompt, wird er
seine selbs sorge mitbringen, wie man sagt ‘kompt tag, so kompt auch rat’, Denn
unser sorgen schaffet doch nichts, ob jch auch gleich nicht mehr denn auff
einen tag sorge, Und gibts die erfarung, das uns offt zween odder drey tag ehe
hinweg gehen denn der heutige, und wem Gott wol wil und glueck gibt, der kan
offt on muehe und sorgen jnn einer stund mehr ausrichten denn sonst ein ander jnn
vier gantzen tagen mit grosser muehe und sorg, Und wenn er lang gemacht und aus
gesorgt hat, machet jms selb lang, hette es ein ander jnn einer stund
ausgericht, Also das doch niemand nichts schaffen kan, denn wenn das stuendlin
kompt das Gott gibt, on unser sorge bescheret und ist umbsonst das du wilt zuvor
komen und durch dein sorgen grossen rat (wie du meinest) stifften.
Denn die kunst kan unser Herr Gott, das er uns heimlich zeit
und stunde kan verkuertzen und verlengern, das einem eine stunde wol zu
vierzehen tagen wird und widderumb, Also das einer mit langer erbeit und muehe nichts
mehr gewinnet denn ein ander mit kurtzer und leichter erbeit, wie man teglich
kan fur augen sehen, das viel sind die bey schwerer, stetter erbeit kaum das
liebe brod erwerben, und andere on sonderliche erbeit jr ding fein gefasset und
geordnet haben, das es wol von stat gehet und jn zufellt. Das schaffet alles
Gott also, das unser sorgen nicht mus den segen haben, Denn wir wollen nicht
harren das solche gueter von Gott uns zufallen, sondern selbs finden ehe es
Gott gibt.
Sihe wie es gehet auff den Bergkwercken, da man ia vleissig
grebt und suchet, noch kompts offt also, das wo man am meisten ertz hoffet und
sich beweiset, als wolts eitel gold werden, da findet sich nichts odder schneit
sich bald abe und verschwindet unter den henden. Widderumb an andern oerten,
das man fur verloren helt und ligen lesst, gibt sichs offt unversehens auffs
reichlichst, Und einer der alle sein gut hinein gebawet, nichts kriegt, ein ander
von einem bettler ein herr wird, Und darnach die es mit viel tausent guelden
eraus gehaben, ehe denn jnn zehen iaren widder zu bettler werden und nicht viel
geschicht, das solch gros gut auff den dritten erben reiche. Summa es sol
heissen nicht gesucht sondern bescheret, nicht gefunden sondern zugefallen,
wenn glueck und segen dabey sein sol. Aber wil woltens gerne so machen, das es
keme wie wirs gedencken, da wird nicht aus, denn er dencket dargegen: du solts
nicht so kriegen odder ia nicht lang behalten und geniessen, Denn ich habe jr
selbs viel erlebt, welche jnn die tasschen griffen jnn eitel gulden und keins
grosschen nicht achten, aber hernach fro weren worden, das sie so viel heller
hetten gefunden.
Weil du nu sihest das es feilet und dein sorgen nicht dazu
hilfft, warumb lestu es nicht anstehen und denckest wie du Gottes reich habest?
[s. 472] Denn er wil dir geben, aber nicht umb deiner sorge
willen, ob du wol erbeiten solt, Denn solche sorge bringt und schaffet nichts,
aber die sorge thuts, die deines ampts ist und zu Gottes reich gehoeret, das du
thust was dir befolen ist, Gottes wort predigst und forderst, dem nehisten
dienest nach deinem beruff und nimpst was dir Gott gibt. Denn das sind die
besten gueter, die nicht gedacht, sondern bescheret und zugefallen sind, Und
was wir durch unser sorge erworben odder zu erhalten furnemen, sol uns wol am
ersten umbschlahen und verderben, wie offt den reichen wensten geschicht, denen
fur grosser sorge jr korn und ander vorrat verdirbet, Und ist ein grosse gnade das
Gott uns nicht lesst sorgen wie das korn auff dem feld wechset, sondern gibts
uns weil wir ligen und schlassen, sonst wurden wirs uns auch selbs verderben
mit unserm sorgen und nichts kriegen.
Darumb spricht er nu: Was wiltu uber den heutigen tag sorgen
und zweier tage unglueck auff dich nemen? lasse es bey dem bleiben das dir der heutige
tag aufflegt, morgen wird dir der tag ein anders bringen, Denn unglueck odder
plage heisst er das uns auffgelegt ist im schweis unsers angesichts uns zu
neeren und was ander zufellig teglich jamer, unfal und fahr jst, als wo dir
etwas gestolen wird odder sonst schaden nimpst, item jnn kranckeit fellest
odder dein gesind &c.. Wie es denn jnn diesem leben zugehet, das wir teglich
mussen solch unglueck sehen und warten. Solch leid, iamer und ungluck leide und
nims an mit freuden und las es doch dabey bleiben, Denn du hast damit gnug
zutragen und lasse die sorge nach, damit du des ungluecks nur mehr und schwerer
machest denn es an jm selbs jst. Und sihe solch exempel an, das Gott niemand
jhe reich gemacht hat durch sein sorgen (weil jr viel, wie gesagt, auffs hohest
sorgen und doch nicts haben) Aber das thut er wol, wenn er sihet das einer mit
vleis und trewen seines ampts wartet und sorget, wie er das ausrichte Gotte zu
gefallen und jn lesset sorgen wie es wol gerate, [Spr. 10, 4] dem bescheret er
reichlich, Denn es stehet geschrieben Proverb .10. ‘Eine vleissige hand machet
reich’, Denn er wil der auch nicht die beide sorge und erbeit lassen, als die
muessigen, faulfressigen wenste, als solten sie sitzen und warten wenn er jn
eine gebratene gans liesse jnns maul fliegen, Sondern gebeut das man sich
redlich sol angreiffen mit erbeiten, so wil er mit seinem segen dabey sein und
gnug geben. Das sey gnug von dieser predigt.
[s. 473]
Jm vorigen Capitel haben wir gehoret wie der HERR Christus nach
der lere von rechten guten wercken eine lange predigt gethan hat zur warnung
widder den Geitz, als der Gottes Reich trefflich hindert, beide an der lere und
leben, und mordlichen schaden thut jnn der Christenheit. Hie fehet er nu an
weiter zu warnen fur einem andern stuck, welchs ist auch ein gros schedlich
laster und heisset Eigene weisheit, die da jderman richtet und taddelt. Denn wo
diese zwey laster regieren, da kan das Euangelium nicht bleiben, Denn der geitz
machet das entweder die prediger schweigen odder die zuhorer des Euangelij
nicht achten, das also durch verachtung ausgetrieben wird. Wenn aber eigene
klugheit drein gerett, da wil ein jglicher der best prediger und selbs meister
sein, niemand horen noch von andern lernen; da werden denn secten und Rotten
aus, die das wort felschen und verderben, das es nicht kan rein bleiben und
also abermal das Euangelium mit seinen fruchten untergehet. Solchs heisset er
nu hie Richten odder urteilen, da ein jglicher sein thun jm allein lesst
gefallen und des andern alles stincken mus, Ein schone holdselige tugent und
eben der feine Man, den man heisset Meister Kluegel, dem wedder Gott noch die
welt hold ist und doch allenthalben sein vol ist.
Das man sich aber nicht stosse an dieser predigt und unrecht
verstehe, als sey hiemit gar verbotten zu richten und urteilen, ist aus dem so
offt droben gesagt klar, das Christus hie allein seinen Jungern predigt und gar
nicht redet von dem urteil odder straffe die jnn der welt gehen mus, wie vater
und mutter jm haus unter kinder und gesind mus richten, straffen und auch drein
schlahen, wenn sie nicht wollen recht thun, Also ein Fuerst odder Richter, wil
er sein ampt recht furen, so kan er nichts anders thun denn das er richte und
straffe. Das gehoret jnns weltliche regiment, welchs uns nicht angehet, darumb
lassen wirs daselbs bleiben, wie es gehen sol und mus, Hie aber reden wir von
einem andern Reich, das doch jenes nicht schwechet noch auffhebt, nemlich
geistlich leben und wesen unter den Christen: Da ist verbotten das nicht einer
den andern richte und verdamne, Denn da hebt sichs, [s. 474] das der Teuffel
sich imer darunter menget und sein werck treibt, das ein jglicher sich lesst
gut duencken und meinet, sein ding allein sol gelten und das best sein, und
alles was nicht sich nach jm richtet, taddelt und vernichtet.
Das ist nu jnn weltlichen sachen eine feine torheit und noch
wol zu leiden, obs gleich nicht recht ist, Denn es ist so grob, das jderman
greiffet, als das eine metze sich lesst schoner duncken denn alle andere und
was sie an andern sihet, gefelt jr nicht, Odder das ein iunger narr wil so
schon und geschickt sein, das er seines gleichen nicht weis, Darnach unter den
weisen und gelerten, da es starck jm schwang gehet, das keiner lesst etwas sein
was ein ander kan odder thut, und jglicher wils allein sein ders alles besser
kan und niemand kan ungetaddelt lassen: Das sihet und verstehet jderman wol, noch
ist allenthalben der selbe Meister Klugel, der sich so klug weis, das er kan
das pferd jm schwantz zeumen, so es doch alle welt mus forne jm maul zeumen.
Aber wenn es hie her gerett jnn geistliche sachen und der
Teuffel seinen samen seet jnn Christus Reich, das es einreisset beide jnn der
lere und leben, da hebt sich jamer und not. Jnn der lere gehets also zu, das ob
gleich Gott einem gegeben und befolen das Euangelium zu predigen, so finden
sich doch andere, auch unter den schuelern, die es zehen mal besser konnen
wollen denn er, und mus das Euangelium die plage und ungluck haben, das sichs
von jderman mus urteilen lassen und iglicher zum Doctor daran wird und selbs [4.
Mose 16, 3 ff.] meister wil sein jnn der lere, Gleich wie es Mose auch gieng
Numeri .16. da Korah mit seinem hauffen widder jn und Aharon aufftraten und
sprachen: Warumb erhebt jr euch uber Gottes volck? sind sie nicht allzumal
heilig? Solt Gott allein durch Mosen und Aharon reden? Eben wie sie itzt sagen:
Solten wir nicht so wol den Geist haben und die Schrifft verstehen als andere?
Da jst denn flugs ein ander lere angericht und secten gemacht und hebt sich das
Richten und urteilen und sonderlich das schendliche affterreden, das ein teil
das ander auffs gifftigste taddelt und verspricht, wie wir auch jtzt gnug
erfaren. Daraus folgt denn der mordliche schaden, das die Christenheit zutrennet
wird und die reine lere allenthalben untergehet.
Solchs hat sich Christus wol besorget, ja nicht allein
besorget, sondern auch verkundigt das es so gehen wuerde, Denn die welt lesst
sich nicht anders machen, solten wir uns zu tod predigen. Darumb wo das
Euangelium auffgehet, da muessen rotten und secten folgen, die es widder
verderben und dempffen. Ursach ist: denn der Teuffel mus seinen samen unter den
guten samen seen, und wo Gott eine kirchen bawet, bawet er seine Capell oder
taberne daneben, Denn der Satan wil jmer mit unter den kindern [s. 475] [Hiob
1, 6. 2, 1] Gottes sein, wie die schrifft sagt. Darumb wil Christus seine
Aposteln und rechtschaffene prediger hie mit warnen, das sie sich vleissig fur
dem laster huten und zusehen, das sie es nicht lassen einreissen, das nicht
trennung und uneinigkeit werde, furnemlich jnn der lere, Als wolt er sagen:
Wolt jr meine juenger sein, so lasset ewer verstand und dunckel jnn der lere
gleich und einerley sein, das nicht jmand wolle Meister sein und etwas newes
odder bessers wissen und die andern richten und verdammen, Und sehet nicht an
wer die person seye, sondern was jch euch befele zu predigen, da bleibt bey und
lasset es eintrechtig zugehen, das nicht einer den andern verachte und ein
anders auffwerffe.
Doch verstehe es also, das dennoch dem so jm offentlichen
ampt ist zu predigen, nicht genomen sey zu richten uber die lere, dazu auch
uber das leben, Denn es geburet jm ampts halben offentlich zu straffen was
nicht der rechte lere gemes ist, eben darumb das er nicht secten lasse eingehen
und auff komen, des gleichen wo er sihet das man nicht recht lebet, das er auch
straffe und were, Denn er ist darumb da das er darauff sehe, und mus dafur
antworten, Ja auch ein jglicher Christ ist schuldig, wo er sihet das sein
nehester ubel thut, das er jn vermane und were: das kan ia nicht on urteilen
und richten zu gehen, Aber das ist alles noch als aus einem ampt und befehl gethan,
davon Christus nichts redet, wie gnug gesagt ist, Aber das ist verboten, das
ein jglicher aus seinem eigen kopff herferet und machet ein eigene lere und
geist und lesst sich meister kluegel duencken und jderman wil meistern und
taddeln des jm nichts ist befolen: Die selben sinds die der Herr hie straffet,
Denn er wil nichts on befehl aus eigenem duenckel gethan odder fur genomen
haben, sonderlich uber ander leut zurichten.
Das heis jch nu Richten jnn der lere, der hochsten
schendlichsten und schedlichsten laster eines auff erden, daraus alle
Rottengeister entstanden und bisher Moench, pfaffen und alles was jm Bapstum
gewest jst, gesteckt haben, da jderman sein ding fur das beste auffgeworffen
und andere geurteilet hat, davon itzt nicht not zusagen. Das andere urteil
odder richten geschicht jm leben, da einer des andern leben und werck taddelt
und verdammet und lesst jm nichts gefallen was andere thun, das jst erst ein
weitleufftig gemein laster. Nu ist uns verbotten, das gleich wie wir der lere
halben sollen eintrechtig sein jnn einerley sinn und verstand odder glawben,
Also sollen wir auch einerley gesinnet und einerley hertz haben jnn
eusserlichem leben, ob wol dasselbige nicht kan einerley sein wie der glawbe,
Denn weil da sind mancherley stende, so mussen auch die werck ungleich und
mancherley sein, Dazu jnn solchem leben, das an jm selbs mancherley ist, findet
man auch mancherley gebrechen, als etliche wuenderliche, gehezornige,
ungedultige kopffe, Wie es denn [s. 476] jnn der Christenheit mus zugehen, weil
unser Alter Adam noch nicht tod ist und das fleisch stetts kempffet widder den
geist.
Da gehoret nu zu eine tugent die da heisst Tolerantia und
remissio peccatorum, das einer den andern trage, zu gut halte und vergebe, Wie [Röm.
15, 1] S. Paulus mit schonen worten leret Ro .15. ‘Wir die wir starck sind,
sollen der schwachen gebrechligkeit tragen und nicht gefallen an uns selber
haben’, Eben das hie Christus sagt ‘Jr solt nicht richten’ &c.. das die so
hohe und bessere gaben jnn der Christenheit haben (wie denn etliche haben
muessen, sonderlich die prediger) dennoch keinen andern mut und sin schepffen
noch sich lassen besser duncken denn die es nicht haben, das jm geistlichem
wesen keiner uber den andern fare. Eusserlich sol ein unterscheid sein, ein
furst hoher und besser denn ein bawr, ein prediger gelereter denn ein
schlechter handwercksman, da kan ein herr nicht knecht, eine fraw nicht magd
sein &c.. aber gleich wol sollen die hertzen jnn solcher unterscheid gleich
gesinnet sein und sich der selben ungleicheit nichts annemen. Das geschicht
denn wenn ich dem nehesten zu gut halte, ob er wol geringers stands jst und
weniger gaben hat denn ich, und lasse mir sein werck, das er als ein hausknecht
seiner pferd wartet, eben so wol gefallen als meine werck, das ich predige
odder land und leut regire, ob gleich das meine besser ist und mehr schaffet
denn jenes, Denn ich mus nicht ansehen die eusserliche larven, sondern das er
jnn dem selbigen glawben und Christo lebt und hat eben soviel von der gnade,
tauff und Sacrament, ob jch gleich ander hoher werck und ampt habe, Denn es jst
einerley Gott, der solchs alles schaffet und gibt, und lest jm das geringste
eben so wol gefallen als das aller grossest.
Da widder regiret nu jnn der welt die lobliche schoene
tugent davon S. Paulus redet, das jm jglicher selbs gefelt, als wenn ein mensch
jnns Teuffels namen her feret und seine laster nicht kan ansehen, sondern
allein der andern, welchs uns von natur allen anhenget und nicht koennen los werden,
ob wir gleich getaufft sind, das wir uns gerne schoen machen und schmuecken und
sehen was gut an uns jst und damit kutzeln, als sey es unser eigen, Und auff
das wir allein schoen seyen, sehen wir nicht an an dem nehesten was gut ist,
sondern dasselb aus den augen gethan, wo wir jrgend ein bletterlin gewar
werden, da fullen wir die augen mit und machens so gros, das wir nichts guts
dafur sehen, ob er gleich augen als ein falck und ein angesicht hette als ein
Engel, Gerade als ob jch einen sehe jnn einem gulden stuck und were on gefehr
eine nat odder weisser faden dadurch gezogen und die augen darnach auff
sperrete, als were es damit gar zuverachten, und jch doch mich dagegen liesse
kostlich duencken jnn meinem groben kittel mit einem gulden lappen besetzet.
Also sehen wir an uns unser eigen laster nicht, der [s. 477] wir vol sind,
konnen doch an ander leuten nichts guts ersehen. Wo nu solch naturlich untugent
unter die Christen kompt, so hebt sich das urteilen, das ich ein andern bald
veracht und verdamme, wenn er ein wenig strauchelt odder gebrechlich ist, und
er mir denn widder also thuet, misset wie mit dem selben mas (wie Christus hie
sagt) suchet und ruget auch nur das ergste das er an mir finden kan, dadurch
wird denn die liebe gar unterdruckt und bleibt ein lauter beissen und fressen
unternander, bis sie sich gar verzeren und gar unchristen werden.
Also gehets zu, wenn man auff eines andern leben sihet und
nicht wil auff sich selbs sehen: da findet man bald etwas das uns misfellet,
des gleichen ein ander auch an uns, wie auch die Heiden von jrem wesen klagen,
das niemand sihet was er hinden auff dem ruecken tregt, sondern wer jm nach gehet,
der sihets wol, Das ist: niemand sihet wo es jm selbs mangelt, sondern an einem
andern sihet ers bald. Wenn man nu solchem gesicht folget, so kompt nichts
anders draus denn affterreden und richten unternander. Das richtet der Teuffel
an jnn der Christenheit, bis ers dahin bringet, das nichts unter jn bleibt denn
lauter urteilen jm leben gleich wie auch jnn der lere, Das ja Christus Reich
(welchs ist ein einmuetig, eintrechtig und fridlich reich beide jnn der lere
und leben) zu trennet werde und an desselben stat eitel rotterey, homut und
verachtung regire.
Darumb ist dis gar eine notige warnung, das wir lernen und
uns gewenen, wenn wir unser ampt ausgerichtet haben, es sey predigen und [Matth.
18, 15 ff.] offentlich straffen odder bruderlich vermanen (davon Christus Matth
.18. leret) das wir des nehesten gebrechen tragen, decken und schmucken konnen,
Und ob ich etwas an jm sehe, das mir nicht allzuwol gefellet, das jch zuruck
schlahe und mich selbs ansehe, so werde ich auch viel finden das ander leuten
nicht gefellet und gerne wolte mir zu gut gehalten und getragen haben. So wird sich
der kutzel bald legen, der jm selbs gefellet und lechelt uber eins andern gebrechen,
und Meister kluegel sich fein trollen und das urteil fallen lassen, Ja du wirst
fro werden das du gleich mit dem andern auffhebest, und zum ersten sprechen:
Herr vergib mir meine schuld, darnach zum nehesten: hastu wider mich
gesuendiget odder jch wider dich, so las uns unternander auch vergeben, Sihestu
aber das ers gar zu grob machet und nicht ablesset, du straffest jn denn, so
gehe hin und sage es jm selbs, wie jtzt und offt gesagt ist aus Matth .18. das
er sich bessere und abstehe. Das hiesse nicht geurteilet und verdampt sondern
bruederlich vermanet zur besserung und gienge also das vermanen fein fridlich
zu nach Gottes gebott, Sonst machestu mit deinem kutzeln, lecheln und spotten,
das der neheste nur auff dich erbittert und verstockt wird und du selbs dazu
viel erger denn er und zwifechtig grosser sunder, [s. 478] damit das du jm die
liebe entzeuchst und lust hast an seiner sunde und dazu jnn Gottes gericht
fellest und jn verdammest, den Got nicht verdampt hat, und also deste schwerer
urteil uber dich ladest, wie Christus hie warnet, und verdienest das dich Gott
widder viel hoeher verdamme.
Sihe solch schendlich ubel kompt alles daher, wie S. Paulus
sagt, das wir uns selbs gefallen, spigeln und kuetzeln mit unsern gaben, als
seyen sie unser eigen, aber an eim andern nichts sehen denn wo er gebrechlich
ist, und also gar blind werden, das wir weder uns noch den nehesten mit rechten
augen ansehen, Da wir solten jnn unserm boesen greiffen und erstlich sehen was
uns feilet; das thun wir nicht, sondern haben ein geplerr fur den augen, das
wir uns lassen schon duncken, ob wir eine gabe an uns sehen die der neheste
nicht hat, eben damit verderben und am nehesten nicht auch sehen was er guts an
jm hat. Denn wir allzeit wuerden soviel finden, als wir jtzt seines gebrechens
sehen; das solten wir uns auch lassen gefallen und zu gut halten, ob etwas
gebrechlich mit unter lieffe, wie wir uns selbs gefallen und fein zu gut halten
koennen.
Summa es jst das ergeste laster und ein lauter Teuffels
hoffart, das wir uns selbs lassen gut duencken und kuetzeln, wenn wir eine gabe
sehen odder fulen an uns und Gott nicht dafur dancken, sondern stoltz werden
und jderman verachten und so gar die augen damit fullen, das wir nichts dafur sehen
was wir sonst thuen, meinen, es sey alles schoen an uns, Stelen und rauben also
Gott seine ehre, machen uns selbs zum Abgott und sehen nicht unsern jamer, den
wir eben damit anrichten, so wir doch sonst gnug auff [Offenb. 3, 17] uns
hetten, wenn wirs recht an sehen kondten, Wie Apocalyp. 3. zu einem Bisschove
sagt, der sich lies gelerter und besser duencken denn andere: ‘Du sprichst “jch
bin reich und gar satt und darff nichts” Und weissest nicht das du bist elend
und jemerlich, arm, blind und blos’. Denn obs gleich war jst, das deine gabe
grosser ist denn eines andern, wie es denn sein mus, weil dein ampt
unterscheiden, hoher und grosser ist, Aber mit dem schendlichen zusatz, das du
dich drein spigelst und dir selbs so wol gefellest, verderbstu es gar und
machest das der selb hohe schmuck unfletiger wird denn aller ander gebrechen,
Denn jhe hoher die gaben sind, je schendlicher werden sie verderbt, wenn du dir
einen abgot draus machest, gleich als du gifft unter einen koestlichen malvasir
mengetest, So hastus denn fein und wol troffen, das du einen andern urteilest
umb eines kleinen gebrechen willen und fellest selbs mit dem Eigen gut duncken
jnn die schwere sund das du Gott undanckbar wirst, ja dich selbs an seine stat
setzest jnn deinem hertzen und jnn sein gericht greiffest, da eine sunde
schwerer ist denn sonst aller menschen, wirdst dazu stoltz gegen dem [s. 479] nehesten
und aller dinge star blind, das du weder Gott noch deinen nehesten noch dich
selbs mehr kennest noch an sehen kanst.
Was machestu nu mit solchem urteilen denn das du Gottes
gericht widder dich ladest? das er billich mus zu dir sagen: Jch habe dir nicht
darumb diese gaben geben, das du den nehesten verachten und dir selbs damit dienen
solt sondern deinem nehesten, der arm und gebrechlich ist, und mir. So ferestu
zu und danckest mir nicht ein mal da fur, als were es jnn deinem hertzen
gewachsen und brauchest meines eigen geschencks widder mich und den nehesten
und machest dich selbs zu einem Tyrannen, stockmeister und richter widder den
nehesten, den du soltest durch die liebe tragen, bessern und auffhelffen, wenn
er gefallen were? Was wiltu als denn antworten, wenn er dich so ansprechen wird
(wie er dich hie mit zuvor warnet) denn das solch urteil billich vber dich
gehet, das du nicht ein splitter, wie du vileicht jnn deines nehesten auge
sihest (wie Christus hie sagt) sondern einen grossen balcken machest aus einem
kleinen splitter.
Jch wil schweigen des, das du mit dem schendlichen urteilen
nicht allein verdamlich bist des wercks halben, sondern gemeiniglich geschicht
das der da urteilet, selbs jnn grossern sunden und untugent steckt denn andere,
Das wenn er zuruck gienge und lese seinen eigen Kalender und register, wie er
gelebt habe von iugent auff, da wuerde er ein legend horen, das im grawen
mochte und gern von andern leuten schweigen wurde. Nu aber lesst sich ein
iglicher duencken, er sey from, und wil des vorigen alles vergessen und einen
armen menschen taddeln und verdammen, der ein mal gesundigt hat. Damit kompt er
jn zweyerley jamer, das er sein vorig leben verachtet und vergisset was er gewesen
jst, dencket nicht wie wehe es jm gethan hette, wenn man jn verspottet und verdampt
hette. Das jst eine sunde, das er undanckbar jst und der vergebung der sunden,
gnade und aller wolthat Gottes vergessen hat, Die ander, das er verluret die
froemkeit und alle vorige sunde widder jm selbs erfur ruecket eben damit das er
sich spiegelt jnn seiner froemkeit, und wird sieben mal erger mit jm denn zuvor
jhe.
Denn meinestu nicht, das dir Gott koenne ein register fur
die nasen legen und anzihen nicht allein dein gebrechen und sunde der iugent
sondern auch dein gantzes leben, das du fur kostlich gehalten hast als jtzt der
Moenche Closter leben? Wie wiltu da bestehen und antworten, das du teglich jm seinen
son gelestert und gecreuzigt hast mit deiner messen und ander Abgoetterey? Also
gehets, wenn wir unser vergessen was wir gewesen sind, so konnen wir wol ander
leut richten, Aber es heisst: Hans nim dich selbs bey der nasen und greiff jnn
deinen eigen bosen, wenn du wilt ein schalck suchen und urteilen, so findestu
den grosten schalck auff erden, das du ander leut [s. 480] wol vergessen wirst
und gerne gleich mit jn auffheben, Denn du wirst nimer mehr an einem andern
soviel sund finden als an dir, Denn wenn du viel an einem andern sihest, so
sihestu ein jar odder zwey, an dir aber dein gantzes leben, sonderlich die
groben knoten, die ander leut nicht wissen, das du dich mussest fur dir selbs
schemen.
Sihe das were eine weise wider das schendliche laster, das
du dir nicht selbs gefallest, sondern Gott bittest das er dir und andern
vergebe, Zum andern, das ob du gleich etwas boeses sihest am nehesten, das du
nicht darumb jn verachten und verdammen solt, sondern dagegen seine guter an
sehen und mit deinen guetern und gaben jm helffen, decken, schmuecken und raten
und wissest, ob du gleich der heiligest und froemeste werest, das du eben damit
der aller ergste wirst, wenn du einen andern richtest, Denn deine gabe sind dir
nicht geben, das du dich kutzelst, sondern dem nehesten damit helffest, wo ers darff,
das du mit deiner stercke seine schwacheit tragest, seine sunde und schande mit
deiner fromkeit und erhe deckest und schmueckest, wie Gott durch Christum gegen
dir gethan hat und noch teglich thuet. Thustu das nicht und wilt dich selbs
damit kutzeln und andere verachten, so wisse das wo ein ander fur dir [Matth.
7, 3] eine splitter tregt, das du gegen jm fur Gott einen grossen balcken
tregst.
Also sihestu warumb Christus so hart widder dis laster redet
und das strenge urteil fellet: wer da richtet, der sol widder gerichtet werden,
wie auch billich ist, Denn weil du Gott jnn sein urteil fellest und verdampst
denen den Gott nicht verdampt hat, so gibstu jm ursach, das er widderumb dich mit
allem deinem leben zur helle verdamme, wenn du schon noch so from werest
gewesen, Und den nehesten, den du gerichtet und verdampt hast, zu ehren mache,
dazu auch zum richter uber dich setze und mache das er zehen mal mehr jnn dir
findet zu verdammen, denn du an jm funden hast. So hastu denn wol gemacht, das
du beide Gott und den nehesten erzurnet und widder dich hast und also zugleich
beide Gottes gnade und Christlich leben verleurest und erger wirst denn ein
heide, der nichts von Gott weis.
Auff das er uns deste vleissiger warne fur dem laster zu
huten, setzet er ein grob gleichnis und malets fur augen, spricht ein solch
urteil, das ein jglicher der seinen nehesten richtet, ein grossen balcken jm
auge habe, da der gerichtet wird nur einen kleinen splitter hat, das er zehen
mal mehr des [s. 481] gerichts und verdammens werd ist eben damit das er andere
verdampt. Das ist ja ein schrecklich greulich urteil. Wo sind nu die rotten
geister und Meister Klueglinge, die viel wissen zu meistern und zu taddeln am
Euangelio und nichts konnen denn uns und andere urteilen, da doch nichts zu
straffen ist, odder villeicht einen splitter an uns ersehen, den sie hoch
auffmutzen, als jtzt die papisten lestern, wenn sie es auff beste machen und
grosse ursach bringen uns zu urteilen und verdammen, so ist das das grosste,
das etliche der unsern geistliche guter jnne haben odder werffen uns fur das
wir nicht fasten und was des mehr ist, das etwa einen schein hat, als denn
ettliche gebrechen mit unter lauffen. Aber jres balckens konnen sie nicht gewar
werden, das sie das Euangelium verfolgen, unschuldige daruber morden, da zu
selbs die grossen Ertz reuber und diebe sind der kloster und kyrchen guter,
Denn was rauben jtzt Bapst, Bisschove und fursten nicht? machen mit allen
geistlichen gutern was sie gelustet, On das sonst keiner kein rechter Bisschoff
ist noch das seine mit Gott und ehren hat und drinn sitzt als ein dieb und reuber,
Und mus doch alles kostlich ding sein und nicht gestolen noch geraubt heissen;
Aber das wir nicht fasten noch so streng halten jre gerechtigkeit, die sie doch
selbs nicht halten, das mus allein boese sein und alle jr sunde und schande
from und zu ehren machen. Also gehets durch die ganze welt, das allenthalben
ein balcke den splitter richtet und ein grosser schalck einen kleinen verdampt.
Nu jsts war das wir nicht on gebrechen sind, ja kein
Christen wirds dahin bringen, das er nicht ein splitter behalte, Denn S. Paulus
hats selbs [Röm. 7, 14 ff.] nicht konnen dazu bringen, wie er klagt Rom .7. Und
die gantze Christenheit mus teglich bitten ‘Vergib uns unser schuld’ und
bekennet den artikel des glawbens, der da heist Vergebung der sunde; Aber diese
Balcken treger und splitter richter wollen diesen Artikel nicht leiden und
alles so gar rein haben, das kein mangel und gebrechen da sey, und so bald sie
etwas solchs sehen, so faren sie daher mit richten und verdammen, als weren sie
so heilig, das sie keiner vergebung der sunde noch betens nicht durfften,
wollen das Vater unser reformiren und den heubt Artikel des glaubens
auslesschen, So sie doch gar voller blindheit und Teuffel sind und haben das
hertzleid mit ander leut splitter. Und unter uns selbs, wenn wir auch toricht
werden, die voll laster und boesheit sind, konnens nicht lassen, sie mussen der
andern gering laster ansehen und verdammen, das ja der balcke uber den splitter
meister und richter sey.
Wer aber ein Christ ist, mus wissen (und wirds zwar wol
selbs fulen) das es nicht kan so rein zugehen on den splitter und der artickel
Vergebung der sunde teglich jnn uns regieren mus, darumb kan er auch ander leut
[s. 482] gebrechen wol zu gut halten und mit jnns Vater unser schlahen, da er
spricht ‘Vergib uns wie wir vergeben’ &c.. Soenderlich wo er sihet, das man
das Wort lieb und werd hat, nicht verachtet noch verfolgt. Denn wo dasselbige ist,
da ist Christus reich und eitel vergebung, darduch der splitter verzeret wird.
Darumb sollen wir keinen verachten noch verdammen, wo wir solchs spueren, odder
werden auch aus unsern splitter ein balcken machen, das wir auch nicht
vergebung kriegen, weil wir andern nicht vergeben wollen.
So sprichstu: Sol jch denn nicht straffen, wenn ich sehe das
unrecht zugehet, odder recht heissen und billichen? odder sol jch mir lassen
gefallen, das man die Closter guter zureisst odder so roh hingehet, nichts
betet, fastet &c..? Nein, das heisse jch dich auch nicht, Denn er bekennet
hie, das ein splitter jst und sol weggenomen werden, er leret dich aber recht
damit umbgehen: Sagen sol ichs, es ist warlich nicht fein, der splitter jm
auge, Aber das jch fur allen dingen zu sehe, das ich nicht selbs einen balcken
jm auge habe und den selben vor heraus neme. Mache zuvor den grossen schalck
jnn deinem bosem from, darnach thu da zu das der kleine auch from werde, Denn
das gilt nichts, das die grossen diebe die kleinen hengen (wie man sagt) und
grosse schelcke die kleinen verdammen. Wenn der Bapst mit den seinen da anhube und
erstlich fur jrer thur kereten, das sie selbs nicht Ertzdiebe und boswicht weren,
so muesten wir auch hernach odder musten druber leiden. Nu aber wollen sie jren
balcken nicht lassen und ungestrafft haben und uns drumb verdammen, das wir
noch einen splitter haben und nicht so rein halten als wir sollen, Und gehet
also, das der grosse Ketzer, der Bapst, verdampt die andern kleinen ketzer, Und
die kleinen diebe mussen die grossen diebe, die offentlich und on unterlas
stelen und rauben, from machen und fur sie hangen und bezalen.
Solch verkert wesen sol nicht sein jnn meinem Reich (spricht
Christus) sondern also, das du von ersten den grossen schalck from machest, den
du jnn deiner haut wirst finden, wenn du dich recht ansihest, darnach wenn du
das ausgerichtet hast, so kompstu mit guter masse dazu, das du auch einen
kleinen schalck from machest. Aber da soltu wunder sehen was du wirst mit dem grossen
schalck teglich zu thun kriegen, das jch dir wol thar buerge sein und meinen
kopff zu pfand setzen, das du nimer dazu wirst komen, das du des andern
splitter aus zihest, Und mussest sagen: Sol jch erst mit ander leuten umbgehen
und sie from machen? kan jch doch mich selbs nimer mehr from machen noch des
balckens los werden. Und wird also deines bruders splitter wol fur dir sicher
bleiben. Sihe das wil Christus sagen und jnn summa soviel leren, das einer dem
andern gerne vergebe und mit gedult trage und unternander demut erzeigen, wie
es denn gehen mueste, wenn wir der lere [s. 483] folgeten: So gieng es aller
ding recht und wol jnn der Christenheit jnn rechter eintracht und were Gott bey
uns; Aber da lessets der Teuffel nicht zu komen durch seine gelieder und
rotterey.
Und solt uns ja schrecken fur dem laster, das er uns so
greulich urteil fur stellet, wie jch gesagt habe, das alltzeit der da richtet
fur Gott, einen balcken jm auge hat und der ander so gerichtet wird, nur ein
splitter. Nu ist der balcke gar ein ummeslich schwerer sunde denn der splitter,
das ist ein solche sund, die uns gar verdampt und keine gnade dabey ist. Denn
wie gros sonst unser sund und gebrechen sind, die kan er alle vergeben, wie er
damit zeigt das er des nehesten sund einen splitter heisset. Aber das ist der
schendlich zu satz und unflat, der es gar verderbt, das du einen andern umb
seinen gebrechen richtest und verdammest und nicht vergibst wie du woltest das
dir Gott vergeben solt, gehest hin und wilt solchen balcken nicht sehen,
meinest, du seiest on sunde; Wenn du aber dich selbs er kennetest (wie gesagt
ist) so wurdestu auch den nehesten nicht richten, und wurd also auch dein
balcke klein und ein splitter heissen und zur vergebung der sunde komen, und
wuerdest auch du gerne vergeben Und eines andern splitter tragen und zu gut
halten, angesehen das dir Gott deinen balcken vergibt und zu gut helt.
Es heisst aber wol ein balcke jm auge, der den menschen gar
stock und star blind machet und welchen die welt nicht sehen noch richten kan,
ja er ist geschmueckt mit solchem schein, das sie meinet, es sey kostlich ding
und grosse heiligkeit, Und gleich wie Christus droben hat gesagt vom Schalcks
auge, das die Geitz helse jn selbs ein liecht anzuenden und ein feinen
gedancken machen, das es nicht mus gegeitzet heissen sondern grosser Gottes
dienst, Also ist es hie auch, das die den balcken tragen, wollen traun keinen
balcken haben noch gestrafft sein das sie blind und elende leut sind, sondern
gelobt als die aus rechter Christlicher meinung ander lere odder leben richten,
Wie die Rottengeister trefflich koennen rhuemen und schweren, das sie aus
keiner hoffart noch neid anders leren sondern allein suchen Gottes ehre und des
nehesten heil, machens so schon und liecht und ist die demut und Gottes ehre so
gros, das sie nichts dafur sehen. So gehets darnach auch jm leben, wenn man beginnet
einander zu urteilen und taddeln, Da gehet auch solch deckel und rhum: Jch thue
es nicht aus feindschafft zu der person sondern aus liebe der gerechtigkeit,
Der person bin ich hold, aber der sachen feind: Das kutzelt denn so sanfft
unter dem schoenen schein, das man nimer keins balckens gewar wird.
Aber es gilt nicht, das du selbs woltest Richten und
urteilen wie du wilt on Gottes wort und befelh und darnach heissen Gottes ehre
und gerechtigkeit, Sondern es ist ein teuffelisscher zusatz, der sich mit
solchem deckel schmuecket und schoene machet, Denn hie horestu das Gott nicht
haben wil, das [s. 484] wir uns unterstehen selbs Richter zu sein, es sey jnn
der lere odder leben; Wo aber not ist richten odder straffen, das es die thun
die befelh und ampt dazu haben: prediger, pfarrer jnn geistlichem und
oeberckeit jnn weltlichen regiment odder ein bruder gegen den andern allein aus
bruderlicher liebe, die des nehesten gebrechen tregt und bessert.
Er hat nu fast ausgepredigt (der Herr Christus) von den
fruchten und wercken so da folgen der lere, Und wil nu anfahen eine warnung
odder vermanung, sich zu huten fur ander lere, wie er auch die Aposteln
vermanet, da er sie aus schicket zupredigen, und spricht: Sihe, jch sende euch
wie schafe [Matth. 10, 16] mitten unter die wolffe, darumb seid klug wie die
schlangen und on falsch wie die tauben. Denn ein Christ, der Gottes wort furen
und predigen sol und mit dem leben bekennen, lebt warlich jnn einem fehrlichen
stande der leute halben und gewinnet wol ursache zu ungedult, weil die welt so
aus der massen boese ist und er darin lebt als unter schlangen und allerley
unziver. Darumb spricht er: Hutet euch das jr ewer heiligthum nicht fur sew und
hunde werfet, denn sie moechtens mit fussen tretten odder sich widder euch keren
und euch zu reissen, Wil damit anzeigen und sie witzigen, das wo sie hin komen
und offentlich jnn hauffen predigen, werden sie auch hunde und sew finden, die
da nichts thun denn das Euangelium zu tretten und darnach die prediger auch
verfolgen.
Wer sind sie denn die also unser heiligthum zu tretten und
sich widder uns wenden? Das geschicht nu abermal jnn denn beiden stuecken lere
und leben, Denn zum ersten thuns die falschen lerer, die unser Euangelion von uns
nemen und lernen und kriegen also unser kleinot und koestlichen schatz darin
wir getaufft sind, leben und uns rhuemen &c.. und gehen darnach hin an jren
ort und fahen an widder uns zu predigen und keren jren russel und zeene widder
uns, Als jtzt unser Rotten geschwerm, die zuvor fein stille schwigen, da der
Bapst wuetet und regiret, das man jr keinen hoeret mucken, nu wir aber die bahn
gebrochen und sie mit unser schwerer fahr aus des Bapsts tyranney los gemacht
und unser lere gehoert haben und nach predigen koennen, faren sie zu und keren
sich widder uns, sind unser ergsten feinde auff erden und hat niemand so ubel
gepredigt als wir, on welche sie doch nichts davon wusten. Zum andern mit dem
leben gehets auch also, allermeist bey uns, da man das Euangelion verachtet und
uberdrussig wird und nu bereit dazu komen ist, das man kawm einen pfarrer mehr
erneeren wil, sonderlich Juncker Scharhans auff dem lande, der alle gueter zu
sich reisset und die prediger so helt, das jnen die lust zu predigen vergehen
mus, und lesst sie [s. 485] seine knechte sein, das sie muessen predigen und
thun was er wil. Dem folget denn nach Juncker Viltz jnn stedten und Er omnes,
die sich stellen als wolten sie kein Euangelium noch Gottes wort haben, Und
haben doch von uns freiheit von des Bapsts tyranney, dazu alle guter auch
eusserlich, nu aber wolten sie gerne uns mit dem Euangelio zum lande aus
treiben odder ja aushungern.
Wolan wir konnens nicht anders machen, mussen leiden das
solche schlangen, hund und sew umb uns sind, die beide mit der lere und leben
das Euangelion verderben, Und wo rechte prediger sind, den mus es alltzeit so gehen,
Denn das jst des Euangelij glueck jnn der welt, und wenn es widder dahin kompt
(wie jch offt geweissagt habe und besorge, es werde allzu bald geschehen) das
solche leut als Bapst und Bisschove regieren, so wird es schon gar hinweg und
vertretten und seine prediger dahin sein, Denn das Euangelium mus jdermans
fustuch sein, das alle welt druber lauffe und mit fussen trette sampt seinen
predigern und schulern. Was sollen wir nu da zu thun? Jr solts nicht (spricht
Christus) fur die sewe und hunde werffen; Ja lieber Herr sie habens bereit,
Denn weil es ein offentliche predigt ist und jnn die welt ausgeschuttet, so
konnen wir nicht weeren, das sie nicht drein fallen und zu sich reissen, Aber
sie habens darumb noch nicht und wollens jn (Gott lob) wol weren, das sie das
heiligthum nicht kriegen. Die schalen und hulsen haben sie wol, das ist die
fleischliche freiheit, aber das sey jn geweret, das kein hund noch saw, er sey
ein Scharhans, Viltz odder bawer, einen buchstaben vom Euangelio kriege, ob er
gleich alle bucher lieset und alle predigt horet und lesset sich duencken, er
koenne es uberaus wol.
Darumb ist das die kunst dazu, wie Christus hie leret, wenn
wir eine solche saw odder hund sehen, das wir uns von jm sondern, wie wir mit
den Rotten geistern thun, und keine gemeinschafft mit jn haben und jn keine Sacrament
reichen, keinen trost des Euangelij mit teilen, sondern anzeigen, das sie
nichts von Christo unserm schatz geniessen sollen. Wenn wir das thun, so haben
wir jn die perlen und das heiligthum fein genomen, Denn es sol mir kein
Scharhans odder Bawr, Schwermer odder rotten geist das Euangelium und Christum
haben, er sol mich zuvor drumb fragen und mit mir halten, das jch ja dazu sage
odder ein iglicher rechter prediger, Denn wer das Euangelium recht hat, der mus
es gewislich mit uns halten und eines sein, so ferne das wir zuvor des gewis
seyen, das wir das recht Euangelium und die perlen haben. Darumb mus er uns
warlich nicht mit fussen tretten wie Juncker Scharhans, noch verdammen wie die
Rotten noch verachten wie die bawrn jnn stedten und doerffern, sondern das
liebe Wort jnn ehren halten und alle die es predigen und gerne horen. Wo nicht,
so halten wir [s. 486] sie fur sew und hunde und sagen jn, das sie nichts von
uns kriegen sollen, lassen sie die weil lesen und hoeren und Evangelisch
rhuemen wie sie wollen, wie jch mit ettlichen Scharhansen und Stedten thun mus.
Denn das ist gewis: wer das prediger ampt verachtet, der wird nicht viel vom
Euangelio halten. Weil sie denn die pfarrer und prediger mit fussen tretten und
so schmehlich halten, das die bawrn jre sewe nicht so halten, so zihen wir
unsere perlen widder zu uns und wollen sehen was sie on unsern danck werden vom
Euangelio haben: Kanstu Gottes wort und seine prediger mit fussen tretten, so
kan er dich widderumb auch mit fussen tretten.
So wil nu Christus sagen: Wo jr sehet das man ewr predigt
wil verachten und mit fussen tretten, so habt keine gemeinschafft mit jn und
thuet [Matth. 18, 17] euch von jn, wie er Math. 18. auch sagt ‘Wer dich und die
Gemeine nicht hoeret, den halte als einen heiden und Zoelner’, also das man jn
sage das sie nicht Christen sondern verdampte heiden sind und jnen nichts
wollen gepredigt [Apg. 8, 20 ff.] haben und kein teil unser gueter lassen, wie
Petrus Act. 8. zu Simon Mago saget. Also thue jch und alle die mit ernst
predigen, das wir uns nicht teilhafftig machen jrer sunde, Denn Gott wil nicht
das wir so heucheln sollen mit unsern Rotten, als were jr lere recht, sondern
mussen sie fur feind halten als von jn gesondert mit dem Euangelio, Tauff,
Sacrament und allem was sie leren und leben: Also auch mussen wir den unsern
sagen, wenn sie wollen am Euangelio teil haben, das sie uns nichts uberal
verachten sondern jre frucht beweisen, das sie es mit ernst meinen und zum
wenigsten das Wort und Sacrament jnn ehren halten und sich mit demut da zu
stellen.
Ja (sagen sie) mit der weise wolte man widder eine
herrschafft machen und sich selbs widder jnn stul und zwang setzen, wie bisher
der Bapst gesessen ist, das were nicht zu leiden und weren eben so mehr unter
dem Bapst blieben. Antwort: Ja warlich jch habe es selbs seer sorge das es so
wird gehen, Aber das wird nicht der weg dazu sein, den sie fur nemen der
pfaffen tyranney zu weren, sondern eben der rechte anfang dazu, das man sie wil
verachten und mit fussen tretten. Denn wenn diese weg sind, die sie wol mit
fussen getretten und veriagt haben, so werden sie dennoch nicht konnen on
pfaffen odder prediger sein, Denn Christus wil sein regiment behalten jnn der
welt, das dennoch sein Euangelium, tauffe, Sacrament bleiben mus, obs gleich
kein fuerst nicht wolt schutzen, so wil ers thun, weil jn der Vater zu seiner
rechten gesetzt hat, und wil das er sol herr sein: Ob sie nu gleich jtzt alle
pfaffen veriagen, so werden sie Christum nicht vom stul werffen. Daruemb wird
es jn also gehen, weil sie jtzt der rechtschaffen, frumen prediger nicht wollen
noch leiden konnen, wird jn Gott andere schaffen, die sie zwingen und mit
tyranney regieren erger denn vor. Darumb sind sie auff der rechten bahn, unser [s.
487] Scharrhansen und andere die so die kopff zusamen stecken und meinen, sie wollen
uns dempffen und unter sich zwingen, wissen nicht das ein ander droben sitzt,
der das regiment hat und sagt: wolt jr nicht rechte prediger haben, so habt den
Teuffel mit seinen predigern, die euch luegen predigen, die jr musset annemen
und muesset sie dazu lassen herr sein und alle plag von jn leiden, Wie es
bereit uber unser deudsch land gehet, da man das Euangelium nicht hat wollen
annemen und noch verfolgt, das sie alle winckel voll rotten, Schwermer und
Widderteuffer haben und konnens nicht weeren.
Das were aber der rechte weg solchs zuverkomen, wenn man das
Euangelium mit ernst meinete und Gott trewlich bete das er rechte, trewe
Erbeiter jnn seine erndte schickte. Da durfft man der sorge nicht, denn solche
prediger wuerden uns nicht drucken noch zwingen odder einigen schaden thun an
leib odder seele sondern jderman fordern und helffen und alles guts thun, Wie man
an uns erfaren hat, das wir uns wol moegen rhumen fur Got und der welt, das wir
ja keine herschaft noch unser nutz gesucht sondern aller welt gedienet mit
unserm leib und leben, niemand beschweret noch schaden gethan sondern jderman
gerne geholffen, auch zeitlich, und dazu druber leiden alle fahr, gewalt und
verfolgung. Weil man denn unser nicht mehr mag, so sol Got geben das nach uns
andere komen, die anders mit jn umbgehen, drucken, plagen und schinden, auff
das sie sehen was sie an uns gehabt haben, Und sollens von solchen leiden, die
sie jtzt nicht ansehen und nicht gerne zu stallbuben hetten. Denn sie sind auch
nicht bessers werd denn das sie solche tyrannen haben, die sie mussen
fuerchten, wie sie den Bapst gehabt haben, der war ein recht regiment fur sie,
Unsere tollen fuersten habens auch bereit gelernet und habens jm sinn, das sie
wollen zwangs los sein und nicht mehr den Bapst furchten, Heben an die pfaffen
zu schutzen, aber nicht umb jren willen, sondern das sie sie unter sich
zwingen, das sie mussen jrer gnade leben, Und schutzen sie so, das sie lieber
solten zu uns fallen, die sie fur feinde achten, denn sich so von jn unter dem
namen des schutzes zureuffen lassen; Aber so sol und mus es gehen und geschicht
jn beiden recht.
Aber bey den Christen sol es nicht so sein, Sondern was
rechtschaffen frome hertzen sind, sollen jre pfarrer und prediger jnn allen
ehren halten mit aller demut und liebe umb des herrn Christi und seines worts
willen und sie gros achten als ein kostlich geschenck und kleinod von Gott
gegeben uber alle zeitliche schetze und guter. Des gleichen werden auch die
rechten fromen prediger mit allen trewen nichts anders suchen denn aller leute
nutz und heil on alle beschwerde beide des gewissens und auch eusserlich an
zeitlichen gutern und leiblichem wesen. Wer sie aber verachtet, der wisse das
er kein Christen is′ und den schatz widder verloren hat. Wir predigen und
vermanen jderman, wer es annemen und mit uns halten wil; Wer aber nicht wil und
doch [s. 488] mit dem schein und namen des Euangelij odder Christlicher
bruderschafft uns verachtet und mit fussen wil tretten, widder solche brauchen
wir auch der kunst, das wir sie den schein lassen haben, aber im grund alles
widder zu uns nemen, das sie nichts uberal behalten. Denn wir haben den befehl
das wir uns von jn sondern, ob wirs wol nicht gerne thun und lieber wolten das
sie bey uns blieben, aber weil sie nicht wollen, mussen wir sie auch lassen faren
und nicht umb jren willen unsern schatz lassen verderben odder von jn lassen zu
tretten werden.
Nach dem der Herr Christus die Juenger geleret und das
predig ampt angerichtet hat, das sie wissen was sie predigen und wie sie leben
solten, thuet er hie noch eine vermanung zu dem gepot. wil sie damit leren, das
das gepet nehest des predigampts das furnemeste werck sey eines Christen, als
das altzeit auff die predigt gehoret, und anzeigen das nichts notigers jst jnn
der Christenheit, weil wir soviel anfechtung und hindernis haben, denn das man on
unterlas anhalte mit betten, das Gott sein gnade und geist gebe, das die lere
moege zu krefften und jnn schwang komen bey uns selbs und andern. [Sach. 12,
10] Darumb hat Gott jm Propheten Zacharia (wie droben ist angezogen)
verheissen, das er wolle uber die Christen ausgiessen einen geist der gnaden
und des gebets, fasset also jnn diese zwey stuck das gantze Christliche wesen.
So wil er nu sagen: Jch habe euch die lere geben, das jr
wisset wie jr recht leben sollet und wofur jr euch huten sollet, nu gehoret
dazu das jr auch bittet und getrost anhaltet mit suchen und klopffen, nicht
faul noch lass dazu werdet, Denn es wird bittens, suchens und klopffens not
sein, Denn ob schon beide die lere und leben recht angangen ist, so wird es
doch mangeln an allerley gebrechen und anstoesse, die uns teglich hindern und
weren das wir nicht fort konnen, und stettig dawidder kempffen muessen mit
allen krefften, aber kein ander stercker weere haben denn das gebete: Das wenn
wir solchs nicht treiben, ists nicht mueglich zu bestehen und Christen bleiben,
wie wir itzt wol koennen fur augen sehen was teglich fuer hindernis widder das
Euangelium gehen, aber auch sehen das wir uns des gebets wenig annemen und stellen,
als gieng uns diese warnung und vermanung nichts an und durfften [s. 489] nu
nichts beten, weil das unnutze geplepper und gemurre der Rosenkrentz und ander
Abgoettischen gebetlin aufgehoeret hat, welchs ist nicht ein gut zeichen und
zubesorgen, das viel ungluecks uber uns gehen werde, das wir sonst weeren
kondten.
Darumb sol ein iglicher Christ diese vermanung annemen
erstlich als ein gepot, eben so wol als das vorige stueck ‘Jr solt nicht
richten’ &c.. ein gepot ist, Und wisse das er schuldig ist sich zu uben jnn
dem Christlichen werck und nicht thue wie jener bawr der da sagt, Er gebe dem
pfarherr korn, darumb das er solt fur jn beten, wie ettliche dencken: Was ligt
an meinem beten? bete ich nicht, so beten andere, Das man nicht meine, es gehe
uns nicht an odder stehe jnn unser freien wilkoere, davon ich sonst offt weiter
vermanet habe. Zum andern hastu hie die troestliche verheissung und reiche
zusagung, die er thuet von dem gebete, Das man sehe, es lige jm etwas dran und
lerne unser gebet koestlich und theur fur Gott halten, weil er uns so ernstlich
dazu vermanet, so freundlich locket und zusagt, das wir nicht umbsonst sollen
bitten. Und wenn wir gleich kein ursach odder reitzung hetten denn dis
freundliche reiche wort, so solte es gnug sein uns zu treiben, ich wil
schweigen das er so tewr und hoch vermanet und gebeut und das wirs so hertzlich
wol durffen.
Zu dem als were es daran nicht gnug, so wir uns doch on das
unser hohen not halben billich selbs solten treiben, setzen er ein aus
dermassen schon gleichnis deste mehr zu reitzen von einem iglichen Vater gegen
seinem sone, das ob der selbe gleich ein schendlicher unflat ist, doch so jn
sein Son bittet umb einen fissch, so gibt er jm keine schlangen &c.. Daraus
schleusst er diese troestliche wort: Weil jr solchs konnet thun, die jr von art
nicht gut seid und keine gute ader jnn euch ist gegen Gott, wie solt denn Gott,
ewer himlischer Vater, der von art eitel guete ist, nicht euch auch gutes
geben, so jr jn drumb bittet? Da ist je alles auffs hoechste, damit man jemand
reitzen soll odder kan zu dem gebete, wenn wir nur solche wort wolten ansehen
und zu hertzen furen.
Nu was die not sey, umb welcher willen er die vermanung
thuet und die uns treiben sol zubitten, ist gesagt, das wenn man Gottes wort
recht hat und beide die lere und leben wol angefangen, so kans nicht feilen, es
findet sich teglich nicht einerley sondern tausenterley anfechtung und
widderstand. Denn zum ersten ist unser eigen fleisch, der alte faule sack, der
do bald verdrossen, unachtsam und unluestig wird zu Gottes wort und gutem
leben, Also das es jmer uns mangelt an weisheit und Gottes wort, glaube, liebe,
gedult &c.. Das ist der erste feind, der uns teglich am hals hengt so
schweer, das er uns jmer dorthin reisset. Dazu wird auch schlahen der ander
feind die wellt, die uns das liebe Wort und Glauben nicht goennet noch dabey [s.
490] leiden wil, wie schwach es auch bey uns ist, feret zu und verdampt uns druber,
wil uns nemen was wir haben, das wir keinen friede bey jr haben koennen.
Das sind bereit zwo grosse anfechtung so uns inwendig hindern
und aus wendig davon iagen wollen, darumb haben wir nicht mehr zuthun denn das
wir jmer zu Gott schreien, das er sein wort jnn uns stercke und fordere und den
verfolgern und Rotten were, das es nicht gedempfft werde. Der dritte feind ist
nu der aller sterckeste, der leidige Teuffel, welcher hat die zweierley grosse
vorteil, das wir von natur nicht gut sind und dazu schwach im glauben und
geist, legt sich also jnn mein eigen schlos und streittet widder mich, hat dazu
die wellt auch zu hulffe, das er alle Rotterey widder mich treibt, dadurch er
seine gifftige feurige pfeil auff mich scheusst, das er mich muede mache, das
das wort widder jnn mir verlessche und gedempfft werde und er widder regire,
wie er vor regiret hat, und lasse sich nicht aus treiben. Sihe das sind ia drey
ungluck, die uns seer gnug druecken und auff dem hals ligen und nicht ablassen,
weil wir leben und odem haben, darumb haben wir ia stette ursache zu beten und
ruffen; Darumb setzet er auch eben solche wort ‘Bittet’, ‘Suchet’ und ‘klopffet
an’, an zu zeigen das wir noch nicht alles haben, sondern so umb uns stehet,
das es allenthalben feilet und mangelt. Denn wenn wirs gar hetten, so durfften
wir nicht bitten noch suchen, wenn wir schon gar im himel weren, so durfften
wir nicht anklopffen.
Nu das sind die hohesten anfechtungen jnn Gottes dienst und
Gottes wort, darnach haben wir die gemeine zeitliche not dieses lebens auff
erden, als das wir sollen bitten, das er uns gebe gnedigen fride, gut regiment
und behute fur allerley plage, kranckeit, pestilentz, teurzeit, blut vergissen,
ungewitter &c.. Denn du bist dem tode auch noch nicht entlauffen noch dein teglich
brod gar auff gessen hast, das du nicht durfest bitten das er dirs teglich
gebe, Jtem so hastu auch zubitten fur die welltliche Oberkeit und widder
allerley laster, das die leute nicht so unternander rauben und stelen, weil du
teglich must sehen das allenthalben so schendlich zugehet; Uber das alles hastu
daheim jnn deinem haus dein weib, kind und gesind zu regiren, da findestu alle
hende voll zu thun, Denn wer da sol jnn seinem gantzen leben beide Christliche
und Keiserliche gerechtigkeit halten und furen, der hat mher auff sich geladen
denn eines mannes werck und vermoegen.
Was sollen wir nu thun? Da stecken wir jnn so mancherley
grossen noeten und hindernis, der wir nicht koennen umbgehen, wenn wir uns
solten zu reissen: Wie kan ich dawidder das ich nicht sterbe, so faul und lass
bin zu Gottes wort und allem guten, oder das die wellt so tobet und rumort und
der Teuffel wuetet und so viel plage und unglueck gehet? Solchs weis [s. 491] nu
der liebe Herr Christus wol, darumb wil er uns eine koestliche gute ertzney zeigen
als ein fromer trewer artzt und leren wie wir jm thun sollen, Als solt er
sagen: Die wellt ist so toll und unter stehet sich solchs mit weisheit und
vernunfft von sich zu bringen, suchet soviel mittel und wege, huelff und rat,
wie sie aus solchen noeten kome, Aber das ist der einige kurtzeste, gewisseste
weg, das du gehest jnn ein kemerlin odder jnn einen winckel und da dein hertz
auffthuest und ausschuttest fur Gott mit klagen und seufftzen und troestlicher
zuversicht, das er als dein trewer himlischer Vater jnn solchen [Jes. 37, 14
ff] noeten helffen und raten wolle &c.. Gleich wie man lieset Esaie .37.
von dem Koenig Ezechia, als der feind mit einem grossen volck fur der stad lag
und er so bedrengt und ubermannet war, das kein hulffe noch rat menschlich zu hoffen
war, dazu jn der feind auffs schmelichst trotzete und spottet zu seinem unglueck
und schrieb jm einen briff voll lesterung, das er hette moegen verzweiveln, Da
that der from Koenig nichts anders denn gieng hinauff jnn den tempel, legt Gott
den brieff fur den altar und fiel nidder und betet von hertzen, da ward er so
bald erhoeret und geholffen.
Aber da ist not und angst und die schweerste kunst, ehe mans
dazu bringet, und der elendeste iamer, das wir uns imer furhin zumartern und zufressen
mit unserm eigen sorgen und gedancken, das wirs selbs wollen vom hals legen und
los werden, Denn es ist ein boeser, schalckhafftiger Teuffel, der mich so wol
reitet als andere und offt mir solche tuck beweiset hat, wenn die anfechtung
odder komernis angehet, es sey jnn geistlichen odder weltlichen sachen, das er
den kopff flugs hinein stecke und da hin bringe, das man sich selbs damit
fresse, damit er uns von dem gebet reisset und den kopff so jrre machet, das
man nicht daran gedencket, und ehe man an hebt zu beten, hat man sich schon
halb zu tod gemartert. Denn er weis wol was das gebete schaffet und vermag,
darumb weeret und stoeret er wie er jmer kan, das man ia nicht dazu kome.
Darumb solten wir lernen diese wort wol jnns hertz treiben und daran gewenen,
so bald uns eine angst und not unter augen stoesset, nur flugs auff die knie
zufallen und Gott die not fur legen nach dieser vermanung und zusage, so were
uns geholffen, das wir nicht durfften uns zumartern mit unsern eigen gedancken
huelffe zusuchen, Denn es ist eine seer koestlich ertzney, die da gewislich
hilffet und nimer feilet, wenn man jr nur brauchet.
Wie man aber recht beten sol, ist droben und sonst gnug
gesagt, denn hie reden wir nur von der krafft des gebets und was uns dazu
treiben sol. Das furnemeste aber ist das du nur von ersten Gottes wort
ansehest, das dich unterrichte im hertzen was du gleuben solt, das du des gewis
seyest, das dein glaube, Euangelium und Christus recht ist und dein stand Gotte
gefellet: So [s. 492] wirstu bald den Teuffel widder dich sehen und fuelen, wie
es allenthalben feilet jnnwendig im glauben und auswendig jnn deinem stand, das
es alles hindersich wil gehen und umb und umb schwermet mit anfechtungen. Wenn du
solchs fuelest, das du klug seyest und dein hertz erschwingest, das du flugs anfahest
zu bitten und sagest: Lieber Herr, Jch habe ia dein wort und bin jnn dem stand
der dir gefellet, das weis ich, nu sihestu wie es allenthalben mangelt, das ich
kein huelffe weis on bey dir, Darumb hilff du, weil du gesagt und befolen hast,
das wir sollen bitten, suchen und klopffen, so sollen wir gewislich empfahen,
finden und haben was wir begeren. Wirstu dichs so annemen und gewehnen getrost
zu beten und nicht empfahen, so kom denn und straffe mich luegen: Gibt er dir
nicht so bald des augenblicks, so wird er dir doch soviel geben, das jnn des
dein hertz trost und sterck empfinden wird bis zu der zeit, das er viel
reichlicher gibt denn du hettest gehoffet. Denn das ist auch eine tugent des
gebets, wenn mans ubet und treibt und also an das wort dencket das er
verheissen hat, das das hertz jmer je stercker wird und fester anhelt und
endlich viel mehr denn sonst erlanget.
Solchs kuend ich fein an meinem und ander frumer leut
exempel beweisen, Denn ich habs auch versuchet und vil leut mit mir, sonderlich
die zeit da uns der Teuffel fressen wolt auff dem Reichstag zu Augsburg und
stund alles ubel satt und so rege, das alle welt meinet, es wurde uber und uber
gehen, wie etliche trotziglich gedrewet hatten, und waren schon die messer gezuckt
und die buchsen geladen: Aber Gott hat durch unser gebete so geholffen und auff
gethan, das jene Schreier mit jrem scharren und drewen redlich sind zu schanden
worden und uns ein guten fride und gnedig iar geben, als lang nie gewesen ist
und wir nicht hetten koennen hoffen. Gehet itzt ein ander fahr und not an, so
wollen wir abermal bitten und er sol widder helffen und erloesen, ob er uns
gleich jnn des mit zu ein wenig leiden und druecken lesset, auff das er uns
deste mehr stercke und wir getrieben werden deste stercker zu beten. Denn was
were es fur ein gebete, wenn nicht die not da were und uns drueckete, das wirs
fueleten? Es dienet wol dazu das mans wol fuele, das deste stercker gebet draus
werde: Darumb lerne nur ein iglicher sein gebet mit nichte verachten,
ungezweivelt das er gewislich erhoeret werde und zu seiner zeit empfahen werde
was er begeret.
Warumb aber Christus so viel wort brauche, das er dreierley
stueck setzet: ‘Bittet, so wird euch gegeben, suchet, so werdet jr finden,
klopfft an, so wird euch auffgethan’, so es doch were an einem gnug gewest, ist
leicht zu sehen (wie auch gesagt ist) das er uns damit wil deste stercker
vermanen zu betten, Denn er weis das wir bloed sind und schewen uns unser not
Gotte fur zu tragen als unwirdig und ungeschickt &c.. fuelen den mangel
wol, koennens [s. 493] aber nicht eraus bringen, dencken, Gott sey so gros und
wir so gering, das wir nicht durffen beten, welchs ist auch ein gros hindernis
vom teuffel, das dem gebet grossen schaden thuet. Darumb reitzet er uns von
solcher bloedigkeit und gedancken, das wir ia keinen zweivel haben, sondern nur
getrost und kecklich hinan gehen, Denn ob ich gleich unwirdig bin, bin ich doch
seine creatur, Und weil er mich wirdig gemacht hat, das ich seine creatur bin,
so bin ich auch wirdig zunemen was er mir zugesagt hat und so hoch anbeut. Summa
Bin ich unwirdig, so ist doch er und seine verheissung nicht unwirdig. Darauff
wage es nur frissch und getrost und legs jm mit allen freuden und zuversicht
fur jnn seine schos, Aber fur allen dingen sihe zu, das du recht gleubest an
Christum und jnn einem rechten stand seiest, der Gott gefalle, nicht wie die
welt, die jres stands nicht achtet und nur tag und nacht trachtet jre untugent
und buberey aus zurichten.
Man moechte aber die drey stueck dahin deuten, das er
einerley mit andern worten widder hoelet an zu zeigen das anhalten des gebets,
davon [Röm. 12, 12] auch S. Paulus Rom. 12. vermanet ‘Halten an am gebete’, Als
solt er sagen: Es ist nicht gnug anheben und ein mal seufftzen und das gebet
her sagen und darnach davon gehen, Sondern gleich wie die not ist, so sol das
gebet auch thun, Denn sie greiffet dich nicht ein mal an und lesst darnach von
dir, sondern hanget jmer an und fellet dir widder an den hals und wil nicht ablassen.
Also thu du auch, das du jmer bittest und dazu suchest und [Luk. 18, 1–8]
anklopffest und lassest nicht ab, gleich wie das exempel Luce .18. leret von
der Widwen, die nicht wolt jrem Richter vom hals lassen mit geilen und anhalten
und machtes so unverschampt, das er uberteubt ward und must jr on seinen danck
helffen. Wie viel mehr (schleusset Christus daselbs) wird uns Gott geben, wenn
er sihet das man nicht ablesst mit bitten sondern jmer und jmer klopfft, das er
mus erhoren, sonderlich weil ers geheissen hat, und zeigt das er gefallen habe
an solchem anhalten. Darumb wie die not jmer anklopffet, so klopff du auch jmer
an und las auch nicht abe, weil du sein wort hast, So wird er auch mussen
sagen: Wolan so fare hin und habe was du begerest. [Jak. 5, 16] Davon sagt auch
S. Jacob jnn seiner Epistel, das das gebet des gerechten viel [Jak. 5, 17. 18]
vermag, wenn es ernstlich anhelt, und zeucht da zu das exempel Elie des Propheten
aus der Schrifft &c.. So thuts auch Gott darumb das er dich treibet nicht
allein schlecht zu bitten sondern an zu klopffen, das er dich wil versuchen, ob
du koennest fest halten, und dich lere das darumb dein gebet nicht ungeneme
noch unerhoret ist, ob er gleich verzeucht und dich offt lesst suchen und
klopffen &c..
[s. 494] Mit diesen worten beschleusst er nu seine lere jnn
diesen dreien Capiteln gethan und fasset sie alle jnn ein klein buendlein,
darinne mans gar finden moege und ein jglicher jnn bosem stecken und wol
behalten koenne, Als solt er sagen: Wolt jr wissen, was ich gepredigt habe und
was Moses und alle Propheten euch leren, so wil ichs euch wol kurtz sagen und
so fassen, das jr nicht durffet klagen, es sey zu lang odder zu schweer
zubehalten. Denn es ist eine solche predigt, die man kan lang und weit ausstreichen
und auch kurtz machen und alle lere und predigt hieraus fliessen und sich
ausbreiten und widderumb hie zusamen komen. Wie kund es nu kuertzer und klerer
gefasset werden denn jnn diesen worten? on das die welt und unser alter Adam
nicht lesst dazu komen, das wir jm nach dencken und gegen einander halten unser
leben zu der lere, lassens zu einem ohr eingehen, zum andern widder aus. Solten
wirs aber allzeit gegen unser leben und werck halten, so wuerden wir nicht so
roh hin gehen und jnn wind schlahen sondern jmer gnug zu thun kriegen Und wol
selbs unser meister werden und leren was wir thun solten, das wir nicht
durfften nach heiligem leben und wercken lauffen, auch nicht viel Juristen und
rechtbucher dazu durfften, Denn es ist ja kurtz gefasset und bald gelernet,
wenn nur der vleis und ernst da were darnach zu thun und leben.
Als das mans bey groben exempeln sehe: es ist ja keiner der
jm gerne lasse stelen, und wenn er sein eigen hertz drumb fraget, so mus er
sagen das ers warlich nicht gerne hat; warumb schleust er denn nicht das er
einem andern auch also thue? Als wenn du auff dem marckt sihest, das jderman das
seine so theur machet wie er selbs wil, das er gerne umb dreissig pfennig gebe
was nicht zehen werd ist, und du fragest jn: Lieber, woltestu auch gerne das
man dirs thete? So kan er so grob und unverstendig nicht sein, er mus sagen:
Jch wolts keuffen, wie es der marck gebe und was billich und recht were, das
man mich nicht uberneme. Sihe da ist dein hertz, das dir fein saget was du
gerne hettest, und dein gewissen, das da schleusst, das du andern auch also
thuen solt und dich fein leren kan, wie du dich halten solt gegen dem nehesten
mit keuffen und verkeuffen und allerley hendeln, welchs gehoret alles zum
Sibenden gebot: Du solt nicht stelen.
Des gleichen jnn andern gebotten: Wenn du ein weib, tochter
odder megde hast, die liessestu nicht gerne zu schanden werden odder boses von
jn reden, sondern woltest das sic jderman zu ehren hielte und forderte und das beste
nach sagete, Warumb bistu denn so verkeret, das du nach eines andern weib
trachtest und selbs zuschanden machest? odder lessests anstehen, wo du jr zu
ehren helffen soltest, und hast deine lust mit affterreden und verleumbden; Jtem
du woltest nicht gerne das dir jmand schaden noch leid thete odder dir [s. 495]
ubel redete und was des mehr ist, Warumb heltestu denn hie nicht selbs die regel
und mas, die du von andern fodderst und haben wilt, Und kanst einen andern bald
richten, taddeln und verdammen, wenn er dirs nicht thuet, und wilt doch selbs
dein eigen Recht nicht halten? Also gehe durch alle gepot der andern tafel, so
findestu das dis sey die rechte summa aller predigt die man thun kan, wie er
hie selbs sagt. Daruemb heisst es wol eine kurtze predigt, aber widderumb wenn
man sie durch alle stueck solt aus breiten, so ist es so eine weite predigt die
kein ende hat. Denn es ist nicht zuzelen alles was man auff erden thuet bis an
juengsten tag, Und ist ja ein feiner meister der ein solch lange weitleufftige
predigt kan so kurtz fassen und jnn eine summa schliessen, das sie ein jglicher
kan mit sich heim tragen und sich teglich der selben erinnern als jnn seinem
eigen hertzen, ja jnn allem seinem leben und wercken geschrieben (wie wir
weiter horen werden) und sehen kan, wo es jm feilet jnn seinem gantzem leben.
Und ich halt auch dafur, es solt dennoch krafft haben und
frucht schaffen, wenn man nur sich gewenet daran zu gedencken und nicht so gar
faul und unachtsam sein wolt, Denn ich halt niemand so grob noch so boese, wenn
er daran gedechte, er wurde sich dennoch daran schewen und stossen, Und ist sicherlich
fein gemacht das Christus also stellet, das er kein ander exempel setzet denn
uns selbs und also nahe legt, das ers nicht neher legen kund, das ist jnn unser
hertz, leib und leben und alle unser geliedmasse. Das niemand weit darnach
lauffen darff noch viel muehe und kost drauff wenden und lassen, Sondern das
buch jnn deinen eigen boesem gelegt, und da zu so klar, das du keiner glosen
darffst Mosen und das gesetz zu verstehen, Also das du selbs deine Bibel,
meister, Doctor und prediger bist. Da weiset er dich hin, das du es nur
ansehest, so wirstu finden wie das Buch gehet durch alle deine werck, wort,
gedancken, hertz, leib und seele: Richte dich nur darnach, so wirstu weise und
gelert gnug sein uber aller Juristen kunst und buecher.
Als zum groben exempel: Bistu ein handwercks man, so
findestu die Bibel gelegt jnn deine werckstat, jnn dein hand, jnn dein hertz,
die dich leret und furpredigt wie du dem nehesten thun solt: Sihe nur an deinen
hand zeug, deine nadel, finger hut, dein bierfas, deinen kram, deine woge,
ellen und mas, so liesestu diesen spruch darauff geschrieben, das du nirgend
hin sehen kanst, da dirs nicht unter augen stosse, und kein ding so gering ist,
damit du teglich umgehest, das dir solchs nicht on unterlas sage, wenn du es
horen wilt, Und mangelt ia am predigen nicht, denn du hast so manchen prediger,
so manchen handel, warhre, handzeug und ander bereitschafft jnn deinem haus und
hofe, das schreyet alzumal uber deinen hals: Lieber, handele [s. 496] mit mir
also gegen deinem nehesten, wie du woltest das dein nehester gegen dir handlen
solt mit seinem gut.
Sihe also were diese lere geschrieben an allen orten wo wir
hin seyen, und jnn alle unser leben gesteckt, wenn wir nur oren hetten die da
hoeren, und augen die da sehen wolten, und ist ja so reichlich uns furgetragen,
das niemand sich kan entschuldigen, er habe es nicht gewust odder sey jm nicht gnug
gesagt odder gepredigt, Aber wir sind wie die ottern, die die oren zu stopffen
und taub werden, wenn man sie beschweren wil, wollens nicht sehen noch horen
was jnn unser eigen hertz und gedancken geschrieben ist, und gehen so ruchlos
dahin: Ha was gehet mich ein ander an? ich mag mit dem meinem handeln wie ich
wil, und das meine so theur verkeuffen als ich kan, wer wil mirs weeren?
&c.. wie Juncker Viltz und Knebel auff dem marck thuet, Und wenn man sie
durch Gottes wort straffet und drawet, so geben sie ein lachen und spotten dran
und stercken sich nur jnn jrer bosheit. Aber wir predigen auch solchen nicht,
Christus auch nicht, wil auch nichts mit jn zuschaffen haben und sie so seer
verachten als sie thun, und sie zum Teuffel lassen faren, damit sie beiderseits
gescheiden sein.
Aber die da gerne wolten frum sein und dennoch Gott furchten
und dencken, wie sie leben und faren wollen, die sollens wissen das sie nicht
sollen noch mussen mit jrem gut handeln und umbgehen wie sie wollen, als weren sie
aller dinge selbs herrn, sondern schuldig sind zu handlen, wie es recht und geordnet
ist, darumb landrecht und stadrecht da ist. Denn so wolt ein jglicher von
seinem nehesten jm than haben, darumb sol er jm auch so thun, guten wahr beide
nemen und geben. Das ist sein ernstlich gebot und wil keine freiheit odder
wilkore draus gemacht haben, als mochte mans on sunde thun odder lassen, Und
wird auch druber halten, wie seer es die welt fur schimpff helt und veracht,
Thustus nicht, so wird er mit dir handlen nach deinem eigen recht und urteil,
Und sol dir auch zu haus und hofe komen, das du keinen segen habst zu dem das
du widder diese lere gewonnen hast, sondern alle plage und hertzleid mit deinen
kindern, Denn er wil sein gebot dennoch gehalten haben odder solt kein gut noch
gluck haben.
Zum andern ist es nicht allein so nahe gelegt (wie itzt gesagt)
das wirs sehen mussen jnn allem das fur augen ist, sondern auch dazu so
furgebildet, das einer fur jm selbs mus schamrot werden, Denn es ist ia keiner der
gerne wolt eine boese that thun, das ander leut zusehen solten, und thar niemand
so frey sundigen fur den leuten, als wenns heimlich geschicht, das niemand
sihet. So wil nu uns hie Christus selbs zu zeugen setzen und machen das wir uns
selbs schewen sollen, das wenn wir unrecht handeln, bald das gewissen mit
diesem gebot widder uns stehet als ein ewiger zeuge und sagt: Sihe was thustu,
das soltu so theur geben nach gemeinen gleichen [s. 497] kauff, so setzestu
soviel druber; Jtem die wahre woltestu nicht gerne von einem andern nemen, wie
du sie verderbest odder felschest &c.. Wie wurde dichs verdriessen, wenn
dir einer fur einen gulden gebe das kaum zehen grosschen werd were, das wenn du
einen guten bluts tropffen jm leib hettest, soltestu dich fur dir selbs
schemen, Denn wens ein ander thete, so hiessestu jn ein dieb und schalck,
warumb schemestu denn dich nicht fur dir selbs, da nicht ein ander sondern du
selbs dich must also schelten, verdampt von deinem eigen gewissen? Aber da ist
gut fur eine harte unverschempte stirn, die sich weder fur den leuten noch fur
sich selbs schemet, viel weniger fur Got; Aber wenns ein ander dir thuet, da
kanstu bald schreien: Jst das nicht sunde und schand und schelcklich gestolen
aus dem beutel? da kanstu bald einen dieb und schalck ersehen an einem andern,
aber der jnn deinem bosem steckt und wol greiffen und fuelen kanst, den wiltu
nicht sehen.
O wieviel sind itzt solcher gesellen auff allen hendeln und
handwercken, die da sicher hin gehen, die leut betriegen und teusschen wo sie
konnen, und doch nicht diebe und schelcke wollen sein, wenn sie es nur heimlich
und behendiglich machen. Aber wenn iderman solt widder geben, was er gestolen und
geraubt hette jnn seinem handel odder handwerck, so wurden wenig leut etwas
behalten. Noch gehen sie hin als frome leut, weil man sie nicht offentlich
schelten und straffen thar, meinen dazu, sie habens nicht suende, Und wenn sie
sich umbsehen, so sind alle winckel jnn haus und hoff vol diebstals und Gott
gebe das sie nicht einen gulden oder zween im haus haben ungestolen: Noch sol
das alles nicht diebstal heissen. Ja wenn es diebstal allein were und nicht
auch morderey dazu, da man mit boeser schedlicher wahr, speis odder tranck viel
leut schwach und kranck machet &c. und nicht allein umbs gelt bringet
sondern auch umb gesundheit, das mancher isset und trincket, das er darnach aus
siechen und offt daran sterben mus. Lieber, ist das nicht eben soviel als
brechestu jm jnn sein haus und kasten odder schluegest jn toedlich wund? on das
es den namen nicht hat.
Wenn du nu nicht so gar verrucht und unverschampt werest,
soltestu dich ia schemen, wenn dir solchs dein gewissen sagt und diesen spruch
furhielte, das du muestest jnn dich schlahen, Ja es wurde dir so bange machen,
das du nirgend wurdest dafur bleiben koennen, Denn es ist eine last die jmer
drueckt und treibt, ia stets verdampt als ein ewiger zeuge widder uns selbs,
das nicht mueglich ist zu ertragen. Das wuerde dich denn bald leren, das du
mustest ablassen von solchem rauben und stelen und was des gleichen ist, das du
nicht gerne von einem andern woltest dir gethan haben &c.. Also gewene dich
doch diesen spruch ein wenig anzusehen und mit dir selbs zu uben, so hastu eine
tegliche predigt im hertzen an allen wesen und wercken, was du mit dem [s. 498]
nehesten zu handlen und zuthun hast, dadurch du fein kanst lernen alle gepot und
das gantze gesetz verstehen und dich regiren und furen durch dein und aller
menschen leben, das du fein darnach urteilen moegest, was jnn der welt recht
und unrecht ist.
Sprichstu aber: Wie sagt er, das das Gesetz und die
Propheten hierinn stehen? hat doch die schrifft des gesetzs und der Propheten
viel mehr jnn sich? Denn sie hat ia die lere vom glauben und verheissungen,
davon hie nichts gesagt wird. Antwort: Christus nennet hie das gesetz und
Propheten stracks gegen das Euangelium odder verheissung, Denn er predigt hie
nichts von dem hohen artickel, nemlich vom glauben an Christum sondern allein
von guten wercken; Denn das sind zwo unterschiedene predigt: Beide mus man sie predigen,
aber ein igliche zu seiner zeit und stunde. Das sihestu auch klar im text jnn
den worten da er sagt ‘War jr woellet das euch die leute thuen sollen, das
Thuet jn auch’, damit zeiget er ia das seine predigt itzt nicht weiter gehet
denn auff die werck, so die leute gegen uns und wir gegen jnen thuen, und
nichts sagt von der gnade Christi, die wir von Got empfahen. Darumb wil er nu
sagen: Wenn man sol predigen von gutem leben und wercken, so wir gegen dem
nehesten thun sollen, so findestu im gantzen Gesetz und allen Propheten nichts
anders denn das dich dieser spruch leret. Darumb setzet er auch deutlich die
wort ‘Den leuten’ und ‘Das thuet Jr jn auch’ &c.. zu deuten, das er allein
von den geboten der andern taffel rede.
Und das das beste jnn dem spruch ist, spricht er nicht:
Ander leute sollens euch thun, sondern: jr solts andern leuten thun; Denn das
hat ein iglicher gerne, das ein ander jm thut, Und sind viel schelck und buben
die da wol leiden koennen, das iderman from sey und jn guts thue, Aber sie wollens
niemand thun, wie itzt unser bawern lassen sich duencken, es sey unrecht und
gros beschwerung, das sie sollen gleichen kauff geben, und koennen doch
feindlich schreien und klagen, das man jn stilt odder sie schatzet. Aber das
sind eitel boese wuerm. Ettliche aber sind noch ein wenig besser, die da sagen:
Jch wolt zu warten, auch gerne thun was ich solt, wenns ander leut zuvor gegen
mir theten. Aber dieser spruch heisset also: Thu du was du wilt von einem
andern haben, du solt anfahen und der erste sein, wiltu das dirs ander leut
thun, odder wollen sie nicht, so thue du es gleich wol. Denn wo du nicht ehe
woltest from sein und guts thun, du sehests denn von einem andern, so wuerde
nimer mehr nichts draus. Wollen andere nicht, so bistu es nichts deste weniger
schueldig nach dem gesetz und ordnung des rechts, weil du es gerne so woltest
dir gethan haben. Wer from wil sein, der mus sich nicht an ander leut exempel
keren, Und gilt nicht das du sagest: der hat mich geteusscht, so mus ich jn
widder beschmeissen, Sondern weil du es nicht gerne hast, so thue es jenem auch
nicht und hebe an an dem, das du [s. 499] gegen dir gethan woltest haben. So
magstu denn andere leut durch dein exempel bewegen das sie dir widder guts
thun, auch die so dir zuvor boeses gethan haben; Wo du es aber selbs nicht
thuest, so hastu zu lohn, das auch niemand gegen dir thue, und geschicht dir
auch recht fur Gott und den leuten.
Er hat nu ausgepredigt unser lieber Herr und beschleusst
endlich die selbige predigt mit ettlichen warnungen uns zu ruesten widder
allerley hindernis und ergernis beide der lere und lebens, so uns unter augen
stossen jnn der welt, Denn war ists, die lere ist schoen und koestlich gewesen,
beide lang aus gebreitet und auch kurtz gnug gefasset jnn ein einig wort, das
es bald zu sagen und zuverstehen ist; Aber da ist muehe und erbeit, das es
hernach gehe im leben, Und ist warlich ein schweer und hartes leben ein
Christen odder from sein, das uns nicht wird suesse ankomen, wie jene gute
Dirne sagt: Es gehoeret viel zu der ehre. Ja freilich viel, und noch viel mehr
zu einem Christen leben. Das bedenckt der liebe Herr hie auch, das jn so unter
augen stossen und einfallen wird: Jch wolt wol gerne so leben, es gehoert aber zumal
viel dazu. Ja das sage ich auch (spricht er) darumb warne ich dich, sihe dich
fur und kere dich nicht dran, ob es ein wenig sawr wird und shweer zugehet,
Denn es wil und kan nicht anders sein jnn der wellt. Solchs mus ein Christen
wissen und dazu geruestet sein, das er sich nicht lasse ergern noch hindern, ob
die gantze wellt anders lebt, und richte sich bey leib nicht nach [2. Mose 23,
2] dem grossen hauffen, wie auch Moses zuvor verpoten hat, Exodi .23. ‘Du solt nicht
nachfolgen der menge zum boesen’ &c.. Als solt er sagen: Das ergernis wirstu
alzeit sehen muessen jnn der welt bleiben und gehen, wie auch hie Christus spricht:
Der weg zur verdamnis ist breit und jr sind viel, viel die darauff wandeln, und
die pforten ist seer weit, das man mit hauffen dadurch gehet &c..
Das ist das grosse ergernis, welchs gar viel leut stutzig
und uns abfellig machet, ia auch die Propheten und heilige leut hat fur den
kopff gestossen, [Ps. 73, 3–5] wie David im Psalter offt klaget, sonderlich
Psal. 73. mit vielen worten: ‘Es verdros mich, da ich sahe das den Gottlosen so
wol gieng, Denn sie sind jnn keiner fahr des tods und stehen geschmueckt wie
ein pallast, Sie sind nicht jnn unglueck wie ander leute und werden nicht wie
ander menschen geplagt’. Summa sie sind glueckselig auff erden (sagt er) und
werden reich, haben haus und hoff vol. leben im sausse und thun was sie nur
wollen und gedencken. [Ps. 73, 14] Was thue ich aber dagegen? ‘Jch mus from
sein und leiden und bin geplagt teglich und meine straffe ist alle morgen da’
das ist: wenn ich ein wenig [s. 500] ubertrette, so ist er flugs hinder mir mit
der ruten. Das habe ich davon: Dort gehets alles jnn ehren und freuden, darumb
fellet jn alle wellt zu, lobt und preissets iderman, wie wir gesehen haben
unter dem Bapstum, wenn nur jemand ein pfaffen kleid anlegte, den must alle
welt feiren und jnn ehren halten, da halff und gab iderman zu und war ein
selige mutter, die den son getragen hatte, Und itzt auch also, wer nur uns
feind ist, der ist bey jn jnn grossen ehren und werd gehalten, er lebe wie er
woelle. Das hat den lieben Vetern wehe gethan, das sie musten solch glueck und
bosheit der wellt sehen, das iderman viel davon hellt und hinach leufft und sie
solten from sein und nichts denn unglueck dazu haben und von iderman verachtung
und verfolgung leiden.
Solchs wil Christus auch zeigen und die seinen warnen, das
ein iglicher so lebe jnn der wellt, als sey er allein, und lasse jm sein wort
und predigt das aller groeste sein auff erden, das er so dencke: ob ich gleich
sehe das mein nachbar und die gantze stad, ia alle wellt anders lebt und alles
was gros, edel, reich, Fursten und herrn sind, mit jr helt, Noch habe ich einen
gesellen, der ist groesser denn sie alle, nemlich Christum und sein wort.
Darumb wenn ich schon allein gehe, so bin ich doch nicht allein, denn weil ich
Gottes wort habe, so habe ich Christum bey mir sampt allen lieben Engeln und
allen heiligen von anfang der wellt. Das freilich viel ein grosser menge und
herrlicher process umb mich her ist, denn itzt jnn der gantzen welt sein
moechte, allein das ichs nicht fur augen sehe und das ergernis sehen und tragen
mus, das soviel leut von mir fallen odder widder mich leben und wandeln. Daran mustu
dich halten, wiltu anders bestehen, sonst wird dich solch ergernis hin reissen,
wo du den augen nach sihest, wie ander leut leben und gleuben, Denn daher
schliessen die Tuercken als aus jrem sterckesten grund: Meinstu das Got so
greulich sey und so ein grosse wellt verdamme? Also auch die Papisten: Ja
meinestu, das das solt allein recht sein, was jr aus ewerm winckel her fur
bringet und die gantze wellt verdampt sein? Solten soviel Bepste, Bisschove,
heiliger Veter, Koenige und Fuersten alzumal geirret haben? &c.. Darauff
stehen sie so hart, das sie kein mensch kan davon reissen, und schliessen auffs
aller sicherste, das unser lere nicht recht sey, und ist doch nichts anders denn
der grund: Unser ist viel, jener sind wenig, wir sind from, gelert, weise, Gottes
volck, sitzen an der Apostel stat &c.. Darumb koennen wir nicht jrren, Christus
hat ia seine kirche noch Gott sein volck nicht verlassen. Es ist nicht mueglich
das Gott soviel trefflicher leut verdamme umb der wenige willen, Denn er hat ia
den himel nicht vergebens geschaffen.
Aber widder solchs alles leret Christus also: Nur die augen
ausgestochen odder ia abgekeret, das man bey leib nicht sehe nach dem grossem
hauffen [s. 501] sondern allein auff Gottes wort, Und solchs wisse das so sein
sol und mus, das die strasse zur verdamnis sey breit und eine weite pforten und
viel die darauff gehen, Und widderumb Die pforte zum leben enge und der weg
schmal und seer wenig die darauff gehen. Darumb gilt nichts, das der Tuerck und
Bapst von jrem glauben rhuemen: Unser sind viel und haben lange zeit so gehalten,
darumb mus es recht sein. Denn Christus setzt duerr das widderspiel und
heissets die strasse zur verdamnis, die da breit und wolgebenet ist, und warnet
das man sich solchs nicht ergern lasse, das unser so wenig und der ander hauff
so gros ist. Es ist aber trefflich schweer das bislin zu verdawen, wenn mans
recht fuelet, das ich selbs offt mich drueber gewuerget und gedacht habe: Wir
sind so ein gering arm heufflin, veracht und verdampt von allem was auff erden
hoch und gros ist, sollen wir denn widder alle wellt rhumen und trotzen das
unser ding allein recht sey? und das urteil uber sie alle fellen, das Bapst,
Bisschove und was an jnen hangt zum Teuffel gehoere? Noch mus es uberwunden
sein und beschlossen: Jch weis das meine sache recht ist, solt die gantze wellt
anders sagen.
Wie muste die liebe Jungfraw Maria thun, da der Engel kam
und [Luk. 1, 26 ff.] brachte jr die botschafft, das sie solt die mutter sein
des allerhohesten? Wer stund da bey jr, der solchs gleubete oder mit jr hielte?
Solt sie angesehen haben, das soviel reicher, Edler, grosser herrn und Fuersten
toechter da waren und Gott solt keine andere gewust haben zufinden zu solchem
hohen werck, dazu keine Jungfraw je komen war denn sie, ein arme unbekante,
verachte [1. Mose 12, 1] magd? Jtem wie thete der Patriarch Abraham, da er aus
Chaldea zihen must und allein so faren, als were er allein ein Christen und
alle wellt verdampt? Aber er muste sich daran nicht keren noch nach andern
umbsehen sondern so sagen: Wie Gott mit der gantzen wellt umbgehet, das las ich
jm befolen sein, ich aber wil mich an sein wort halten und dem selben folgen, ungeacht
ob ich sehe alle wellt anders faren, Wie auch Maria hat muessen dencken: Was
Gott mit andern machet, da lasse ich jn fuer sorgen, ich aber wil bey dem wort
bleiben das ich hoere und mir sagt, was er mit mir thuen wil. Also muessen wir
auch schliessen: Jch sehe, das der Bapst, Bisschoven, Fuersten, Rotten, Buerger
und bawr machen wie sie wollen, verachten und verspotten uns auffs aller
sicherste, das ich auch moecht sagen: meinstu denn das du allein recht habest
widder sie alle? Aber far hin Bapst, Fuersten, gelerten und alle wellt, ich
weis das die lere recht und Gottes wort ist, da wil ich bey bleiben, Gott gebe
es gehe, fare, odder bleibe was da wil.
So wil nu Christus sagen: Jch habe euch ein solche lere
geben, das jr werdet sehen, wie gar trefflich wenig leute mit euch halten und
wie viel dawidder leren und leben werden, das es euch gar seer fur den kopff
wird [s. 502] stossen. Aber hallt fest und lasst euch nicht ergern und wisset
das es so sol und mus gehen, und gedenckt dran das ichs zuvor gesagt habe, das
die pforte enge und der weg schmal ist zum leben, jener aber weit und breit
&c.. darumb keret euch nicht dran, sondern hoeret was ich euch sage, und
folget mir. Denn ich mit allen heiligen sind den schmalen weg gangen, so
muesset jr jn auch gehen, wollet jr zu mir komen; Lasset jene jre weite strasse
gehen, denn jr sollet noch sehen, wie enge das loch wird sein, da sie hinein
komen muessen, dagegen jr die itzt durch die enge pforte und schmalen steig
gehen muesset, jnn einen schoenen rawm werdet koemen, so gros und weit als
himel und erden ist.
Nu was machet denn den weg so enge und schmal? Niemand
thuets denn der leidige Teuffel, die wellt und eben unser eigen fleisch, welchs
ist faul, sperret und wehret sich und wil nicht hinan, das es Gott vertrawe und
an seinem wort halte, kan nicht leiden der wellt verachtung, armut, ferligkeit
&c.. Summa es wolt gerne auch die weite strassen gehen, darumb machet es
uns diesen steig saur und schweer, Darnach kompt die wellt, die uns darueber
verfolget, henget, mordet, verbrent und ertrenckt, das wir nicht mit jr den
weiten weg gehen, und wo sie nicht mehr kan, lestert und schendet sie uns auffs
aller gifftigste, iagt uns davon mit schwerd, feur, wasser, Das es ia ein
schwerer kampff ist da zu stehen und fechten widder unser eigen fleisch, das
der mensch Gott vertrawe, den neheste liebe, zuechtig lebe und jnn seinem
beruff bleibe, und wenn wir das alles thuen mit schwerer erbeit, sol die wellt
dazu uns verfolgen und lestern als die ergsten boeswicht auff erden eben umb
desselben schweren lebens willen. Zu dem kompt auch der leidige Teuffel und zu plagt
das hertz mit boesen gedancken, misglauben, furcht, angst, verzweivelung, machet
alles zu sunden und schanden was wir guts gethan, Und sollen dennoch unter
solchen feinden da bleiden stehen und jn allen zum zil stehen. Da moecht sich
noch einer ergern, zu ruck fallen und sagen: Jch sehe wol das jene ruge und
gute tag haben, gehen hin jnn gutem friede und haben den namen, rhum und ehre,
das sie rechten Gottes diener sind, was sol ich mich denn allein so iemerlich
lassen zu martern, vexiren und schenden? Wo sie alle bleiben, da bleibe ich
auch &c..
Solchs haben die alten fein fuergebildet mit dem geticht von
dem Ritter Tondalo (on das sie es nicht recht angerichtet und gedeutet haben
auff das segfeur odder pein der seelen nach diesem leben) wie er uber eine
schmale bruecken gehen muste, die kawm einer handbreit war, mit einer last auff
dem rucken und unter jm ein schwefelicher pful vol drachen und dazu jm einer entgegen
kam, dem er weichen muste. Das reimet sich fein zu diesem spruch, Denn ein
Christ fueret so ein schweer leben, als gieng er auff einem schmalen steig, ia
auff eitel schermesser, so ist der Teuffel unter uns jnn der wellt, der [s.
503] schnappet on unterlas nach uns mit seinem rachen, das er uns bringe jnn ungedult,
verzweivelung und murren widder Gott. Dazu gehet uns die wellt entgegen und wil
uns nicht weichen noch uber lassen, so ligt uns unser eigen fleisch auff dem
halse, Das wir doch allenthalben bedrenget sind und der weg an jm selbs so
schmal ist, das on das muehe gnug were, wenn sonst gleich keine fahr und
hindernis were, Noch mussen wir da hindurch odder der wellt und dem Teuffel zu
teil werden.
Darumb dencke und richte dich darnach, wiltu ein Christen
sein, so sey es, Denn es wird doch nicht anders draus, du wirst den weg nicht
breiter machen und must zusehen, das hie wenig und dort der grosse hauffe
gehen. Aber das lasse deinen trost sein, erstlich das Gott bey dir stehet,
darnach wenn du hindurch gangen bist, das du jnn einen schoenen weiten raum
kompst. Denn wo du nuer am wort heltest und darnach richtest, nicht nach den
augen, so ist er gewis bey dir und so starck, das dein geist das fleisch, wellt
und teuffel uberwindet, das er nichts schaffen kan durch dein fleisch noch
durch die wellt noch durch sich selbs. Denn das wort daran du hangest durch den
glauben, ist jm zustarck, obs gleich gering scheinet und wirs nicht sehen, er weis
es aber wol was es vermag, als der es offt versucht und gefuelt hat, was es
fuer eine gewallt und heers kraft ist, wo man daran gleubt. Daher [Ps. 118, 6]
trotzet der Prophet so hoch Psal. 118. ‘Der Herr ist mit mir, darumb fuerchte [Ps.
118, 12. 13] ich mich nicht, was solt mir der mensch thun?’ ‘Sie umbgeben mich
wol wie die bienen und brennen wie feur jnn dornen, aber im namen des Herrn wil
ich sie zuhawen. Man stoesset mich wol, das ich fallen sol, aber der Herr hilfft
mir’ &c.. Sihe der hat auch nichts denn das wort und glauben das der Herr
bey jm ist, den er doch nicht sihet, fuelet aber wol die wellt und fleisch, die
jm den weg enge und das leben sawer machen; Doch stehet er fest, lesst jm
gnuegen an dem, das der Herr bey jm ist und mit jm hellt, und ist sicher das er
fuer jn bleiben und siegen wird, ob gleich alle wellt widder jn ist.
Des trosts mussen wir auch gewonen, das wir uns aus der
engen pforten und schmalen weg einen weiten rawm machen lernen und aus dem kleinen
hauffen ein grosse menge, So das wir nicht den augen nach gaffen sondern durch
den glauben und wort nach dem unsichtbarn richten, nemlich das Christus selbs
und alles himlisch heer bey mir sind und eben den weg gangen sind und mit einer
schoenen, lange proces mir fuer gangen gen himel und noch die gantze
Christenheit bis an Juengsten tag die selbe strassen wandelt. Denn wo er gehet
und bleibt, da muessen sie alle gehen und bleiben. Also wird uns der weg leicht
und sanfft, das wir getrost hindurch gehen, wie [Matth. 11, 28] Christus auch
dazu locket und spricht ‘Komet alle zu mir, die jr beladen und [Matth. 11, 30]
mueheselig sind, ich wil euch erquicken’, ‘Denn mein ioch ist sanfft und meine [s.
504] last ist leicht’, Als wolt er sagen: Lasst euch nicht verdriessen was ich
euch aufflege jnn der wellt, Denn es ist ia ein ioch und last dem fleissch und
heist ein schmaler steg und enge pforten, Aber haltet euch nur zu mir, so wil ichs
euch fein lind und sanfft machen und soviel stercke geben, das jr den weg sanfft
geben solt und nicht allein das, sondern auch erfaren solt, das er euch lieblich
und suesse werden wird.
Denn das ist gewislich war, wenn mans recht gegen ander
rechent, so haben die gleubigen das vorteil, das sie nicht gerne solten
wechseln mit den Gotlosen, ob gleich diese im sause leben und sie viel leiden
muessen, doch zuplagen und martern sie sich selbs zehen mal mehr denn uns mit jrem
gifftigen unrugigem hass und mit soviel vergeblichen anschlegen, wie sie uns schaden
thun, und allerley boesen stuecken und tuecken, damit sie sich versuenden, das
sie doch kein gut gewissen noch rechte froeliche stunde haben und jr eigen Teuffel
sind hie auff erden Und doch nicht mehr damit ausrichten wider uns, on das sie
uns ein wenig beschmitzen und drengen, so weit jn Gott erleubt.
Welche aber an Christum gleuben, duerffen solcher sorg und
plag nicht Und koennen doch ein froelich hertz und gewissen haben, ob wir ein
wenig gedrengt werden und der Teuffel uns klemmet, aber dennoch mus widder ablassen
und wir jnn des durch das wort erquicket werden, das uns die last und drengnis
suesse wird und alleine halbe marter haben auswendig am eusserlichen menschen,
Sie aber zweyfeltig das Teuffels marterer sind, beide hie und dor jr helle
haben mit ewiger plage und unruge des gewissens von mord und blut, das sie
keine froeliche gute gedancken zu Gott schepffen koennen, ob sie gleich
auswendig ein kleine freude und lust haben. So geschicht jn [Jer. 17, 18]
recht, wie die Schrifft sagt: Duplici contricione conteres eos domine, ‘Herr
gib jn zwyfeltige plage und hertzleid’. Sihe, so wil uns der Herr mit allen
trewen beide gewarnet und da gegen getroestet haben, das wir uns nicht dran
keren, ob uns unser leben sawr wird und soviel ergernis jnn der wellt sehen und
fuelen muessen, weil es uns, wenn wirs recht ansehen, nur halbteil sawr wird
und durch Christum, an welchen wir gleuben, alles im hertzen suesse wird und
zum leben und ewigen freuden bringet. Was schadets denn ob der alte Adam ein
wenig daruber gedrenget wird?
Bisher hat der Herr beide die lere und das leben recht
angerichtet und gewarnet fur dem, so dem selbigen widder ist und schaden thuet
odder hindert; Zu dem thut er hie noch eine warnung, das man zu sehe, ob schon
die lere und leben recht angestellet ist und gehet, das nicht heimlich unter
uns lerer auffstehen, die unter dem selben namen und schein der rechten
prediger und [s. 505] Euangelij ein anders einfuren und beide die lere und
leben verkeren und verderben, Denn es wird nicht anders draus, die rechte reine
lere des Euangelij mus allenthalben angefochten werden vom Teuffel auff
allerley weise beide auswendig und jnnwendig. Wie Christus von anfang dieser
predigt gesagt hat, das wer ein Christen wil sein, mus sich des erwegen, das er
her halte und zu feind habe erstlich die ausser der Christenheit sind, so sich
widder jn setzen und jn hassen und leid thun, schlahen und wuergen, odder zum
wenigsten lestern, fluchen und verdammen, Und ist beschlossen, wer nicht
hasser, lesterer und verfolger hat, der ist noch nicht ein Christen odder hat
ja noch nicht sein Christenthum beweiset mit eusserlicher that und bekentnis,
Denn so bald er wil bekennen, so wird jm die welt feind, und wo sie kan, wird
sie jn auch gewislich druber toedten.
Das sind nu offentliche feinde und ausser der Christenheit,
die jderman sehen kan und wol fulet, Aber uber diese (wil Christus hie sagen)
werdet jr noch einerley feinde haben, nicht die draussen sind und die lere
verleugken, sondern die unter euch auffwachsen, ewern namen furen und rhumen:
Die werden erst den grossen schaden thun; Denn jene, ob sie hoch pochen,
koennen noch nicht mehr denn leib und gut nemen, aber mein hertz und glauben konnen
sie mit gewalt nicht nemen, Aber diese stehen nicht nach leib und gut sondern
lassen mir was ich habe, greiffen aber listiglich nach der lere, das sie mir
den schatz selbs aus dem hertzen nemen, nemlich das liebe Wort, daruber wir von
jenen feinden verfolgung leiden. Das ist erst ein iemerlicher handel, das die
unser brueder heissen und rhumen auch die Christliche lere, widder uns sich
erheben und eben unter dem selben namen die rechte lere wegnemen und andere ein
furen, wie S. Paulus auch seine Epheser warnet [Apg. 20, 30] und weissagt Act
.20. ‘Es werden unter euch selbs auffstehen die da verkeret ding leren und
predigen werden’ &c.. Das jst (sage ich) zu mal ein kleglich ding, das es
die thun sollen, so unter uns und aus uns sind, die wir fur rechtschaffene
halten und uns nicht fur jn huten konnen, bis sie schoen haben angefangen
schaden zuthun.
Das ist die verfolgung jnn der Christenheit, die uns zuvor
verkundigt ist jnn der gantzen schrifft und zwar von anfang der welt gewehert
hat, Denn so ist es Mose gangen jnn seinem volck, ja Jacob Jsaac und Abraham
jnn [1. Mose 4] seinem haus und Adam, der nur zween soene hatte, noch mueste
einer eine rotterey anrichten &c.. Und ich meine wir habens nu auch selbs
wol erfaren: Wie viel sind jr gewesen, die es erstlich mit uns gehalten und das
Euangelium angefangen haben widder denn Bapst, das sichs liesse ansehen, das wir
wuerden die gantze welt an uns bringen; Aber jnn dem, da es am besten jm
schwang solt gehen, faren unser leut selbs zu und richten ein jamer an erger
und schedlicher denn uns alle fursten, Koenige und Keiser hetten thun mogen.
[s. 506] Wolan was sollen wir dazu thun? Sie thun uns den
grossen schaden und stercken dazu unser feinde widder uns, die da schreyen, Da
sehe man was unser lere sey, weil wir selbs nicht unternander eins sind, und
konne der Heilige geist nicht dabey sein, weil wir ein ander selbs verfolgen,
schelten und lestern &c.. Das mussen wir leiden, das die feinde durch solch
ergernis gesterckt und wir geschwecht und gelestert werden und so beide, unser
feinde und bruder, widder uns haben, das freilich kein grosser anfechtung jnn
der Christenheit ist jnn dem eusserlichen wesen, so unser lere betrifft.
Weil wir nu solchs allzeit gewarten mussen und nicht
umbgehen koennen, so gibt uns Christus mit dieser predigt dagegen beide einen
trost und warnunge. Der trost ist das wir nicht sollen erschrecken noch uns zu
tod komern uber solchen greulichen ergernis, wie sichs ansihet und fulet, das
wir die Gottes wort rhumen, selbs unternander nicht eins sind, sondern aus
seinem wort unterrichtet dagegen also sagen: Das wuste jch vorhin wol, da jch
ein Christen sein wolte, das so gehen wuerde, wie mir mein herr Christus zuvor
gesagt hat, das ich musse die zweyerley feind haben beide von aussen und auch jnwendig
von meinen eigen liebsten freunden und brudern. Darumb sol mich das nicht
abschrecken noch abfellig machen von der lere, als solt sie darumb unrecht
sein, das sich die widder mich setzen, die meine brueder gewesen sind. Hatte
doch Christus selbs Judam seinen verrether bey sich und must darumb nicht
falsch noch unrecht sein was er gelert und gethan hatte, das sein liebster Junger
von jm fiele und das ergernis anrichte. Darumb muessen wir unsere Judas auch
nicht achten.
Die warnung aber ist, das wir uns gewislich solchs versehen
und mit vleis zusehen und huten sollen, das uns solche rotten nicht betriegen,
sondern uns dawidder rusten und sie eben lernen kennen. Denn damit das er sagt ‘Sehet
euch fur’ wil er leren, das wir hie nicht sollen gedultig sein sondern die
augen auffthun, wacker, fursichtig und klug sein. Denn gegen jeune eusserliche feinde
durffen wir nicht mehr denn gedult, das wir leiden was sie uns anlegen, und
fest stehen, Aber hie gilt es nicht leiden noch weichen sondern hutens,
auffsehens, das ich auch meinem bruder bey mir und dir kein wort vertrawe
sondern mit scharffen, wackern augen allein auff das Wort sehe und trawe nur
keinem menschen der jtzt mit mir ist, als der heut mit mir, aber morgen wol
widder mich predigen kan. Und darff sich hie niemand sicher lassen duncken, als
der dieser vermanunge nicht bedurffe, Denn es ist so ein ferlich listige
anfechtung, das auch die aller geistlichsten gnug damit zuschaffen haben, das
sie nicht betrogen werden. Der ander hauffe aber, die sicher und on sorge sind,
konnen sich gar nicht erweren das sie nicht verfuret werden. Darumb setzet er
nicht umb sonst das wort ‘Sehet euch fur’, Denn der schein [s. 507] und namen
jst zu schone, das niemand erkennen kan (wie wir horen werden) wer nicht den
rechten verstand hat von Gottes wort und dazu mit allem vleis darauff sihet und
lesset das sein hoheste sorge sein, wie er es rein und lauter behalte.
Denn sihe wie er sie malet, die falschen lerer, nach jrem
schein und ansehen: Zum ersten gibt er jn den namen, das sie Propheten heissen
und sind, das ist Lerer und prediger, und sich auch des rhumen, das man sie nicht
anders nennet noch helt, haben eben das predig ampt, die selbige schrifft und den
selben Gott des sie sich rhumen, als die andern und sind doch falsche Propheten.
Denn er redet hie von denen, die das ampt haben zupredigen, Denn die andern, so
on ampt und befel her faren, sind nicht so gut, das sie falsche Propheten
heissen, sondern landstreicher und buben, die man solt Meister Hansen befelen
und nicht zuleiden sind (ob sie auch gleich recht lereten), wo sie andern jnns
ampt und befehl greiffen wollen widder der Oberkeit ordnung odder heimlich und
diebisch jnn wjnckeln schleichen, da niemand sol ungefordert ein eigen predigen
anrichten noch sich eindringen, ob er gleich horet und weis das man offentlich
falsch predigt, als dem nicht befolen ist dafur zu antworten; Denn Gott hat das
ampt geordnet wie andere, das man nicht dawidder handle. Wer es aber unrecht
furet, der wird fur sich selbs mussen antworten und seinen richter gewislich
finden.
Zum andern sagt er das sie komen jnn schafskleidern, das man
sie nicht kan taddeln noch eusserlich unterscheiden von andern rechten
predigern. Die zwey stueck sinds die den schaden thun: das sie das rechte ampt
haben und dazu mit so schoenem schmuck und schein komen, das man nicht kan
anders sagen, denn es seyen rechte frome prediger, die jdermans heil suchen,
wie sie kostlich rhuemen und dazu schweren koennen, furen eitel Gottes namen
und wort: Das gehet so starck ein und reisset die leute mit gewalt hin wie eine
flut, das man nicht weren kan, Denn wer ist unter dem pobel, der da kan odder
thar sich widder solche setzen und sie straffen? Ja wer weis sich fur jn zu
hueten, weil sie mit Gottes namen und wort (wie sie rhumen) komen?
Christus aber warnet uns hiemit fur beiden, das wir uns
nicht sollen dran keren das sie das ampt haben, wie wol dasselbige von noeten
ist und zu einem prediger gehoret, Jst aber damit niemand gesichert, das man jm
darumb musse gleuben, als koenne er nicht jnn dem ampt ein schalck sein, wie es
denn jnn der wellt nicht seltzam ist, das jnn allen emptern und stenden viel
schelck und buben sind, die es misbrauchen. Es mugen wol Propheten heissen, das
lasse ich zu (spricht Christus), aber dafur hute dich und sihe darauff, das es nicht
falsche propheten sein. Desselben gleichen sihe nicht, ob sie jnn schafskleidern
komen mit dem koestlichen namen und schein, Denn hie horestu, das [s. 508] wol
kan ein reissender wolff darunter verborgen gehen. Darumb hute dich abermal,
das dich die schafs kleider nicht betriegen, Denn sie mussen alle solchen
schonen deckel und schein furen, wenn sie die leut betriegen sollen. Und das
ist eben die unterscheid unter diesen heimlichen und andern offentlichen feinden:
Denn jene reissen offentlich zu uns ein, das sie jderman wol kennet, Aber diese
gehen unter uns jnn dem selben ampt das wir haben, furen auch die selbige
schrifft und wort zum schein, Sie komen aber (spricht Christus) von jn selbs,
Das ist ob sie wol das ampt haben, doch bringen sie solch wort und lere, die jn
Gott nicht befolen noch sie dazu gesand hat, sondern jr eigen trewme und
Teuffels lere, mit Gottes namen geschmuckt. Darumb sey gewarnet eben fur den
schafskleidern, das du keinem trawest, wie grossen schein er furet, sondern
allein auff das Wort sehest, ob er dasselbige recht fure odder sein eigen thand
darunter verkeuffe.
Sihe wenn wir nu solche warnung annemen und uns nach
Christus worten richteten, so kundten wir uns leichtlich huten fur allen
falschen propheten und predigern, Aber das sie so allenthalben einreissen,
kompt daher das wir die das rechte Euangelium horen, nemens uns nicht mit ernst
an, sorgen nicht dafur das wir es gewis haben und fassen, gehen so schlefferig und
unvleissig hin, als kund es uns nicht feilen; dasselbe machet denn das wir
betrogen werden durch solchen trefflichen schein und ansehen, ehe wir uns umbsehen.
Denn so bald ein ander newer lerer kompt und aufftrit, so ist das wort
‘Attendite’ ‘Sehet euch fur’ vergessen, da mit wir solten geruestet sein und
einen jglichen also hoeren, als hoereten wir jn nicht, sondern allein auff die
lere sehen und acht geben. Das sind leichtfertige, unbestendige geister, die nur
den predigern jnns maul sehen und flugs zuplatzen aus einem furwitz, der sie
luestern machet, das sie dencken: O ich hab jenen vor gehoeret, jch mus diesen
auch hoeren, es ist ein feiner, gelerter, heiliger man &c.. Da hat der Teuffel
schon raum gewonnen und berucket sie, ehe sie es gewar werden, treibt und furet
sie nach allem seinem willen von einer rotterey jnn die ander, wie [Eph. 4, 14]
Paulus von solchen sagt Ephes .4. das sie sind wie ein rohr, das da hin und her
webt, lassen sich treiben wo ein jglicher wind her wehet mit newer lere: wenn
heut odder morgen ein ander auffstehet, so platzen sie auch darauff und horen
jmer zu. Das machet, sie haben keinen gewissen verstand jm hertzen von Gottes
wort, achten dazu des Euangelium gering, meinen, wenn sie es ein mal odder zwey
gehoret haben, so koennens sie es und habens nu gar, werdens bald uberdrus,
sperren oren und maul auff, wo ein ander kompt, der was newes bringet, Und gehet
jn eben wie Adam und Heva, von der Schlangen verfueret, die jn auch die augen
auffsperret nach dem verbotenen [Mose 3] bawm und solche schone gedancken
einbildet widder Gottes wort: Warumb solten wir eben von diesem bawm nicht
essen? wurden also lustern und [s. 509] fuerwitzig, das sie aller bewme im
gantzen Paradis uberdruessig wurden und allein nach diesem gaffeten &c..
Wenns uns aber ernst were umb das Euangelium und mit sorgen lebeten
den schatz lauter und rein zu behalten, so wurden wir nicht so leichtlich betrogen
werden, Denn ich hoffe ia, das mich kein rottengeist so leichtlich sol
umbstossen, weil ich weis das unser Euangelium recht ist, und nicht gerne wolt
dasselbige verlieren. Kompt aber einer mit schoenen Schafskleidern, so sehe ich
nicht nach seiner larven, als wolle ich etwas anders odder newes horen, sondern
ob er mit meinem Euangelio stimme. Wo nicht, so bin ich Gott lob so gefasset
und versichert, das jch weis das er ein falscher Prophet und reissender wolff
ist unter seinem Schafskleidern.
Also haben die Teuffels geister zweyerley vorteil, das wir
so unachtsam, sicher und leichtfertige leut sind und sie sich koennen
schmuecken jnn die schoenen schafs wolle, Denn Schaffs kleider heisset er nicht
boese stuck und grobe sunde als der heiden und unschriften sondern die
treffliche namen und rhum der rechten Christen, die da haben die heilige
tauffe, Sacrament, Christum und alles was Christi ist: Solchs mussen sie alles
mitbringen, Denn es mus keiner also daher komen: ‘Das sage jch’, sondern also:
Lieben freunde, Das sagt Christus, da habt jr Gottes wort und die schrifft, das
must jr glewben, wolt jr selig werden, wer anders leret, der verfuret euch
&c.. furen den hochgelobten namen Christi und Gottes und die schreckliche
prechtige wort ‘Gottes ehre’, ‘warheit’, ‘ewige seligkeit’ und was mehr solche
wort da zu gehoren. Wenn nu der mensch solch treffliche wort horet und so hoch
vermanet wird bey seiner seelen seligkeit und verdamnis, so erschrickt er und
gibt sich so bald gefangen, wo er nicht dawidder gerustet und wol gefasset ist,
Denn es schneitt wie ein scharff scheermesser und gehet durch leib und seele.
Das ist ein stueck der Schafskleider. Zu dem schmucken sie
sich mit sonderlichen wercken und weise, gehen jnn grawen rocken, sehen sawr
und machens hart und strenge mit fasten, casteyen, hartem lager &c.. und
leben gar nicht wie ander gemeine leute. Das thut abermal einen grossen stos und
bezaubert die leut trefflich, das es mit hauffen hinach fellet, Und kan ein
solcher boeswicht eine gantze stad, die lange zeit Gottes wort gehabt hat, mit
einer predig verfuren und machen das man jnn einer stund vergisset was man jnn
zehen jaren gehoert hat, Das auch jch, wenn jch wolte, gar leichtlich trawete
mein volck jnn zwo odder drey predigten widder umb zu predigen jnns Bapstum und
newe walfart und messen anrichten mit solchem schein und sonderlicher
heiligkeit. Denn der pobel ist, wie gesagt, leichtlich damit zu bereden und on
das furwitzig und luestern newes zuhoren.
Sihe so mussen sie sich schmuecken beide mit der lere und
leben, das sie eben die selben wort furen die wir horen, und dazu ein schoen
gleissend leben, [s. 510] Wie jtzt unsere Widderteuffer rotten, verfuren
warlich viel leut damit das sie schreyen, das Euangelium sey bey uns nicht
recht, weil man sehe das es keine frucht bringet und die leute boese, hoffartig
und geitzig &c.. bleiben; Es musse etwas mehr sein denn das blosse Wort und
buchstabe, Der geist mus es thun und sich redlich angreiffen mit dem leben.
Wenns Gottes wort were, so wurde es freilich auch frucht schaffen. So faren sie
denn zu und sagen, sie haben den rechten verstand und die rechten fruchte und
leben. Wenn solchs ein einfeltiger unerfarner mensch horet, so spricht er: O
das ist warlich war, lesst sich also dahin reissen mit dem trefflichen wort
‘geist’ und ‘fruchte des geistes’, Darnach faren sie weiter und sagen, Wer ein
Christ wil sein, sol nicht welltlich oeberkeit noch das schwerd furen noch was
eigens haben, wie wir haben, sondern das ist ein rechter Christ, der es mit
wercken beweiset, verlesst alles, nimpt sich weltlicher gewalt und regiments
nicht an, gehet jnn einem schlechten grawen rock, leidet hunger und kumer
&c.. Das heissen sie fruchte des geists: Sihe da sind eitel schafskleider,
damit furen sie die armen leute mit hauffen dahin.
Wer kan nu hie den Wolff darunter erkennen und sich dafur
huten? Antwort: Jch weis keinen andern rat, denn wie jch gesagt habe, das ein iglicher
vorhin zusehe, das er seiner sache und der lere gewis sey und habe sie so
gefasset jm hertzen, das er bey der lere kuende bleiben, wenn er gleich alles anders
sehe leren und leben, was auff erden ist. Denn wer da wil sicher faren, der mus
schlecht keine eusserliche larven jnn der Christenheit ansehen noch darnach
richten sondern allein nach dem wort, das uns zeigt das rechte wesen das fur
Gott gilt. Als zum exempel: Das heubt stueck und summa der Christlichen lere
ist das, das Gott seinen son Christum gesand hat und gegeben und uns allein
durch jn alle sunde vergibt, gerecht und selig machet: Das soltu halten und
kein anders. Darnach wenn du die augen auffthuest, so sihestu gar mancherley
ungleich leben und wesen, das dieser ist ein man, weib, herr, knecht, furst,
unterthan, reich, arm und was fur stende und ampt jnn der welt sind, und alles
so unternander her, das ich nichts sehen kan das einen sonderlichen schein
habe, Aber weil jch so gefasset bin und weis solch heubtstuck, darinn jchs
alles habe, so schleusst mein hertz also: Gott gebe ich sehe einen eheman odder
Jungfraw, herr odder knecht, gelert odder Leye, graw odder rot gekleidet,
fasten odder essen, sawr sehen odder lachen, was gehet mich das an? Summa was
solcher unterscheid ist und jch mit augen sehe, das ist mir eines wie das
ander, Denn jch habe solchen verstand, das ein magd jnn einem roten rock odder
ein furst jnn seinem gulden stuck eben so wol ein Christen sein kan als ein
betler jm grawen rock odder ein Moench jnn woellen odder herin hembd, Und bin
durch solchen verstand wol sicher fur allerley eusserlichen larven.
[s. 511] Wer aber solch heubtstuck nicht hat noch alles
darnach zurichten weis, der kan sich nicht huten, das er nicht durch solche
larven betrogen werde, wenn er sihet diesen mit weib und kind umb gehen odder
herrlich und kostlich geschmuckt &c.. und einen andern sawr sehen, viel
fasten, barfus und jm grawem rock und schleusst so bald: O das jst ein heiliger
man, die andern sind nichts. Und gehnet also dahin den larven nach ungehalten,
Jst nicht so klug, das er konte sagen: Kan auch unter dem grawen rock ein
schalck verborgen ligen? Wie ein Christ schliessen und sagen kan: Lieber
Moench, tregstu einen grawen rock nicht aus not sondern aus sonderlichem sinn,
das du wilt fur andern etwas sonderlichs geacht werden, so mustu ein
verzweivelter, zwifechtiger boeswicht sein, der den leuten das maul aufsperret
mit falschem schein, Sonst wurdestu ja mussen sagen: Wenn ein bawer, so auff
seinem acker pfluget odder tuncket, eben so wol ein Christen ist und gen himel
kompt als ich, was thue jch denn mit meinen sonderlichen wesen?
Aber wie jch gesagt habe, der grosse gemeine hauffe henget
an solchen larven, das jn die augen fullet und was sonderlichs an zu sehen ist,
das nichts hilfft, wenn man gleich lang dawidder predigt; So sind wir on das von
natur geneigt zu solcher lere und wercken, Denn es gefellet der vernunfft wol,
welche allzeit gerne mit eigen wercken mit Gott handlen wolte: so schlehet denn
zu, das der Teuffel durch diese lerer zu bleset und schuret, bis er uns gar
hinein getrieben hat. Wir aber, so gerne sicher wollen faren, sollen fur allen
dingen zusehen, wie jch allzeit vermanet habe, das wir unsern heubt artickel
von Christo recht haben, so konnen wir von allen eusserlichen larven und wesen
recht urteilen Und wird uns der geist fein leren und furen, so wird auch ein jglicher
jnn seinem stand rechte gute werck gnug zu thun finden, wo er wil from sein,
das er nichts sonderlichs darff suchen.
Denn bistu ein furst, Richter, eheman, knecht, magd &c..
und solt deinen glawben uben und beweisen, dein ampt und stand trewlich furen
und recht thun, so soltu wol soviel zuschaffen und zu thun gewinnen, das kein
Cartheuser ein schwerer orden furet denn du, Denn was ist das fur grosse muehe und
schwere erbeit, das jener ein grawen rock odder kappen tregt odder auff holtzschuhen
gehet odder dem leib ein wenig wehe thuet, wenn ers strenge machet, und doch
daneben on sorge und angst lebet, zu fressen und sauffen gnug hat? Dieser aber
mus jm schweis des angesichts und mit saurer erbeit sein teglich brod essen und
nicht allein den leib sondern viel mer sein hertz mus zu martern lassen von der
bosen welt und seinen nachbarn und alle unglueck, unfrid und hertzleid warten
und leiden, Also das ein rechter buergerstand Christlich gefuret mehr denn ein
zehenfeltiger Cartheuser orden jst, on [s. 512] das es nicht scheinet wie der
moench, der eine Cappen tregt, von leuten gesondert &c.. Und doch wenn man
die augen auffthete und recht gegen ander hielte, must auch die vernunfft
solchs schliessen.
Also auch ein furst, ob er wol guelden keten und mardern
schauben an kregt, ist er aber from, so ist er unter der mardern schawben ein
solch gemarterter und elender mensch, das seines gleichen jnn keinem kloster
ist. Also gehe durch alle empter und stend, findestu einen fromen man odder weib,
so darffstu keinen moench odder noennen suchen, Denn er ist furhin moenchs gnug
und furet ein schwerern orden denn alle Kappen und platten treger, Ja es ist
eitel narren werck fur Gott mit allen moenchen und waldbruedern gegen einem
fromen kind, knecht odder magd, so gehorsam und treulich thuet was jm befolen
ist. Thu nur was ein from man odder weib thun sol, so hastu ein regel die
schwerer ist denn Francisci und aller moenche regel, Kappen und platten, welche
viel ehe einen schalck denn einen fromen Christen decket.
Aber das wil die tolle vernunfft nicht ansehen sondern
schlehets jnn wind und dencket: O das ist gemein ding, das hette jglicher jnn
seinem hause wol, gaffet nach einem andern, was seltzam und sonderlich ist, da
sperret sie die augen auff, lesset sich furen mit solchem geplerre, welchs doch
ein lauter falscher schein ist, damit sie her komen und jr nichtig leben so
auff mutzen, das alles ander was Gottes ordnung und stende sind, verachtet
werden und nichts gelten sollen. Aber es mangelt allein daran, das wir uns
nicht lassen ernst sein Gottes wort zu fassen, sonst wuerden wir bald sagen: Es
kome Cartheuser, Widderteuffer, der Teuffel selbs odder seine mutter her, so
werden sie nicht besser stende noch leben machen denn Gott gemacht hat; Drumb
mus mans ein trefflichen, hohen, Gottlichen stand lassen sein umb einen fromen eheman,
knecht, magd, odder trewen erbeiter, Und kuenden also nach dem wort von allen
wercken und stenden recht urteilen und jderman recht leren und leben und wurde
alles auffs aller feinst gehen: Das weren die rechten stende, die Gott
geschaffen und geordnet und gefallen dran hat, Und wolt Gott das mans da zu
kunde bringen, das eine stad viel solcher fromer burger, weiber, kinder, herrn,
knecht und megde hette, so hetten wir das himelreich auff erden und durfften
keines Closters nicht und duerfften doch weder fasten noch jnn der kirchen uber
tag betten und singen sondern nicht mehr thun denn was jr ampt und werck
foddert.
Also sihestu was die schafskleider sind, damit sie den
leuten das maul auff sperren. Aber was sind sie jnwendig und jm grund? Nichts
anders (sagt Christus) denn reissende wolffe: Das ists das sie suchen, die
verzweivelten buben, das sie mit schoenem schein der lere und leben die seelen
verderben und zu reissen, nicht auswendig wie die Tyrannen und verfolger, so
leib und [s. 513] gut zu reissen, auch nicht wie die prediger, so offentlich
widder uns predigen und unser lere verdammen &c.. sondern jnwendig, das sie
uns heimlich den schatz unsers hertzen wegreissen, welchs nu ist Gottes stul
odder koenigreich und wonung worden: Das ist alle jr bueberey, die sie so
schmuecken mit der lere und leben, gehet dahin, das sie den glawben und den
heubt artikel von Christo zureissen, Als jtzt die widderteuffer auswendig auch
unsern namen furen und wol bekennen, das wir das Euangelium haben mit dem wort
und predigt, Es folget aber (sagen sie) keine frucht. Eben mit dem wort ‘keine frucht’
furen sie die leut vom glawben auff die wercke und nemen das heubstuck hin weg,
welchs ist der glaub an Christum, und furen uns dahin, das man allein die
fruchte sol ansehen: Wenn die da sind, so sey es das Euangelion recht und
widderumb, Und ist alle jr lere nichts anders, denn das man sich musse
angreiffen und beweisen mit den fruechten, nichts eigens haben, alle ding
verlassen &c.. fallen also widderumb gar auff die werck und setzen jr vertrawen
darauff als dadurch selig zu werden.
Und das das ergste ist: leren sie nicht die rechten
fruechte, die das Euangelium leret und foddert nach dem glawben, sondern was sie
ertrewmen und erdencken; sagen nichts davon, wie ein jglicher seinen stand
recht und treulich furen und darinne bleiben sol, Sondern eben das widderspiel:
furen die leut von solchen stenden, leren sie verlassen als weltlich und davon
lauffen und was sonderlichs anfahen, sawr sehen und hart leben, nicht essen,
trincken, kleiden wie ander leut, sich willig und ungefordert lassen martern
und todten, sonst (sagen sie) hat das Euangelion keine fruecht jnn dir und bist
noch kein Christ, ob du gleich lang glewbest &c..
Und solche jre trewme schmucken sie mit der Schrifft und
spruechen aus dem Euangelio, so doch Christus solchs nye geleret odder
geheissen hat, weder mit worten noch exempel, das man von den leuten lauffen,
alles verlassen, nichts eigens haben sol, on wenn es zu der not kompt, das man
entweder dis odder sein wort lassen mus. Darumb soltu es nicht ehe verlassen,
er heisse dichs denn und werdest dazu gezwungen. Wenns dazu kompt, so sprich denn:
Ehe jch das Euangelium und Christum wolt lassen, so fare lieber hin weib, kind,
leib und gut, sonn und mond und alle creaturn, Aber ausser der not hastu Gottes
gebot, das du solt deinen nehesten lieben, jm dienen und helffen mit leib und
gut, des gleichen dein weib, kind, gesind lieben und regiren &c.. nicht von
jn lauffen und sie sitzen lassen, wie sie thun widder Gottes wort und ordnung
on alle not und wollen dennoch von grossen fruechten des Euangelij rhumen als
sonderliche heiligen.
Also lerne nu solche geister kennen, wie sie unter den
schafskleidern jnnwendig zureissen und den glauben wegnemen, furen dich von
Christo auff dich selbs und heissen das fruchte des Euangelij, die sie selbs
ertrewmen, [s. 514] damit sie die rechten fruechte vertilgen: Das sind sie die
reissenden wolffe mit schafskleidern, die allezeit die Christenheit verderben.
Bisher haben sie Moenche geheissen, nu sinds Widderteuffer als newe moenche,
vor zeiten warens Pelagianer, Jsmaeliter, Esawiten, Caniter, Denn dieser glaube
hat gewehret von anfang der welt, und ob gleich jtzt diese Widderteuffer
wegkomen, so werden doch andere komen. Summa die moencherey mus bleiben so land
die welt stehet, ob wol mit andern newen namen und wercken, Denn alle die damit
umbgehen, das sie was sonderlichs anfahen uber den glawben und gemeine stende,
das sind und bleiben Moenche, ob sie wol nicht einerley weise, kleidung odder
geberd furen. Zwar fur diesen kan man sich nu wol huten, die mit Cappen und
platten da her gehen, denn sie sind nu wol gnug abgemalet, das sie jderman
kennet, Aber hute dich fur den newen moenchen, die nicht Cappen tragen, aber
doch ander sonderlich wesen auffwerffen, grosse andacht und heiligkeit furgeben
mit saur sehen, grawen rocken und hartem leben, sagen, man muesse nicht sammet
noch seiden, rote odder bundte kleider tragen, gleich wie jene moenche auch
geleret haben, Also das doch jmer einerley moencherey ist on mit andern larven.
Darumb habens die Maler eben recht troffen, wenn sie den Teuffel malen jnn
einer muenchs Cappen und seine Teuffels klawen unten erfur, Denn er von anfang
der welt nichts anders thut denn die welt mit moencherey verfuret.
Weil der herr Christus die seinen gewarnet hat, das sie fest
an seiner lere halten sollen und zusehen, das sie nicht durch andere verfuret
werden, welche unter schafskleidern reissende wolffe sind, leret er nu auch zu
mehrer warnung, wie man sie kennen sol an jren fruechten, Und setzet ein
gleichnis mit schlechten einfeltigen worten, das auch ein kind verstehen kan.
Denn es ist niemand so alber der nicht wisse, das ein dorn busch keine feigen
noch drawben trage &c.. Aber wie einfeltig die wort sind, so sihet doch
niemand das sie soviel gelten, wer nicht mit vleis Gottes wort ansihet. Es ligt
aber alles darinn, das man verstehe was er gute odder boese bawm und fruechte
heisset. Denn es ist bald gesagt ‘das ist eine feige’ odder ‘ein distel’, ‘ein
guter apfel’ odder ‘sawre schlehen’ und mit den augen und vernunfft leicht zu
sehen und [s. 515] verstehen, Aber da es Christus hin zeucht, ist es unmuglich
on allein durch geistlichen verstand nach Gottes wort zu ortern, Denn wir haben
droben gehoret, wie die selbigen falschen lerer bringen solchen schein und
glate wort, das die vernunfft nicht vermag zurichten noch sich kan dafur huten.
Ja es ist eben solche lere und leben, die aus der vernunfft gewachsen und jr
gemes ist und uns naturlich wolgefellet, weil sie von unsern eigen thun und
wercken leret, so wir verstehen und vermuegen.
Das heisst aber kuertzlich ein guter bawm der gute fruchte
bringet: der da lebt und sein wesen und wandel furet nach Gottes wort, rein und
lauter, Denn er wird hernach beschliessen auch von vielen, die Gottes wort
gehort und auch sagen ‘Herr Herr’, dazu viel zeichen gethan haben und doch
falsch und heuchler sind. Darumb mus man hie die vernunfft schlechts zu thun und
allein Gottes wort folgen und darnach schliessen, wenn man vom leben und
wercken wil urteilen, das man wisse was Gottes wort einen guten bawm odder gute
fruchte nennet. Denn das ist der vernunfft zu hoch (wie jch gesagt habe) wenn
sie einen sihet, der da nichts denn einen grawen rock tregt, [Luk. 18, 12] alle
wochen fastet wie der Phariseer jm Euangelio, ja der auch wunder und zeichen
thuet, das der nicht solt ein guter bawm sein mit guten fruechten. Denn sie kan
nicht hoher kennen noch bessers erdencken und verstehen, ist schlecht damit
gefangen, das sie schleusst, wer ein ander leben furet denn ander leut, der
musse ein sonderlicher heiliger mensch sein, Sihet nicht, die blinde nerrin,
das solche werck noch alle weit weit von Gottes wort sind, Und wenn du sie
fragest: Wo her weistu das die selben werck so kostlich sind als du sie
machest, so kan sie nicht anders sagen Denn ‘es deucht mich also’: da jnns
rauchloch mit deinem dunckel, das ich mein heil und seligkeit solt darauff
setzen. Es heisst so: du must wissen und nicht wehnen noch duencken und einen
gewissen grund und zeugnis haben aus Gottes wort, das es jm gefalle, Das du
konnest sagen: das werck ist wol gethan odder der stand ist Gott gefellig, das
weis ich nicht nach meinem eigen liecht odder starn, das es mich gut odder
boese duenckt, sondern das es jnn Gottes wort und gepot gehet. Es duenckt mich
wol nicht fein, das ein ehe man odder fraw, furst, richter sol so heilig sein
als einer der jnn winckel odder jnn die wusten kreucht, Aber es gilt nicht nach
meinem duenckel richten, und ob gleich jmand Teuffel austriebe und alle wunder
thete so die Aposteln gethan haben, so wil jch lieber sein ein schuster knecht
odder ein schussel wesscherin nach Gottes wort und solchen stand setzen uber
deinen duenckel, wenn du gleich koendtest todten auffwecken. Darumb bleibe da
bey, das gute fruechte bringen heisset solch leben und gute wercke, die jnn
Gottes wort und gepot gehen.
[s. 516] Also sind diese wort ‘Aus jren fruechten solt jr
sie kennen’, zum warzeichen gesetzt und zum zil gesteckt, darnach man sie
richten und kennen kan. Werden wir aber betrogen, so ists niemands denn unser
schuld, denn er hat uns nicht jm zweivel gelassen sondern duerr und klar
abgemalet. Konnet jr sie nicht urteilen (spricht er) fur den schonen
schafskleidern, so mercket nur auff ire fruechte un wercke, ob die
rechtschaffen und gut sind. Ja (sprichstu) wie kenne jch die selbigen? moegen
doch die selbigen auch wol triegen. Antwort: Du weisst ja was Gottes gepot
sind, da sihe ob sie nach den selbigen gehen, Denn jch wil dir gewis burge
dafur sein, das kein Rotten geist komen wird, er sols so versiegeln und ein
stanck hinder sich lassen, das man sehe das der teuffel da gewesen sey. Und ist
auch noch nye keine falsche lere odder ketzerey auffkomen, sie hat das
warzeichen mit sich gehabt, so er hie zeigt, das sie ander werck auffgeworffen
haben denn Gott gebotten und geordnet hat. Das nu die welt verfuret wird, kompt
nirgend her denn das sie der tollen vernunfft folget und lesset Gottes wort
unter der banck ligen, achtet nicht was er gebeut, sperret die weil die augen
auff nach den larven, wo sie nur etwas seltzams sihet.
Wer nu hie wil recht urteilen, der thue wie jn Christus
leret, und neme fur sich jre werck und fruechte und halte sie gegen Gottes wort
odder gebot, so wird er bald sehen, wie sichs zu samen reimet: Sihe an den
aller heiligisten Cartheusser moench mit seinem strengen orden und S. Paulum dagegen
mit den zehen gebotten, so wirstu sehen das S. Paulus so einher predigt: Wenn
jr Christum habt durch denn glawben, so sey ein jglicher gehorsam und unterthan
der oeberkeit und ubet die liebe unternander jnn allen stenden. Sihe da hastu
einen rechten spiegel eines Christlichen lebens nach Gottes gepot und ordnueng,
Dagegen kompt jhener Rotten geist und sagt: O das ist gemein ding, sind doch
viel boeser leut jnn den stenden und ist alles weltlich ding &c.. Ey wir
mussen etwas bessers suchen. So gehet er denn hin und macht was sonderlichs und
seltzams, koempt getrolt mit einer Cappen odder grawen rock, das sol kostlich
leben und ein volkomener stand sein. Bistu aber gefasset mit Gottes wort, so
kanstu bald urteilen und sagen: Wo hat dir Gott befolen solch sonderlich stende
und werck auff zu werffen widder die gemeinen stende die er geordnet hat? Jch
weis gar wol, das viel boeser bueben und fromer leut sind jnn allen stenden,
aber was gehet mich das an, wie man derselben missbraucht? Jch bleibe gleich
wol bey dem wort das mich leret das solche stende gut sind, ob gleich boese
leut drinn sind, da sehe und richte jch nach, Und weil der stand gut ist, so
mussen die wercke und fruechte nach Gottes wort geschehen, wie der selbe stand
foddert, auch recht und gut sein. Weil er aber dein stand kein Gottes wort hat,
so konnen auch [s. 517] die werck jnn dem stand geschehen nicht gut sein Und
ist beide bawm und frucht faul und kein nutz.
Also hastu ein gewis urteil, das dir nicht feilen kan, wie
dich Christus leret an jren fruechten sie zu kennen. Denn jch habe auch nach
gelesen von allen ketzern und rotten und funden, das sie alle zu mal allezeit
etwas anders gemacht und erfur bracht haben denn Gott gebotten und befolen hat,
einer jnn disem, der ander inn jenem artikel, dieser hat verbotten nicht
allerley zu essen, der ander die ehe, der dritte die oeberkeit verdampt, und
jglicher eigens furgenomen, das sie gewislich alle aus dieser bahn schreiten
mussen. Darumb ligtes gar (wie jch gesagt habe) an dem, das man die definicio
eigentlich wisse und halte, was Christus heisset gute werck odder fruechte,
nemlich das ein gut werck sey das, das durch Gottes wort befolen odder gepoten
ist und jnn dem selben gepot gehet, Als ein ehefraw die from ist und jren
ehestand recht helt, kan so sagen und rhumen das jr stand von Gott geboten ist
und das rechte reine, lauter wort Gottes hat und Gott von hertzen gefellet. Drumb
sind jre werck eitel gute fruchte, Also das man richte und urteile nicht nach
unsern duenckel gut, sondern was Gott spricht und gut heisset, da bey bleibe:
so kanstu nicht feilen wie sie feilen muessen, Denn da stehet das urteil, das
sie keine rechte fruechte konnen leren. So helt Gott auch druber, das sie
nichts anders mussen predigen denn von lauter erdichten gauckel wercken, Und
weil sie die rechten fruechte und werck verachten, als die keinen sonderlichen
schein haben, so verachtet er auch jre faule wercke, die sie mit grossem schein
auff werffen und sich vermessen besser zu machen denn er gemacht hat.
Es ist ein sprichwort von den pfaffen erdacht, und jch meine
das der Teuffel selbs jr damit gespottet hat: Da Unser Herr Gott einen pfaffen machet,
da sahe der Teuffel zu und wolts jm nach thun und machet die platten zu breit:
da ward ein Moench draus, daher sind sie des Teuffels creaturn. Das ist wol
lecherlich und spotlich geredt, aber doch die lauter warheit. Denn wo der
Teuffel sihet, das Gott gebeut gehorsam und liebe unternander und machet ein
fein geistlich volcklin, so kan ers nicht lassen, er mus seine Capell odder
kretzmer bey der kyrchen bawen und auch hinnach leren seine moencherey, armut,
grawe rocke &c.. Also das allezeit die Moenche des Teuffels pfaffen sind,
denn sie eitel Teuffels lere treiben (wie sie auch [1. Tim. 4, 1] Paulus
nennet) aus eignem duenckel furgenomen, und Gottes werck uber klugeln und
besser machen wollen.
Darumb wil nu Christus sagen: Wollet jr sie kennen und
urteilen, so haltet euch zum reinen Gottes wort, das jr gewis seyet was die
rechten [s. 518] fruchte sind, und sehet wie sie mit den selben uber ein
stimmen, so werdet jr gewislich finden, das sie ander ding leren und treiben
denn das Gott gepoten hat. Daher konnet jr gewislich auch den bawm prufen, das
er nicht gut sey. Und gibt des ein grob, kindisch gleichnis: Kan man auch
drawben lesen von den dornen? odder feigen von den disteln? Ja seer wol (meinen
sie) solt man das nicht thun koennen? Ja man liesset wol eitel zucker davon, Denn
solche werck sind gar viel kostlicher jres achtens denn die Gott gebotten hat. Aber
sihe du die zweyerley bewme an, den weinstock odder feigen bawm und dagegen den
dorn strauch odder distel: Distel und dorn mogen auch bluhen, aber was bringen
sie fur fruecht? Der feigen bawm aber ist so ein einfeltiger bawm, rhumet und
brustet sich nicht von seinen fruechten noch blettern, schlehet nicht ehe aus
mit blettern denn die fruchte vorhanden sind, sondern ehe mans sihet, bringet
er fruchte; So auch der weinstock, der ist so gar on schein und herligkeit als
kein ander bawm, ein lauter durr, schwach holtz, noch tregt er die aller
sussesten drawben uber alle andern gewechs, da sich ander bewme sperren und
bruesten mit blettern und blute, das man solt meinen, sie wurden eitel zugcker
tragen und doch nichts uberal geben denn solche sawre fruechte, die kein nutz
sind.
Also auch hie haben diese den schein und machen ein geplerr
mit jrem rhumen von sonderlichen wercken, als wolten sie es allein thun, und
wenn es verbluehet, so werden eitel hagenbutten draus, die gar voll steine
sind, niemand neeren noch speisen, odder distel kopffe, die nur stechen und
kratzen, wenn man sie angreiffet. Denn wenn man Gottes gepot dagegen helt, ob
Gott solche werck befolen und geboten hat und dem nehesten zu dienst und nutz geschehen,
so findet sichs, das es nirgend zu taug und nur die rechten gute fruechte
hindert. Widderumb was die andern stende sind, das hat keinen schein, glentzet
und gleisset nicht und bringet doch die aller feinesten besten fruchte und
schaffet den grossten nutz auff erden, aber fur Gott und fur denen die mit
geistlichen augen erleuchtet sind, das sie es recht ansehen und urteilen konnen.
Darumb so spricht er nu ‘Kan man auch von dornen feigen
lesen?’ als wolt er sagen: Es mag wol daher bluhen als kostlich ding, aber
harre ein weile und sihe, wenns zeit ist das man sol lesen und die fruchte
abnemen, was du denn findest. Denn es wird nichts mehr draus denn das man die leute
damit betreugt, so auff grosse kostliche fruchte gewartet und doch nichts finden,
des sie odder andere sich trosten und geniessen mochten, da zu den schaden
thuet, das auch die aller hohest vernunfft durch solch gespenst vom Teuffel
angerichtet, betrogen und verfuret wird, so nicht Gottes wort und [s. 519] rechten
verstand hat sondern seinem eigen dunckel und andacht folget und meinet, wenn
es jr gefellet, so musse es Gotte auch gefallen, So es doch solt umbkeret sein,
das ich mir gefallen lasse was ich hoere, das jm gefellet, obs gleich
verdrieslich ding ist jnn allen Gottes stenden und dazu viel boeser leut drinnen
sind, die solche fruechte verderben gleich wie die boesen wuerme.
[Luk. 6, 43. 44] Und solch gleichnis beschleusst er nu mit
einem gemeinen spruch, den er [Matth. 12, 33] sonst gerne pflegt zubrauchen:
Ein jglicher guter bawm bringet gute fruechte und ein fauler baum bringet arge
fruechte &c.. Was ist aber doch not solchs zuleren mit soviel worten, wer
weis das zuvor nicht? solts doch ein blinder wol greiffen am strauch, und er
helt uns fur solche narren, die solchs nicht wissen? Wolan wer es weis, der
wisse es, wir aber wollens lernen und Christus schuler bleiben. Denn es ist,
wie gesagt, nicht so leichte kunst zu urteilen jnn diesem thun, da Christus von
redet. Es dienet aber dieser spruch zu troesten und stercken die da jnn solchen
stenden sind widder der vernunfft fulen und ansehen, das es ein verdrislich
wesen sey und viel boeses drinne geschihet, welchs viel leut stuetzig macht,
das man sie fur fehrlich helt, als koenne man nicht wol Gotte darinn dienen
&c.. Damit sich auch S. Augustinus selbs seer gebrochen und zumartert hat,
auch da er schoen ein grosser Doctor war, das ers gerne alles recht gesehen
hette und das boese von den stenden scheiden mochte und jm die Pelagianer
ketzer viel damit zuschaffen macheten, wie fast alle ketzer solchs haben wollen
gar rein machen und mit urlaub gar beschmissen.
Aber was darffs man weit suchen? Es ist hie fein und mit
kurtzen worten gesetzt: Der stand den Gott geschaffen und geordnet hat, und der
mensch so jn solchem stand nach Gottes wort gehet und lebt, der kan nichts bringen
denn gute fruechte. Damit kanstu nu dein hertz trosten widder solche gedancken:
Ach hat mich dieser odder jener jnn diesen stand bracht, ist doch nichts denn
eitel unlust und iamer drinnen; welchs mich selbs offt angefochten hat uber
meinem ampt und noch thuet, das wo Gottes wort nicht were, wolt ich lengest
verschworen haben eine predigt zuthun und der welt auch urlaub haben geben, wie
vorzeiten die Moenche than haben. Aber das thuet der leidige Teuffel, das er
einem jglichen seinen stand so schweer machet und die tolle vernunfft so
blendet, das sie nicht kan erkennen das ampt und werck, so uns Gott aufflegt
und jm hertzlich wol gefellet als eine gute frucht eines guten bawms, Und also
selbs jren stand und fruchte verderbt. Denn es were wol ein guter bawm und ein
guter stand, aber sie sihets nicht und ligt jn selbs jm weg, das er nicht gute
fruechte kan bringen.
Darumb lerne deinen stand also nach diesem spruch ansehen,
das du koennest daraus schliessen: Nu weis jch, Gott sey lob, das ich jnn einem
[s. 520] guten, seligen stande bin, der Gott gefellet, obs wol dem fleisch
verdrislich jst, viel muehe und unlust hat, das wil jch alles gerne tragen,
Denn hie habe jch den trost das Christus sagt ‘Ein guter bawm bringet gute
frucht’, von allen stenden jnn Gottes wort gefasset, ob sie von der welt und
den sonderlichen heiligen veracht und gering angesehen sind. Widderumb hore ich
das urteil, das ein jglicher fauler bawm arge fruchte bringet, das wenn ich den
heiligsten Cartheuser sehe, so sehe jch einen schendlichen faulen bawm, ob er
wol kostlich scheinet und nicht soviel unlust und widderstands hat, Denn der
Teuffel machets jm nicht so sawr und schweer, wie er den rechten Gottlichen stenden
thuet. Darumb gefallen jnen solche stende und werck so wol. Aber so wenig als
jch sehen kan jnn meinem stand, das meine frucht gut ist, so wenig kan auch
jener sehen, das sein stand und frucht faul und kein nutz ist, Und mus sich
also dieser spruch bey jnen umb keren lassen und also heissen: Ein fauler bawm
bringet gute fruchte und ein guter bawm bringt boese fruechte, Also das
kurtzumb hie die vernunfft nicht urteilen kan noch sehen die gute jres standes
und seiner werck noch freude und lust davon haben sondern lobt und preisset das
widderspil. Denn wenn mans kunde sehen, so giengen wir jnn eitel freuden und
wurden alles mit frolichem hertzen leiden und tragen was uns Gott auff leget,
gewis, das weil solcher bawm gut ist, so mussen auch die fruechte gut sein.
Also das ein fromer fuhrknecht, wenn er ein fuder mists auff den acker furet,
so furet er ein fuder kostlicher feigen und drawben, Aber fur Gott, nicht fur
unsern augen, die wir nicht glewben, daher ein iglicher seines stands mude wird
und gaffet nach einem andern.
Das meinet nu Christus damit das er so durre und stracks
schleusst ‘Ein guter bawm bringet gute fruchte’ und widderumb, Und das ers noch
stercker mache, setzet er dazu als zum uberflus und spricht ‘Ein guter bawm kan
nicht boese fruechte bringen und ein fauler bawm kan nicht gute fruechte bringen’.
Wie? kan nicht ein knecht odder magd ein schalck sein, ein man odder fraw die
ehe brechen, ein fuerst ein tyrann, ein prediger ein verfurer sein, wie du
droben selbs gesagt hast? Wo solt man sonst buben und schelcke finden denn jnn
allerley stenden und hendeln?
Antwort: Ja das ist leider war, aber so ist der keiner kein
guter bawm mehr, denn er trit aus seinem stand und lebt widder Gottes gepot,
Wenn er aber jnn seinem stand odder ampt bleibt und thuet was das selbe
foddert, so kan er nicht ein boeser bawm sein, Darumb spricht er: Sihe nur zu
und bleib ein guter bawm, so wil jch dir zusagen was du thuest, das es nicht kan
bose sein. Denn die werck die Gott befolen hat, mussen den preis haben, das sie
nicht koennen boese heissen. Was kondten wir nu seligers wuendschen denn das
wir solchen rhum und zeugnis von Christo selbs haben widder alle rottengeister
und sonderlinge, das wir wissen das wir jnn solchem stand sind, [s. 521] darinn
wir nicht konnen boeses thun, so wir nach Gottes wort leben und thun was uns
befolen ist, Ja ob gleich etwas boeses mit unterleufft, so wir nicht aus
fursatz und mutwillen sondern unwissend odder aus schwacheit zu viel thun, das
mus auch gut und geschenkt sein. Summa Du kansts nicht verderben, weil du jnn
dem Gottlichen ampt und wort gehest, bleib nur darinn, so sol es nicht konnen
boese sein, odder obs gleich sonst sunde were, so sol es nicht boese heissen,
sondern zugedeckt und vergeben sein, so redlich soltu durch Gottes wort
gesegent sein Gleich als ein feigen bawm odder ander bawm, ob er zu weilen eine
wormstichige frucht tregt, noch ist es ein gute frucht jrer art nach on stachel
odder dorn, ja ehe er solt on frucht sein, mus er ehe wormstichige fruechte
haben on jre schuld. Also sind auch alle werck eines Christen von art gut, weil
der bawm gut ist und so lebt, das er gerne wolte eitel gute fruchte bringen, ob
gleich zu weilen aus schwacheit des fleisch odder ander hindernis etwas boeses
mit unterleufft.
Da gegen jene dornstreuche und disteln, solten sie sich zu
reissen, so konnen sie keine gute frucht bringen, das ein guter apfel odder
feige heisse, Und kein Cartheuser und barfusser Monch, wenn er sich zu tod
marterte und bettet, noch kan er nicht ein Vater unser sprechen, das fur Gott
gut heisse, noch einig gut werck thun, Sondern je mer er thut und sich engstet
gute werck zu thun, je erger ers macht. Denn es ist beschlossen: Eine distel
tregt keine feigen nicht und ein dorn hecke keine trawben Und kurtz Ein boeser
bawm kan keine gute frucht bringen. Das heisst ja hart und strenge gedrewet und
abgeschreckt von allen eigen erweleten orden und stenden, das sie nicht koennen
ein einig gut werck thun, Und widderumb trefflich getrostet, das wir die nach Gottes
wort leben, nicht koennen boses thun.
Darauff beschleusst er nu ‘Ein jglicher bawm der nicht gute
fruechte tregt, wird abgehawen und jnns fewr geworffen’: Da hastu das urteil
gestellet, so endlich gehen sol uber alle die jre eigen werck on Gottes wort
leren und halten, Welche meinen wol, sie wollens ausfuren und dahin brengen,
das jr ding sol ewig bestehen, Und dencken, Gott musse jr schonen als der
kostlichen bewme und pflantzen und sie zeunen und hegen und auffs beste warten,
Sehen aber nicht was fur ein urteil uber sie gangen ist, das er schoen die [Matth.
3, 10; Luk. 3, 9] axt gefasset und an den bawm gesetzet hat, wie Christus
anders wo sagt, und [Matth. 15, 13] nirgend zu dienen denn zum hellischen fewr,
Denn es stehet geschrieben: Alle pflantzen die mein himlischer vater nicht
gepflantzt hat, sollen ausgereutet werden &c..
Das hat er nu durch gleichnis und als jn parabolis odder
dunckel worten geredt; Nu feret er weitter und wil sich verkleren, was er damit
[s. 522] gemeinet habe, und setzet die rechte glose dazu mit hellen durren
worten und spricht:
Das ist: eben die so mir dienen und jr ding rhumen fur den
hohesten Gottes dienst und sich mit trefflichen ernst darumb annemen jnns
himelreich zukomen und meinen, sie habens fur allen andern, fur den wil jch den
himel zuschliessen. Das ist ein schrecklich urteil, das niemand tieffer jnn der
helle ist denn die grossen Gottes diener, das ist die aller heiligisten
moenche, wie der Teuffel auch ein sprichwort gemacht und seiner heiligen selbs
spottet als ein schalck, der seine buberey selbs nicht bergen kan, das man
sagt, Die helle sey gepflastert mit eitel platten, Das ist eben das er hie
sagt, das die grossten heiligen wollen sein, sollen nicht jnns himelreich
komen. Warumb das? Denn sie sagen wol ‘Herr Herr’ (spricht er) aber sie thun
nicht den willen meines vaters jm himel. Wie das? Solten sie nicht Gottes
willen thun? so sie doch tag und nacht Gott dienen, ja dazu auch wunder thun,
wie folget, Wo wolt der ander gemeine hauff bleiben, wenn die nicht solten
selig werden? Antwort: Das horestu wol, das er nein dazu sagt und machet eine
unterscheid, das zweierley ist ‘Herr Herr’ sagen und seines vaters willen thun,
und spricht: Jch mag jr nicht, die feindlich schreyen Herr Herr und komen mit jrer
grossen andacht, als musse jch sie gen himel heben, sondern die wil ich, die
meines Vaters willen thun: Sie hoffen und vermessen sich wol, das sie nicht
allein jnn himel komen, sondern ander leut auch mit jrem verdienst hinein
bringen und oben sitzen werden und sonderliche kronen empfahen &c.. Wie sie
denn trotzlich rhumen: Solt ein Cartheuser nicht mehr verdienen und ein hoeher
stuffe jm himel haben den ein schlechter leye odder eine ehefraw? Was machete
er denn jm Closter mit seinem strengen leben &c.. Aber es heisst nicht,
Cartheuser odder Gottes diener komen gen himel sondern die Gottes willen thun.
Denn das heisset nicht Gottes willen thun, Cappen odder
grawe rocke an zihen und von leuten jnns Closter lauffen &c.. Denn davon
ist nirgend kein wort geschrieben, sondern das so Christus gepredigt und
geleret hat, nemlich das man an Christum glewbe und sich lasse finden jnn
solchem stand, der Gottes wort hat, und thue darinn was er gepotten hat. Nim
die zehen [Röm. 13] gepot fur dich und sihe wie Sanct. Paulus aus den selbigen
alle stend leret, wie die untern den obern sollen trew und gehorsam leisten,
die andern unternander lieben und dienen &c.. und ein jglicher seines ampts
sol treulich [s. 523] warten: Da findestu nichts von pfafferey und moencherey,
grawen rocken noch anderm sonderlichen wesen. Wer nu darnach lebt, der thuet
Gottes willen, den er selbs bezeuget hat, Die selbigen hoeren gen himel, nicht
die Gottes wort nach gelassen und doch mit grossem ernst und andacht haben Gott
wollen dienen, das sie zwey mal sagen ‘Herr Herr’, wo wir andern kawm ein mal sagen,
Denn die selbigen sind allzeit viel emsiger und hitziger jnn jrem Gottes dienst
denn die rechten Christen, Aber weil sie jren eigen willen gethan haben, so
mugen sie auch einen andern Herrn suchen, der sie hore und den himel auff
schliesse. Darumb wil er uns abermal hiemit gewarnet haben, das wir uns
fursehen und nicht durch solche lassen verfuren, die so grossen trefflichen Gottes
dienst fur geben (ob sie gleich auch wunder thetten) soendern dabey bleiben was
er gut spricht, das alles jnn seinem gepot gehe und gethan werde, obs wol nicht
scheinet noch der vernunfft gefelt, weil wir das warzeichen haben, das kein
Rotten geist dabey bleiben noch eine gute frucht leren odder thun kan sondern
eitel eigen gedancken aus seinem kopff gespunnen.
Das sind nu die ersten die Christus verwirfft, die da koemen
und machen [Matth. 24, 5] die welt vol Gottes diensts, wie er von jn verkundigt
hat Matth. 24. Es werden viel falsche Christen und falsche Propheten komen und
sagen: Sihe hie, sie da ist Christus, und werden viel verfuren, Darnach komen
andere, die nicht allein sagen ‘Herr Herr’, sondern auch grosse wunder und
zeichen thun; davon spricht er nu weiter.
Das sind erst hohe treffliche leut und werden doch
schendlich betrogen und gar unversehens jnn die helle faren, Denn die andern
davon er jtzt gesagt hat, faren hinein als gute gesellen, wo sie nicht am
letzten end bekert werden, wie jch hoffe, das dennoch jr viel selig worden sind
am todbet aus solchem jrthum bekeret, Aber diese wollen des himels gewis sein,
heben an mit Gott zurechten und sprechen: sollen wir nicht selig werden? haben
wir doch jnn Deinem namen gepredigt und soviel wunders gethan. Wie sol nu das
zugehen, das sie sollen zeichen und wuender thun, und da zu jnn Christus namen,
und gleichwol gerechnet werden unter falsche Christen und verdampte boese leut?
Meinet jch doch, wie es auch war ist, das Gott kein zeichen noch zeugnis gibt [5.
Mose 18, 20–22] die luegen zubestetigen, wie auch Mose Deuter .18. fagt: Wenn
ein Prophet vermessen ist jnn meinem namen zu reden das jch jm nicht geboten
habe, Und du jnn deinem hertzen sagen wurdest: Wie kans ich mercken, welchs
wort [s. 524] der Herr nicht gered hat? Wenn der Prophet redet jm namen des
Herrn und wird nichts draus und kompt nicht, das ist das wort, das der Herr nicht
gered hat: Und stehet doch hie das widderspiel, das sie zeichen jnn seinem namen
thun und dennoch falsche boese leute sind.
Zum ersten mag dis eine antwort sein, das sie zu vor rechte
Christen gewest sind und warhafftige predigt und zeichen gethan haben, Aber
darnach davon gefallen sind, Denn das ist der leidige Teuffel, da fur S. Paulus
auch [1. Kor. 1, 29. 31; 2. Kor. 11, 30. 12, 7] seine Corinther warnet, wenn
sich ein Christen beginnet zu fulen, das er etwas fur andern ist und
sonderlichen verstand, weisheit und ander gaben hat, Das er jm selbs gefellet
und stoltz wird und wird ein solcher mensch draus der sich selbs aus schelet
aus dem korn und bleibet ein lauter lere hulfen, meinet gleich wol, er sey from
und wol dran, Wie solcher leut viel gewesen und jtzt auch sind, Denn es ist ein
trefflich ferlich ding, wenn Gott einen menschen mit hohen trefflichen gaben
ziret, das er nicht stoltz werde und demuetig bleibe. Daher lieset man von
einem alten Vater jnn der wuesten, der ein sonderliche gnade hatte Teuffel zu
austreiben und viel leuten halff, das alle welt jm nach lieff und schir fur
einen Gott hielt. Da begund jn auch die eitel ehre anzufechten, und als er das
fulet, bat er Gott das er jn behuttet und nicht liesse jnn hoffart fallen, da
lies jn Gott vier wochen vom Teuffel besessen werden und plagen, das er alle
sein geschrey verlor und jderman sagt: Sihe der hat andern leuten geholffen, nu
ligt er da und kan jm selbs nicht helffen. Also ward er der anfechtung los und
bleib jnn der demut. Das sag ich zum exempel an zu zeigen, wie ein ferlich ding
es ist umb grosse hohe gaben und der homut allzeit sich daran hengen wil, wie man
auch sihet jnn groben eusserlichen dingen, ja jnn dem bettel stab zeitlichs guts
und herrschafft. Summa Gottes gaben sind so trefflich edel, wir aber so
beschmeisst, das wirs nicht konnen lassen, wir mussen stoltz werden und darauff
trotzen, wenn wir sie fulen, Und widderumb verzweiveln, wenn wir sie nicht
haben.
Das (sage jch) were wol eine antwort, wollens aber hie nicht
treiben, wie wol es recht ist, Denn das ist der furnemeste verstand, das er hie
redet [Matth. 24, 5] von falschem weissagen und wunderthatten, wie er auch
Matth. am 24. sagt: Es werden falsche Christen und falsche Propheten auff
stehen und grosse zeichen und wunder thun, das verfuret werden inn den jrthum
(wo es muglich [2. Thess. 2, 1 ff.] were) auch die ausserweleten, Und S. Paulus
.2 Tessa. 2. von dem Widder Christ, Welcher komet mit allerley lugenhafftigen
krefften und zeichen und wundern und mit allerley verfurung zur ungerechtigkeit
&c.. Dafur das sie die liebe zur warheit nicht haben angenomen, das sie
selig wurden: Also das gewislich jnn der Christenheit mussen falsche zeichen
geschehen und die [s. 525] falschen Christen die selben mussen fur rechte warhafftige
zeichen halten. Das ist nu sonderlich im Bapstum mit gewalt gangen, wie wol
auch jnn der Tuerckey solche pfaffen und sonderliche heiligen viel sind. Davon
lese man nu jre bucher und Legenden, sonderlich was die Moenche geschrieben
haben, welch ein geschwuerm es ist voll voll eitel wunderzeichen, das doch
alles lauter lugen und bueberey ist gewesen. Wie hat man bey unsern zeiten die
leute geeffet, mit soviel walfarten Zum Grym tal, zur Eichen, zu Tryer &c..
Und jch selbs habe ettliche moenche gesehen, schendliche boese buben und wilde
menschen, die doch den Teuffel austrieben und mit jm spileten, gerade als mit einem
kind.
Wer kund aber die bueberey erzelen, was man fur Teuffels
gespenst getrieben hat unter dem heiligen namen Christi, Marie, des heiligen
Creutz, S. Cyriax &c.. das alles die Moench mit gewalt getrieben haben und
alle welt darauff gefallen ist und niemand hat durffen dagegen mucken. Da war
kein Bapst noch bisschof, der dawidder gepredigt hette, sondern haben alle dazu
geholffen, Und ob gleich jmand sich dawider setzet, so ward er uber teubt und
mit gewalt eingetrieben, Wie kurtz vor diesen zeiten Bischof Ernst von Sachsen,
brach ein mal eine solche Teuffels feldkyrchen ein, aber es bekam jm ubel, das
er druber jn kranckeit fiel und fro ward, das er sie widder bawet. Mit solchem
gespenst ist nu auffkomen und bestetigt das fegfeur, seel messen, aller
heiligen dienst, walfart, Closter, Kyrchen und Cappellen. Ja es haben auch viel
geweissagt von zukunfftigen zeiten, als der Liechtenberg und andere, Aber alles
geschehen durch den Teuffel, das er seinen grewel und lugen bestetigte und die
leut bezauberte und jm jrthumb gefangen hielte, das jm niemand entlauffen
mochten.
Denn das ist dem Teuffel ein geringes, das er sich lesset
austreiben, wenn er wil auch durch einen boesen buben, und doch wol
unausgetrieben bleibt sondern eben damit die leut dest stercker besitzet und
bestricket mit der schendlichen triegerey. So kan er auch wol zukunfftig ding
erraten als ein kluger erfarner geist, wie wol er gemeiniglich mit seinem
weissagen der leut spottet und so geugkelt, das mans mancherley deuten mag, und
wie es gerett, so hat ers troffen, wie er auch vorzeiten durch seine heidnische
pfaffen than hat. So sind denn die leut toll und plumpen ein hin: O hie wonet
Gott, da sihet und greiffet man die wunder und zeichen. Konnen nicht rechen,
das der Tueuffel eben darumb thuet die leute zu betriegen und verfuren, dencken
auch nicht die narren, das Christus solchs alles klerlich zuvor gesagt und uns treulich
dafur gewarnet hat durch sich selbs und seine Apostel. Aber es hat so mussen
gehen und ist uns recht geschehen, weil wir Gottes wort verachtet und nicht
angesehen, das wir Christum verlieren und des Teuffels zeichen [s. 526] annemen
musten, Und ist dem Teuffel eben ein recht spiel gewesen, da durch er mit
voller gewalt jnn der Christenheit regirete, wie er gesucht hat.
Weil wir nu solchs gesehen und leider allzu viel erfaren
haben, wie grossen schaden der Teuffel gethan hat durch solche lugen geister
und falsche zeichen, sollen wir ja gewitzigt sein und nicht (wie sie vor uns
gethan haben) Christus wort lassen ligen und umb sonst gered sein, das uns auch
nicht so gehe, wie es jnen gangen ist. Denn es ist eine predigt, ja eine
Prophetzey zur warnung geschrieben, aber leider zu langsam denen die vor uns
gewesen sind, aber uns noch frue gnug, wenn wirs annemen wollen, das wir uns nicht
daran keren, was man rhumet von zeichen und wundern, die Maria und ander
heiligen gethan haben, und die selbigen trefflich auff mutzet damit uns von dem
wort zu furen, Sondern so klug sein, weil wir diese Warnung haben, das solche
falsche zeichen geschehen mussen, das wir keinen blossen zeichen glewben.
Denn er hat ja treulich und ernstlich gewarnet, als er von
solchen [Matth. 24, 25] wunder zeichen redet Matth. xxiiij. ‘Sihe jch habs euch
zuvor gesagt’, Als solt er sagen: Sehet eben zu und halt euch an meine warnung,
wo nicht, so werder jr gewislich verfuret, Denn jr habt mein wort, das jr
wisset was der wille meines vaters ist: Die zwey haltet gegen ein ander, Hie
habt jr meine lere, die euch weiset wie jr leben und thun sollet, dort sehet jr
die zeichen so widder diese lere gehen, Das jr also konnet schliessen: Weil ich
dort so treffliche zeichen sehe und dagegen hie lere und warnung dazu habe, So
wil ich vor zu sehen, wo die zeichen hin aus wollen, und fassen an dem ort da sie
zu fassen sind, ob sie auch da zu dienen, das sie meinen glawben stercken auff
das wort, nemlich das Christus fur mich gestorben, das jch durch jn fur Gott
from und selig werde, darnach das jch meinen stand furen und desselben trewlich
warten solle, So finde jch das widderspiel, das sie jren tand damit stercken
und bestetigen wollen, und so leren: Lauff zu diesem odder jenem heiligen an,
kreuch jnn eine Cappen oder wusten &c.. Da gescheen teglich soviel wunder
und zeichen, Da ist so ein heiliger orden &c.. Das heisst gefurt von
Christo, aus meiner kyrchen, predigstul, Tauffe und Sacrament dabey jch bleiben
sol, dazu von meinem stand und gepotenen wercken, Darumb wil jchs nicht horen
noch wissen, wenn auch ein Engel von himel keme und fur meinen augen todten
auffweckete, Denn Christus hat mich so geleret und gewarnet: Halt dich zu
meinem wort, predigstul und Sacrament, wo das ist, da wirstu mich finden, da
bleib bey, darffst nicht weiter lauffen noch suchen, jch werde dir nicht neher
komen denn wo mein Euangelion, tauffe, predigampt ist, dadurch jch jnn dein
hertz kome und mit dir rede, Jtem das er sagt: Sey du Vater odder mutter,
furst, herr, unterthan und gehorsam &c.. [s. 527] und bleib jnn deinem
stand, Da horestu jn reden und selbs gegenwertig: Was lauffestu denn noch als
ein unsinniger mensch zum stock und stein, da kein Gottes wort gepredigt wirt
und doch durch des Teuffels zeichen die augen auff sperren, als were Christus
da, da sein wort nicht ist.
Sihe so solt man die Papisten zurueck schlahen, die mit jrer gewonheit, vetern, Concilien und soviel zeichen und mirackeln her scharren, dadurch sie jr ding wollen bestetigt haben. Und nur kurtz geantwortet: Wolan las uns beyderley gegen ander halten: Da hab jch Christus wort, des ich gewis bin und schon auffs aller gewaltigst bestetigt ist durch alle welt, So zeigest du mir dagegen ewr lere und zeichen, die mich auff rosenkrentz, walfart, heiligen dienst, messen, muencherey und andere sonderliche erwelete werck furen, Da ist nichts von Christo noch vom glawben, Tauffe, Sacrament noch gehorsam und guten wercken, so ich jn meinem stand gegen dem nehesten uben sol, wie mich Christus leret, so